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Archiv "Akute Pankreatitis Transplantatpankreatitis" (28.01.1994)

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Academic year: 2022

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MEDIZIN

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er von der Chirurgischen Uni- versitätsklinik Tübingen, Ab- teilung für Allgemeine Chirur- gie (Direktor Prof. Dr. H. D. Becker) veranstaltete 2. Weitenburg-Work- shop, September 1992, befaßte sich mit grundlegenden theoretischen und klinischen Problemen der akuten Pankreatitis. Der erste Teil des Workshops hatte zum Ziel, eine Be- standsaufnahme der im Rahmen der Transplantatpankreatitis gewonne- nen neuen Untersuchungsergebnisse vorzunehmen und diese mit Grundla- genwissenschaftlern und verschiede- nen klinischen Forschergruppen kri- tisch zu werten. Im zweiten klinisch orientierten Teil wurden Indikation und Problematik der konservativen und operativen Therapie der akuten Pankreatitis und speziell auch der Transplantatpankreatitis erörtert.

Transplantatpankreatitis Prinzipiell muß zwischen einer Frühform und einer Spätform der Transplantatpankreatitis unterschie- den werden. Die Spätform wird über- wiegend mit deutlichem zeitlichem Abstand von der Pankreastransplan- tation beobachtet und kann fast im- mer ätiologisch auf eine Abflußbe- hinderung, eine Abstoßungsreaktion oder einen Virusbefall (CMV) des Pankreastransplantates zurückge- führt werden. In diesen Fällen ist ei- ne spezifische Therapie möglich; bei rechtzeitigem Therapiebeginn ist we- der mit lokalen Komplikationen noch mit einem Verlust der endokrinen Funktion des Pankreastransplantates zu rechnen.

Die Frühform der Transplantat- pankreatitis (postischämische Trans- plantatpankreatitis) wird in unmittel- barem zeitlichem Zusammenhang mit der Pankreastransplantation bei

KONGRESSBERICHT

etwa 30 Prozent der Pankreastrans- plantate beobachtet. Ätiopathogene- tisch müssen multiple Faktoren in Betracht gezogen werden. Entschei- dend sind sicher Störungen der Ma- kro- und Mikrozirkulation beim Spender vor und während der Phase der Organentnahme. Daß Zirkulati- onsstörungen im Pankreas ganz gene- rell einen entscheidenden Anteil an der Entstehung einer akuten Pankrea- titis haben können, ist zwischenzeit- lich akzeptiert (Klar, Heidelberg).

Die nach der Organentnahme sich anschließende Phase der Organ- konservierung mit Perfusion und La- gerung in Hypothermie führt zu einer Reihe von morphologisch faßbaren Veränderungen, die auf Störungen des Energiemetabolismus der Azi- nuszellen schließen lassen. Prinzipi- ell muß auch die Bildung toxischer Sauerstoffradikale, vor allem wäh- rend der Reperfusion angenommen werden (de Groot, Essen). Inwieweit zusätzlich eine intrapankreane En- zymaktivierung (Mössner, Würzburg) und eine massive lokale leukozytäre Reaktion (Leser, Regensburg) eine Rolle spielt, ist bei der akuten genui- nen Pankreatitis grundsätzlich noch umstritten. Es gibt aber zwischenzeit- lich deutliche Hinweise, daß derarti- ge Reaktionen gerade bei der Trans- plantatpankreatitis von Bedeutung sind (Büsing Tübingen). Bei Ver- wendung von UW-Lösung kann der- zeit für Pankreastransplantate eine Ischämiezeit von bis zu 16 Stunden toleriert werden. Bei einer längeren Ischämiezeit ist die Inzidenz an loka- len Komplikationen aufgrund einer Transplantatpankreatitis deutlich er- höht (Hopt, Tübingen).

Während und nach Reperfusion der Pankreastransplantate kann die Entwicklung einer Transplantatpan- kreatitis anhand von morphologi- schen und funktionellen Parametern

lokal und systemisch dokumentiert werden. Der Schweregrad der Trans- plantatpankreatitis läßt sich schon wenige Stunden nach der Empfän- geroperation makroskopisch beurtei- len und klassifizieren. Analog zur Klassifikation der genuinen akuten Pankreatitis kann eine leichte (öde- matöse) Verlaufsform von einer schweren (nekrotisierenden) Ver- laufsform der Transplantatpankreati- tis abgegrenzt werden (Morgenroth, Bochum). Neben einer raschen leu- kozytären Reaktion stehen ultra- strukturelle Veränderungen der Azi- nuszelle im Vordergrund (Büsing, Tübingen). Die hier erkennbaren in- trazytoplasmatischen Fusionsprozes- se entsprechen zum Teil den aus tier- experimentellen Modellen bekann- ten Initialstadien der akuten Pan- kreatitis (Adler, Ulm).

