• Keine Ergebnisse gefunden

Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (2011). Klimaänderung und Wasserkraft. Fallstudie Kraftwerke Mattmark. Sion; Birmensdorf: Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft.

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (2011). Klimaänderung und Wasserkraft. Fallstudie Kraftwerke Mattmark. Sion; Birmensdorf: Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft."

Copied!
21
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Klimaänderung und Wasserkraft

Fallstudie Kraftwerke Mattmark AG

Foto: Wallis Tourismus / maropublic.net

Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft Sion und Birmensdorf, August 2011

(2)

1

In Kürze …

Wie wird sich die Klimaänderung auf die Wasserverfügbarkeit und die Zuflüsse zu den Stauseen auswirken, und was bedeutet das konkret für den Betrieb und die Produktion der Wasserkraft-Gesellschaften?

Diese Frage wurde am Beispiel der Kraftwerke Mattmark (VS) basierend auf den aktuellsten Klima- und Gletscherszenarien und mit Hilfe des hydrologischen Modells PREVAH untersucht.

Die Ergebnisse zeigen, dass die höchsten Abflüsse im Frühsommer um 5 bis 8 Wochen früher auftreten werden als in der Referenzperiode 1980-2009. Die Schneeschmelze wird über eine kürzere Zeit stattfinden und somit zu einer Verlängerung der

„wasserarmen“ Periode führen. Insgesamt berechnet unser Modell gegenüber der Referenzperiode eine Abnahme der mittleren jährlichen Abflussmenge um 6%±5% für den Zeitraum 2021-50, respektive um 12%±6% für den Zeitraum 2070-99.

Berechnungen mit einer Kraftwerksoptimie- rungs-Software ergeben, dass die durch die Klimamodellketten bedingte Streuung/

Unsicherheit grösser ist als die Änderung der jährlichen Produktion, resp. des jährlichen Umsatzes. Übereinstimmend wird jedoch vorausgesagt, dass als Folge des sich ändernden Abflussregimes die Produktion im Winter leicht zunehmen wird, im Sommer jedoch deutlich abnehmen wird.

En bref …

Quels effets aura le changement climatique sur les ressources en eau et les apports dans les barrages et que signifiera-t-il concrètement pour l'exploitation et la production des sociétés hydroélectriques?

Cette question a été examinée pour l'aménagement hydroélectrique de Mattmark (VS) en se basant sur les scénarios climatiques et glaciaires actuels ainsi qu'avec le modèle hydrologique PREVAH.

Les résultats montrent que les débits maximaux en début d'été surviendront 5 à 8 semaines plus tôt que lors de la période de référence 1980- 2009. La durée de la fonte des neiges sera réduite et mènera à une prolongation de la période d'étiage. Dans l'ensemble, le modèle prévoit une diminution des débits annuels moyens de 6%±5% pour la période 2021-50 et respectivement de 12%±6% pour la période 2070-99 par rapport à la période de référence.

Des calculs effectués avec un logiciel d'optimisation d'exploitation montrent que la dispersion des résultats ou l'incertitude conditionnée par les chaînes de modèles climatiques est plus grande que les modifications annuelles de production, respectivement du chiffre d'affaire annuel. Les résultats montrent par contre de manière concordante que suite à la modification du régime hydrologique, la production hivernale augmentera légèrement alors que la production estivale diminuera fortement.

(3)

2

Über das Projekt

Die prognostizierte Klimaänderung wird einen bedeutenden Einfluss auf Schneedecke und Gletscher, und somit auf die Wasserressourcen in den Einzugsgebieten der Wasserkraftwerke haben.

Wie gross diese Änderung in der

Wasserverfügbarkeit für die

Wasserkraftproduktion sein wird und wie genau sich die Zuflüsse zu den Reservoirs zeitlich (saisonal) und mengenmässig verändern werden, ist bisher nur in Einzelfällen untersucht worden (Beispiel: Mauvoisin).

Mit dem Ziel, diesbezüglich für die ganze Schweiz verbesserte Aussagen machen zu können, hat die Swiss Electric Research zusammen mit dem Bundesamt für Energie im 2008 die vorliegende Studie in Auftrag gegeben.

Dabei sollen die hydrologischen Auswirkungen der Klimaänderung für die Wasserkraft in der Schweiz räumlich differenziert unter Einbezug der aktuellsten Vorhersagemodelle abgeschätzt werden.

Neben einer generellen Analyse der zu erwartenden hydrologischen Veränderungen in ca. 20 natürlichen Einzugsgebieten der Schweiz mit unterschiedlichen topographischen,

geologischen und klimatologischen Voraussetzungen untersucht diese Studie sechs ausgewählte Fallbeispiele im Detail. In diesen Fallbeispielen werden für die Zeiträume 2021-50 (nahe Zukunft), resp. 2070-99 (ferne Zukunft) die lokalen meteorologischen Veränderungen und die daraus resultierenden Änderungen in der Vergletscherung, der Schneedecke und im Abfluss simuliert. Abschliessend wird von den betroffenen Kraftwerkbetreibern die Bedeutung dieser hydrologischen Änderungen für ihre Stromproduktion abgeschätzt.

Der vorliegende Bericht fasst die Ergebnisse der Fallstudie „KW Mattmark AG“ zusammen. Die folgenden Gruppen haben hierzu beigetragen:

Institut für Atmosphäre und Klima der ETH Zürich (klimatologisches Downscaling), Geographisches Institut der Uni Zürich (Gletschermodellierung), Versuchsanstalt für

Wasserbau der ETH Zürich

(Gletschermodellierung), Eidg. Forschungs- anstalt WSL (Schneedecken und Abflussmodellierung), sowie KW Mattmark AG / BKW (betriebliche Analysen).

