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Archiv "Krankenhäuser: Bundesländer knausern" (26.05.2000)

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ie Gesundheitsgesetzgebung und die gewandelte Kran- kenhauspolitik haben in den letzten zehn bis 15 Jahren den Ein- fluss der Bundesländer auf die Kran- kenhausplanung und -finanzierung geschwächt. Entsprechend haben die Länder ihr finanzielles Engage- ment im Krankenhaussektor (Inve- stitionskosten) erheblich verringert.

Bereits seit Mitte der Siebziger- jahre ist in einer Stafette von Re- formgesetzen die bisherige angebots- orientierte Krankenhausplanung der Länder tendenziell durch eine Leistungsstrukturplanung bezie- hungsweise eine reine Leistungspla- nung der Krankenkassen und der Vertragsparteien (Kran-

kenkassen/Krankenhaus- träger) ersetzt worden. In- folgedessen ist die Letzt- verantwortung der Bun- desländer zunehmend auf eine reine Mittelverwen- dungsplanung begrenzt worden, wohingegen die Leistungsmengen, deren Dimensionierung und Strukturierung dank der Weichenstellung des Bun- desgesetzgebers zuneh- mend in die Verantwor- tung der Krankenkassen und der Krankenhäuser verlagert wurden.

Die Vertragsparteien auf regionaler und ört- licher Ebene sind er- mächtigt worden, plan- konkretisierende ergän- zende Vereinbarungen zu treffen. Infolge dieser ge- wandelten Krankenhaus-

politik ergeben sich nach In-Kraft- Treten des GKV-Reformgesetzes 2000 gravierende Konsequenzen für die Finanzierung der Krankenhaus- leistungen und die Erfüllung ge- setzlich garantierter Patientenrechte und -ansprüche.

Der Krankenhausexperte im Niedersächsischen Gesundheits- und Sozialministerium, Ltd. Ministerial- rat Dr. jur. Ernst Bruckenberger, Hannover, hat kürzlich die in Gang gekommenen und noch ungelösten Reformprobleme thematisiert.

Bisher ist es dem Gesetzgeber nicht gelungen, die Schnittstelle zwi- schen ambulanter und stationärer Versorgung durch personale Ele-

mente kostensparend zu verzahnen und den „Graben“ ambulant/sta- tionär zuzuschütten. Tatsächlich hat es in der Vergangenheit kostentrei- bende sektorale Optimierungen mit additiver Wirkung gegeben, nach der Devise, Teilbereiche von Lei- stungen anderer Sektoren hinzuzu- holen, ohne dass dadurch gesamt- wirtschaftlich entsprechende Lei- stungen und Kapazitäten abgebaut worden wären. Die Folge: Überka- pazitäten vor allem im stationären Sektor und die von den Kranken- kassen beklagte „doppelt besetzte Facharztschiene“ sowohl im Bereich der niedergelassenen Ärzte als auch am Krankenhaus.

Unbestritten ist, dass die Zahl der Kranken- hausbetten seit 1977 – mit Einführung des so ge- nannten Kontrahierungs- zwanges – abgebaut wor- den ist. Dagegen sind jene Versorgungskapazitäten, die in erster Linie im Ver- antwortungsbereich der Vertragsparteien liegen, erheblich ausgeweitet wor- den. Die Folge: Die Lei- stungsmengen und ent- sprechend die Ausgaben sind in diesen Sektoren überdurchschnittlich ge- stiegen. Ein Paradebei- spiel ist der Sektor der Vorsorge- und Rehabili- tationseinrichtungen, die zum Teil auch Kapazitä- ten ausweiteten, weit über das versorgungsnotwen- dige und medizinisch indi- zierte Maß hinaus. Aller- A-1425

P O L I T I K LEITARTIKEL

Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 21, 26. Mai 2000

Krankenhäuser

Bundesländer knausern

Obwohl die Bundesländer zur Sicherstellung

und Finanzierung der Investitionskosten der Krankenhäuser verpflichtet sind, schwindet ihr finanzielles Engagement.

D

Veränderung der Krankenhausbettenzahl

(Betten auf 10 000 Einwohner) in den alten und neuen Bundesländern

In den vergangenen zehn Jahren ging die Zahl der Krankenhausbetten je 10 000 Einwohner stetig zurück – von rund 84 Betten je 10 000 Einwohner im Jahr 1990 auf rund 70 Betten je 10 000 Einwohner im Jahr 1997, eine „Bettendichte“, die bereits unter dem Niveau von 1965 liegt.

(2)

dings ist das Wachstum in die- sem Bereich im Herbst 1996 durch politische Interventio- nen abrupt gestoppt worden – mit der Folge, dass rund 30 Prozent des Reha-Marktes

„wegbrachen“.

Krankenhausexperte Bruckenberger beklagt: In den meisten ausgabenträchti- gen Leistungssektoren fehlen ergebnisorientierte Beurtei- lungskriterien und aktuelle aussagefähige Länder- und sektorenbezogene Daten über die Inanspruchnahme von Leistungen und die dadurch veranlassten Ausgaben. Hin- zu kommt: 1997 ist die län- derbezogene und alle Ko- stenträger umfassende Reha- bilitationsstatistik eingestellt worden mit der Folge, dass dadurch die Leistungsplanung

sowohl auf Bundes- als auch auf Län- der- und Vertragsebene erheblich er- schwert worden ist. Auslöser waren vor allem das Beitragsentlastungs- gesetz und das Beschäftigungs- und Wachstumsförderungsgesetz.

