Ubungen zur Vorlesung Theoretische Chemie I ¨ WS 2019/20 – ¨ Ubungsblatt 11 – L¨ osungsblatt
Ausgabe: Freitag 24. Januar, Besprechung: Freitag 31. Januar
1. Das H+2-Molek¨ulion
Mit Hilfe des LCAO-MO-Ansatzes
|Ψi=ca|ai+cb|bi
lassen sich gen¨aherte Energien und Eigenfunktionen des H+2-Molek¨ulions bestimmen.
Die minimale Basis{|ai,|bi}besteht dabei aus den beiden 1s-Orbitalen der Wasserstoff- atome.
Ausgehend vom Hamiltonoperator des Einelektronensystems Hˆ =− ~2
2me
∇2e+ e2 4π0
− 1 reA
− 1 reB
+ 1 rAB
und der obigen Form der Wellenfunktion soll die Schr¨odingergleichung in Matrixdarstel- lung konstruiert und gen¨aherte Eigenwerte (d. h., Energien) und Eigenvektoren gefunden werden.
a) Konstruieren Sie die Schr¨odingergleichung in Matrixdarstellung.
Mit der gegebenen Wellenfunktion in der Basisdarstellung ergibt sich f¨ur die Schr¨o- dingergleichung zun¨achst
Hˆ|Ψi=E|Ψi=caE|ai+cbE|bi (1) Um die Matrixdarstellung der Schr¨odingergleichung zu erhalten, wird zun¨achst ein Gleichungssystem erstellt. Dazu wird jeweils mit dem komplex Konjugierten der beiden Basisfunktionen multipliziert.
ha|H|Ψiˆ =ha|Hcˆ a|ai+ha|Hcˆ b|bi
=ha|caE|ai+ha|Ecb|bi
=caEha|ai
| {z }
1
+cbEha|bi
| {z }
S
(2)
Analog gilt nat¨urlich f¨ur die Multiplikation mit hb|
hb|H|Ψiˆ =hb|Hcˆ a|ai+hb|Hcˆ b|bi
=hb|caE|ai+hb|Ecb|bi
=caEhb|ai
| {z }
S
+cbEhb|bi
| {z }
1
(3)
Die Matrixelemente des Hamiltonoperators werden wie folgt dargestellt
ha|H|aiˆ =hb|H|biˆ =Hdiag (4) w¨ahrend f¨ur die Offdiagonalelemente gilt
ha|H|biˆ =hb|H|aiˆ =Hoff (5) Damit lassen sich die durch die Multiplikation mit dem komplex Konjugierten er- haltenen Gleichungen wie folgt schreiben
caha|H|aiˆ +cbha|H|biˆ =caE+cbES caHdiag+cbHoff=caE+cbES
(6)
cahb|H|aiˆ +cbhb|H|biˆ =caES+cbE caHoff+cbHdiag=caES+cbE
(7)
Mit diesem Gleichungssystem l¨asst sich schließlich die Matrixgleichung aufstellen Hdiag Hoff
Hoff Hdiag
ca
cb
=E·
1 S S 1
ca
cb
(8) oder in der Kurzschreibweise
H~c=ES~c (9)
b) Im Allgemeinen sind die Basisfunktionen|aiund |binicht orthogonal. Warum kann man sie bei großen Distanzen der beiden Wasserstoffkerne dennoch als n¨aherungsweise orthogonal betrachten?
Da im Falle des H+2-Molek¨uls die minimale Basis aus zwei 1s-Orbitalen besteht, die jeweils um einen Atomkern zentriert sind, verh¨alt sich das ¨Uberlappintegral exponentiell abfallend mit dem Atomabstand
S =ha|bi ∝exp (−rAB) (10)
Dadurch verschwindet das ¨Uberlappintegral bei der Annahme einer großen Separa- tion der beiden Kerne, also einem großen AbstandrAB
rABlim→∞S= 0 (11)
c) Berechnen Sie die Eigenwerte und Eigenvektoren der Schr¨odingergleichung in Matrix- darstellung unter der n¨aherungsweisen (!) Annahme der Orthogonalit¨at der Basis- funktionen,ha|bi= 0. Verwenden Sie die Bedingung, dass die S¨akulardeterminante verschwinden muss, |H−E1| = 0, damit das Gleichungssystem H~c = E1~c eine nicht-triviale L¨osung besitzt. Versuchen Sie, Ihr Ergebnis anschaulich zu interpre- tieren. (Tipp: Sie k¨onnen sich viel unn¨otigen Aufwand sparen, indem Sie sich vor L¨osung von Aufgabe c) Aufgabe d) ansehen.)
d) Ber¨ucksichtigen Sie nun den nicht-verschwindenden ¨Uberlapp der Orbitale,ha|bi= Sab, und konstruieren Sie das modifizierte Gleichungssystem H~c = ES~c mit der entsprechenden Bedingung f¨ur die S¨akulardeterimante,|H−ES|= 0. Wie ¨andern sich die Eigenwerte und Eigenvektoren?