(4)

3

Allgemeine Datengrundlagen

Für die Fallstudie „KW Mattmark AG“ wurden folgende Daten verwendet:

a) Digitales Geländemodell RIMINI (Arealstatistik, Bundesamt für Statistik) mit einer räumlichen Auflösung von 200 m.

b) Landnutzung – aggregiert in ca. 12 hydrologische Klassen – mit einer räumlichen Auflösung von 200 m, basierend auf der Areal-Statistik des Bundamts für Statistik (GEOSTAT), 1992/97.

c) Meteorologische Messungen (Stundenwerte;

Zeitraum: 1980-2009) der MeteoSchweiz-Stationen, welche für das Mattmark-Einzugsgebiets relevant sind. Wichtige Stationen sind Zermatt, Visp, Gornergrat, Sion und Eggishorn. Für die hydrologische Modellierung wurden folgende meteorologischen Messgrössen verwendet:

Lufttemperatur, Relative Feuchte, Globalstrahlung, Niederschlag und Windgeschwindigkeit.

d) Als Grundlage für die Gletscherentwicklung dient das World Glacier Inventory: Stand 1973. Dieses wurde als initiale Gletscherfläche für die Simulation (1985) verwendet und dann kontinuierlich mit dem Schrumpfmodell von Paul et al. (2007) angepasst (siehe Seite 4). Die Rastergrösse des ursprünglichen Gletscherinventars ist 25 m. Für unsere Modellierung wird sie auf 200 m aggregiert.

e) Schneemessungen des Interkantonalen Mess- und Informationssystems IMIS, sowie Beobachter- Schneedaten des SLF Davos

f) Abflussdaten abgeschätzt aus Messungen des Seestandes und des Volumen turbiniertes Wasser der KW Mattmark AG.

g) Massenbilanz-Schätzungen der Versuchsanstalt für Wasserbau (VAW) der ETH Zürich für die Gletscher im Einzugsgebiet Mattmark.

Abb. 1: Karte des Mattmark-Einzugsgebiets und Umgebung.

(5)

4

Modellierungsstrategie

Die Ergebnisse dieser Fallstudie basieren auf regionalen Klimamodelldaten des europäischen Projektes ENSEMBLES, welche alle vom Emissionsszenario A1B (moderate Erwärmung) ausgehen. Diese umfassen zehn verschiedene Modellketten von Globalen Zirkulationsmodellen (GCM) und Regionalen Klimamodellen (RCM) und widerspiegeln die Unsicherheits-Bandbreite der Klimamodelle.

Um die erwarteten lokalen Klimaänderungen für das Untersuchungsgebiet abzubilden, wurden für alle MeteoSchweiz-Messstellen Jahresgänge der Temperatur- und Niederschlagsänderung für die Zeiträume 2021-2050 (nahe Zukunft) und 2070-2099 (ferne Zukunft) relativ zur Kontrollperiode 1980-2009 berechnet. Diese statistische Down-scaling Methode heisst Delta-change-Ansatz (Bosshard et al., 2011).

Für die Abflussberechnung wurde die neue Gitterversion des hydrologischen Modells PREVAH (Viviroli et al., 2009a.) für das ganze Einzugsgebiet mit regionalisierten Parameter von Viviroli et al. (2009b und 2009c) aufgesetzt. Anhand von gemessenen Abflussdaten der KW Mattmark AG wurden die Modellparameter optimiert. Danach wurden für die Kontrollperiode 1980-2009 in täglicher Auflösung folgende hydrologischen Grössen berechnet: Niederschlag, Verdunstung, Schneewasserwert, Eis- und Schneeschmelze, Bodenwasserspeicher und Abfluss. Dazu wurden die gemessenen meteorologischen Grössen der nahegelegenen Meteoschweiz-Stationen über das Einzugsgebiet hinweg interpoliert.

Für die beiden Zukunftsszenarien wurden die Modellparameter unverändert wie bei der Kontrollsimulation beibehalten. Die meteorologischen Messwerte der Kontrollperiode wurden stationsweise mit den prognostizierten täglichen Änderungen (Delta change) korrigiert. Somit entstanden zwei neue 30-jährige Zeitreihen mit ähnlicher Variabilität, wie sie in der Kontrollperiode beobachtet worden war, aber den erwarteten Zukunftstrends.

Bezüglich Vergletscherung wurden für die beiden Zukunftsszenarien der Ausgangszustand von 1985 mit einem Schrumpfmodell von Paul et al. (2007) in 5-Jahres- Schritten kontinuierlich reduziert. Das Modell basiert auf der einfachen Annahme, dass die Gleichgewichtslinie (GWL) entsprechend der Lufttemperaturerhöhung ansteigt. Dadurch wird das Akkumulationsgebiet des Gletschers kleiner. Es wird im Modell angenommen, dass die Reaktionszeit der Gletscher auf Temperaturänderungen durchschnittlich 50 Jahre beträgt.

Die resultierenden Gletscherszenarien, sowie der berechnete Gletschermassenverlust für die Referenzperiode wurden mit Gletscherszenarien der VAW verifiziert, welche auf einem Ansatz von Huss et al. (2008) basieren.

Die Ergebnisse des hydrologischen Modells PREVAH – insbesondere der simulierte natürliche Abfluss aus den Teileinzugsgebieten (Tageswerte) – wurde der KW Mattmark AG, resp. der BKW als Input in das Betriebsmodell zur Verfügung gestellt. Mit einer Kraftwerkoptimierungssoftware wurde für die Zukunftsszenarien die Änderung der Produktion, resp. des Umsatzes unter den heutigen Strommarkt- Randbedingungen berechnet.

Abb. 2: Darstellung der Modellierungskette von den Klimamodellen (GCM) bis hin zum hydrologischen Modell (PREVAH) nach Bosshard und anderen (2010).

(6)

5

Das Einzugsgebiet der Stauanlage Mattmark

Das Gesamteinzugsgebiet des Stausees Mattmark umfasst eine Fläche von 88.2 km2. Neben dem natürlichen Einzugsgebiet von 37.1 km2 werden dem Stausee Mattmark die links- und rechtsufrigen Seitenbäche der Saaser Vispa mit einem Einzugsgebiet von 51.1 km2 zugeleitet (inkl.

Almagellerbach (13.1 km2) und Triftbach (13.0 km2)).

Der Stausee liegt auf 2’197m.ü.M. Im Gesamteinzugsgebiet stellt der Rimpfischhorn mit 4'199 m.ü.M. die höchste Erhebung dar. Das natürliche Einzugsgebiet erreicht eine maximale Höhe von 4'143 m.ü.M. (östlich des Strahlhorns).

Gletscher wie der Schwarzberg-, Allalin- und Hohlaubgletscher prägen das alpine Landschaftsbild.Im Jahr 1985 betrug die vergletscherte Fläche 30.6 km2, was einem Anteil von gut 35 % entspricht. Das Eisvolumen wird von der VAW auf 1.1 km3 geschätzt. Unterhalb der nivalen Höhenstufe sind vom Gletscher geschliffene Felsoberflächen und flachgründige Böden mit einfacher Vegetation verbreitet, welche zu einer insgesamt geringen Wasserspeicherkapazität führen.

Im südlichen Teilgebiet setzt sich der geologische Untergrund vorwiegend aus Gneisen und untergeordnet aus basischen Gesteinen zusammen.