Unterschiedliche Trends

Die Betriebs- und Investitionsko- sten im Krankenhaussektor haben sich in den letzten 25 Jahren sehr unter- schiedlich entwickelt. Die Betriebsko- sten der Krankenhäuser, die über die Sozialleistungsträger und die privaten Versicherungsträger gedeckt werden, wuchsen von 1973 bis 1997 um das Sechsfache, und zwar von 17 Milliar- den DM auf 101 Milliarden DM. Die Investitionskosten der Krankenhäuser, für die die Länder einstehen müssen, stiegen hingegen nur um das Vierfa- che, und zwar von drei auf zwölf Milli- arden DM. Deshalb klagen die Kran- kenhausträger, dass ein ungedeckter Investitionsstau seit Jahren aufgelau- fen sei und nicht bedient werde. Früher war bereits von einem Volumen bis zu 15 Milliarden DM die Rede.

Der Anteil der Investitionsko- sten an den Gesamtkosten der Kran- kenhäuser hat sich bundesweit von 15 auf zehn Prozent verringert. Obwohl in den letzten 20 Jahren die Zahl der Krankenhäuser von mehr als 3 000 auf

jetzt 2 245 und die Zahl der geplanten Klinikbetten ebenso wie die Liege- dauer reduziert worden ist, stiegen gleichzeitig die Ausgaben für Kran- kenhausbehandlung im Vergleich zu den anderen Leistungssektoren über- durchschnittlich.

Ungelöst ist das Kapazitätenpro- blem. Das Problem der Doppelstruk- turen ist ein Thema, das künftig ver- stärkt die Politik und die Vertrags- partner beschäftigen wird. Die immer kürzer werdenden Reformschritte und interventionistischen, planwirt- schaftlichen Maßnahmen haben des- halb nur palliativ gewirkt. Preisorien- tierte Entgeltsysteme (Fallpauscha- len), die für das Jahr 2003 festgelegt wurden, sind insoweit kein Ausweg, als sie bei den geltenden Rahmenbe- dingungen und gedeckelten Budgets zu reinen Verteilungsaktionen knap- per Mittel degenerieren können, ohne das Leistungsspektrum objektiv abzu- bilden und zu vergüten.

Es ist zu erwarten, dass bei weiter begrenzten öffentlichen Mitteln und einem sich verschärfenden Leistungs- wettbewerb der Trend zur Entstaatli- chung und Deregulierung gerade im stationären Sektor forciert wird. Die Unternehmensberatungsgesellschaft Arthur Andersen, Eschborn und Frankfurt/Main, hat kürzlich progno- stiziert, dass sich der Anteil der priva- ten Klinikbetreiber von derzeit rund

fünf Prozent auf voraussichtlich 12 bis 15 Prozent bis zum Jahr 2015 erhöhten dürfte. Gleich- zeitig ist zu erwarten, dass priva- te Klinikketten und Verbundsy- steme im stationären Sektor ihren Aufschwung fortsetzen werden. Hinzu kommt die In- ternationalisierung größerer Klinikkapitalgesellschaften und das Engagement von Rendite suchendem Kapital in der Kran- kenhauswirtschaft.

Konzentrationsprozesse

Die Folge: Konzentration der Leistungserbringung sowie der Finanziers, vor allem der Krankenkassen und der Einrichtungsbetreiber. Über ei- ne zunehmende Standardisie- rung, verschärfte Qualitätssi- cherungsauflagen und eine leitlinien- gesteuerte, evidenzbasierte Medizin dürfte sich der Druck auf die Kran- kenhäuser, das Personal und die Arzt- Patienten-Beziehung verstärken. Im Medizinbetrieb wird die Bürokratisie- rung infolge der hektischen und wenig konzeptionell koordinierten Gesetz- gebung exponentiell steigen.

Prognostiker gehen davon aus, dass dadurch der Leistungswettbe- werb in der Gesundheitswirtschaft verstärkt wird mit der Folge, dass se- lektive Leistungsverdichtungen die Regel werden, dass es zu Risikoselek- tionen durch die Versicherungsträger und zu einer Zentralisierung der An- gebotsstrukturen kommen wird.

Der bisherige Sicherstellungsauf- trag der öffentlichen Hand, insbeson- dere der Kommunen, für den sta- tionären Sektor wird weiter aus- gehöhlt und auf die Länder als Rest- größe verlagert werden. Zudem ver- schärft sich der Dauerkonflikt zwi- schen den Planungskompetenzen im Krankenhaus und dem Vergütungssy- stem. Bruckenberger schließt daraus:

Die Steuerung von Krankenhauslei- stungen über eine straffe angebotsori- entierte Krankenhausplanung und über Vergütungsregelungen auf der Vertragsebene sind zwei sich einander ausschließende Prinzipien, mithin konfliktträchtig und zum Scheitern verurteilt. Dr. rer. pol. Harald Clade A-1426

P O L I T I K LEITARTIKEL

Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 21, 26. Mai 2000

Kosten je Behandlungsfall nach Ländern 1998 (Behandlungsort)

Die Kosten je Behandlungsfall schwanken 1998 von 5 106 DM in Mecklen- burg-Vorpommern bis 8 813 DM in Berlin. Unter den alten Bundesländern weist Rheinland-Pfalz mit 5 644 DM den niedrigsten Wert aus.

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