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Von falscher Politik und falschen Kranken

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Bayerisches Ärzteblatt 6/2008 363

Von falscher Politik und falschen Kranken

chen Vereinigung Bayerns und dem Verband Freier Berufe in Bayern – und natürlich mit Ihrer Beteiligung daran etwas ändern können.

Im „Windschatten“ des Gesundheitsfonds tut sich aber noch ein weiteres, großes und schon bald sehr problematisches Feld auf:

der Morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA).

In diesem nicht nur dem Namen nach gewaltigen Bürokratie- und Verteilungsmonstrum soll geregelt werden, für welche Krank- heiten die Krankenkassen Zuweisungen aus dem Fonds erhal- ten. Der Streit darüber, welche Krankheiten einbezogen werden, ist bereits heftig entbrannt. Kein Wunder – entscheidet sich doch an dieser Stelle, welche Krankenkasse daraus Vorteile ziehen wird und welche nicht. Es steht zu befürchten, dass sich die Kran- kenkassen nun verstärkt um die Versicherten bemühen werden, für die sie aus dem Morbi-RSA Finanzmittel erhalten und die sie dann möglicherweise selektivvertraglich versorgen. Schon bald wird ein Run entstehen auf die im Sinne des Morbi-RSA „richtig“

Kranken, die sozusagen „Geld mitbringen“. Was geschieht aber mit den im Sinne des Morbi-RSA „falsch Kranken“? Sie werden sicher nicht „auf die Straße gesetzt“, aber erfahren sie auch die Hilfe im Gesundheitssystem, die sie bräuchten? Ein Beispiel: Ur- sprünglich waren Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen im Morbi-RSA nicht berücksichtigt und hätten keinen „Ausgleichs- wert“ gehabt. Ein Skandal, so etwas zu übersehen – und ich fürchte, es gibt noch mehr solcher Fehler.

Unser Gesundheitssystem, das international nach wie vor einen ausgezeichneten Ruf genießt, ist durch die Gesundheitsreform in Gefahr. Die Reformen dienen nur dazu, die Steuerbarkeit des Ge- sundheitssystems zu erhöhen. Und angeblich soll es auch güns- tiger werden. Aber kann und darf dies der ausschließliche Fokus von Reformen sein? Steht nicht der Patient im Mittelpunkt? Das Gesundheitssystem, wie es jetzt angedacht ist, entfremdet sich zunehmend von den Bürgern dieses Landes.

Es wird Sie nicht überraschen, dass ich ob solcher Entwicklungen mehr denn je den Bedarf einer Institution wie der Kassenärzt- lichen Vereinigung sehe. Gerade auf Grund ihrer Orientierung am Gemeinwohl, an den Interessen von Patienten wie auch Ärzten und Psychotherapeuten gleichermaßen, ist sie in der Lage, für Ausgleich zu sorgen. Sie kümmert sich um Versorgungsgerech- tigkeit, unterscheidet nicht nach richtigen und falschen Kranken und bietet durch ihren kollektivvertraglichen Ansatz die Gewähr, dass den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Lande eine Be- handlung zukommt, wenn sie diese brauchen. Bleibt nur zu hof- fen, dass die Politiker, die sich von einem System trennen wollen, das auch Garant für die soziale Stabilität in unserem Lande ist, das erkennen und es nicht dem Wettbewerb um die billigste Ver- sorgung opfern. Allen Ärzten und Psychotherapeuten kann ich versichern, dass wir als Vorstand der Kassenärztlichen Vereini- gung Bayerns mit voller Kraft daran arbeiten, unser solidarisches Gesundheitswesen mit all seinen Errungenschaften, zu denen auch die Freiberuflichkeit der Ärzte und Psychotherapeuten ge- hört, zu erhalten.

„Ärzte machen im Wartezim- mer mobil“ – so lautete eine der Schlagzeilen in den Tageszei- tungen nach unserer Pressekon- ferenz zum Start der Kampagne

„Gesundheitsfonds – So nicht!“.

Und tatsächlich hat unsere Kam- pagne Fahrt aufgenommen:

Bereits in den ersten Tagen, nachdem die Infopakete an die bayerischen Praxen verschickt wurden, erreichten uns hunderte Briefe, Faxe und E-Mails mit Un- terschriftenlisten und Nachbestel- lungen von Informationsmaterial.

Es freut mich natürlich, dass wir mit unserer Aktion offensichtlich den Nerv der Haus-, Fachärzte und Psychotherapeuten getroffen haben. Meine Bitte an Sie: Bleiben Sie weiter am Ball, informieren Sie Ihre Patienten über die Auswirkungen des Gesundheitsfonds.

Denn: Je mehr Menschen mobilisiert werden, desto größer der Druck auf die Politik. Entsprechend steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Fonds noch gekippt oder zumindest positiv verändert werden kann.

Dabei ist der Gesundheitsfonds natürlich nur ein Sinnbild für ein ganzes Paket an gesetzgeberischen Eingriffen, die die finanzielle Situation der Ärzte und Psychotherapeuten massiv bedrohen – und damit leider auch die gute Versorgung der Patienten gefähr- den. Alleine den Ist-Zustand aufrechtzuerhalten, wird nicht aus- reichen. Es muss eigentlich noch zusätzliches Geld ins System fließen. Als das Heilmittel dafür wird in weiten Teilen Deutsch- lands die Honorarreform gepriesen, wonach sich viele niederge- lassene Ärzte und Psychotherapeuten in Zukunft, so wird kolpor- tiert, über steigende Honorare freuen könnten. Allerdings müssen dazu seitens der Politik endlich verlässliche Aussagen über das Ob und die Höhe zusätzlicher Finanzmittel getroffen werden.

Bleiben diese Mittel aus, würde die Honorarreform deutlich zu Lasten Bayerns und Baden-Württembergs gehen.

Doch damit nicht genug: Die Versicherten müssen auf Grund des Gesundheitsfonds mit steigenden Beiträgen rechnen, auf zahl- reiche Unternehmen kommen Zusatzbelastungen in Milliarden- höhe zu und die Bürokratie im Gesundheitswesen wird – so ist die Mehrzahl der kürzlich für eine Studie der Techniker Kranken- kasse Befragten überzeugt – noch weiter zunehmen. Trotz allem halten Angela Merkel und Ulla Schmidt verbissen an „ihrer“ Ge- sundheitsreform fest. Die genannten Kritikpunkte scheinen bisher weder bei der Bundeskanzlerin noch bei der Bundesgesundheits- ministerin angekommen zu sein. Ich hoffe, dass wir gemeinsam mit den Partnern unserer Initiative – der Kassenärztlichen Ver- einigung Baden-Württemberg sowie der Bayerischen Landes- ärztekammer, der Bayerischen Psychotherapeutenkammer, der Bayerischen Landeszahnärztekammer, der Kassenzahnärztli-

Dipl.-Psych. Rudi Bittner, Zweiter stellvertretender Vorsitzen- der des Vorstands der KVB

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