M 028/2007 BVE 6. Juni 2007 BVE C Motion
0991 Hadorn, Ochlenberg (SVP)
Weitere Unterschriften: 38 Eingereicht am: 22.01.2007
Engagement von Betrieben im Ausbildungs- und Sozialbereich in der Submissions- gesetzgebung besser berücksichtigen
Der Regierungsrat wird beauftragt, die Gesetzgebung im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens so anzupassen, dass das Engagement von Betrieben in den Bereichen (Lehrlings-)Ausbildung und Soziales besser gewichtet wird.
Begründung:
Im öffentlichen Beschaffungswesen kann beim Ausschreibungsverfahren der Auftraggeber Eignungskriterien festlegen. So können bereits heute beispielsweise besondere Leistungen zu Gunsten der Berufsbildung und besondere Massnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Mann und Frau bei der Auswahl des Anbieters berücksichtigt werden.
Es ist ein gesellschafts-, sozial- und arbeitsmarktpolitisches Anliegen, das Engagement der Unternehmen im Ausbildungs- und Sozialbereich inskünftig stärker zu honorieren.
Unternimmt in diesen Bereichen ein Anbieter besondere Anstrengungen, so soll dies beim Auswahlverfahren ins Gewicht fallen. Dadurch wird für die Unternehmen ein Anreiz geschaffen, sich in den Bereichen (Lehrlings-)Ausbildung und Soziales noch stärker zu engagieren.
Auf regionaler Ebene wurden bereits in diese Richtung Anstrengungen unternommen. So haben die Vertreter der Konferenz der GemeinderatspräsidentInnen des Amtes Aarwangen, der Wirtschaftsorganisationen im Oberaargau (Wirtschaftsverband Oberaargau und Berner KMU Landesteil Oberaargau) sowie der Stellenleitungskonferenz Sozialdienste Oberaargau am 1. November 2006 einen Appell für die Bereitstellung von
„niederschwelligen“ Arbeitsplätzen erlassen. Mit diesem Pilotprojekt sollen junge, erwerbslose, Sozialhilfe beziehende Erwachsene vermehrt in den Arbeitsprozess integriert werden. Bei der Ausarbeitung dieses Appells wurde u.a. festgehalten, dass mit einer Änderung der Submissionsgesetzgebung für ein derartiges soziales Engagement der Betriebe ein Anreiz geschaffen werden soll.
Mit einer Anpassung der Gesetzgebung im öffentlichen Beschaffungswesen im obigen Sinne wird den Arbeitgebern ein Anreiz für die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen für sozial Schwache gegeben. Die öffentliche Hand erhält damit direkt ein Instrument, um
„sozial engagierte Betriebe“ vermehrt und gezielt zu unterstützen. Diese Gesetzesänderung liegt im Interesse der Öffentlichkeit, der Betriebe sowie der sozial Schwachen (=win-win- Situation).
Antwort des Regierungsrates
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Der Regierungsrat hat Verständnis für das Anliegen der Motion, die bei öffentlichen Be- schaffungen das Engagement von Betrieben im Gesellschaftsbereich besser würdigen will.
Der Motionär spricht dabei insbesondere von Betrieben, die Lehrlinge ausbilden oder jun- ge, Sozialhilfe beziehende Erwerbslose in den Arbeitsprozess integrieren. Wie der Motio- när zu Recht feststellt, lässt Artikel 16 Absatz 2 der Verordnung über das Beschaffungswe- sen vom 16. Oktober 2002 (ÖBV) die Berücksichtigung von „besonderen Leistungen zu Gunsten der Berufsbildung“ explizit zu. Da dieser Absatz jedoch offen formuliert ist ("Eig- nungskriterien können insbesondere ... sein."), haben die Beschaffungsstellen aufgrund der heutigen Verordnung ebenfalls die Möglichkeit, weitere soziale Anliegen im Sinne des Motionärs als Eignungskriterien mitzuberücksichtigen.
Allerdings wird von dieser Möglichkeit in der täglichen Beschaffungs-Praxis noch zu wenig Gebrauch gemacht, wie Beobachtungen des Regierungsrates und des Beirats für das öf- fentliche Beschaffungswesen zeigen. Da mit dem Kriterium der Lehrlingsausbildung be- reits einige Erfahrungen gesammelt werden konnten, ist der Regierungsrat daran, im Bau- bereich ein Instrument zu prüfen, mit welchem das Engagement für die Lehrlingsausbil- dung bei den offerierenden Unternehmen gebührend berücksichtigt werden kann. Diese Absicht hat er schon in der Antwort zur Motion Guggisberg (M 175/2006) ausgeführt. Das Instrument steht kurz vor der Einführung. Sobald zu weiteren förderungswürdigen Kriterien Erfahrungen vorliegen, schliesst es der Regierungsrat nicht aus, auch dazu, z.B. im Sinne des Motionärs, Instrumente zu entwickeln.
Allgemein haben Beschaffungsstellen bei der Anwendung solcher gesellschaftspolitischer Anliegen wie Lehrlingsförderung oder Integration junger Erwerbsloser Folgendes zu be- achten:
• Offenes und selektives Verfahren (Art. 3 und Art. 5 Abs. 1 Bst. a des Gesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen vom 11. Juni 2002 ÖBG): Die sozialen Eignungskri- terien dürfen nicht derart stark gewichtet werden, dass Anbietende faktisch vom Wett- bewerb ausgeschlossen und damit diskriminiert werden. Dies würde dem internationa- len Recht widersprechen.
• Einladungsverfahren (Art. 4 und Art. 5 Abs. 1 Bst. b ÖBG) und freihändiges Verfahren (Art. 6 ÖBG): Hier können die Beschaffungsstellen frei entscheiden, welche Firmen sie zur Angebotsabgabe einladen wollen. Damit steht es ihnen sogar offen, ausschliesslich Betriebe einzuladen, die Lehrlinge ausbilden oder junge, Sozialhilfe beziehende Er- werbslose in den Arbeitsprozess integrieren.
Fazit: Die geltenden gesetzlichen Grundlagen zum öffentlichen Beschaffungswesen genü- gen bereits heute, um Betriebe zu begünstigen, die Lehrlinge ausbilden oder junge, Sozial- hilfe beziehende Erwerbslose in den Arbeitsprozess integrieren. Der vom Motionär vorge- schlagene Begriff des "Sozialen" umfasst die in der Verordnung beispielhaft erwähnten
"Berufsbildung" und "Gleichstellung von Mann und Frau". Um die Umsetzung der gesetzli- chen Grundlage in der Praxis zu fördern, wird der Regierungsrat die kantonale Verwaltung anweisen, bei Beschaffungen unterhalb der Ausschreibungsschwellenwerte den sozialen Kriterien vermehrt Rechnung zu tragen. Deshalb stellt der Regierungsrat den
Antrag: Annahme der Motion und gleichzeitige Abschreibung
An den Grossen Rat