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FORUM-6-2017-Patientenorientierung-Ethiknetz-Mainfranken

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PATIENTENORIENTIERUNG 28

K VB FORUM 6/2017

D

er 63-jährige Facharzt für Anästhesiologie war lange Jahre Leitender Arzt am Orthopädischen Krankenhaus Schloss Werneck des Bezirks Unter- franken. Der zertifizierte Ethik- berater hat auch Philosophie und evangelische Theologie studiert.

Herr Dr. Scheidemantel, vor eini- gen Monaten haben Sie und mehrere engagierte Mitstreiter das Ethiknetz Mainfranken ge- gründet. Wie setzt sich Ihre Or- ganisation zusammen und in welchen Feldern ist sie aktiv?

Unser Angebot geht zurück auf einen Beschluss des Deutschen Ärztetags von 2008, dass Ethik- beratung auch außerklinisch auf- gebaut und angeboten werden soll. Wir haben diese Forderung aufgegriffen und bieten Ethikbera- tung für den ambulanten und pflege- stationären Sektor. Auch kleine

Krankenhäuser, für die sich kein eigenes Ethikkomitee lohnt, können sich an uns wenden. Unser Bera- tungsteam besteht aus Ärzten, Pflegenden, Juristen und Seelsor- gern, die zum Teil Beratungsaus- bildung und -erfahrung aus ihrem bisherigen stationären Wirkungs-

kreis mitbringen. Andere nutzen die vielfältigen Angebote verschie- dener Anbieter, um ihre Qualifika- tion aufzubauen oder zu ergänzen.

Welche konkreten Hilfestellun- gen bieten Sie den einzelnen Zielgruppen an? Wer kann Sie kontaktieren und welche räum- liche Region decken Sie ab?

Grundsätzlich kann sich jeder an uns wenden, der ein gesundheits- bezogenes ethisches Problem hat:

Betroffene und ihre Angehörigen, Pflegeheime, Pflegepersonal und natürlich die Ärzteschaft. Momen-

tan können wir die Region Würz- burg/Kitzingen/Main-Spessart bedienen, unser Angebot soll schritt- weise auf ganz Unterfranken aus- gedehnt werden.

Das Gesamtpaket Ethikberatung besteht aus Einzelfallbesprechun- gen – sowohl vor Entscheidungen als auch retrospektiv –, Fortbil- dungen und der Hilfe zur Erstellung ethikbezogener Leitlinien in den Einrichtungen.

Können Sie uns einige beispiel- hafte Situationen schildern, in denen eine Ethikberatung sinn- voll erscheint.

Typische Konstellationen sind:

1. Ein dementer Patient mit sicht- licher Lebensfreude bekommt eines Tages eine Lungenentzün- dung. Einst hat er im Zustand voller Geschäftsfähigkeit eine Patientenverfügung verfasst, in der ausdrücklich für den Fall der Demenz lebenserhaltende Maßnahmen verboten werden.

Darf ihm ein einfaches Anti- biotikum zur Behandlung verab- reicht werden oder muss darauf verzichtet werden, da es sich um eine potenziell lebensver- längernde Maßnahme handelt?

2. Ein eingeschränkt oder nicht mehr selbstbestimmungsfähiger Patient beziehungsweise Pflege- heimbewohner: Aus ärztlicher Sicht ist eine Maßnahme ange-

Eine fundierte und professionelle Ethikberatung für den ambulanten und pflege- stationären Sektor hat sich der im November letzten Jahres gegründete Verein Ethiknetz Mainfranken auf die Fahnen geschrieben. KVB FORUM hat sich mit dem Leiter des Ethikkomitees, Dr. med. Jochen Scheidemantel, unterhalten.

ETHIKNETZ BERÄT PATIENTEN UND PRAXEN

Der Vorstand des Ethiknetzes:

Peter Hofmann, Dr. med. Jochen Scheidemantel, Prof. Dr. med.

Birgitt van Oorschot, Christian Meyer-

Spelbrink, Dr. theol. Sebas- tian Schoknecht (von links).

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zeigt, die die Angehörigen be- ziehungsweise der rechtliche Vertreter ablehnen, oder um- gekehrt: Der Arzt hält eine be- stimmte Maßnahme für nicht mehr angezeigt, aber die An- gehörigen bestehen darauf.

Mitunter hat das Pflegeteam eine dritte Meinung zu dem Problem.

3. Ein dementer Patient wurde in den letzten Monaten immer wie- der wegen Aspirationspneumo- nien in die Klinik eingewiesen.

Nach der letzten Krankenhaus- entlassung fragen die Mitarbei- ter des Pflegeheims an, ob nicht eine PEG-Anlage sinnvoll sein könnte.