Die L¨osung der Aufgaben c) und d) werden zusammen besprochen. Da es sich bei der L¨osung der Aufgabe d) um den allgemeineren Ansatz handelt, k¨onnen die L¨osungen f¨ur Aufgabe c) auch durch einsetzen vonS = 0 in die allgemeinere L¨osung erhalten werden. Andernfalls w¨are das Vorgehen f¨ur Aufgabe c) analog zu dem in Aufgabe d).
Die Eigenwerte der Matrixgleichung werden wie folgt berechnet
|H−ES|= 0! (12)
wobeiE die gesuchten Eigenwerte bezeichnet und f¨urH=
Hdiag Hoff Hoff Hdiag
sowie f¨urS=
1 S S 1
gilt.
Damit berechnen sich die Eigenwerte wie folgt
0=!
Hdiag−E Hoff−ES Hoff−ES Hdiag−E
= (Hdiag−E)2−(Hoff−ES)2
=Hdiag2 −2EHdiag+E2−Hoff2 + 2ESHoff+E2S2
Um die L¨osungen f¨ur diese Quadratische Gleichung zu finden, wird zun¨achst nach den Potenzen der VariableE sortiert.
0= 1! −S2
E2+ 2 (HoffS−Hdiag)E+Hdiag2 −Hoff2 (14) Anschließend k¨onnen wir entweder die abc-Formel verwenden oder die Gleichung durch 1−S2 teilen und die pq-Formel verwenden, um die Nullstellen der Gleichung zu finde. In diesem Fall werden wir dieabc-Formel verwenden, um nicht durch den Vorfaktor vonE2 teilen zu m¨ussen. Das bedeutet, wir finden die L¨osungen mit Hilfe von
ax2+ 2bx+c= 0→x1,2= −b±√ b2−ac
a (15)
Damit gilta= 1−S2,b=HoffS−Hdiag und c=Hdiag2 −Hoff2 womit sich nach dem Einsetzen in die Formel folgendes ergibt
E1,2=
−(HoffS−Hdiag)± r
(HoffS−Hdiag)2−(1−S2)
Hdiag2 −Hoff2
1−S2 (16)
Die Eigenwerte lauten damit
E1=
Hdiag−HoffS+ r
Hoff2 S2−2HoffHdiagS+Hdiag2 −
Hdiag2 −Hdiag2 S2−Hoff2 +Hoff2 S2
1−S2
=
Hdiag+HoffS+q
Hoff2 −2HdiagHoffS+Hdiag2 S2 1−S2
= Hdiag+HoffS+ q
(Hoff−HdiagS)2 1−S2
= Hdiag+HoffS+Hoff−HdiagS 1−S2
= Hdiag(1−S) +Hoff(1−S) (1 +S)(1−S)
= Hdiag+Hoff 1 +S
(17) und
E2=
Hdiag−HoffS− r
Hoff2 S2−2HoffHdiagS+Hdiag2 −
Hdiag2 −Hdiag2 S2−Hoff2 +Hoff2 S2 1−S2
=
Hdiag+HoffS−q
Hoff2 −2HdiagHoffS+Hdiag2 S2 1−S2
= Hdiag+HoffS− q
(Hoff−HdiagS)2 1−S2
= Hdiag+HoffS−Hoff+HdiagS 1−S2
= Hdiag(1 +S)−Hoff(1 +S) (1 +S)(1−S)
= Hdiag−Hoff 1−S
(18) Die nun folgende Berechnung der Eigenwerte erfolgt mit Hilfe der Gleichung
(H−ES)~c=~0 (19)
Zun¨achst wird der Eigenvektor f¨ur den Eigenwert E1 berechnet. Dazu wird dieser in die S¨akulargleichung eingesetzt, womit sich in diesem Fall Folgendes ergibt
Hdiag−Hdiag1+S+Hoff Hoff− S(Hdiag1+S+Hoff) Hoff−S(Hdiag1+S+Hoff) Hdiag−Hdiag1+S−Hoff
! ca cb
= 0
0
(20) Das Vereinfachen der beiden Matrixeintr¨ageHaa als Diagonalelement und Hab als Offdiagonalelement liefert
Haa= Hdiag(1 +S)
1 +S −Hdiag+Hoff 1 +S
= Hdiag(1 +S)−Hdiag+Hoff 1 +S
= SHdiag−Hoff
1 +S :=A
(21)
sowie
Hoff= Hoff(1 +S)
1 +S −S(Hdiag+Hoff) 1 +S
= Hdiag(1 +S)−SHdiag+SHoff 1 +S
= Hoff−SHdiag
1 +S :=−A
(22)
Damit k¨onnen wir auch schreiben A −A
−A A
ca
cb
= 0
0
(23) Die beiden Gleichungen, die wir daraus erhalten und die Werte f¨urcaundcb liefern, liefern beide die gleiche Information
Aca−Acb = 0 Acb−Aca= 0
(24)
Damit muss geltenca=cb =c1 womit sich der erste Eigenvektor ergibt
~c1 =c1 1
1
(25) damit gilt auch f¨ur die Wellenfunktion
|ψ1i=c1|ai+c1|bi (26) womitc1 mittels Normierung bestimmt werden kann
hψ1|ψ1i= 1 = (c! ∗1ha|+c∗1hb|) (c1|ai+c1|bi)
=|c1|2(ha|ai+hb|bi+ha|bi+hb|ai)
=|c1|2(2 + 2S)
= 2|c1|2(1 +S)
(27)
womit sichc1=±q
1
2(1+S) ergibt.