Nördlich von Saas Almagell dominieren Glimmerschiefer.

Der jährliche Niederschlag beträgt im Mittel 1310 mm. Für das gesamte Einzugsgebiet ergibt dies ein Jahresvolumen von 112 Mio. m3 Wasser.

Foto 1: Blick ins Einzugsgebiet Mattmark (Wallis Tourismus / maropublic.net)

Beschreibung der Kraftwerkanlage

Der seit 1969 betriebene Stausee Mattmark fasst ein Volumen von 100 Mio m3 Wasser. Hinunter zum Kraftwerk Zermeiggern bei Saasalmagell legt das Wasser eine Höhendifferenz von maximal 459 m zurück. Die Leistung dieses Kraftwerks liegt bei 74MW. Die angegliederte Pumpstation Zermeiggern ermöglicht die Rückführung des Wassers in den Stausee Mattmark. Das übrige Wasser wird zum Kraftwerk Stalden auf rund 700 m.ü.M. geleitet, wo eine zusätzlich Leistung von 185 MW erzeugt wird.

Zusammen mit dem kleinen Kraftwerk Saas Fee führt dies zu einem Total von 260.5MW.

Abb. 3: Karte mit Einzugsgebieten,Wasserfassungen, Zentralen und Pumpstationen (Flyer KW Mattmark)

(7)

6

Ergebnisse

Klimaszenarien für die Region

An allen Temperatur- und Niederschlags- messsationen der MeteoSchweiz wurden Jahresgänge des Klimaänderungssignals für Temperatur und Niederschlag gemäss 10 GCM- RCM Modellketten für die Szenarioperioden 2021-2050 (nahe Zukunft) und 2070-2099 (ferne Zukunft) relativ zur Kontrollperiode 1980-2009 berechnet. Abb. 4 zeigt exemplarisch den Jahresgang der Änderungssignale von T und P für die Station Zermatt. Gemäss den verwendeten GCM-RCM Modellketten steigt die Temperatur am stärksten im Sommer und über dem Alpenbogen an. Für den Zeitraum 2021-50 liegt der Temperaturanstieg bei 2°C [1-3°C] und für den Zeitraum 2070-99 bei knapp 5°C [2- 6.5°C]. Die Unsicherheit der Modellprojektionen ist ebenfalls im Sommer am grössten.

Die projizierten Veränderungen liegen deutlich ausserhalb der natürlichen Variabilität (siehe graue

Fläche in Abb. 4). Das heisst, das Temperaturänderungssignal kann trotz der grossen Unterschiede zwischen den Modellen nicht alleine durch die natürliche Variabilität erklärt werden und ist als robust zu betrachten.

Der Niederschlag weist gemäss den Modell- rechnungen kein deutliches Signal für den Zeitraum 2021-50 auf.

Für den Zeitraum 2070-99 zeigt das Modellensemble übereinstimmend eine deutliche Niederschlags-abnahme im Sommer, welche grösser als die natürliche Variabilität ist.

Im restlichen Jahr ist eine leichte Zunahme des Niederschlages zu sehen. Diese Zunahme liegt jedoch bei den meisten Modellketten noch innerhalb der natürlichen Variabilität. Für unsere hydrologische Simulation resultiert somit (für 2070-99) eine durchschnittliche Abnahme der jährlichen Niederschlagssumme um gut 3%.

Ausführliche Angaben zu diesen Klimaszenarien sind verfügbar unter:

www.c2sm.ethz.ch/services/CH2011

Abb. 4: Jahresgang des Klimaänderungssignals der Temperatur (ΔT, links) und des Niederschlages (ΔP, rechts) an der Station Zermatt für den Zeitraum 2021-50 (oben) und 2070-99 (unten) Zukunft relativ zur Kontrollperiode 1980-2009. Die Änderungssignale basieren auf 10 GCM-RCM Läufen des ENSEMBLES Projekts. Die natürliche Variabilität ist als graues Band dargestellt.

Das graue Band bezeichnet den Bereich von +/- 1 Standardabweichung der natürlichen Variabilität, bestimmt mittels Resampling der beobachteten Messreihen.

(8)

7

Beobachtete und erwartete Veränderung der Gletscher

Die Gletscher der Alpen reagieren stark auf Änderungen des Klimas. Nach einem zwischenzeitlichen Vorstoss der Gletscher in den 1980-er Jahren ist ein allgemeiner Rückgang und ein damit verbundener Massenverlust beobachtet worden. Im Einzugsgebiet Mattmark wurde 1985 eine Gletscherfläche von 30.3 km2 beobachtet, was einem Flächenanteil von 35.4%

entspricht. Das damit verbundene Eisvolumen wurde von der VAW auf 1.1 km3 geschätzt (Stand: 2008). In der Zeit von 1982 bis 2008 haben die Gletscher im Einzugsgebiet Mattmark einen Massenverlust von ca. 0.38 km3 erfahren.

Mit der prognostizierten Klimaerwärmung wird ein weiterer Rückgang der Gletscher erwartet.

Unter Annahme des Emissionsszenarios A1B dürfte sich bis zur Mitte des Zeitraums 2021-50 die vergletscherte Fläche im Einzugsgebiet Mattmark auf knapp 19% reduzieren (16.3 km2).

Für den Zeithorizont 2085 berechnet das Modell der Uni Zürich eine Reduktion auf 8.6% (7.4 km2).

1985 2040 2085 Gletscherfläche (km2) 30.3 16.3 7.4 Eisfreie Fläche (km2) 55.6 69.6 78.5

Gletscherfläche (%) 35.4 18.9 8.6

Eisfreie Fläche (%) 64.6 81.1 91.4

Das Teileinzugsgebiet Almagellerbach wird (gemäss diesen Vorhersagen) bis Ende 21.

Jahrhundert vollständig eisfrei sein.

Abb. 5: Veränderung der Gletscherfläche im Einzugsgebiet Mattmark: links: Beobachtete Gletscherfläche des World Glacier Inventory: Stand 1985; mitte: Prognostizierte Gletscherfläche für 2040; rechts: für 2080. Die blauen Flächen sind Gletscher und die beigen Flächen sind unvergletschertes Gebiet.

(9)

8

Validierung des hydrologischen Modells

Wie gut kann das hydrologische Modell PREVAH die aktuelle hydrologische Situation des Mattmark-Gebiets abbilden?

Für den Zeitraum 1998-2009 können wir die Modellsimulation anhand von Abfluss- Messungen der KW Mattmark AG überprüfen.

