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Archiv "Zusammenarbeit zwischen Krankenhaus und Praxis, Kooperatives Belegarztwesen" (08.06.1978)

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Die Information:

Bericht und Meinung Gesundheitspolitik

Nach einer aktuellen Hochrech- nung der heutigen Akademiker- entwicklung in der Bundesrepu- blik Deutschland wird um das Jahr 2000 herum der Anteil der Hoch- schulabsolventen unter allen Be- rufstätigen auf nahezu 30 v. H.

steigen. Das ist eine heute uto- pisch anmutende Zahl, tatsächlich aber sind schon jetzt Tausende von Juristen und Pädagogen, Psy- chologen, Soziologen und Polito- logen ohne jede Chance, ihre in der akademischen Ausbildung er- worbenen Kenntnisse und Fähig- keiten auch im Berufsleben anzu- wenden, das bedeutet: wir bilden heute Tausende von Jugendlichen zu den sozial Unzufriedenen von morgen aus. Auch Tausende von Ärzten werden zu den Opfern einer falschen Bildungs- und Ausbil- dungspolitik gehören.

Wenn auch die Verantwortung für diese Entwicklung bei den Politi- kern liegt, so wird es doch eine der großen, übergroßen Aufgaben der gesamten Ärzteschaft und ihrer Organisationen sein, für die Inter- essen dieser jungen Ärzte von morgen einzutreten. Wir werden in der Lösung dieser Problematik ei- ne zentrale Aufgabe der Bundes- ärztekammer sehen müssen. Zu dieser Lösung wird sicher auch die Information der Abiturienten über Aussichten eines Medizinstu- diums gehören.

Das allein wird jedoch nicht ge- nügen. Wir müssen uns diesem Problem, dessen Größenordnung von manchen noch gar nicht er- kannt ist, stellen und müssen es über den Zeitraum nur einer Wahlperiode hinaus analysieren und über alle Gruppeninteressen und Verschiedenheiten hinaus anpacken.

Ich bin davon überzeugt, daß diese ungeheuer schwierige Aufgabe im Bewußtsein unserer Verpflichtung gegenüber der Ärztegeneration von morgen und gegenüber unse-

ren Patienten nur in gemeinsamer Anstrengung und in der Einheit der Ärzteschaft gelöst werden

kann.

Die Kooperation zwischen Kran- kenhaus und Praxis ist seit Jahren innerhalb und außerhalb der Ärz- teschaft als eines der Schlüssel- probleme unseres Gesundheits- wesens erkannt worden. Sosehr es sich bewährt hat, die stationäre Behandlung im Schwerpunkt den Krankenhäusern und den dort täti- gen Ärzten und die ambulante Be- handlung den niedergelassenen Ärzten zuzuweisen, sosehr muß auch dafür gesorgt werden, daß es Übergänge zwischen beiden Lei- stungsbereichen gibt und keine Gräben entstehen.

Der Ausschuß „Krankenhaus und Praxis" der Bundesärztekammer hat unter meinem Vorsitz im Laufe der Jahre zahlreiche Vorschläge dafür erarbeitet, wie niedergelas- sene und Krankenhausärzte jede in ihrem Bereich und beide ge- meinsam, einer solchen Graben- bildung vorbeugen können. Ich erinnere an die inzwischen ins Kassenarztrecht aufgenommenen Vorschläge für die Krankenhaus- Einweisungsformulare. Ich erinne- re ferner an die Änderung der Be- rufsordnung durch den 79. Deut- schen Ärztetag 1976 in Düsseldorf, die inzwischen in weiten Teilen des Bundesgebietes eingeführt wurde und die es den Ärzten in § 3 Abs. 3 ausdrücklich zur Pflicht macht, bei Überweisung eines Pa- tienten an einen anderen Arzt ihm die erhobenen Befunde zu über-

mitteln und ihn über die bisherige Behandlung zu informieren. Dies gilt naturgemäß in besonderem Maße bei der Krankenhauseinwei- sung und Krankenhausentlas-