Die durch die Transplantatpan- kreatitis ausgelösten systemischen Reaktionen liefern Hinweise dafür, daß ein Ungleichgewicht von Pro- teasen und Antiproteasen schon in einem sehr frühen Stadium nach der Transplantation auftreten kann (Bü- sing, Tübingen). Aktivierte pankre- asspezifische Proteasen können aber über eine direkte oder indirekte Ak- tivierung der verschiedenen Kaska- densysteme zu typischen Organkom- plikationen führen (Müller, Mann- heim). Dabei spielen sicher auch die Reaktionswege, die bei anderen un- spezifischen Entzündungsreaktionen ablaufen (Heimburger, Marburg; Jo- chum, München), eine Rolle.

Die Transplantatpankreatitis führt zu einer Störung des gerichte- ten Enzym-Transportes und damit zu einer akuten exokrinen Pankreasin- suffizienz. Gleichzeitig kommt es zu einem Austritt von Pankreasenzymen aus dem Pankreasparenchym in die Umgebung (Pfeffer, Tübingen). Diese Befunde ergänzen ganz wesentlich unsere bisher bekannten Vorstellun- gen zur Funktion und Regeneration des exokrinen Pankreas nach akuter Pankreatitis beim Menschen (Mal- fertheiner, Ulm) und im Tierversuch

(Niederau, Düsseldorf). Interessan- terweise konnte das bisher nur aus tierexperimentellen Untersuchungen bekannte pankreatitisassoziierte Pro- tein auch jetzt beim Menschen im Pankreassekret von Pankreastrans-

Akute Pankreatitis

Transplantatpankreatitis

Pathogenese — Morphologie — Pathophysiologie — Therapie 2. Weitenburg Workshop, Schloß Weitenburg

A-206 (52) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 4, 28. Januar 1994

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MEDIZIN

plantaten nachgewiesen werden (Keim, Mannheim). Typisch für die Transplantatpankreatitis scheinen auch Veränderungen zwischen an- ionischem und kationischem Trypsi- nogen im Pankreasgewebe, Pankre- assekret und Blutplasma zu sein (Krüger, Rostock).

Therapie der akuten Pankreatitis

Konservative Therapie

Die Therapie der akuten Pan- kreatitis sollte zunächst grundsätzlich konservativ erfolgen. Allerdings exi- stiert bisher noch keine echte kausale Therapie. Die Behandlung be- schränkt sich daher meist auf rein symptomatische Maßnahmen. Als Basistherapie gilt das Legen einer Magensonde, orale Nahrungskarenz, parenterale Volumensubstitution, ausreichende Analgesie, gegebenen- falls über einen Periduralkatheter, sowie eine Streßulkusprophylaxe (Fälsch, Kiel). In schweren Fällen ist je nach Situation eine Intensivthera- pie mit all ihren heutzutage vorhan- denen Möglichkeiten notwendig. Die sofortige Antibiotikaprophylaxe wird kontrovers diskutiert, da dadurch möglicherweise die Indikation zur chirurgischen Intervention bei nekro- tisierender Pankreatitis, die bei Keimbesiedelung der Nekrosen zwin- gend gegeben ist, verzögert wird. Der gegenwärtige Trend scheint jedoch in Richtung Prophylaxe zu gehen (Büchler, Ulm). Eine medikamentöse Hemmung der exokrinen Pankreas- sekretion, etwa mittels Kalzitonin, Glukagon, Somatostatin oder Karbo- anhydrasehemmern, hat bei der aku- ten genuinen Pankreatitis bislang ge- nauso wenig einen nachweisbaren Effekt auf Verlauf und Prognose er- bracht, wie die Hemmung des autodi- gestiven Pankreassekretes durch ver- schiedenste Substanzen (Aprotinin, Gabexat-Mesilat, Camostat, Pho- spholipasehemmer, FFP). Im Gegen- satz dazu haben endoskopisch inter- ventionelle Maßnahmen bei der bili- ären Pankreatitis einen hohen thera- peutischen Stellenwert erreicht.

Durch Steinextraktion oder Papillo- tomie innerhalb von 24 Stunden nach Beginn einer biliären Pankreatitis

KONGRESSBERICHT

kann offensichtlich der Krankheits- verlauf günstig beeinflußt werden (May, Bochum). Ob eine Papilloto- mie auch bei fehlendem Steinnach- weis sinnvoll ist, ist noch umstritten.

