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Archiv "Budgetierung: Zerstörte Motivation" (22.12.1997)

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A-3444 (8) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 51–52, 22. Dezember 1997

S P E K T R U M LESERBRIEFE

Budgetierung

Zur Einkommenssituation einer Rönt- genpraxis in den neuen Ländern:

Zerstörte Motivation

Zusammen mit der Ho- norarabrechnung für das Quartal II/97 bekam ich von meiner zuständigen KV die Mitteilung, daß die Leistun- gen meiner Röntgenpraxis über den HVM mittels Basis- fallzahlen für die Quartale III/97 und IV/97 budgetiert werden. Ich bekomme die mir zugeteilten Fälle mit dem je- weils gültigen Punktwert ver- gütet, Fälle, die ich darüber hinaus zur Abrechnung brin- ge, werden mit nur 50 Prozent des aktuellen Punktwertes vergütet. Ich kann also in meinem Fall 4 180 Fälle pro Quartal abrechnen.

Wenn ich 4 180 Fälle ab- rechnen würde von 4 180 Pa- tienten, bei denen jeweils die kleine Zehe in zwei Ebenen geröntgt wurde. . . , sind das 58 887,84 DM. Wenn ich bei allen mir zugestandenen 4 180 Fällen eine Angiogra- phie durchführen würde be- ziehungsweise könnte, kä- men über die verschiedenen bei einer Angiographie abre- chenbaren GOP 1 254 000 DM zusammen . . .

Das heißt: bei gleicher Fallzahl von 4 180 ergibt sich eine Differenz der Einnah- men von etwa 1 195 112,20 DM. Bei dieser Art von Bud- getierung wird jeder Radiolo- ge aus wirtschaftlichen Grün- den versuchen, durch diverse Strategien innerhalb seiner budgetierten Fallzahlen nur (oder soviel wie möglich) „ge- winnbringende“ Untersu- chungen durchzuführen . . . Hat aber nicht der Patient, der

wegen einer gebrochenen Ze- he nicht mehr laufen kann, das gleiche Recht auf gute ärztliche Versorgung wie der Patient, der wegen einer AVK (die mittels Angiographie ab- geklärt werden muß) nicht mehr laufen kann? Diese Art der Budgetierung ist der Feind des Prinzips der Gleich- behandlung aller Patienten.

Wie soll es im Osten über- haupt weitergehen mit der ambulanten Medizin? Wir haben über private Kredite das gesamte ambulante Ge- sundheitswesen vorfinan- ziert. Es entstanden Massen an Praxen, die den Staat nichts gekostet haben, weil sie über private Kredite vorfi- nanziert wurden. Und nun folgt noch nicht mal das Geld der Leistung.

Es kann nicht sein, daß Praxen erst privat über Kredi- te geschaffen und vorfinan- ziert werden und dann viel- leicht nur noch dadurch vor dem Konkurs gerettet wer- den, indem die laufenden Ko- sten über Kredite finanziert werden oder der Praxisinha- ber privat nichts oder nur sehr wenig entnimmt und auf Kosten seines Ehepartners lebt oder die Praxis dadurch weiterexistiert, indem zur Deckung der laufenden Ko- sten bereits gebildete Rückla- gen wieder in den Praxishaus- halt zurückgeführt werden, nur weil die eigentliche Ver- gütung nicht reicht.

All das ist mit Sicherheit nicht förderlich, sich für den Patienten zu engagieren, und all das stimuliert wahrlich nicht zu hohen Leistungen und persönlichen Anstren- gungen zum Wohle des Pati- enten. Mit der gegenwärtigen Höhe der Vergütung im am- bulanten Gesundheitswesen

wird die Motivation der Ärzte und des Praxispersonals zur engagierten und hochqualifi- zierten Tätigkeit für den Pati- enten geradezu zerstört. Und ist die Motivation erst einmal zunichte gemacht, dauert es erfahrungsgemäß sehr lange, sie wieder herzustellen. Als ehemaliger DDR-Bürger weiß ich dies aus Erfahrung.

Dr. med. Uwe Kerner, Am Walkgraben 31, 09119 Chem- nitz

Schmerztherapie

Zu dem Beitrag „Arzneimittelkom- mission und Techniker Krankenkasse – Schmerztherapie: Patienten mehr einbinden“ in Heft 45/1997:

Leitlinien wurden erheblich abgeändert

Es geht in dem Artikel er- neut um die therapeutische Versorgung von Kopf-, Rücken- und Tumorschmer- zen. Hierfür waren von einer Arbeitsgruppe „Schmerzthe- rapie“ des ärztlichen Sach- verständigenbeirats für die Gesundheitsversorgung und Krankenversicherung des BMG Vorschläge für Leitlini- en interdisziplinär erarbeitet und mit allen in der AWMF vertretenen Fachgebieten abgestimmt worden. Für die Kommission „Rücken- schmerz“ bin ich der verant- wortliche Koordinator.

Alle drei Vorschläge für Leitlinien wurden dann von der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft als

„Vorschläge zur Behandlung von Kopf-, Rücken- und Tu- morschmerzen“ in Form ei- ner Beilage im Deutschen Ärzteblatt allen niedergelas- senen Ärzten zur Verfügung gestellt. Die Vorschläge der Arzneimittelkommission hat jetzt die TKK übernommen und verbreitet.

Dieses Vorgehen ist insge- samt sicher sehr begrüßens- wert. Leider wurden aber die Leitlinien der BMG-Kom- mission „Rückenschmerz“

von der Arzneimittelkommis- sion in enger Kooperation

mit der Gesellschaft für Or- thopädie und Traumatologie eigenmächtig und ohne Rücksprache mit der BMG- Kommission erheblich ab- geändert, so daß auch die Therapieempfehlungen der TKK für Rückenschmerzen nicht den Vorstellungen der Kommission entsprechen.

Rückenschmerz wird nach den Vorstellungen der Arz- neimittelkommission und der Gesellschaft für Orthopädie und Traumatologie nur mo- nodisziplinär behandelt. Psy- chosomatische Zusammen- hänge sind wieder nur als

„Restkategorie“ (sogenannte extravertebrale Ursache) dar- gestellt im Gegensatz zu der Auffassung der Kommission, daß chronischer Schmerz im- mer multifaktoriell ist und si- multan somatische, psychi- sche und soziale Ebenen in Diagnostik und Therapie berücksichtigt werden müs- sen. In den Papieren der Arz- neimittelkommission und der TKK überwiegen erneut me- dikamentöse und somatische orthopädische Behandlungs- konzepte (Serien von Injek- tionen), die weder das Pro- blem der Chronifizierung von Rückenschmerzen verhin- dern noch einen wirkungsvol- len Beitrag zur Behandlung bereits chronifizierter Schmer- zen leisten können. Durch diese Papiere werden die bis- herigen (unwirksamen) Kon- zepte fortgesetzt und der enorme volkswirtschaftliche Schaden, der durch Rücken- schmerzen entsteht, ver- größert.

Da es neben den Vorschlä- gen der BMG-Kommission auch im Ausland bereits er- folgreich praktizierte alterna- tive Konzepte gibt, müssen sich ärztliche Standesvertre- ter, Gesundheitspolitiker, Krankenkassen und Renten- versicherungsträger fragen lassen, warum sie weiter nutz- lose und kostentreibende Be- handlungsstrategien favori- sieren.

Prof. Dr. med. J. Hildebrandt, Schmerzambulanz der Ge- org-August-Universität Göt- tingen, Robert-Koch-Straße 40, 37075 Göttingen

e-mail

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