Im grossen und ganzen weist das Modell eine gute bis sehr gute Übereinstimmung mit den Schnee- und Abflussmessungen auf (Abb. 6). Die saisonalen Schwankungen, aber auch die Unterschiede zwischen wasserarmen und wasserreichen Jahren werden realistisch widergegeben. Der Nash-Sutcliffe-coefficient1 für den Gesamtabfluss liegt bei 0.81, was dem Modell eine sehr gute Leistung attestiert.

Das Modell simuliert die jährliche Abflussmenge mit einer Genauigkeit von +/- 4%. Hier gilt zu

1 In der Hydrologie oft verwendetes Gütemass

berücksichtigen, dass bereits beim Niederschlagsinput ins Modell eine grosse Unsicherheit herrscht. Bei der räumlichen Interpolation der wenigen Niederschlags- messstationen gehen wir von einer Unsicherheit in der gleichen Grössenordnung aus. Bei der Kalibrierung des Modells wird ein Parameter angepasst, so dass die simulierten Abflussvolumina so nah wie möglich an die Beobachtung liegen.

Ein Vergleich mit einem kürzlich entwickelten Schneeprodukte des SLF, das sämtliche verfügbaren Schneeinformationen seit 1979 optimal räumlich und zeitlich interpoliert, deutet auf eine sehr befriedigende Simulation der Schneedecke im Mattmark-Gebiet hin. Wir können das mit einem Vergleich zwischen dem SLF-Produkt und unserer Simulation für die Region Wallis (Teilgebiete oberhalb 1500 m ü.M.) veranschaulichen (Abb. 7).

Abb. 6: Simulierter (rot) und gemessener (blau) täglicher natürlicher Abfluss des gesamten Einzugsgebiets Mattmark für den Zeitraum 1998-2009.

Abb. 7: Simulierter (schwarz) und beobachteter (farbig) mittlerer Schneewasserwert des Wallis (oberhalb 1‘500 m ü.M.) für den Zeitraum 1976-2009. (Grün: Interpolation aus 110 SLF-Messstationen, Rot: 133 SLF-Messstationen. Blau 203 SLF-Messstationen.

(10)

9 Wie gut simuliert das hydrologische Modell die Gletscherschmelze? Diese Frage kann mit einem Vergleich der simulierten Gletscherschmelze mit Massenbilanz-Messungen der VAW beantwortet werden. Mithilfe von zwei hochaufgelösten Oberflächenmodellen der Gletscher im Mattmark-Gebiet berechnete die VAW zwischen 1982 und 2008 einen Massenverlust von 0.38 km3. Für die gleiche Periode simuliert das Modell eine jährliche Eisschmelze von 160 mm (gemittelt über das ganze Einzugsgebiet), was einem Massenverlust von etwa 0.45 km3 entspricht. Das heisst, das hydrologische Modell überschätzt etwas die von der VAW geschätzte Gletscherschmelze.

Abb. 8: VAW Eisdicken-Änderungen 1982-2008. Nur Flächen mit mehr als 4 m Dickenverlust sind berücksichtigt. Der Mittelwert aller Flächen ist 16.95 m, verteilt auf 22.81 km2. Einzelne kleine Gletscherflächen sind nicht erfasst.

(11)

10

Erwartete Veränderung der Schneedecke

Die erwartete Erwärmung des Klimas wird im Einzugsgebiet Mattmark zu einer bedeutenden Veränderung der Schneedecke führen. Das jährliche Schneewasserspeicher-Maximum wird sich zwar zeitlich nur geringfügig nach vorne verschieben (~2 Wochen für den Zeitraum 2070- 2099).

Mengenmässig wird aber eine durchschnittliche Reduktion des jährlichen Schneewasser- maximums (je nach Klimamodellkette) von 20- 50% für den Zeitraum 2021-50, resp. von 53- 68% für den Zeitraum 2070-99 erwartet.

Die Streuung des jährlichen maximalen Schneewasserwerts zwischen schneearmen und schneereichen Wintern bleibt für den Zeitraum 2021-50 ähnlich gross wie bisher, nimmt dann aber für den Zeitraum 2070-99 markant ab. Das heisst, dass dann auch in seltenen extrem schneereichen Wintern keine grössere Schneewassermenge als 1000 mm zu erwarten sein wird.

Zur Zeit ist das Einzugsgebiet Mattmark in den

meisten Jahren den ganzen Sommer hindurch teilweise schneebedeckt. Für die Zukunft nimmt die Wahrscheinlichkeit für ein komplettes Abschmelzen der Schneedecke im ganzen Einzugsgebiet markant zu. In einem durchschnittlichen Jahr wird für den Zeitraum 2070-99 (je nach Klimamodellkette) eine komplette Ausaperung von Ende Juli bis Mitte Oktober vorausgesagt. Nach besonders schneearmen Wintern muss bereits im Zeitraum 2021-50 mit einem komplett schneefreien Einzugsgebiet von Ende Juni bis im November gerechnet werden.

Die für die Erhaltung der Gletscher wichtige Bildung von "ewigem" Schnee ist nicht mehr gewährleistet.

Für den Zeitraum 2021-50 verringert sich der Beitrag der Schneeschmelze durchschnittlich um knapp 130 mm (±40 mm) pro Jahr gegenüber der Referenzperiode (Abb. A1); und um rund 300 mm (±60 mm) pro Jahr für den Zeitraum 2070-99 (Abb. A2).

Winter ganz ohne Schnee im Einzugsgebiet Mattmark wird es – gemäss den vorliegenden Simulationen – auch für den Zeitraum 2070-99 keine geben.

Abb. 8: Berechnete Veränderung in der Klimatologie des Schneewasserwerts (mm) für den Zeitraum 2021-50 (links) und den Zeitraum 2070-99 (rechts), dargestellt für den Median, das 97.5%-Quantil und das 2.5%-Quantil (oben) und den Mittelwert (unten) des gesamten Mattmark-Einzugsgebiets. Die schwarze Linie entspricht der Referenz-Simulation für den Zeitraum 1980-2009.

(12)

11

Erwartete Veränderung der Gletscherschmelze

Die tägliche Eisschmelze hängt indirekt mit der Gletscherfläche zusammen. Allerdings nimmt die Menge an Gletscherschmelzwasser nicht parallel zur Gletscherfläche ab, da die steigenden Temperaturen im Verlauf dieses Jahrhunderts dem Effekt kleinerer Gletscherflächen entgegenwirken.

