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Archiv "Akutes Abdomen: Bildgebung heute" (08.11.2002)

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er klinische Begriff akutes Abdo- men bezeichnet eine meist akut einsetzende Symptomatik bei Er- krankungen im Abdomen, die eine rasche Diagnose und oft eine notfallmä- ßige operative Therapie erfordert. Typi- sche Leitsymptome sind akut auftreten- de heftige Bauchschmerzen, Abwehr- spannung, Veränderungen der Darm- peristaltik mit Störung der Darment- leerung, eventuell Fieber und Zeichen einer inneren Blutung. Unter den zahl- reichen Ursachen sind über 90 Prozent der Fälle durch acht Krankheitsbilder bedingt: akute Appendizitis, akute Cho- lezystitis, Dünndarmobstruktion, Nie- renkolik, perforiertes peptisches Ulkus, akute Pankreatitis, Kolondivertikulitis und unspezifische Abdominalschmerzen (Gastroenteritis und andere) (6).

Eine Diagnose basierend auf klini- scher Untersuchung und Laborparame- ter kann schwierig sein, weil die Befun- de oft wenig spezifisch sind. Zur Be- stätigung der Verdachtsdiagnose eignet sich die Bildgebung. Die radiologische Erstuntersuchung besteht vielerorts aus konventionellen Röntgen-Übersichts- aufnahmen des Abdomens bei lie- gendem und stehendem Patienten beziehungsweise in Linksseitenlage.

Diese nur beschränkt aussagekräftigen

„Abdomenleeraufnahmen“ werden zu- nehmend durch die Sonographie und besonders die Computertomographie (CT) verdrängt, welche bedeutend informativer sind. Hauptargumente für die „Abdomenleeraufnahmen“ sind Verfügbarkeit, geringe Kosten und im Vergleich zur CT niedrigere Strahlen- exposition.

Die Sonographie wird zur Untersu- chung der Gallenblase und bei Frauen im gebärfähigen Alter zur Abklärung der Beckenorgane bevorzugt. Vorteile der Sonographie sind Fehlen von ioni- sierender Strahlung, geringe Kosten und breite Verfügbarkeit; Nachteile sind Un- tersucherabhängigkeit und schwierige

Durchführung bei Patienten mit Adipo- sitas oder starken Abdominalschmer- zen. In diesen Situationen gilt die CT als Methode der Wahl, da sie übersichtlich die intra- und retroperitonealen Organe und Strukturen sichtbar macht, unbe- hindert von Darmgasüberlagerung oder Adipositas. Somit ist die CT in einer großen Zahl der Fälle für das weitere Vorgehen richtungsweisend (14).

Im Folgenden wird die bildgebende Diagnostik der wichtigsten Ursachen des akuten Abdomens anhand einer topographischen Zuordnung (Schmer- zen im rechten und linken Ober- bezie- hungsweise Unterbauch, generalisierte Abdominalschmerzen, Flanken- oder epigastrische Schmerzen) dargestellt.

Rechtsseitige

Oberbauchschmerzen

Die akute Cholezystitis ist häufig. Wich- tige Differenzialdiagnosen sind Amö- benabszess der Leber, Spontanruptur einer Leberneoplasie (meist hepatozel- luläres Karzinom) und Myokardinfarkt.

Die Sonographie ist bei akuter Chole- zystitis eine zuverlässige bildgebende Methode. Diagnosekriterien sind: Cho- lezystolithiasis, Gallenblasenwandver- dickung > 3 mm, perivesikales Exsudat sowie sonographisches Murphy-Zei- chen (druckschmerzbedingtes Sistieren der Atmung bei tiefer Inspiration, aus- gelöst durch Druck mit dem Schallkopf über der Gallenblasenregion).