sung. Die hier zur Berufspflicht er- hobene Information und Mitgabe von Unterlagen sollte im Interesse der Behandlung unserer Patienten selbstverständlich sein und selbst- verständlich in beiden Richtungen praktiziert werden. Genauso sollte es selbstverständlich sein, daß mitgegebene Originalunterlagen so schnell wie möglich wieder an den Absender zurückgehen. Wir sind uns alle darüber einig, daß eine solche Kooperation mitunter lästig sein kann. Gleichwohl sollte jeder Arzt im Krankenhaus und in freier Praxis erkennen, daß unser Gesundheitswesen von vielen Po- litikern und Ideologen gerade am Funktionieren dieser Zusammen- arbeit gemessen wird. Diese Ko- operation muß daher unsere Ant- wort auf alle linkslastigen Pläne für ein sogenanntes „integriertes Gesundheitssystem" sein.

Der Ausschuß „Krankenhaus und Praxis" ist darüber hinaus seit Jahren bemüht, auch institutionell eine bessere Verbindung zwi- schen Krankenhaus und Praxis in der Person des einzelnen vom Pa- tienten frei gewählten Arztes zu schaffen. Ich meine damit das mo- difizierte, oder wie wir seit länge- rer Zeit sagen, das kooperative Be- legarztwesen. Zu ihm haben sich die Deutschen Ärztetage seit län- gerem bekannt, zuletzt noch be- sonders deutlich im Vorjahr in Saarbrücken. Ich erinnere Sie an die dort verabschiedeten „Thesen zur Reform der Struktur der Kran- kenhäuser und ihres ärztlichen Dienstes sowie über die Zusam- menarbeit in freier Praxis und im

Zusammenarbeit zwischen Krankenhaus und Praxis,

Kooperatives Belegarztwesen

Referat zu Tagesordnungspunkt VII

„Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer"

Dr. med. Friedrich-Wilhelm Koch,

Präsident der Ärztekammer Nordrhein und Vorsitzender des Bundesärztekammer-Ausschusses „Krankenhaus und Praxis"

1360 Heft 23 vom 8. Juni 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Krankenhaus". Sie konkretisieren besonders im Abschnitt F unsere diesbezüglichen Vorstellungen.

Gleichwohl haben wir uns erlaubt, Ihnen. als Ärztetagsumdruck eine auf den Ärztetagsaussagen beru- hende "Kurzdefinition" des ko- operativen Belegarztwesens vor- zulegen. Sie soll allen ärztlichen Kreisen eine Diskussion auf ein- heitlicher Basis ermöglichen und bestehende Mißverständnisse aus- räumen. Kooperatives Belegarzt- wesen ist im übrigen etwas ande- res als die Praxisklinik, wie wir sie verstehen. Eine einheitliche Defi- nition hat sich da noch nicht durchgesetzt. Nach unserer Auf- fassung ist das. kooperative Beleg- arztwesen ein Strukturelement des ärztlichen Dienstes. Die Praxis- klinik ist dagegen ein neues Or- ganisationsmodell für die Träger- schaft der Krankenhäuser im Be- reich der Grund- und Regelversor- gung (bis zu 300 Betten). Ent- scheidend ist dabei für Praxisklini- ken zweierlei:

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Sie sollen von niedergelasse- nen Ärzten auch im stationären Bereich versorgt werden - wobei im allgemeinen die Praxen für die ambulante Behandlung mit der Klinik räumlich verbunden sein werden.

f) Wir halten es für entscheidend, daß auch an der Praxisklinik das kooperative Belegarztwesen prak- tiziert wird.

Das bedeutet, daß insbesondere alle dort vertretenen Gebiete und Teilgebiete der Medizin durch je- weils mehrere belegärztlich tätige Köllegen versorgt werden. Der Ausschuß "Krankenhaus und Pra- xis" ist aus gesundheitspolitischer und berufspolitischer Sicht der Auffassung, daß die Ärzteschaft gut beraten wäre, zunächst nur das kooperative Belegarztwesen schwerpunktmäßig zu fördern.

Das erscheint mir besonders not- wendig im Hinblick auf den überall laufenden Abbau von Kranken- hausbetten im Rahmen der Kran- kenhausbedarfsplanung der Län-

der. Es gibt dort, wie Sie wissen, zahlreiche Vorwürfe gegen das jetzt zumeist noch bestehende Einzelbelegsystem, in dem also nur ein Belegarzt eine Belegabtei- lung versorgt. Vor allem tritt dort nicht selten zutage, daß in solchen durch einzelne Belegärzte ver- sorgten Abteilungen entweder die Verweildauer höher oder die Bet- tennutzung geringer ist als in hauptberuflich geleiteten Abtei- lungen gleicher Fachrichtung.

