Ubungen zur Vorlesung Theoretische Chemie I ¨ WS 2019/20 – ¨ Ubungsblatt 5 – L¨ osungsblatt
Ausgabe: Freitag 15. November, Besprechung: Freitag 22. November
1. Die Elektronen des π-Systems linearer Polyene lassen sich in erster N¨aherung mit dem Teilchen-im-Kasten-Modell beschreiben. Betrachten Sie dazu ein generalisiertes lineares Polyen CH2=CH(-CH=CH)l-CH=CH2, wobei N die Anzahl der Doppelbindungen im System bezeichnet (N =l+ 2).
a) Bestimmen Sie die L¨angeLdes
”Kastens“, in den dasπ-System des Molek¨uls einbe- schrieben werden kann, als Funktion vonN. Nehmen Sie dabei an, dass der C-C-C- Bindungswinkel 120◦ betr¨agt und dass sowohl die formalen C-C-Einfachbindungen als auch die formalen C=C-Doppelbindungen imπ-System dieselbe L¨angedhaben.
Um die gegebene Geometrie eines Polyens zu betrachten, nutzen wir die gegebenen Parameter, wie die 120◦ des Bindungswinkels und die formal gleiche Bindungsl¨ange der Doppel- oder Einfachbindungen zwischen den Kohlenstoffen. Dazu verwenden wir die folgende Grafik (siehe Abbildung 1)
Abbildung 1: Visualisierung der in der Aufgabenstellung gegebenen geometrischen Parameter.
Es ergibt sich also folgender Zusammenhang zwischen der Bindungsl¨angedund der L¨anger.
sin 60◦ = r d
womit schließlich f¨ur die L¨anger einer der N Doppelbindung gilt
r =dsin (60◦) =d·
√ 3 2 =
√ 3 2 d
Die L¨ange der Box ist gleich r, wenn man lediglich eine der N Doppelbindungen betrachtet. F¨ur das gesamteπ-System mitN-Doppelbindungen ist die L¨angeL der Box also direkt proportional zu N, aber die gesamte L¨ange besteht zus¨atzlich aus (N−1) Einfachbindungen.
b) Wie lauten die Energieniveaus des Kastens E als Funktion von N und von der Quantenzahln?
Die Energieniveaus des Kastens ergeben sich als Eigenwerte f¨ur die Eigenfunktionen ψn=Ansin nπLx
f¨ur den Hamiltonoperator eines freien Teilchens (2mpˆ2 ).
En= n2~2π2
2mL2 = n2~2π2 2m·(2N−1)2√
3
2 d2 = n2~2π2 2m·(2N−1)2·34d2
= n2h2
8m·(2N −1)2·34d2 = n2h2
6m(2N−1)2d2 n= 1,2, ...
(1)
Die Energieniveaus sind direkt proportional zun2. Im Allgemeinen sind f¨ur das Sys- tem mit einer großen Anzahl von Doppelbindungen, d. h.N 1, die Energieniveaus direkt proportional zu 1/N2, da hier giltN 1, 2N −1≈2N.
En= n2~2π2
6m(2N)2d2 = n2h2
24md2N2 n= 1,2, ...
c) Wie viele Elektronen befinden sich imπ-System eines linearen Polyens mitN Dop- pelbindungen? Besetzen Sie die Energieniveaus gem¨aß dem Pauliprinzip mit dieser Anzahl an Elektronen. Welche Werte nimmt die Quantenzahl n f¨ur das h¨ochste besetzte Niveau (HOMO) bzw. das niedrigste unbesetzte Niveau (LUMO) an?
Die Anzahl der Elektronen im π-System eines linearen Polyens mit N Doppelbin- dungen betr¨agt 2N.
Abbildung 2: Schematische Darstellung der Besetzung vonπ-Elektronen in Energieniveaus.
Wenn wir nun die Darstellung der Energieniveaus in Abbildung 2 betrachten, sind die Quantenzahlen f¨ur das h¨ochste besetzte Niveau (HOMO) und das niedrigste unbesetzte Niveau (LUMO)N bzw. N+ 1.
d) Geben Sie einen Ausdruck f¨ur die Energiedifferenz ∆Ezwischen HOMO und LUMO an. Wie verh¨alt sich ∆E als Funktion vonN?