Chirurgische Therapie

Bei der schweren Verlaufsform der akuten Pankreatitis ist häufig ein chirurgisches Eingreifen nicht zu um- gehen. Entscheidend ist die sekundä- re Infektion intra- oder peripankrea- ner Nekrosen, die durch Translokati- on von Bakterien aus dem Kolon zu- stande kommt und zu lokaler Ab- szeßbildung beziehungsweise Sepsis führt. Bei Fieber oder Verschlechte- rung des Allgemeinzustandes des Pa- tienten sollte daher immer mittels ei- ner perkutanen Feinnadelbiopsie ein Keimnachweis versucht werden.

Die Art der chirurgischen The- rapie ist bei der akuten, nekrotisie- renden Pankreatitis immer noch un- terschiedlich. Eine alleinige Plazie- rung von Drainagen ist sicher unzu- reichend. Hervorragende Ergebnisse können aber durch eine Kombination von Nekrektomie und Bursalavage erreicht werden (Büchler, Ulm). Eine offensichtlich gleich effektive Metho- de stellt die Nekrektomie oder Pan- kreaslinksresektion und Schaffung eines Laparostomas mit späterer rou- tinemäßiger lokaler Revision des OP- Gebietes dar (Kozuschek, Bochum).

Die Therapie der Transplantat- pankreatitis stellt insofern eine be- sondere Herausforderung dar, da diese Patienten aufgrund ihrer Im- munsuppression stark infektgefähr- det und hinsichtlich der lokalen und allgemeinen Entzündungsreaktion schwer beurteilbar sind. Durch eine von der Tübinger Arbeitsgruppe ent- wickelte neue Lavagetechnik — die geschlossene kontinuierliche Perito- neallavage — lassen sich leichtere Formen der Transplantatpankreatitis ohne Probleme beherrschen. Bei den schweren nekrotisierenden Formen muß allerdings zusätzlich großzügig und, wenn erforderlich, wiederholt nekrektomiert werden, um einer Sep- sis vorzubeugen. Der Zeitpunkt einer chirurgischen Intervention wird ent- scheidend mitbestimmt von der Leu- kozytenzahl in der Lavageflüssigkeit (Hopt, Tübingen). Mit diesem Be- handlungskonzept konnte die Tübin-

ger Arbeitsgruppe die frühpostope- rative Transplantatpankreatitis bei allen Patienten unter Erhalt der en- dokrinen Funktion des Organs zur Ausheilung bringen.

Die Vorstellungen, wann eine konservative und wann letztendlich eine operative Therapie bei der aku- ten genuinen Pankreatitis indiziert ist, sind immer noch unterschiedlich.

Becker (Tübingen) konnte zeigen, daß hier die Probleme noch bei wei- tem nicht gelöst sind und daß sowohl bei der einen als auch bei der ande- ren Therapieform viele unbewiesene Voraussetzungen als gegeben ange- nommen werden. Entscheidend ist, daß es sich bei der akuten genuinen Pankreatitis nicht um ein — ätiolo- gisch gesehen — einheitliches Krank- heitsbild handelt und daß die Früh- phasen dieser Erkrankung in der Kli- nik nicht erfaßt werden können. Die frühpostoperative Transplantatpan- kreatitis bietet hier ganz neue Mög- lichkeiten. Der Verlauf dieser Art der Pankreatitis kann — erstmals im Humanbereich — im frühesten Initial- stadium beginnend prospektiv erfaßt werden. Aufgrund neu entwickelter operativer Techniken können dabei nicht nur systemische Parameter, sondern vor allem auch die exokrine Funktion des Pankreas anhand der Sekretion aus dem Pankreasgang so- wie der aus dem Parenchym in die Umgebung austretenden Sekretmen- ge kontinuierlich beurteilt werden.

Es liegen damit praktisch „experi- mentelle" Bedingungen vor, die hof- fentlich in Zukunft weitere Einblicke in den Ablauf der akuten Pankreatitis während ihrer Frühphase ermögli- chen werden.

Dr. med. Martin Büsing Chirurgische Klinik Ruhr-Universität Bochum Knappschaftskrankenhaus In der Schornau 23-25 44892 Bochum

Prof. Dr. med. Ulrich T. Hopt Dr. med. Frank Pfeffer

Abteilung für Allgemeine Chirurgie und Poliklinik

Eberhard-Karls-Universität Hoppe-Seyler-Straße 3 72076 Tübingen

Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 4, 28. Januar 1994 (53) A-207

Referenzen

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