Die Prognose für die Periode 2021 bis 2050 zeigt kein klares Bild, wie sich die durchschnittliche Gletscherschmelze gegenüber dem Referenzzeitraum 1980 – 2009 ändern wird (Abb. 9). Zwei der zehn Modelle deuten auf eine Zunahme der jährlichen Gletscherschmelze hin (max. 15%; Abb. A1). Bei den übrigen Modellen ist eine Abnahme von 12 bis 66% zu beobachten. Die beträchtliche Streuung zwischen den verschiedenen Klimamodellketten ist erstaunlich. Sie hängt aber auch stark mit der

darüber liegenden Schneedecke zusammen. Ein wärmeres Klimaszenario führt nicht nur zu einer intensiveren Gletscherschmelze, sondern auch zu einer früheren Freilegung der Gletscherfläche.

Die maximale Eisschmelze dürfte (wie bisher) anfangs August auftreten. Die jährliche Schmelzperiode dürfte weiterhin jeweils bis im November anhalten.

Etwas anders präsentiert sich das Bild für den Zeitraum 2070-2099. Hier sagen sämtliche Klimamodellketten eine Abnahme der jährlichen Gletscherschmelze voraus - im Mittel um 42%

(oder 93 mm). Das Datum der maximalen Eisschmelze rückt zeitlich nach vorne.

Bei aller Unsicherheit der Gletscherschmelze gilt es zu bedenken, dass die prognostizierte Änderung der Schneeschmelze um einiges grösser ist als diejenige der Gletscherschmelze.

Abb. 9: Berechnete Veränderung in der Klimatologie des Schneewasserwerts (mm) für den Zeitraum 2021-50 (links) und den Zeitraum 2070-99 (rechts), dargestellt für den Median, das 97.5%-Quantil und das 2.5%-Quantil (oben) und den Mittelwert (unten) des gesamten Mattmark-Einzugsgebiets. Die schwarze Linie entspricht der Referenz-Simulation für den Zeitraum 1980-2009.

(13)

12

Erwartete Veränderung der Verdunstung und Bodenfeuchte

Eine Änderung des Klimas wird auch Auswirkungen auf die Verdunstung und die Wasserspeicherung im Boden haben.

Jährlich verdunsten im Mattmark-Einzugsgebiet ca. 20% des gesamten Jahresniederschlags.

Diese Berechnung des Modells PREVAH ist zwar mit grosser Unsicherheit behaftet, weil man immer noch relativ wenig weiss über die Verdunstung in alpinen Einzugsgebieten. Die Grössenordnung stimmt aber recht gut mit Angaben des hydrologischen Atlas der Schweiz (Tafel 4.1).

Im Vergleich zur Unsicherheit im Modell und zum Anteil an der jährlichen Wasserbilanz sind die erwarteten Veränderungen in der Verdunstung gering. Bis zum Ende des Jahrhunderts berechnet das Modell eine Zunahme der jährlichen Verdunstung um ca. 10 mm oder 4%.

Auch bezüglich der im Boden gespeicherten Wassermenge gibt es eine grosse Unsicherheit.

Doch angesichts der wenig entwickelten Böden in diesem alpinen Einzugsgebiet kann von einer allgemein geringen Bodenwasserspeicherung ausgegangen werden.

Grundlage für die Berechnung der temporären Bodenwasserspeicherung im Mattmark-Gebiet ist eine angenommene Beziehung zwischen Landnutzung und Bodenkennwerten.

Gemäss unseren Ergebnissen dürfte sich die Bodenwasserspeicherung in Zukunft nicht wesentlich verändern. Einzelne Modellketten ergeben eine leichte Zunahme des Bodenwasserspeichers, andere Modellketten eine leichte Abnahme.

Die weitgehend fels-dominierten Flächen entwickeln sich nur über sehr lange Zeit zu feinkörnigen, speicherfähigen Böden.

Abb. 10: Berechnete Veränderung in der Klimatologie der durchschnittlichen Verdunstung (mm/Tag; oben) und Bodenwasser- speicherung (mm; unten) für den Zeitraum 2021-50 (links) und den Zeitraum 2070-99 (rechts) gemittelt über das gesamte Mattmark-Einzugsgebiets. Die schwarze Linie entspricht der Referenz-Simulation für den Zeitraum 1980-2009.

(14)

13

Auswirkungen auf den natürlichen Wasser-Abfluss des gesamten Mattmark- Gebietes

Als Gesamtergebnis der sich verändernden Teilkomponenten der Wasserbilanz (Gletscher, Schnee, Bodenwasserspeicher und Verdunstung) resultieren die in Abb. 11 dargestellten Jahresabflussganglinien für das gesamte Mattmark-Einzugsgebiet.

Für den Zeitraum 2021-50 werden in einem durchschnittlichen Jahr die höchsten Abflüsse mengenmässig etwas geringer, und sie werden gut einen Monat früher eintreffen; d.h. anfangs Juni anstatt Mitte Juli. Diese zeitliche Verschiebung der mittleren Jahresabflussspitze wird sich für den Zeitraum 2070-99 noch weiter verstärken.

Die gesamte jährliche Abflussmenge wird in einem Normaljahr (je nach Klimamodellkette) gegenüber der Referenzperiode um 6% (±5%, 2021-50), resp. um 12% (±6%, 2070-99) abnehmen. Die hohe Spannweite zeigt die Unsicherheit, welche durch die Fortpflanzung

der 10 Klimaszenarien im hydrologischen System entsteht.

In extrem wasserreichen Jahren werden die maximalen Abflüsse im Sommer für den Zeitraum 2021-50 wahrscheinlich leicht (0-13%) zunehmen. Für den Zeitraum 2070-99 nimmt die Spannweite der prognostizierten höchsten Jahresabflüsse noch zu.

Eine grosse Unsicherheit besteht auch bei den Abflussberechnungen für die Herbst- und Wintermonate. Hier weichen die verschiedenen Modellketten stark von einander ab. Eindeutig ist aber der Trend zu bedeutend höheren Abflüssen in diesen Jahreszeiten, wo künftig die Akkumulation der Schneedecke später beginnen und vermehrt Niederschlag in flüssigen Form vorkommen dürfte.

In Jahren mit besonderer Wasserknappheit dürften sich die niedrigsten Abflüsse gegenüber der heutigen Situation für 2021-50 nur geringfügig verändern. Für den Zeitraum 2070- 99 jedoch dürften wasserarme Jahre insgesamt deutlich weniger Abfluss generieren als wasserarme Jahre der Referenzperiode. Der niedrigste Abfluss wird aber auch in Zukunft im Winter eintreffen.

