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Archiv "Strukturreform im Gesundheitswesen: Budgetierung - und kein Ende" (03.02.1995)

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LITIK LEITARTIKEL

Strukturreform im Gesundheitswesen

Budgetierung - und kein Ende

Kaum sind die ersten beiden Dialog-Runden zur Vorbereitung der dritten Etappe zur Strukturreform im Gesundheitswesen beendet, gib est schon Befürchtungen, daß die globale Budgetierung und Ausgabendeckelung für die wichtigsten Bereiche des Gesundheits-

wesens auch über den Ultimo-Termin (Ende 1995) unbefristet pro- longiert werden könnten. Namentlich die SPD drängt auf eine Ver- längerung der Budgetierung. Ein „Denkpapier" aus dem Seeho- fer-Ministerium, das es „in sich" hat, könnte für Furore sorgen.

G

edanken, die im Seehofer-Mi- nisterium herumspuken, be- legt ein Strategie-Papier von Referatsleiter Dr. Gunnar Griesewell. Was da unter dem Titel

„Markt oder Staat — Wettbewerb oder Dirigismus" herumspekuliert wird, hat es „in sich". Das Credo: Die GSG- Steuerungskonzepte müßten in zwei Richtungen weiterentwickelt werden:

eine Reform der Organisations- und Finanzierungsstrukturen und eine globale Budgetierung sämtlicher Ausgaben in der Krankenversiche- rung. Für den Ökonomen stehen Bei- tragssatzstabilität und Budgetierung in einem unauflösbaren Zusammen- hang. Dieser dürfe aus übergeordne- ten gesellschaftspolitischen Notwen- digkeiten nicht aufgelöst werden. Die unbefristete Anwendung dieser In- strumente sei geradezu die Vorausset- zung für das jetzt geforderte „Ge- samtkonzept der Kosten- und Qua- litätssteuerung in der medizinischen Versorgung". Unterhalb der Budge- tierung könne sich noch viel Selbst- verwaltung, eine flexible Vertragsge- staltung und Wettbewerb abspielen.

Unter dieser Diktion verwundert es nicht, daß Griesewell von markt- wirtschaftlichen Umgestaltungslö- sungen im Gesundheitswesen nichts hält. Als Negativbeispiel werden die USA apostrophiert, die einen Weg beschritten hätten, das Gesundheits- wesen „finanziell zu ruinieren und Kostenkrisen" zu verfestigen. Der Antimarktwirtschaftler: Die „Lobby der Leistungsanbieter" würde den marktwirtschaftlichen Wertekanon deswegen allzu gerne übernehmen, um ihre Interessen zu Lasten der All- gemeinheit durchzusetzen. Untaug- lich sei auch der Vorschlag, den Lei- stungskatalog der Krankenversiche- rung in eine Grund- und Zusatzver- sorgung mit selbst zu bezahlenden

Wahlleistungen zu splitten. Es wird unterstellt, dies provoziere eine Zwei- Klassen-Medizin und erzwinge eine das Sozialsystem sprengende zweite Ebene von Quasi-Privatversicherun- gen. In diesen Duktus paßt auch die vorgefaßte Meinung, eine Ent- schlackung des Leistungskatalogs der GKV sowie eine Neudefinition von Eigenverantwortung und Solidarität lösten das Stabilitätsproblem nur marginal. Leistungsausgrenzungen per Gesetz führten nur zu einer ein- maligen Niveausenkung der Ausga- ben. Es ist schon entlarvend, wenn al- le anderen stabilitätsorientierten Op- tionen als „interessengesteuert" und als untauglich rubriziert werden.

Politiker taktieren Trotz aller Beteuerungen von Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer dürften auch nach 1996 die Kostendämpfungspolitik und die Ausgabendrosselung der Kranken- kassen nicht außer Kraft gesetzt wer- den. Zwar wies der neu amtierende gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Wolfgang Loh- mann, darauf hin, daß es nicht um die Fortsetzung der Kostendämpfungs- politik gehe. Ziel sei es auch nicht, mehr Geld in das System zu holen.

Keinen Zweifel ließen allerdings die CDU-Oberen, von Seehofer bis zu Dr. Wolfgang Schäuble: Vorrangiges Ziel sei eine dauerhafte Reform mit strukturellem Tiefgang, um eine hochwertige Versorgung zu stabilen Beitragssätzen zu sichern.

Das Gebot der Beitragssatzstabi- lität ist ohnedies in fast allen relevan- ten gesundheitspolitischen Gesetzen ohne zeitliche Limitierung verankert.

Mithin ist zu befürchten, daß trotz zu- gesicherter Mitverantwortung der

Leistungsträger (Ärzteschaft u. a.) zur Einhaltung der Ausgabengrenzen eine Ersatzlösung für die globale Budgetierung oder eine kongeniale, noch drakonischer wirkende Regle- mentierung zum 1. Januar 1996 instal- liert wird. Dann aber wäre ein dogma- tisches Festhalten am Postulat der Beitragssatzstabilität bei fast unver- änderten Rahmenbedingungen nichts anderes als eine Ersatzlösung für die globale Budgetierung. Eine Anbin- dung der Ausgabenentwicklung der GKV an sachfremde Parameter (etwa die Grundlohnsumme) wird aber den besonderen Ausgabentrends der Krankenversicherung nicht gerecht.

Beitragssatzstopp müßte Budgetie- rung, Pauschalierung und letztendlich eine Rationierung zu Lasten der Ver- sicherten und Leistungserbringer be- deuten.

Die Budgetierung für den Arznei- mittelsektor gilt ohnedies unbefristet fort. Zunächst werden die regionalen Arzneimittelbudgets, die die Vertrags- ärzte strikt beachten müssen, über 1995 hinaus weiterbestehen bleiben, wenn sie nicht im Bereich einzelner Kassenärztlicher Vereinigungen durch Richtgrößenvereinbarungen mit den Krankenkassen abgelöst sind. Das Ge- samthonorar der Vertragsärzte orien- tiert sich auch nach Ablauf der Ho- norarbudgets strikt an der Stabilität der Versichertenbeiträge. Es ist des- halb eine Irreführung der Öffentlich- keit und eine pure Polemik, wenn der sozialpolitische Sprecher der SPD- Bundestagsfraktion, Rudolf Dreßler, schon jetzt prophezeit, Ärzte und Pharma-Industrie würden nach dem 1.

Januar 1996 „zuschlagen" und jeweils einen „kräftigen Schluck aus der Pulle nehmen". Bei der politischen Konstel- lation sind die Oppositions-Stimmen, insbesondere die der SPD, auf die Goldwaage zu legen.Dr. Harald Clade Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 5, 3. Februar 1995 (15) A-245

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