Die akute Cholezystitis entsteht mei- stens durch Steineinklemmung im Duc- tus cysticus. Der Gallenstau bewirkt durch Überdehnung der Gallenblase ein Wandödem infolge Ischämie, und die Gallensteine verursachen Druck- erosionen der Mukosa. Der Kontakt dieser Läsionen mit zelltoxischer Galle führt zu progredienter Entzündung, Nekrose und Perforation. Gallenbla- senperforationen bleiben meistens ge- deckt und neigen zu Abszedierung (Ab- bildung 1). Sie nehmen ihren Ausgang

Akutes Abdomen:

Bildgebung heute

Zusammenfassung

Häufige Ursachen des akuten Abdomens sind Appendizitis, Cholezystitis, Dünndarmobstrukti- on, Nierenkolik, perforiertes peptisches Ulkus, akute Pankreatitis, Kolondivertikulitis und un- spezifische Abdominalschmerzen. Die topogra- phische Zuordnung der akuten Abdominal- schmerzen (Schmerzen im rechten und linken Ober- beziehungsweise Unterbauch, generali- sierte Abdominalschmerzen, Flanken- oder epi- gastrische Schmerzen) erleichtert die Wahl der bildgebenden Methode. Die radiologische Erst- untersuchung besteht oftmals aus konventionel- len Röntgen-Übersichtsaufnahmen des Abdo- mens. Diese nur beschränkt aussagekräftigen

„Abdomenleeraufnahmen“ werden zunehmend durch die Sonographie und besonders die Com- putertomographie (CT) verdrängt. Die Sonogra- phie wird zur Untersuchung der Gallenblase und bei Frauen im gebärfähigen Alter zur Abklärung der Beckenorgane bevorzugt. Im Übrigen gilt die CT als Methode der Wahl, da sie übersichtlich die intra- und retroperitonealen Organe und Struk- turen sichtbar macht, unbehindert von Darmgas- überlagerung oder Adipositas und insbesondere bei unklaren Sonographiebefunden, Darmob- struktion und multiplen Läsionen informativ ist.

Schlüsselwörter: akutes Abdomen, bildgeben- de Diagnostik, Sonographie, Computertomo- graphie

Summary

Acute Abdominal Pain: Imaging Techniques Today

Common causes of acute abdominal pain in- clude appendicitis, cholecystitis, bowel ob- struction, renal colic, perforated peptic ulcer, pancreatitis, diverticulitis, and non-specific ab- dominal pain. The topographic classification of acute abdominal pain (pain in one of the four abdominal quadrants, diffuse abdominal pain, flank or epigastric pain) facilitates the choice of the imaging technique. The initial radiologic evaluation often consists of plain abdominal radiography, despite significant diagnostic lim- itations. Although ultrasonography (US) is the modality of choice in many centers for imaging of the gallbladder and the pelvis in women in reproductive age, computed tomography (CT) is considered to be one of the most valuable tools for triaging patients with acute abdomi- nal pain. CT is particularly beneficial in patients with marked obesity, unclear US findings, bowel obstruction, and multiple lesions.

Key words: acute abdomen, diagnostic ima- ging, ultrasonography, computed tomography

Institut für Diagnostische Radiologie (Direktor: Prof. Dr.

med. Borut Marincek), Universitätsspital Zürich, Schweiz

Borut Marincek

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im Fundusbereich, da hier die Wand- ischämie bei überdehnter Gallenblase vergleichsweise ausgeprägt ist. Bei un- klarem sonographischem Befund kann die CT die vermutete Gallenblasenper- foration bestätigen.

In der steinfreien Gallenblase tritt ei- ne akute Cholezystitis als Folge schwe- rer Erkrankungen (Polytrauma, Sepsis, Multiorganversagen) auf.