Abb. 11: Berechnete Veränderung in der Klimatologie des natürlichen Abflusses (mm/Tag) für den Zeitraum 2021-50 (links) und den Zeitraum 2070-99 (rechts), dargestellt für den Median, das 97.5%-Quantil und das 2.5%-Quantil (oben) und den Mittelwert (unten) des gesamten Mattmark-Einzugsgebiets. Die schwarze Linie entspricht der Referenz-Simulation für den Zeitraum 1980-2009.

(15)

14

Diskussion

Natürliche Variabilität versus prognostizierte Veränderung

Das Abflussgeschehen im Mattmark-Einzugsgebiet unterliegt einer beträchtlichen natürlichen Variabilität. Mit unserer Betrachtung von 30-jährigen Zeiträumen können wir dieser natürlichen hydrologischen Bandbreite grösstenteils Rechnung tragen, indem wir z.B. die Standardabweichung der Schlüsselgrössen (jährliche Schnee- und Eisschmelze, jährliche Verdunstungs- und Abflussmenge) betrachten. Für den Jahresabfluss zum Beispiel beträgt die Standardabweichung 210 mm.

Eine Grundannahme unserer Studie ist, dass die Variabilität in den täglichen meteorologischen Inputgrössen für alle drei Zeiträume (Referenz, nahe Zukunft, ferne Zukunft) gleich bleibt. Unsere Modellierung ergibt, dass sich auch die resultierende Variabilität im Jahresabfluss für die nahe und ferne Zukunft kaum verändern wird. Sie nimmt marginal zu.

Die prognostizierten Änderungen des natürlichen Jahresabfluss ist für den Zeitraum 2021-50 etwa halb so gross und für den Zeitraum 2070-99 etwa gleich gross wie die natürliche Variabilität. Das heisst, dass die durchschnittlichen Verhältnisse Ende des Jahrhunderts bereits heute in extremen Jahren beobachtet werden können.

Wie plausibel, resp. unsicher sind die Abfluss-Prognosen?

Die berechneten Veränderungen im natürlichen Abfluss des KWO-Einzugsgebiets sind mit verschiedenen Unsicherheiten entlang der ganzen Modellkette verbunden:

Eine erste beträchtliche Unsicherheit liegt in der Wahl des Emissionsszenarios. Diese Unsicherheit ist nicht quantifizierbar.

Eine zweite Unsicherheit entsteht durch die globale und regionale Klimamodellierung. Diese können wir abschätzen, indem wir für unsere Zielgrössen die Standardabweichung der 10 verschiedenen Modellketten berechnen. Für den mittleren Jahresabfluss im Mattmark-Einzugsgebiet ist die

Standartabweichung ca. 80 mm oder gut 6%. Das heisst, die Klimamodellketten-bedingte Unsicherheit ist 2.5 mal kleiner als die natürliche Variabilität.

Eine weitere Unsicherheit liegt im Modell zur Berechnung der zukünftigen Gletscherentwicklung.

Das hier verwendete Schrumpfmodell der Uni Zürich ist grundsätzlich für eine grosse Skala (z.B. ganze Schweiz) und längere Zeithorizonte geeignet. Für den Zeitraum 2021-50 dürfte mit diesem Modell der Gletscherrückgang etwas zu rasch simuliert werden.

Wir haben überprüft, wie stark sich eine leicht Änderung der Gletscherfläche auf den simulierten Abfluss auswirkt. Dabei erwies sich der simulierte Gesamtabfluss nicht besonders sensitiv auf kleine Änderungen der Gletscherfläche.

Und schliesslich entsteht auch durch das hydrologische Modell selbst eine gewisse Unsicherheit. Die Verifikation mit Abflussdaten in den Teileinzugsgebieten (1980-2009) attestiert dem Modell im grossen und ganzen eine gute Leistung.

Der Vergleich mit dem SLF-Schneeprodukt, das eine Art „Integral“ der beobachteten Schneewasserwerte oberhalb von 1‘500 m ü.M. für die Region Wallis darstellt, fällt ebenfalls positiv aus. Anderseits scheint PREVAH gegenüber den VAW-Messungen die Gletscherschmelzrate tendenziell eher etwas zu überschätzen. Wenn wir nun aber die in dieser Studie prognostizierten relativen Veränderungen des mittleren Jahresabflusses mit Berechnungen der VAW vergleichen, sehen wir einen konsistenter Trend für das Mattmark-Gebiet (Abb. 12): in beiden

Abb. 12: Relative Änderung des jährlichen Abflusses für verschiedene vergletscherte Gebiete im Kanton Wallis berechnet mit dem VAW-Modell. Die in dieser Studie prognostizierten relativen Änderungen sind markiert.

(16)

15 Fällen wird eine leichte Abnahme bereits für den Zeitraum 2021-50 vorausgesagt, der sich dann für den Zeitraum 2070-99 noch verstärken wird. Es gilt zu beachten, dass die vorhergesagten relativen Änderungen im Jahresabfluss von Gletscher zu Gletscher sehr unterschiedlich sein können. Das Einzugsgebiet des Aletschgletschers (ALE in Abb. 12) zum Beispiel wird – gemäss VAW – gegenüber der Referenzperiode 1980-2009 in der ersten Hälfte des Jahrhunderts noch einen markanten Anstieg des Abflusses erfahren, während der Abfluss in anderen vergletscherten Gebieten, wie Mattmark (MTM) oder Trift (TRF), bereits nach 2020 eine abnehmende Tendenz haben.

Die Aussagen des hydrologischen Modells im Bezug auf die jahreszeitlichen Veränderungen, vor allem im Frühling / Sommer und längerfristig auch im Sommer / Herbst können als robust angesehen werden.

Auswirkungen auf Produktion und Umsatz

Mit den in dieser Studie berechneten Zuflüssen zu den beiden Reservoiren Mattmark und Zermeiggern

wurde abschliessend die Auswirkungen auf die Produktion und den Umsatz unter den heutigen Strommarkt-Randbedingungen berechnet. Dafür wurde ein Betriebsmodell verwendet, welches die Produktion so steuert, dass der Ertrag optimiert wird.

Dabei werden die Gestehungskosten (Zinsen, Amortisation, Personalkosten, Betrieb und Unterhalt, Wasserzins und Steuern, Erneuerungsinvestitionen etc.) nicht berücksichtigt, obschon diese im Fall des KW Mattmark nicht unerheblich sind und manchmal über den Marktpreisen liegen können.