Analoges Vorgehen f¨uhrt f¨ur den Eigenwert E2 zu dem Eigenvektor
~c2= s
1 2(1 +S)
1
−1
(28) Um die L¨osungen f¨ur Aufgabe c) zu erhalten wird f¨ur die erhaltenen Ergebnisse S= 0 gesetzt. Damit ergibt sich
E1 =Hdiag+Hoff;~c1= 1
√2 1
1
E2 =Hdiag−Hoff;~c2= 1
√ 2
1
−1
(29)
e) Schreiben Sie die Eigenwerte aus Aufgabe d) mit Hilfe des Coulombintegralsj und des Resonanzintegralsk,
j= e2 4π0
ha| 1 reB|ai
k= e2 4π0
ha| 1 reA
|bi
Diskutieren Sie die physikalische Bedeutung von Coulomb- und Resonanzintegral.
Zun¨achst werden daf¨ur die MatrixelementeHdiag undHoffausformuliert, indem der Hamiltonoperator eingesetzt wird.
Hdiag=ha|H|aiˆ =ha|Tˆe+ e2 4π0
− 1 reA − 1
reB + 1 rAB
|ai
Hoff=ha|H|biˆ =ha|Tˆe+ e2 4π0
− 1 reA − 1
reB + 1 rAB
|bi
(30)
Die einzelnen Beitr¨age dieser beiden Ausdr¨ucke k¨onnen nach dem Ausmultiplizie- ren umsortiert werden, sodass drei verschiedene Beitr¨age entstehen. Daf¨ur wird verwendet, dass die Basisfunktionen|ai und |bi Eigenfunktionen des Hamiltonians Hˆa= ˆTe+ ˆVeA beziehungsweise ˆHb = ˆTe+ ˆVeBsind, sodass jeweils f¨ur beide gilt
Tˆe− e2 4π0
1 reA
|ai=E1s|ai
Tˆ − e2 1
|bi=E |bi
(31)
womit ebenfalls gilt
ha|Tˆe+ e2 4π0
1 reA
|ai=ha|E1s|ai=E1sha|ai
ha|Tˆe+ e2 4π0
1 reB
|bi=ha|E1s|bi=E1sha|bi
(32)
Damit ergibt sich f¨ur die Diagonalelemente Hdiag =ha|Tˆe− e2
4π0
1 reA
|ai
| {z }
E1sha|ai
− e2 4π0
ha| 1
1 reB
|ai
| {z }
j
+ e2 4π0rAB
ha|ai
| {z }
VABha|ai
(33)
Dabei ist der erste Teil der Hamiltonian von Kern A mit einem Elektron, der Term, der hier mitj bezeichnet ist, ist das Coulombintegral, welches die Coulombwechsel- wirkung von Kern B mit dem Elektron von Kern A beschreibt und der letzte Term beschreibt die Coulombwechselwirkung von Kern A mit Kern B.
Analog funktioniert dies f¨ur die Offdiagonalelemente Hoff=ha|Tˆe− e2
4π0
1 reB
|bi
| {z }
E1sha|bi
− e2 4π0
ha| 1
1 reA
|bi
| {z }
k
+ e2 4π0rAB
ha|bi
| {z }
VABha|bi
(34)
Dabei gilt wie zuvor, dass der erste Term den Hamiltonian des Kern B mit einem Elektron beschreibt, der zweite Term, hier mit k bezeichnet, beschreibt das Reso- nanzintegral und der Dritte beschreibt wiederum die Coulombwechselwirkung von Kern A mit Kern B. Mit dem Resonanzintegral wird die Wechselwirkung von Kern A mit der ¨Uberlappdichte ha|bi beschrieben. Letztendlich ergeben sich damit die folgenden Ausdr¨ucke f¨urHdiag und Hoff
Hdiag =E1s−j+VAB Hoff=E1sS−k+VABS
(35)
Da wir nun die Matrixelemente mit Hilfe des Coulomb- und Resonanzintegrals aus- dr¨ucken k¨onnen, k¨onnen wir auch die von Hdiag und Hoff abh¨angigen Erwartungs- werte umschreiben. Damit ergibt sich
E+=Hdiag+Hoff
1 +S = E1s−j+VAB+SE1s−k+SVAB
1 +S = (1 +S)(E1s+VAB)−j−k 1 +S
=(1 +S)(E1s+VAB)
1 +S − j+k
1 +S =E1s+VAB− j+k 1 +S
(36)
sowie
E−=Hdiag−Hoff
1−S = E1s−j+VAB−SE1s+k−SVAB
1−S = (1−S)(E1s+VAB)−j+k 1−S
=(1−S)(E1s+VAB)
1−S − j−k
1−S =E1s+VAB− j−k 1−S
(37)