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Wer soll das bezahlen? Klinische Informationssysteme und (schrumpfende) Bibliotheksetats

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Wer soll das bezahlen? Klinische Informationssysteme und (schrumpfende) Bibliotheksetats

Ulf Paepcke

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1 Medizinische Bibliothek, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, Berlin, Deutschland

Wer soll das bezahlen? Klinische Informationssysteme und

(schrumpfende) Bibliotheksetats

Klinische Informationssysteme sind eine nützliche Sache, aber sie kosten auch eine Menge Geld. Sollen überhaupt Bibliotheken an Universitätsklinika, die in der Regel aus dem Etat für Forschung & Lehre ihr Geld erhalten, Daten- banken finanzieren, die primär in der Krankenversorgung genutzt werden?

Seit 2003 hat die Medizinische Bibliothek der Charité - Universitätsmedizin BerlinUpToDatefür die vier Standorte der Charité lizenziert. Trotz einer durchschnittlichen Nut- zung von mehr als 800 Zugriffen pro Woche hat die Bi- bliothek sich entschieden, den Vertrag fürUpToDatenur dann fortzuführen, wenn der Hauptanteil der Kosten künftig von den Kliniken getragen wird, die UpToDate nutzen. Die Bibliothek wäre bereit, sich weiterhin mit ei- nem Sockelbetrag zu beteiligen, der z.B. bei 10%-20%

der Lizenzkosten liegen könnte, und damit der Tatsache Rechnung tragen, dass die Datenbank auch von Hoch- schullehrern für die Vorbereitung von Vorlesungen und von Studierenden in der klinischen Ausbildung mit genutzt wird.

In dieser Situation machteUpToDateden Vorschlag, für eine Woche einen Mitarbeiter nach Berlin zu schicken, der in interessierten Kliniken bei Morgenbesprechungen oder Fallvorstellungen die Datenbank entweder neu oder aber vertiefend vorstellen sollte. Die Bibliothek erklärte sich zu einer Zusammenarbeit bereit, machte aber zur Bedingung, dass auch die Konkurrenzprodukte in eine solche Präsentation mit einbezogen werden müssten, um so einen direkten Vergleich zwischen den Datenban- ken zu ermöglichen.

In einem ersten Schritt ermittelte eine Bibliotheksmitar- beiterin die E-Mail-Adressen aller Klinikchefs und Oberärzte aus den Fachgebieten, die durch UpToDate abgedeckt werden. Diese mehr als 200 Personen erhiel- ten von der Bibliotheksleitung eine E-Mail, in der mitgeteilt wurde, dass die Bibliothek sich künftig nur noch in gerin- gem Umfang an der Finanzierung vonUpToDatebeteiligen

werde, und in der nach der Bereitschaft zu einer Beteili- gung an der Finanzierung gefragt wurde sowie danach, ob Interesse an einer Informationsveranstaltung bestün- de. Gleichzeitig wurde auf Testfreischaltungen anderer klinischer Informationssysteme mit deutlich niedrigeren Preisen hingewiesen, die als Alternative in Betracht gezo- gen werden sollten. Dies warenClinical Evidenceder BMJ Publishing Group, Dynamed von EBSCO, ClinicalResource@OvidundMD Consultvon Elsevier.

Es wurde allerdings darauf hingewiesen, dass ein direkter Vergleich der Angebote aufgrund der Unterschiede im Umfang, der Aufbereitung der Informationen und des Aufbaus der Datenbanken nicht möglich ist.

Insgesamt gab es sieben positive Rückmeldungen: in al- len sieben Mails wurde - z.T. im Namen einer Abteilung oder Klinik - für die Fortführung der UpToDate-Lizenz plädiert, aber nur dreimal wurde die grundsätzliche Be- reitschaft zu einer finanziellen Beteiligung geäußert. In drei Mails wurde um einen Termin für eine Präsentation gebeten.

Mit diesem doch recht mageren Ergebnis wollte sich UpToDatenicht zufrieden geben, und ein Mitarbeiter der Firma hat dann noch intensiv versucht, per Telefon Kon- takt mit Klinikchefs und leitenden Oberärzten aufzuneh- men und weitere Termine zu vereinbaren.

Insgesamt kamen schließlich sieben Vorführungen zustan- de, die zumeist in Kombination mit den morgendlichen Routinebesprechungen stattfanden. Die Teilnehmerzahl schwankte zwischen 20 und mehr als 30. Für die Gynä- kologie/Geburtshilfe fanden drei Termine statt, drei für verschiedene Kliniken der Inneren Medizin und einer für die Pädiatrie.