Berechnet wurden die Referenzperiode, sowie die zukünftigen Zeiträume 2021-50, resp. 2070-99 mit folgenden Klimamodellketten:

•SMHI_HadCM3Q3_RCA = mittleres Abflussszenario

•KWM_ECHAM_HIRHAM = pessimistisches Abflussszenario

•ETHZ_HadCM3Q0_CLM = optimistisches Abflussszenario Für die Berechnung des Umsatzes und für die stundenscharfe Optimierung wurden Swissix-Preise von 2009 verwendet.

Die folgende Tabelle fasst die berechneten mittleren jährlichen Veränderungen in der Produktion und im Umsatz zusammen:

-20.0 0.0 20.0 40.0 60.0 80.0 100.0 120.0 140.0 160.0

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Ne tto -P ro du kti on (G W h)

Monat

Referenzperiode

2021-50 - mittleres Abflussszenario 2021-50 - optimistisches Abflussszenario 2021-50 - pessimistisches Abflussszenario 2070-99 - mittleres Abflussszenario 2070-99 - optimistisches Abflussszenario 2070-99 - pessimistisches Abflussszenario

Abb. 13: Berechnete monatliche Nettoproduktion des Kraftwerks Mattmark (gemittelt für die drei Berechnungszeiträume).

Mittleres Abflussszenario SMHI_HadCM3Q3_RCA

Pessimistisches Abflussszenario KWM_ECHAM_HIRHAM

Optimistisches Abflussszenario ETHZ_HadCM3Q0_CLM

Periode 2021-50 2070-99 2021-50 2070-99 2021-50 2070-99

Netto-Produktion -0.6% -3.6% -14.5% -21.7% +7.8 +2.0

Netto-Umsatz +0.1% +1.0% -9.2% -13.3% +6.1 +4.0

(17)

16 Für das mittlere Abflussszenario werden für die Jahresproduktion und den Umsatz nur geringfügige Änderungen gegenüber der Referenzperiode berechnet. Ganz anders sieht es aber bei den anderen berechneten Klimamodellketten aus. Falls das optimistische Abflussszenario eintreffen würde, könnten die Betreiber mit einer Umsatzsteigerung von ca. 5% bis zum Ende des Jahrhunderts rechnen.

Für den Fall des pessimistischen Abflussszenarios müsste mit einer Umsatzeinbusse von über 10%

gerechnet werden. Die Produktionserwartung wäre sogar um 20% reduziert. Durch den Speicher ist es aber möglich, weiterhin die höherpreisigen Stunden abzufahren. Zudem sorgen erhöhte Laufwasser- zuflüsse für einen höheren Umsatz. Die Spannweite der möglichen Produktions- und Umsatzentwicklung infolge des Klimawandels ist für das KW Mattmark also noch sehr gross.

Die verschiedenen Modellketten sind aber übereinstimmend, dass die Produktion im Winter,

wenn die Marktpreise hoch sind, leicht zunehmen wird, und dass sie im Sommer, wenn die Marktpreise niedrig sind, deutlich abnehmen wird. Für den Zeitraum 2070-99 dürfte die Netto-Produktion von April bis Juli sehr gering sein. Damit verbunden ist ein starker Anstieg des Zubringerpumpeneinsatzes, welcher die Pumpkosten in diesem Zeitraum um über 50% ansteigen lässt (Abb. A3 im Anhang). Nicht berücksichtigt in dieser Berechnung ist, dass sich die Marktpreise infolge der Klimaänderung saisonal verändern könnten.

Die Änderung des Zuflussregimes und der Stromproduktion wird sich auch auf den Füllgrad der Reservoire (Stausee Mattmark und Ausgleichsbecken Zermeiggern) auswirken (Abb. 15). Infolge der zeitlichen Verschiebung der Schneeschmelze füllt sich der Stausee früher auf, und bis Ende Sommer ist die volle Speicherkapazität für den folgenden Winter wieder erreicht.

-2 0 2 4 6 8 10 12 14 16

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Ne tto -U msa tz ( M io E UR )

Monat

Referenzperiode

2021-50 - mittleres Abflussszenario 2021-50 - optimistisches Abflussszenario 2021-50 - pessimistisches Abflussszenario 2070-99 - mittleres Abflussszenario 2070-99 - optimistisches Abflussszenario 2070-99 - pessimistisches Abflussszenario

Abb. 14: Berechneter monatlicher Umsatz des Kraftwerks Mattmark (gemittelt für die drei Berechnungszeiträume) .

Abb. 15: Berechnete Ausnützung der Speicherkapazität des Stausees Mattmark und des Ausgleichbeckens Zermeiggern.

0%

20%

40%

60%

80%

100%

0 50 100 150 200 250 300 350

Fü llst an d M att ma rkre serv oir (% )

Tag im Jahr

Referenzperiode

2021-50 - mittleres Abflussszenario 2021-50 - optimistisches Abflussszenario 2021-50 - pessimistisches Abflussszenario 2070-99 - mittleres Abflussszenario 2070-99 - optimistisches Abflussszenario 2070-99 - pessimistisches Abflussszenario

(18)

17

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Basierend auf den aktuellsten Klimavorhersagen der ETH Zürich und den jüngsten Gletscherszenarien der Universität Zürich wurden für das Einzugsgebiet der KW Mattmark AG die hydrologischen Veränderungen für die Zeiträume 2021-50 (nahe Zukunft) und 2070- 99 (ferne Zukunft) berechnet. Dabei wurde mit PREVAH ein Modell verwendet, das seit fast 10 Jahren in vergletscherten und Schnee-beeinflussten Gebieten getestet worden ist und sich bewährt hat.

Der Vergleich mit Abflussdaten der KW Mattmark AG, mit Schneeprodukten des SLF und mit Gletschermassen der VAW für den Zeitraum 1980- 2009 attestiert dem Modell eine gute bis sehr gute Performance.

Auch wenn die in diesem Gebiet prognostizierte Änderung des Niederschlags und der Gletscher noch mit grossen Unsicherheiten verbunden ist, können trotzdem klare Aussagen gemacht werden, wie sich die Hydrologie verändern wird:

- Die Mächtigkeit der Schneedecke wird sich in dieser Zeit sehr stark (bis Ende des Jahrhunderts um über die Hälfte) verringern.

Die Schneeschmelze wird um mehrere Wochen vorverschoben und fällt kürzer aus als bisher.

- Die Gletscher-Schmelze wird zwar intensiver, aber die schmelzende Gletscherfläche wird gleichzeitig kleiner. Daraus resultiert ein Gletscher-Schmelzabfluss, der vorläufig ähnlich gross bleibt wie bisher und dann in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts abnimmt.