Solche Feststellungen geben dann manchen staatlichen Planungsbe- hörden und Krankenkassenvertre- tern den Anlaß (oder auch nur den Vorwand), diese Belegabteilungen wegen angeblicher oder tatsäch- lich mangelnder Leistungsfähig- keit zu schließen oder in eine hauptberufliche Abteilung umzu- stellen. Wenn wir das Belegarzt- wesen als ein wichtiges Verbin- dungsglied zwischen freier Praxis und Krankenhaus erhalten wollen, kommen wir auch unter diesem Aspekt nicht um eine Reform her- um.

Ablösung

des Einzelbelegarztsystems Es muß in Zukunft selbstverständ- lich werden, daß alle Belegabtei- lungen von mehreren Belegärzten gemeinsam versorgt werden. Da- bei soll selbstverständlich jeder Belegarzt die Verantwortung für seine eigenen Patienten behalten. Die Erhaltung der Einzelverant- wortung steht deutlich genug auch in den Saarbrücker Ärzte- tagsthesen und soll hier nicht noch einmal betont werden.

ln manchen Bereichen, ich nenne hier stellvertretend Nordrhein- Westfalen, haben wir bereits im Rahmen der Krankenhaus-Be- darfsplanung bei den Ministerien einen Durchbruch erzielt. Wenn eine Umstellung auf das koopera- tive Belegarztwesen erfolgt, gege- benenfalls unter Konzentrierung des Bettenangebots, sind diese Planungsbehörden jetzt bereit, auch künftig belegärztliche Ver- sorgung zu akzeptieren. Allerdings kann es für die bisherigen Einzel-

Die Information:

Bericht und Meinung

belegärzte eine Minderung ihres Vertragsstatus bringen, wenn sie weitere Kollegen- die zumeist bis- her in anderen Krankenhäusern tätig waren - in ihre Abteilungen mit aufnehmen sollen. Außerdem setzt Kooperation den Willen aller Beteiligten zur Zusammenarbeit voraus, etwas, was manche Kolle-

gen nicht ausreichend gelernt ha- ben. Man sollte sich aber auch ganz nüchtern darüber im klaren sein, daß die Alternative zum ko- operativen Belegarztwesen nur die Einführung von ausschließlich hauptberuflich geleiteten Kran- kenhausabteilungen sein kann!

Deshalb sollten Ärztekammern und Kassenärztliche Vereinigun- gen und ihre jeweiligen Unterglie- derungen sorgfältig beobachten, wo belegärztliche Versorgung im Rahmen der Krankenhausbedarfs- planung in Gefahr gerät. Sie soll- ten dann auf die Kollegen, die Krankenhausträger und Kranken- kassen einwirken, daß das koope- rative Belegarztwesen praktiziert wird, weil es die Leistungsfähig- keit garantiert.

..,.. Wir sind im übrigen der Mei- nung, und das kommt in den Ärz- tetagsentschließungen seit 1972 in Westerfand immer wieder zum Ausdruck, daß das kooperative Belegarztwesen auch generell in Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung bis zu etwa 300 Betten in den klassischen Diszipli- nen praktiziert werden kann. Es ist also keineswegs nur auf die so- genannten Organfachabteilungen beschränkt. Wann immer ein lei- tender Krankenhausarzt in Häu- sern der Grund- und Regelversor- gung ausscheidet, sollten Kammer und KV darauf hinwirken, daß auch hier mehrere niedergelasse~

ne Chirurgen oder mehrere nie- dergelassene Internisten od'.3r mehrere niedergelassene Gynäko- logen gemeinsam die Versorgung übernehmen und gewährleisten.