Um die Energiedifferenz zwischen den beiden Energieniveaus zu berechnen, setzen wir die eben bestimmten Quantenzahlen im Energieausdruck f¨urnein. Damit ergibt sich
∆E =ELUMO−EHOMO=EN+1−EN
= h2
8mL2 n2LUMO−n2HOMO
= h2 8mL2
(N + 1)2−N2
= h2
8mL2 N2+ 2N+ 1−N2
= h2
6md2(2N −1)2(2N + 1)
(2)
Wieder gilt f¨ur Systeme mit einer großen Anzahl von Doppelbindungen, d. h.,N 1, 2N−1≈2N und 2N + 1≈2N. Damit ergibt sich f¨ur die Energiedifferenz
∆E= h2
6md2(2N)2 ·2N = h2
6md24N2 ·2N = h2 12md2N Die Energiedifferenz ist umgekehrt proportional zu N.
e) Berechnen Sie ∆E explizit f¨urβ-Carotin (siehe Abbildung 3). Verwenden Sie dabei, dass d= 140 pm und me = 9.109 38×10−31kg. Interpretieren Sie dieses Ergebnis als Energie einer optischen Anregung. Welche Wellenl¨ange haben die entsprechenden Photonen? Welcher Farbe entspricht dies?
In der Aufgabenstellung gegeben sind die L¨ange der Bindungen d= 140 pm sowie die Elektronenmasse me = 9.109 38×10−31kg. Außerdem gilt f¨ur das gegebene Molek¨ul N = 11, da es elf Doppelbindungen aufweist. Damit berechnet sich die Energiedifferenz wie folgt
∆E= h2
6md2(2N−1)2(2N+ 1)
= 6.63×10−34kgm2s−12
(2·11 + 1) 6 9.1×10−31kg
140×10−12m2
·(2·11−1)2
= 4.39×10−67kg2m4s−2 (23) 5.46×10−30kg
1.96×10−20m2
·441
= 2.14×10−19kgm2s−2= 2.14×10−19J
= 1.35 eV
Die Wellenl¨ange der entsprechenden Photonen betr¨agt folglich
λ= hc
∆E
= 6.63×10−34J s·3×108m s−1
2.14×10−19J = 9.3×10−7m
= 930 nm
Die berechnete Wellenl¨ange entspricht dem nahen-IR Bereich. Generell l¨asst sich dazu sagen, dass die Gr¨oßenordnung, die durch das Teilchen in einem Kasten be- rechnet wird, der des experimentellen Werts entspricht. Der berechnete Wert liegt jedoch m¨oglicherweise nicht immer in der N¨ahe des tats¨achlichen experimentellen Werts, da es sich hierbei eher um ein qualitatives Modell handelt.
f) Wie w¨urde sich ∆E ¨andern, wenn β-Carotin (i) ein gr¨oßeres (N = 20) und (ii) ein kleiners (N = 5)π-System h¨atte?
F¨ur ein gr¨oßeres Molek¨ul mitN = 20 ergibt sich
∆E= h2
6md2(2N−1)2(2N+ 1)
= 6.63×10−34kgm2s−12
(2·20 + 1) 6 9.1×10−31kg
140×10−12m2
·(2·20−1)2
= 4.39×10−67kg2m4s−2 (41) 5.46×10−30kg
1.96×10−20m2
·1521
= 1.11×10−19kgm2s−2= 1.11×10−19J
= 0.69 eV
Die Wellenl¨ange der entsprechenden Photonen betr¨agt hier folglich
λ= hc
∆E
= 6.63×10−34J s·3×108m s−1
1.11×10−19J = 1.791×10−6m
= 1791 nm F¨ur ein k¨urzeres π-System gilt
∆E= h2
6md2(2N −1)2(2N+ 1)
= 6.63×10−34kgm2s−12
(2·5 + 1) 6 9.1×10−31kg
140×10−12m2
·(2·5−1)2
= 4.39×10−67kg2m4s−2 (11) 5.46×10−30kg
1.96×10−20m2
·81
= 5.57×10−19kgm2s−2 = 5.57×10−19J
= 3.48 eV
Womit die Wellenl¨ange der entsprechenden Photonen schließlich wie folgt lautet
λ= hc
∆E
= 6.63×10−34J s·3×108m s−1
5.57×10−19J = 3.57×10−7m
= 357 nm
Damit l¨asst sich sagen, dass f¨ur gr¨oßere Molek¨ule mit einem l¨angeren Kasten die Wellenl¨ange, die zur Anregung notwendig ist, gr¨oßer wird, der energetische Abstand damit allerdings kleiner ist. Entsprechend wird er gr¨oßer f¨ur k¨urzere K¨asten, womit die Wellenl¨angen der resonanten Strahlung k¨urzer wird. Dies ist im Einklang mit Beobachtungen, dass gr¨oßereπ-Systeme eine niedrigere Anregungsenergie haben.
Abbildung 3: Molek¨ulstruktur desβ-Carotins.
2. Die Schr¨odingergleichung eines Teilchens in einem zweidimensionalen Kasten lautet
−~2 2m
∂2
∂x2 + ∂2
∂y2
+V(x, y)
Ψ(x, y) =EΨ(x, y) mit
V(x, y) =
(0 0≤x≤Lx ∧ 0≤y≤Ly
∞ sonst
a) Verwenden Sie den Separationsansatz Ψ(x, y) = ψx(x)ψy(y), um die Eigenfunk- tionen und -energien des Teilchens im zweidimensionalen Kasten zu bestimmen.