Zur Darstellung eines Amöbenab- szesses der Leber sind sowohl Sonogra- phie als auch CT geeignet. Die Befunde sind unspezifisch und können mit ei- nem pyogenen Abszess verwechselt werden. Die Sonographie zeigt eine echoarme, zystische Läsion mit Bin- nenechos, die CT eine hypodense, zysti- sche Raumforderung mit Kontrasten- hancement der Wand und umgebendem hypodensem Ödem. Eine extrahepati- sche Ausbreitung des Amöbenabszes- ses in Richtung Pleuraraum oder Lunge ist mittels CT gut nachweisbar.

Die Spontanruptur eines hepatozel- lulären Karzinoms mit konsekutivem Hämoperitoneum ist eine häufige Kom- plikation in Ländern mit hoher Inzi- denz dieser Neoplasie (unter anderem in Japan). Voraussetzungen für eine Spontanruptur sind subkapsuläre Lo- kalisation und Nekrose des Tumors. So- nographie und besonders CT sind dia-

gnosehinweisend (5). In der CT hyper- dense, intraperitoneale Flüssigkeit be- stätigt das Vorliegen eines Hämoperito- neums.

Linksseitige

Oberbauchschmerzen

Ein akutes Abdomen mit Schmerzen im linken Oberbauch ist vergleichsweise selten. Milzinfarkt und Milzabszess sind die wichtigsten Erkrankungen. Ursa- chen des ischämischen Milzinfarktes sind Thromboembolien (bakterielle Endokarditis) oder Gefäßverschluss in- folge Tumorzellen, zum Beispiel bei my- eloischer Leukämie. Hämorrhagische Milzinfarkte entstehen bei Milzvenen- thrombose, zum Beispiel infolge akuter Pankreatitis. Sonographisch gelangt ein Milzinfarkt als eine subkapsulär gelege- ne echoarme Zone zur Darstellung, computertomographisch ist ein hypo- denser Bezirk erkennbar, welcher nach Kontrastmittelinjektion keinen Dichte- wertanstieg zeigt. Milzabszesse entste- hen hämatogen bei Sepsis (Kokken, E.

coli); intravenöser Drogenabusus ist oft assoziiert. In der Sonographie zeigen sie in Abhängigkeit vom Reifungsstadium sehr unterschiedliche Echomuster, die von inhomogen echodicht bis zystisch reichen. In der CT finden sich hypoden- se Läsionen ohne Dichtewertzunahme nach Kontrastmittelinjektion, hingegen zeigen diese Läsionen am Rand oft eine Dichtewertzunahme als Ausdruck einer Abszessmembran.

Rechtsseitige

Unterbauchschmerzen

Die akute Appendizitis ist nicht nur die häufigste Ursache von akuten rechtssei- tigen Unterbauchschmerzen, sondern auch eines akuten Abdomens. Sie ist meist Folge einer Verlegung des Appen- dixlumens durch Narbenstränge, ent- zündliche Schleimhautschwellung oder Koprolith, und zeigt einen Verlauf in Stadien (phlegmonöse - ulzerierende – abszedierende – gangränöse Appendi- zitis).

Patienten mit akuter Appendizitis werden oft ohne vorherige bildgebende Diagnostik operiert. In einem Drittel

der Fälle ist wegen unsicherer Diagnose eine präoperative Bildgebung notwen- dig. Die „Abdomenleeraufnahme“ ist vielerorts noch integraler Bestandteil der radiologischen Abklärung, obgleich ein pathologischer Befund in < 50 Pro- zent der Fälle vorliegt. Diagnosehin- weisend kann ein verkalkter Appendi- kolith sein, welcher aber in weniger als 5 Prozent der Fälle beobachtet wird.

Die Sonographie ist eine wichtige bildgebende Modalität bei Verdacht auf akute Appendizitis. Eine geschwollene, nicht durch Kompression verformbare Appendix mit > 6 mm Durchmesser und > 2 mm dicker echoarmer Wand ist charakteristisch. Fäkolithen verursa- chen einen Schallschatten hinter star- ken Kuppenreflexen. Die perforierte Appendix zeigt eine Konturunterbre- chung, eventuell begleitet von einem Abszess. In diesen Fällen ist die Appen- dix selbst oft nicht mehr abgrenzbar.