Wie läuft eine Beratung in der Regel ab?

Die Kontaktdaten der Anrufenden werden an einen unserer Ethik- berater weitergegeben, der zurück- ruft und im Kontakt mit dem An- tragsteller die Terminierung und alle organisatorischen Details der Beratung veranlasst, wobei zwei Werktage Vorlaufzeit realistisch sind. In Abstimmung mit dem Rat- suchenden kann eventuell auch nur eine Telefonberatung stattfinden.

Wenn eine Ethikberatung durchge- führt werden soll, dann sollten alle Beteiligten in der moderierten Be- ratungsrunde vertreten sein:

„ Der Patient beziehungsweise dessen gesetzlicher Vertreter, gegebenenfalls weitere Ange- hörige,

„ der Hausarzt und weitere in die Behandlung involvierte Ärzte sowie Pflegende,

„ die Seelsorge oder andere rele- vante Personengruppen, wenn erforderlich,

„ der Berater (als Moderator) und Co-Berater (als Protokollant).

Die Beratung folgt einem festen Ablauf:

29 PATIENTENORIENTIERUNG

K VB FORUM 6/2017

„ Klärung der Fakten und der Handlungsoptionen,

„ Eruierung des Willens des Patienten,

„ Reflexion der Handlungsmög- lichkeiten und deren Begrün- dungen,

„ Versuch der Konsensfindung.

Wenn kein Konsens zustande kommt, kann der Berater eine ethisch fundierte, aber nicht bindende Empfehlung geben.

Die Verantwortung für die Behand- lungsentscheidung verbleibt bei dem behandelnden Arzt.

Worin liegen Ihrer Meinung nach die Vorteile einer Ethikberatung speziell für niedergelassene Ärz- te oder Psychotherapeuten?

Vorteile für die Kollegen sehen wir in:

„ einer Entlastung in Konflikten mit dem gesetzlichen Vertreter von Einwilligungsunfähigen be- ziehungsweise im Umgang mit Angehörigen,

„ einer erhöhten Zufriedenheit in der Zusammenarbeit mit Pflegen- den und Angehörigen,

„ einer Zeitersparnis bei der Ermitt- lung des mutmaßlichen Patien- tenwillens und Absicherung der Umsetzung des Patientenwillens für Zeiten der Unfähigkeit zur Willensbildung oder -äußerung,

„ der Vermeidung unnötiger Krankenhauseinweisungen und finaler Noteinweisungen,

„ mehr Handlungssicherheit durch transparente ethische begrün- dete Entscheidungen.

Mit welchen anderen Partnern oder Organisationen arbeiten Sie zusammen?

Eine wichtige Partnerorganisation ist für uns die Palliativakademie der Stiftung Juliusspital, die die Hotline stellt und in deren Räumen wir unsere Vereinssitzungen abhal-

ten. Daneben haben sich uns einige Einrichtungsträger der Altenpflege als institutionelle Mitglieder ange- schlossen. Dafür sind wir sehr dank- bar. Die Mitgliedschaft ist jedoch keine Voraussetzung, um beraten zu werden.

Das Ethiknetz Mainfranken arbei- tet ehrenamtlich. Dennoch gibt es sicher auch Ausgaben. Wie finan- zieren Sie sich bisher? Haben Sie Unterstützung in der Politik?

Bisher einzige Einnahmequelle sind die Mitgliedsbeiträge. Wir hoffen aber, dass unsere Arbeit so über- zeugt, dass sich auch die öffent- liche Hand an den Infrastruktur- kosten beteiligen wird.

Was sind die nächsten Ziele und Pläne des Ethiknetzes? Gibt es ähnliche Institutionen in ande- ren Teilen des Freistaates?

Wir wollen innerhalb unseres Ver- eins zwei weitere Beraterteams auf- bauen, um auch in den Regionen Untermain und Main-Rhön beraten zu können.

Im Bayerischen Ärzteblatt 11/2014 wurde aus der Region Südostbayern über die dortige außerklinische Ethikberatung berichtet. Seither sind an weiteren Orten solche Angebote entstanden.

Herr Dr. Scheidemantel, vielen Dank für das Gespräch!

Interview Markus Kreikle (KVB)

Kontakt

Das Ethiknetz Mainfranken ist über eine Telefon- Hotline erreichbar, die logistisch im Sekretariat der Palliativakademie der Stiftung Juliusspital angesiedelt ist.

Telefon 09 31 / 3 93 – 22 81

E-Mail beratung1@ethiknetz-mainfranken.de

Referenzen

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