- Bezüglich Verdunstung und Bodenwasser- speicherung werden nur unwesentliche Änderungen erwartet.

- Für den Gesamtabfluss im Mattmark- Einzugsgebiet bedeutet dies eine markante zeitliche Veränderung der Jahres-Ganglinie mit einem um 5 bis 8 Wochen früheren Abfluss- Maximum (ungefähr in der gleichen Grössenordnung wie heute) und einer verlängerten abflussarmen Periode.

- Für die Zukunft sagt das Modell eine zuerst nur leichte, und dann eine deutlichere Abnahme des Jahresabflusses voraus (6%±5% für den Zeitraum 2021-50; 12%±6% für den Zeitraum 2070-99). Dieses Änderungssignal ist in einer ähnlichen Grössenordnung wie die natürliche Variabilität zwischen den Jahren, die wir bereits heute beobachten.

Abschliessend wurde mit einer Kraftwerks- Optimierungssoftware für drei verschiedene Klimamodell-Ketten die zukünftige ertrags- optimierte Netto-Produktion und der entsprechen- de Umsatz berechnet. Die Ergebnisse zeigen, dass die Klima-bedingte Änderung im jährlichen Umsatz noch sehr unsicher ist. Während ein pessimistisches Abfluss-Szenario eine Umsatzabnahme von mehr als 10% voraussagt, ergibt ein optimistisches Abfluss- Szenario eine Umsatzzunahme von ca. 5%. Die saisonale Änderung in der Produktion wird aber für die verschiedenen Klima-Abfluss-Szenarien einheitlich vorhergesagt: eine leichte Zunahme in den Wintermonaten, und eine deutliche Abnahme im Sommer.

(19)

18

Literatur

Bosshard, T. S. Kotlarski, T. Ewen and C. Schär (2011). Spectral representation of the annual cycle in the climate change signal. Hydrol. Earth Syst. Sci. Discuss., 8, 1161–1192.

Huss ,M., D. Farinotti, A. Bauder and M. Funk (2008). Modelling runoff from highly glacierized alpine catchment basins in a changing climate. Hydrological Processes, 22 (19), 3888-3902.

Paul, F., Maisch, M., Rothenbuehler, C., Hoelzle, M. und W. Haeberli. (2007). Calculation and visualisation of future glacier extent in the Swiss Alps by means of hypsographic modelling. Global and Planetary Change 55(4):343-357.

Viviroli, D., M. Zappa, J. Gurtz, R. Weingartner (2009a). An introduction to the hydrological modelling system PREVAH and its pre- and post-processing-tools. Environmental Modelling & Software 24(10), Elsevier Ltd, 1209- 1222

Viviroli, D., M. Zappa, J. Schwanbeck, J. Gurtz, and R. Weingartner (2009b). Continuous simulation for flood estimation in ungauged mesoscale catchments of Switzerland – Part I: Modelling framework and calibration results.

Journal of Hydrology, 377(1-2), pp. 191-207., doi:10.1016/j.jhydrol.2009.08.023

Viviroli D., H. Mittelbach, J. Gurtz, R. Weingartner (2009c). Continuous simulation for flood estimation in ungauged mesoscale catchments of Switzerland – Part II: Parameter regionalisation and flood estimation results. Journal of Hydrology, 377(1-2), pp. 208-225. doi:10.1016/j.jhydrol.2009.08.022

(20)

19

Anhang

Abb. A1: Veränderung des durchschnittlichen jährlichen Niederschlages (P-kor), Verdunstung (EREA), Gesamtabfluss (RGES), Gletscherschmelze (GLAC) und Schneeschmelze (P-SME) für den Zeithorizont 2021-50 (farbige Linien) im Vergleich zur Referenzperiode 1980-2009 (schwarze Linie). Die farbigen Linien entsprechen 10 Simulationen mit demselben hydrologischen Modell (PREVAH), aber 10 verschiedenen Klimamodellketten.

Abb. A2: Veränderung des durchschnittlichen jährlichen Niederschlags (P-kor), Verdunstung (EREA), Gesamtabfluss (RGES), Gletscherschmelze (GLAC) und Schneeschmelze (P-SME) für den Zeithorizont 2070-99 (farbige Linien) im Vergleich zur Referenzperiode 1980-2009 (schwarze Linie). Die farbigen Linien entsprechen 10 Simulationen mit demselben hydrologischen Modell (PREVAH), aber 10 verschiedenen Klimamodellketten.

(21)

20 0

50 100 150 200 250 300 350 400

0 2 4 6 8 10 12

Pu mp ko ste n ( 10 00 EU R)

Monat Referenzperiode

2021-50 - mittleres Abflussszenario 2021-50 - optimistisches Abflussszenario 2021-50 - pessimistisches Abflussszenario 2070-99 - mittleres Abflussszenario 2070-99 - optimistisches Abflussszenario 2070-99 - pessimistisches Abflussszenario

Abb. A3: Berechnete monatliche Pumpkosten des Kraftwerks Mattmark für verschiedene Klimamodellketten und Zeiträume.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

FDK 4 ◊ 7 UFAFP/Direzione federale delle foreste; lstituto federale di ricerca per la foresta, la neve eil paesaggio FNP (Ed.) 1992: Rapporte Sanasilva 1992 sui boschi in

Die Verordnung über den Bereich der Eidg. Technischen Hochschulen und jene über die Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft. Die Neufassung dieser

Im Projekt «Wasserbilanz kleiner voralpiner Einzugsgebie- te» wurden die Testgebiete Alptal/SZ und Schwarzsee/FR weiterbetreut, einige Messgeräte erneuert und das Mess-

Durch ihre Mitwirkung in der Forschung, mit dem Erstellen von Gutachten und durch ihre Umsetzungstätigkeiten hat die Antenne romande im Jahr 1995 ihre Stellung innerhalb der

Mit den Diskussionen und Aktivitäten rund um die «Wir- kungsorientierte Verwaltungsführung», die auch die WSL im Berichtsjahr erfasst haben, ist Kundennähe zum zentralen

◊ 6 Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (Hrsg) 1997: Säure- und Stickstoffbelastungen - ein Risiko für den Schweizer Wald. Forum für

Im Mai 1998 nun, nach 15 Jahren Wald- schadenforschung, haben die WSL und das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft mit dem Sanasilva-Bericht 199 7

Dieser Betrag wurde anteilsmässig für die Institution (107 TCHF) als Arbeitgeberbeitrag im aktuarischen Bericht berücksichtigt und führt zu einer Differenz zum effektiv