Bei unklarem Sonographiebefund kann die Computertomographie (CT) A

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Abbildung 1: Gedeckte Gallenblasenperfo- ration bei gangränoser Cholezystitis mit Em- pyem, Sonographie, Längsschnitt. Vergrößer- te Gallenblase (Gb) mit multiplen starken Echos innerhalb der verdickten Wand mit dor- sal gelegenen Schallschatten, welche Rever- berationsechos enthalten und durch Gas- bildung hervorgerufen sind. Intraoperativ zahlreiche Gallensteine und Perforation im Gallenblasenfundus.

Abbildung 2: Ulzerophlegmonöse Appendizitis mit Begleitperitonitis. Schräg sagittale CT- Rekonstruktion. Appendikolith (Pfeil) an der Appendixbasis. Retrozökal gelegene verdickte Appendix (Pfeilköpfe). Z (Zökum), N (Niere rechts).

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diagnostisch weiterhelfen (15). Sie zeigt im Appendizitis-Frühstadium eine dila- tierte, flüssigkeitsgefüllte Appendix mit einem Appendikolithen und entzündli- cher Infiltration des mesenterialen Fettgewebes (Abbildung 2); im fortge- schrittenen Stadium nach Perforation ist die Lokalisation der Appendix er- schwert, und oft gelangt nur ein Abszess zur Darstellung.

Andere Erkrankungen, welche mit akuten rechtsseitigen Unterbauch- schmerzen einhergehen, sind unter an- derem Ileitis terminalis Crohn, Sigma- divertikulitis bei elongierter Sigma- schlinge und bei Frauen Adnexitis, Pelveoperitonitis, stielgedrehte Ova- rialzyste, Endometriose und Extrau- teringravidität. Die Diagnose einer Extrauteringravidität (am häufigsten Tubargravidität) in den ersten Schwan- gerschaftswochen ist oft schwierig; ne- ben der Sonographie ist daher zusätz- lich ein Schwangerschaftstest wichtig.

Linksseitige

Unterbauchschmerzen

Häufigste Ursache von akuten linkssei- tigen Unterbauchschmerzen ist die Sig- madivertikulitis. Sie tritt in 25 Prozent der Fälle mit bekannter Divertikulose auf. Die CT mit rektaler Kontrastmittel- gabe ist für die Diagnose der Divertiku- litis sehr sensitiv. Sie hat in Institutio- nen, in denen sie verfügbar ist, die kon- ventionelle retrograde Kontrastmittel- untersuchung des Kolons ersetzt (13).

Die CT ist auch die Methode der Wahl zum Nachweis von Komplikationen, das heißt perikolischer Abszess und

Perforation (Abbildung 3). Selten ma- nifestiert sich eine Divertikulitis mit Pneumaturie infolge einer enterovesi- kalen Fistel. Gelegentlich – wenn zum Beispiel aufgrund von klinischen Be- funden im linken Unterbauch eine Raumforderung vermutet wird – erfolgt zuerst eine Sonographie. Bei Vorliegen einer Sigmadivertikulitis ist sonogra- phisch die Diagnose möglich, wenn eine asymmetrische Verdickung der Kolon- wand und gleichzeitig ein echoreiches, hyperämisches perikolisches Fettgewe- be vorhanden sind. Andere Ursachen für linksseitige Unterbauchschmerzen bei Frauen – in Analogie zu den rechts- seitigen – sind Adnexitis, Pelveoperito- nitis, stielgedrehte Ovarialzyste, Endo- metriose und Extrauteringravidität.

Generalisierte

Abdominalschmerzen

Erkrankungen mit Irritation des Ga- strointestinaltraktes und/oder des Peri- toneums verursachen generalisierte Abdominalschmerzen. Am häufigsten ist die Gastroenteritis, weitere wichtige Ursachen sind Darmobstruktion, Darm- ischämie und gastrointestinale Perfo- ration.