Hierzu haben wir inzwischen auch politischen Rückenwind erhalten.

ln allen Parteien gibt es Kräfte, die diese Idee aufgegriffen haben. C>

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 23 vom 8. Juni 1978 1361

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Die Information:

Bericht und Meinung

Delegierte, Ehrengäste aus Politik und Wissenschaft und aus dem Gesundheitswesen, zahlreiche Journalisten, Ärztinnen

Dies gilt in jüngster Zeit besonders für die FDP. Davon konnte ich mich erst kürzlich durch ein infor- matives Sachgespräch mit dem sozialpolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Herrn Schmidt-Kempten, überzeugen. Dieselbe Aufgeschlossenheit für unsere Idee als wirksame Alterna- tive zur weiteren lnstitutionalisie- rung der Medizin fand ich inzwi- schen auch auf Landesebene bei pragmatisch handelnden Politi- kern aller Parteien.

Ich hoffe, daß wir durch geduldige Gespräche mit allen Beteiligten politischen Kräften Schritt für Schritt die notwendige Überzeu- gungsarbeit leisten können, um von den Programmen her in den Alltag und in die breite praktische Anwendung übergehen zu kön- nen. Ermutigend erscheint mir auch, daß im Entwurf eines neuen Kranken hausfi nanzie ru ngsgeset- zes bei den Kriterien für die Kran- kenhausbedarfsplanung von be- legärztlicher Versorgung die Rede ist - mit dem Zusatz, daß es sich um eine "leistungsfähige" beleg- ärztliche Versorgung handeln muß. Diese leistungsfähige Ver- sorgung bieten wir mit dem ko- operativen Belegarztwesen an.

Noch ein Wort zu den Kranken- hausträgern: Sie haben lange be- fürchtet und manche fürchten viel- leicht noch immer, daß mit dem kooperativen Belegarztwesen ein organisatorisches Chaos ins Kran- kenhaus gebracht würde. Ich wei- se das energisch zurück. Unsere Strukturvorstellungen, wie sie ins- besondere auch in den Saarbrük- ker Thesen niedergelegt sind, ver- langen mit der Kooperation zu- gleich auch eine Ordnung im all- täglichen Betrieb. Diese zu wahren ist für Patienten und Kranken- hausträger gleichermaßen nötig.

Die Spitzenorganisation der Kran- kenhausträger, die Deutsche

Krankenhausg~sellschaft, hat En- de März/Anfang April mit der Bun- desärztekammer eine gemeinsa- me Erklärung vorbereitet, die der Förderung auch der kooperativen belegärztlichen Versorgung die- nen soll. Diese Erklärung ist inzwi- schen von der Bundesärztekam- mer ratifiziert worden, was seitens der Deutschen Krankenhausge- sellschaft aber aus organisatori- schen Gründen noch nicht ge- schehen konnte. Es kann jedoch hier schon einiges darüber mitge- teilt werden. Dazu fühle ich mich insbesondere auch im Hinblick auf das Interview ermutigt, das der

1362 Heft 23 vom 8. Juni 1978 DEUTSCHES ARZTEBLATT

Hauptgesc.häftsführer der Deut- schen Krankenhausgesellschaft, Prof. Dr. Hans-Werner Müller, dem DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT in Heft 17/1978 gegeben hat. Nach den offiziellen Absprachen mit der Deutschen Krankenhausgesell- schaft ist eine gemeinsame Be- standsaufnahme zwischen beiden Organisationen vorgesehen. Dabei ist insbesondere festzustellen, wo und in welchen Krankenhäusern bereits mehrere Belegärzte glei- cher Fachrichtung in einer Abtei- lung zusammenwirken. Wir wollen ferner gemeinsame Empfehlungen zur praktischeren Realisierung des kooperativen Belegarztwe- sens geben. Die Belegarzt-Ver- tragsgrundsätze aus dem Jahre 1959 sollen weiterentwickelt wer- den. Außerdem sollen Vertrags- muster erarbeitet und den interes- sierten Kollegen zur Verfügung gestellt werden.

..,. Wir hoffen, daß wir damit dem Auftrag des Ärztetages, durch Ver- handlungen mit allen Beteiligten auf eine Weiterentwicklung hinzu- wirken, im letzten Jahr mit einigem Erfolg nachkommen konnten.

..,. Das kooperative Belegarztwe- sen gewinnt nicht nur in der Ärzte- schaft, sondern auch in der Politik immer mehr an Boden. •

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