Welcher Ausdruck ergibt sich aus dieser Separation f¨ur die Gesamtenergie?
Unter Verwendung des Separationsansatzes Ψ(x, y) =ψx(x)ψy(y) erhalten wir
∂2
∂x2ψx(x)ψy(y) =ψy(y) d2 dx2ψx(x)
∂2
∂y2ψx(x)ψy(y) =ψx(x) d2 dy2ψy(y)
−~2
2mψy(y) d2
dx2ψx(x)− ~2
2mψx(x) d2
dx2ψy(y) =Eψx(x)ψy(y)
(3)
mitV(x, y) = 0, 0≤x≤Lx ∧ 0≤y≤Ly.
Anschließend separieren wir die Variablen x und y, indem wir durch ψx(x)ψy(y) teilen.
1 ψx(x)
d2
dx2ψx(x) + 1 ψy(y)
d2
dy2ψy(y) =−2mE
~2 (4)
Die urspr¨ungliche Gleichung kann damit in zwei Teile aufgeteilt werden.
d2ψx(x)
dx2 =−2mEx
~2 ψx(x) d2ψy(y)
dy2 =−2mEy
~2 ψy(y)
(5)
womit gilt Ex+Ey =E. Beide Gleichungen weisen die gleiche Form auf, die eine Gleichung f¨ur ein eindimensionales System aufweisen w¨urde. Die Randbedingungen sind ebenfalls analog. Daher k¨onnen wir die L¨osungen unter Ber¨ucksichtigung von Ψ(x, y) =ψx(x)ψy(y) schreiben als
ψnxny = 2 pLxLy sin
nxπx Lx
sin
nyπy Ly
(6)
Enxny = h2 8m
n2x L2x +n2y
L2y
!
nx= 1,2, ... ny = 1,2, ... (7)
b) Welche Bedingung muss f¨ur Lx und Ly gelten, damit die Eigenzust¨ande mit den Quantenzahlen (nx= 2, ny = 2) und (nx = 4, ny = 1) entartet sind?
F¨ur die Entartung muss die Energie der beiden Zust¨ande ¨aquivalent sein, es muss also geltenE2,2=E4,1. Die Energieeigenwerte der zweidimensionalen Funktion be- rechnen sich analog zum eindimensionalen Fall
En= h2 8m
n2x L2x + n2y
L2y
!
(8)
In diese Gleichung eingesetzt gilt in unserem Fall nun f¨ur die zwei entarteten Zust¨ande h2
8m 22
L2x + 22 L2y
= h2 8m
42 L2x + 12
L2y
4 L2x + 4
L2y = 16 L2x + 1
L2y 3
L2y = 12 L2x
L2x = 4L2y =⇒ Lx = 2Ly
Um die Bedingung zu bestimmen, seiLy =L, dann Lx= 2L.
c) Setzen Sie Ihre erhaltenen L¨osungen f¨ur ψx(x) und ψy(y) in das bereitgestellte Python-Skript ein (markiert mit
”???“) und visualisieren Sie so die Eigenfunktionen des Teilchens im zweidimensionalen Kasten. Variieren Sie auch nx und ny. Wie ver¨andert sich die Form der Eigenfunktionen in Abh¨angigkeit von nx und ny?
Die eben erhaltenen Eigenfunktionen k¨onnen wir nun im Python-Skript f¨ur ψx(x) und ψy(y) einsetzten, um die Visualisierung der zweidimensionalen Funktion zu erhalten. Es sind jeweils die dreidimensionale Darstellung sowie der Contour plot gezeigt. Dabei kann man erkennen, dass die zweidimensionale Funktion sich sowohl inxals auch inyRichtung wie die Eigenfunktionen eines eindimensinoalen Teilchens im Kasten verh¨alt. Die Quantenzahlennxundnym¨ussen aber nicht zwangsl¨aufig die gleichen sein, wie im letzten dargestellten Beispiel zu sehen. Auch die Kastenl¨ange kann sich in den beiden Richtungen unterscheiden.
Abbildung 4: nx = 1, ny = 1, Lx = 1, Ly = 1
Abbildung 5: nx = 1, ny = 1, Lx = 1, Ly = 1
Abbildung 6: nx = 2, ny = 2, Lx = 1, Ly = 1
Abbildung 8: nx = 3, ny = 3, Lx = 1, Ly = 1
Abbildung 9: nx = 3, ny = 3, Lx = 1, Ly = 1
Abbildung 10: nx = 2, ny = 3, Lx = 1, Ly = 1