Darmobstruktionen (Ileus) bilden ungefähr 20 Prozent der chirurgischen Notfälle mit akutem Abdomen. In 60 bis 80 Prozent dieser Fälle ist der Dünn- darm betroffen. Wichtigste Ursachen einer mechanischen Dünndarmob- struktion sind Briden, Hernien und Neoplasien. Eine mechanische Dick- darmobstruktion ist meistens durch ei- ne Divertikulitis oder ein kolorektales Karzinom bedingt. 5 bis 10 Prozent der akuten Dickdarmobstruktionen sind durch einen Volvulus verursacht, wel- cher überwiegend im Colon sigmoide- um oder im Zökum lokalisiert ist.

Eine Darmobstruktion wird klinisch diagnostiziert und typischerweise mit- tels Abdomenübersichtsaufnahme an- hand von Luft-Flüssigkeits-Niveaubil- dungen bestätigt. Weil eine weiterge- hende Diagnostik oft nicht möglich ist, kommt zunehmend die CT zum Einsatz (2, 8). Die CT kann eine Darmobstruk- tion lokalisieren, deren Ausmaß defi- nieren und verschiedene Ätiologien klären, zum Beispiel Bride, Hernie, Neo-

plasie, Entzündung, radiogene Stenose, Gallensteinileus, Invagination oder Vol- vulus. Sie kann auch zwischen unkom- pliziertem Ileus (ohne Störung der Blut- zirkulation, zum Beispiel Bride, Neopla- sie, Gallenstein) und Strangulationsileus (mit Störung der Blutzirkulation, zum Beispiel Inkarzeration in Hernie, Inva- gination, Volvulus) unterscheiden. Der Volvulus ist die häufigste Ursache des

Strangulationsileus. Einzig beim Sigma- volvulus erübrigt sich eine CT-Untersu- chung, weil pathognomonische Befunde bereits auf der „Abdomenleeraufnah- me“ vorliegen, nämlich ein distendierter Kolonabschnitt mit torquierter Mesen- terialachse, welche auf ihren Ursprung, das heißt das Colon sigmoideum, gerich- tet ist (Abbildung 4).

Essenziell für die Ileusdiagnose mit- tels CT ist die Analyse der Übergangs- zone zwischen prästenotisch disten- diertem und poststenotisch kollabier- tem Darmabschnitt. Bei einem Bride- nileus ist dieser Übergang abrupt, ohne Hinweise auf eine sonstige Obstrukti- onsursache, da die fibröse Adhäsion als solche computertomographisch nicht erkennbar ist. Ein Ileus infolge Neopla- sie ist durch eine Darmwandver- dickung mit Lumeneinengung in der Übergangszone charakterisiert. Die Analyse der Übergangszone auf axia- len CT-Bildern wird durch zusätzliche Abbildung 3: Perforierte Sigmadivertikulitis,

CT bei wandverdicktem Colon sigmoideum mit Divertikeln und perikolischem Abszess (Pfeil) infolge Perforation.

Abbildung 4: Sigmavolvulus, „Abdomenleer- aufnahme“ mit distendiertem Kolon und tor- quierter Mesenterialachse (Pfeile), welche zum Ursprung, das heißt zum Colon sigmoide- um gerichtet ist.

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Rekonstruktionen in der koronalen oder sagittalen Ebene erleichtert (Ab- bildung 5) (4).

Die Bildgebung ist nicht nur beim mechanischen, sondern auch beim pa- ralytischen Ileus von Bedeutung. Die Ursachen eines generalisierten oder lokalisierten paralytischen Ileus sind mannigfaltig. Er kann früh postope- rativ oder sekundär bei ischämischen oder entzündlichen Darmerkrankun- gen sowie im Zusammenhang mit Elektrolytstörungen (Hypokaliämie), metabolischen Entgleisungen (Diabe- tes mellitus) oder Medikamenten auf- treten.

