DIE ARZNEIMITTELKOMMISSION
stetige Überwachung des Patienten, insbesondere zu Beginn der Infu- sion, erfolgen. Das Bild der mögli- chen Komplikationen muß dem Arzt bekannt sein. Eine kardiepulmona- le Wiederbelebungsmöglichkeit muß vorhanden sein. Es ist ratsam, um das Ausmaß einer zu erwartenden allergischen Reaktion zu vermin- dern, ein Antihistaminikum vor An- wendung eines Volumenersatzmit- tels zu verabreichen. Bei vorausge- gangenen schweren allergischen Reaktionen sollte eine prophylakti- sche Therapie mit hohen Dosen von Kortikoiden erwogen werden.DER DEUTSCHEN ÄRZTESCHAFT GIBT BEKANNT:
Vorsichtsmaßnahmen bei der Anwendung kolloidaler
Volumenersatzmittel
ln den vergangenen Jahren wurden die kolloidosmoti~ch wirksamen Vo- lumenersatzmittel in zunehmendem Maß als harmlos betrachtet. Es ist jedoch nicht auszuschließen, daß ganz allgemein nach Verabreichung von Vol.umenersatzmitteln in einer geringen Zahl der Fälle allergische und allergoide Nebenwirkungen auf- treten. ln der Literatur sind teilweise dramatische Unverträglichkeltsreak- tionen nach Anwendung von Volu- menersatzmitteln beschrieben. Ge- rade in letzter Zeit wurde über eine Häufung schwerster Überempfind- lichkeitsreaktionen, in Einzelfällen auch solche mit tödlichem Ausgang trotz optimaler Wiederbelebungs- möglichkeiten, berichtet. ln den letzten zwei bis drei Jahren häuften sich die Zwischenfälle nach Gabe von Volumenersatzmitteln überpro- portional zum Verbrauch.
[> Volumenersatzmittel sind also
keine indifferenten Substanzen, son- dern Medikamente mit möglichen Nebenwirkungen.
Ein Vergleich der Möglichkeit von Zwischenfällen nach Gabe von Dex- tranen und kolloidalen Lösungen auf Gelatinebasis mit denen nach Gabe der Mitte vergangeneo Jah- res eingeführten Hydroxyäthylstärke kann zur Zeit noch nicht angestellt werden, da bisher kein ausreichen- des, quantitativ vergleichbar großes Erfahrungsgut vorliegt.
..,.. Die l.ebensbedrohlichen Zwi- schenfälle werden einheitlich ge- schildert. Sie treten in zeitlichem Zusammenhang mit dem Beginn der Infusion des Volumenersatzmittels auf. Meist ist das Bild des Zwi- schenfalls schon kurze Zeit (1-2- 3 min) nach der Infusion einer ge- ringen Menge (10-30-60 ml) des Volumenersatzmittels voll ausge- prägt.
..,.. Das klinische Bild kann mit leichten Nebenwirkungen wie Rük- kenschmerzen, generalisierter Haut- rötung und heißem Gefühl im gan- zen Körper beginnen .
..,.. Die schweren Komplikationen in Form von Blutdruckabfall, Tachykar- die, Bronchospasmus, Herz- und Atemstillstand können jedoch auch sofort auftreten.
Als Ursachen dieser Unverträglich- keitsreaktionen werden eine Anti- gen-Antikörperreaktion, eine ver- mehrte Sensibilisierung der Bevöl- kerung gegen makromolekulare Po- lymere nichtmenschlichen Ur- sprungs und eine Freisatzung von Histamin diskutiert. Eine Chargen- abhängigkeit scheint bei Dextranen nicht zu bestehen. Die Art der Auf- bewahrung - in Glasflaschen oder in Kunststoffbeuteln - scheint kei- nen Einfluß zu haben, da bei beiden Aufbewahrungsarten Unverträglich- keitsreaktionen beobachtet wurden und ähnliche Reaktionen nach Ver- abreichung von kristalloid gelösten Substanzen, die im Plastikbeutel aufbewahrt wurden, nicht zur Kennt- nis gekommen sind.
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Wegen der möglichen schweren Überempfindlichkeitsreaktionen muß bei der Anwendung von kolloidalen Volumenersatzmitteln eine strenge Indikationsstellung erfolgen. Die In- dikation für die Anwendung soll- te nachgewiesener Volumenmangel .sein. Die Unterlassung der Anwen- dung bei diesen Fällen würde grö- ßeren Schaden hervorrufen als die möglicherweise auftretenden Neben- wirkungen. Eine prophylaktische Gabe (wie oft vor der Einleitung der Narkose) sollte unterlassen werden.Bei Blutdruckabfällen mit ausrei- chend erhaltener peripherer Durch- blutung sollte die Volumensubstitu- tion zunächst mit Elektrolytlösungen versucht werden.
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Bei der Anwendung von kolloida- len Volumenefsatzmitteln muß einee
Ist eine Unverträglichkeltsreak- tion eingetreten, so muß die Infu- sion des Volumenersatzmittels so- fort abgebrochen und die erforderli- che Volumensubstitution unter Wechsel des Volumenersatzmittels - am besten mit Blut oder Plasma - vorgenommen werden. Zusätzlich ist sofort die gezielte Therapie nach dem allgemeingültigen Schema (siehe Darstellung) für die Behand- lung von Unverträglichkeltsreaktio- nen einzuleiten.Es wird zur Zeit von Herstellern der Volumenersatzmittel alles getan, um Einzelheiten der Ursachen dieser Unverträglichkeltsreaktionen den.
Anschrift der Verfasser:
Prof. Dr. med. R. Frey und Akademischer Direktor Dr. med. F. Fischer Institut für Anästhesiologie der Universität
65 Mainz, Langenbackstraße 1 Prof. Dr. med. K. Hutschenreuter Institut für Anästhesie
der Universität des Saarlandes 665 Hornburg (Saar)
Darstellung: Sofortmaßnahmen bei Unverträglichkeitsreaktio·
nen nach Infusion kolloidaler Volumenersatzmittel
Klinische Symptomatik Subjektive Beschwerden (Rückenschmerzen, Nausea usw.}
Hauterscheinungen (Flush, Urtikaria usw.)
Dyspnoe
SchockTherapie lnfusionsstop
Antihistaminika