Es war ein Manko aller Termine, dass sie unter großem Zeitdruck der Teilnehmer stattfanden und daher zumeist nicht mehr als 15 Minuten zur Verfügung standen. Da- durch ließ sich auch der Wunsch der Bibliothek, nämlich mit denselben Fragestellungen in allen fünf freigeschal- teten Informationssystemen zu suchen, nicht verwirkli- chen. Die Präsentationen beschränkten sich ausschließ- lich auf UpToDate. Ein kursorischer Überblick über die Nutzungsstatistiken der vier anderen Datenbanken

1/2 GMS Medizin - Bibliothek - Information 2006, Vol. 6(2), ISSN 1865-066X

Mitteilung

OPEN ACCESS

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während der Präsentationswoche zeigt leider auch nur eine sehr geringe Zahl an Zugriffen.

Fazit: Das Interesse an klinischen Informationssystemen ist vorhanden, dies zeigt auch die bisherige starke Nut- zung vonUpToDate. Es ist jedoch extrem schwer, an die zeitlich sehr stark belasteten Ärzte heranzukommen, um sie in den Entscheidungsprozeß über eine weitere Lizen- zierung von UpToDate, eine Beendigung des Vertrags oder den Wechsel zu einem anderen Produkt einzubezie- hen. Zu versuchen, auch für die Konkurrenzprodukte von UpToDate ähnliche Veranstaltungen zu organisieren, würde ich aufgrund des damit verbundenen Aufwands und der geringen Resonanz für wenig sinnvoll halten.

Neben dem Zeitproblem besteht die größte Schwierigkeit hier an der Charité darin, dass die in Centren organisier- ten Kliniken nur begrenzt über eigene Mittel verfügen, um sich an den Kosten für ein klinisches Informationssys- tem zu beteiligen.

Wie kann es an der Charité jetzt weitergehen?

Ich sehe dafür nur zwei realistische Möglichkeiten: Die Klinikumsleitung stellt zusätzlich zum Anteil der Bibliothek zentrale Mittel für ein klinisches Informationssystem be- reit. Bei dieser Gelegenheit sollte dann auch darüber gesprochen werden, ob nicht grundsätzlich ein Teil des Bibliotheksetats mit aus den Mitteln der Krankenversor- gung finanziert werden sollte, da viele der abonnierten Zeitschriften und der erworbenen Monographien auch mit für diesen Bereich genutzt werden. Denkbar wäre z.B.

eine Zusammensetzung des Bibliotheksetats zu 90% aus Mitteln von Forschung & Lehre und zu 10% aus Mitteln der Krankenversorgung.

Die zweite Möglichkeit besteht in der wenig attraktiven Lösung, dass die Kliniken aus eigenen Mitteln Einzelplatz- versionen vonUpToDatelizenzieren, was die Nutzungs- häufigkeit jedoch sehr verringern und den effizienten

Einsatz eines solchen Systems in Diagnostik und Therapie stark behindern würde.

P.S.:MD Consultvon Elsevier wurde zwischenzeitlich li- zenziert und zwar komplett aus Bibliotheksmitteln. Neben den Volltexten von fünfzig e-Books ist auch ein umfang- reiches e-Journal-Paket Bestandteil vonMD Consult. Die Abbestellung der vorher bestehenden Einzelabonnements für diese Zeitschriften finanziert den Großteil des Ver- trags, so dass der Bibliotheksetat kaum zusätzlich belas- tet wird.

Korrespondenzadresse:

Dr. med. Ulf Paepcke

Medizinische Bibliothek, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, Hindenburgdamm 30, 12200 Berlin, Deutschland, Tel.: +49 (0) 30 8445 3511, Fax: +49 (0) 30 8445 4454

ulf.paepcke@charite.de

Bitte zitieren als

Paepcke U. Wer soll das bezahlen? Klinische Informationssysteme und (schrumpfende) Bibliotheksetats. GMS Med Bibl Inf. 2006;6(2):Doc18.

Artikel online frei zugänglich unter

http://www.egms.de/en/journals/mbi/2006-6/mbi000036.shtml Veröffentlicht:14.09.2006

Copyright

©2006 Paepcke. Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen

(http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.

2/2 GMS Medizin - Bibliothek - Information 2006, Vol. 6(2), ISSN 1865-066X

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