Hauptursachen akuter Darmisch- ämien sind Thromboembolien der Mesenterialarterien, hypotensive Blut- druckkrisen (nichtokklusive intesti- nale Ischämiereaktionen), Thrombo- sen der Mesenterialvenen und der Strangulationsileus. Die kontrastmit- telverstärkte CT ist die bevorzugte dia- gnostische Methode und ermöglicht nichtinvasiv die Darstellung von Aus- maß des Gefäßbefundes und Ausdeh- nung der Darmwandveränderung. Be- funde mit hoher Spezifität sind arteri-

elle oder venöse Mesenterialgefäß- thrombose, intramurales Gas, portal- venöses Gas, fehlende Kontrastmitte- lanreicherung der Darmwand sowie Leber- oder Milzinfarkte (17, 18). Eine segmentale Darmdistension als Aus- druck der fehlenden Peristaltik infolge akuter Ischämie ist wie die Wandver- dickung ein unspezifisches Zeichen und wird auch bei entzündlichen Er- krankungen gesehen. Die Wandver- dickung kann infolge eines submukö- sen Ödems oder einer Hämorrhagie mit dem „target sign“ einhergehen, das heißt drei konzentrisch angeordnete Schichten unterschiedlicher Dichte (Abbildung 5).

Eine gastrointestinale Perforation manifestiert sich initial als lokaler Schmerz und kulminiert in generalisier- ten Abdominalschmerzen, wenn infolge bakterieller Kontamination eine gene- ralisierte Peritonitis entstanden ist. Die gastroduodenale Perforation bei pepti- schem Ulkus oder nekrotischer Neopla- sie ist heute infolge frühzeitiger Dia- gnostik und besserer Therapie selten.

Häufiger ist die Spontanruptur des Ko- lons, welche bei ausgeprägter prästeno- tischer Distension (Tumor, Volvulus) oder bei brüchiger Wand (ischämische oder ulzerative Kolitis, nekrotische Neoplasie) vorkommt; eine iatrogene Kolonperforation im Rahmen einer fi- beroptischen Endoskopie zwecks Biop- sie oder Polypektomie wird in circa 0,2 Prozent der Fälle beobachtet (1).

Ein Pneumoperitoneum kann an- hand subdiaphragmaler Luft diagnosti- ziert werden, bei stehendem Patienten auf einer Röntgenaufnahme des Thorax oder des Abdomens und bei liegendem Patienten auf einer Abdomenaufnahme in linker Seitenlage. Die Interposition einer gashaltigen rechten Kolonflexur zwischen Leber und Zwerchfell er- schwert die Beurteilung. Ein gerin- ges Pneumoperitoneum ist auf einer konventionellen Röntgenaufnahme oft schwierig nachweisbar, sensitiver ist die CT (9).

Retroperitoneale Perforationen (post- bulbäres Duodenum, Appendix, poster- iorer Aspekt von Colon ascendens und descendens, Rektum unterhalb der pe- ritonealen Umschlagsfalte) bleiben häufig lokal und sind während meh- reren Stunden oder Tagen klinisch

stumm. Retroperitoneale Luft stellt sich fleckförmig dar und kann sich ent- lang der Psoasmuskulatur ausbreiten.

Akute Flanken- oder epigastrische Schmerzen

Akute Flanken- oder epigastrische Schmerzen sind meistens Ausdruck ei- ner retroperitonealen Pathologie, am häufigsten einer Nieren-/Ureterkolik, einer akuten Pankreatitis oder einer Ruptur eines Aneurysmas der Aorta abdominalis.

