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. Bn ckerKrankenhäuser:
Wo es wirklich aus dem Ruder läuft
Die Bundesländer haben von 1973 bis 1989 im Rahmen der 1972 eingeführten gesetzlichen Pflicht zur staatlichen Krankenhausplanung per saldo inzwischen rund 42 000 finan- ziell geförderte Betten und darüber hinaus rund 10 000 nicht geförderte Betten, insgesamt also 52 000 Betten abgebaut, für andere soziale Zwecke umstrukturiert oder ganz stillgelegt.
Dennoch gibt es nach Auffassung mancher Sachverständiger noch 100 000 Betten zuviel. Im gleichen Zeitraum wurden etwa 40 000 Betten in fast ausschließlich privaten Vor- sorge- oder Rehabilitationseinrich- tungen neu geschaffen (Abbildung 1).
Dazu haben die „Experten" noch keine Meinung abgegeben. Die Ver- antwortung für diese Einrichtungen liegt ausschließlich bei den Kosten- trägern (GRV; GKV).
Die Rollen bei dem „Bettenka- pazitätspoker" sind nach dem Willen des Gesetzgebers offensichtlich un- gleich verteilt. Für die politisch Är- ger bereitende Schließung von Kran- kenhäusern sind die Länder, für die vergnügliche Grundsteinlegung und Einweihung zusätzlicher Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen die Kostenträger zuständig. Neben den Hochschulkliniken, den Plan- krankenhäusern und den Vertrags- krankenhäusern gibt es — bisher weit-
gehend unbemerkt — zunehmend ei- ne vierte Kategorie von Krankenhäu- sern, für die die gesetzlichen Kran- kenkassen allein die Verantwortung tragen. Das sind Krankenhäuser, die sich über Privatpatienten und für freiwillige Mitglieder von gesetzli- chen Krankenkassen über den Weg der Kostenerstattung nach § 61 SGB V finanzieren und deshalb keiner Krankenhausplanung unterliegen.
Daß dies keine realitätsfernen Behauptungen sind, beweist ein Ur- teil des Oberlandesgerichtes Mün- chen aus dem Jahr 1989, das einer Krankenkasse verbietet, die Bezah- lung von Krankenhausleistungen, die ein beklagtes Kostenerstattungs- krankenhaus gegenüber Mitgliedern dieser Krankenkasse erbringt, als
„nicht vergütungspflichtig" abzuleh- nen. Das Krankenhaus ist weder im Krankenhausplan, noch hat es einen Versorgungsvertrag abgeschlossen.
Kosten entstehen im Kranken- haus grundsätzlich durch Leistungen am Patienten und nicht durch Bet- ten. Während die geförderte Betten- kapazität von den Ländern reduziert wird, steigen die Patientenzahlen so- wie Umfang und Qualität der an ih- nen erbrachten Leistungen perma- nent (Abbildung 2). Das voraussicht- liche Pflegetagevolumen, damit auch die Zahl der Patienten, die Verweil-
dauer sowie die Leistungsplanung ist nach §§ 4 und 16 der Bundespflege- satzverordnung ausschließlich Ange- legenheit der Vertragsparteien.
Ursache für die kostentreiben- den Entwicklungen ist eine wider- sprüchliche Gesetzgebung, die in den letzten Jahren eine parallele Kompetenz für Länder und Kranken- kassen geschaffen hat. Dahinter steht offensichtlich die Absicht des Bundesarbeitsministeriums, die fö- deralistisch staatliche Krankenhaus- planung durch eine zentralstaatlich gelenkte Selbstverwaltung mit der Letztentscheidung durch den Bund zu ersetzen. Damit sollen angeblich
„überflüssige" Betten leichter abge- baut werden können. Völlig überse- hen wird dabei, daß sich manche ehrgeizige „Selbstverwaltungspoliti- ker" in keiner Weise von manchen ehrgeizigen gewählten Politikern un- terscheiden: Von beiden wird vor- mittags das denkbar Beste für die Patienten und nachmittags maximale Kostendämpfung, besser gesagt: Ko- stenverlagerung zugunsten der Kran- kenkassen gefordert. In Wirklichkeit ist die einfachste Kostendämpfung,
„nein" zu sagen, aber nicht bei der Übernahme der Folgekosten, son- dern bei der Erweiterung des Ange- botes. Dies gilt gleichermaßen aller- dings für die Länder wie für die Krankenkassen.
Leitender Ministerialrat Dr. jur. Ernst Bruckenberger, Hannover
Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 12, Reihe 6 Krankenhäuser Quelle wie Abbllallrig 1 una eigene t,meDungen
Abbildung 1: Entwicklung der Betten pro 10 000 Einwohner in Pro- zent von 1966 bis 1989 in der Bundesrepublik Deutschland A-666 (38) Dt. Ärztebl. 87, Heft 9, 1. März 1990
Abbildung 2: Entwicklung der Akut-Betten, Patienten und Leistun- gen von 1966 bis 1989 in der Bundesrepublik Deutschland