Nieren-/Ureterkolik. Während Jahr- zehnten bildete die intravenöse Uro- graphie den „Goldstandard“ zum Stein- nachweis bei Verdacht auf Flanken- schmerzen infolge Urolithiasis. Vieler- orts, und besonders bei Frauen im ge- bärfähigen Alter oder bei Kontrastmit-

telunverträglichkeit, erfolgen heute stellvertretend eine „Abdomenleerauf- nahme“ mit anschließender Sonogra- phie. Für Konkremente im Bereiche des Nierenbeckenkelchsystems oder im prävesikalen Ureterabschnitt ist die So- nographie oft diagnostisch wegweisend und ausreichend. Hingegen ist ihre Sen- sitivität für Konkremente in den übri- gen Ureterabschnitten gering, und zu- nehmend kommt die Nativ-CT zum Einsatz, welche als Niedrigdosisunter- suchung durchgeführt werden kann (10, A

A3016 Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 458. November 2002

Abbildung 6: Akute Ureterolithiasis links, Nativ-CT mit schräg sagittaler Rekonstruk- tion. Konkrement im mittleren Ureterdrittel (Pfeil), Dilatation der proximal davon gele- genen ableitenden Harnwege. N, Niere.

Abbildung 5: Strangulationsileus mit seg- mentalem Jejunuminfarkt 53 Jahre nach of- fener Cholezystektomie und Appendektomie sagittale CT-Rekonstruktion. Flüssigkeits- gefülltes, distendiertes Jejunum (Pfeil), Jeju- numsegment mit „target sign“ (Pfeilköpfe) infolge infarzierter Wand. Proximaler Dünn- darm kontrastmittelhaltig, nicht dilatiert.

(5)

16). In der CT sind praktisch alle Kon- kremente röntgendicht, unabhängig von der chemischen Zusammenset- zung. Die Dichte von Harnsäuresteinen beträgt 300 bis 500 Hounsfield-Einhei- ten (HE), diejenige von kalkhaltigen Steinen > 1 000 HE. Neben dem direk- ten Nachweis eines Uretersteines sind im Nativ-CT sekundäre Veränderungen wie Hydroureter, Hydronephrose und perirenales Ödem erkennbar. Je ausge- prägter das perirenale Ödem, desto stärker ist die Obstruktion der ableiten- den Harnwege. Koronale CT-Bildre- konstruktionen stellen die ableitenden Harnwege übersichtlich dar (Abbil- dung 6) (7). Ist kein Ureterkonkrement nachweisbar, muss differenzialdiagno- stisch eine akute Pyelonephritis, ein Niereninfarkt oder eine Pathologie außerhalb der Harnwege in Erwägung gezogen werden, zum Beispiel Appen- dizitis, Divertikulitis, Dünndarmob- struktion, Pankreatitis und retroperito- neale Blutung.

Eine wichtige Ursache von epigastri- schen Schmerzen ist die akute Pankrea- titis. Die Sonographie erfolgt zum Nachweis von Gallensteinen als auslö- sende Ursache und zur Verlaufskon- trolle von peripankreatischer Flüssig- keit.Weil die CT bei akuter Pankreatitis gut mit den klinischen Befunden korre- liert, ist sie der Goldstandard zur Dar- stellung des Ausmaßes der pathologi- schen Veränderungen, insbesondere zur Diagnose von Parenchymnekrosen und von peripankreatischen Nekrosestra- ßen im Pararenalraum (3). Zusätzlich zur Pankreasvergrößerung infolge in- terstitiellem Parenchymödem kann pankreatisches Exsudat entstehen, wel- ches sich im vorderen Pararenalraum, im Mesocolon transversum und in der Bursa omentalis ausbreitet. Intrapan- kreatische Nekrosen oder Hämorrhagi- en können sich in Nachbarorgane aus- dehnen und zu einer komplizierenden Milzvenen- und Pfortaderthrombose führen. Ferner kann peripankreatische Flüssigkeit sich zu einer Pseudozyste entwickeln. Eine Pseudozyste arron- diert mitunter peripankreatische Ge- fäße mit konsekutiver Blutung oder Bil- dung von Pseudoaneurysmen.

Eine lebensbedrohliche Differenzi- aldiagnose bei akuten Flankenschmer- zen ist die Ruptur eines Aneurysmas

der Aorta abdominalis. Bei vermuteter Aneurysmaruptur ist die Sonographie die initiale bildgebende Methode. Die Untersuchung kann mit einem trans- portablen Gerät im Schockraum durch- geführt werden, allerdings ist die Dia- gnose eines paraaortalen Hämatoms schwierig. Bei hämodynamisch stabilen Patienten ist die kontrastmittelver- stärkte CT vorteilhaft, da sie nichtinva- siv und übersichtlich das paraaortale

Hämatom sowie die blutende Ruptur- stelle des Aneurysmas direkt darstellt (Abbildung 7). Die CT eignet sich auch für Kontrollen nach endoprothetischer Versorgung der Gefäßruptur mit der Suche nach einem postinterventionel- len Endoleck oder Thrombosen (11).

Zusammenfassung

In den letzten Jahren hat sich die bild- gebende Diagnostik beim akuten Ab- domen rapide gewandelt. Die ehemals dominierende „Abdomenleeraufnah- me“ ist heute durch die Sonographie und besonders durch die CT abgelöst.

Eine fundierte klinische Differenzial- diagnose vor Indikationsstellung zur ra- diologischen Abklärung ist aber nach wie vor wichtig, damit eine unnötige Mehrstufendiagnostik vermieden und

die Schnittbildmethoden effizient ein- gesetzt werden. Wegen der nachteiligen Untersucherabhängigkeit der Sonogra- phie verschiebt sich das Indikations- spektrum zunehmend in Richtung CT, wodurch dank rascher Diagnose nicht zuletzt eine Verkürzung der Hospitali- sationszeit resultiert.

Manuskript eingereicht: 4. 1. 2002, revidierte Fassung angenommen: 16. 7. 2002

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2002; 99: A 3010–3017 [Heft 45]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Borut Marincek Institut für Diagnostische Radiologie Rämistrasse 100

CH-8091 Zürich

E-Mail: marincek@dmr.usz.ch

Weißwein und Sodbrennen

Bei Alkoholikern findet sich auffallend oft eine Refluxösophagitis. Diskutiert wird ein gesteigerter gastroösophagea- ler Reflux, induziert durch alkoholische Getränke wie Whiskey, Wodka, Bier, Rot- und Weißwein.

Die Autoren untersuchten bei zwölf Freiwilligen mittels Manometrie und pH-Metrie Reflux aus dem Magen nach Gabe von 300 ml Weißwein beziehungs- weise Leitungswasser. Weißwein führte bei den Probanden zu einer massiven Erniedrigung des pH-Wertes in der Speiseröhre. Während der Refluxepi- soden war die Motilität deutlich beein- trächtigt, wohingegen nach Gabe von Leitungswasser diese Veränderungen nicht beoachtet wurden. Ferner indu- zierte Weißwein wiederholte Refluxepi- soden (Rereflux) während der Phasen, in denen bereits ein saurer pH-Wert in der Speiseröhre gemessen wurde. w Pehl C, Frommherz M, Wendl B et al.: Gastroesophageal reflux induced by white wine: the role of acid clearance and „rereflux“. Am J Gastroenterol 2002; 97: 561–567.

Dr. Christian Pehl, Krankenhaus München-Bogenhausen, Engelschalkinger Straße 77, 81925 München.

Abbildung 7: Rupturiertes Aneurysma der Aorta abdominalis, schräg koronale CT-Re- konstruktion. Ausgedehntes retroperitonea- les Hämatom mit Kontrastmittelextravasati- on (Pfeil) bei aktiver Blutung, wandverkalktes infrarenales Aneurysma (Pfeilköpfe). Durch das Hämatom verlagerte linke Niere (N).

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