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Archiv "3. Etappe zur Strukturreform im Gesundheitswesen: Verbände überbieten sich" (27.01.1995)

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POLITIK

Die Ärzteschaft baut auf das Ver- sprechen von Bundesgesundheitsmi- nister Seehofer, daß alle Reformpro- bleme kritisch und ohne Vorbehalte aufs Tapet kommen werden. Aus Sicht der Bundesärztekammer, dies betonte deren Präsident, Dr. med.

Karsten Vilmar, müßten die Stärkung der Eigenverantwortung der Versi- cherten, die Überprüfung des Lei- stungskatalogs der Krankenkassen, eine bessere personale Verzahnung des ambulanten mit dem stationären Sektor, die Entbürokratisierung und Deregulierung und die Wiederher- stellung der vollen Vertragsfreiheit der Selbstverwaltungen im Vorder- grund stehen. Das politische Dogma der Beitragssatzstabilität und eine Prolongierung der Ausgabenbudge- tierung seien für die Ärzteschaft kein zukunftsträchtiges Handlungskon- zept. Die Ärzteschaft dürfe nicht wei- ter als Hauptkostentreiber im Ge- sundheitswesen diffamiert werden.

Unter Beachtung dieser Vorbedin- gungen wolle die Ärzteschaft kon- struktiv zum Gelingen einer dauer- haften strukturellen Weiterentwick- lung des Gesundheitswesens und ei- ner Revision des Rechtes der gesetzli- chen Krankenversicherung beitragen.

Die Repräsentanten der Ärzte- schaft registrierten: Trotz der von Seehofer zugesicherten Gedanken- vielfalt und -freiheit deuteten viele Anzeichen darauf hin, daß der Re- formkorridor durch die zahlreichen Seehoferschen Fixpunkte so eng ge- halten werden soll, daß abermals ein großer Wurf ausbleibt. Eine auf sture Kostendämpfung abzielende globale Budgetierung bliebe dann — eventuell unter anderem Deckmäntelchen — als

AKTUELL

die Reformoption übrig. Die Kran- kenkassen haben bereits vorschnell die von Seehofer angebotene Ver- tragsfreiheit und die Flexibilisierung der Selbstverwaltung als Zustimmung zu den von den Kassen favorisierten Lösungsansätzen und zur Beitrags- satzsenkung — bei gleichen Leistun- gen und kaum zurückgestutztem Lei- stungskatalog — gewertet.

Mehr Wettbewerb

Der AOK-Bundesverband ver- folgt jetzt eine Doppelstrategie: Mit dem „Hausarzt-Abo" sollen Modell- versuche zur Erprobung neuer Ver- tragsstrukturen gestartet werden. Al- lerdings bedarf es dazu, und darauf wies die Kassenärztliche Bundesver- einigung hin, nicht nur einer vertragli- chen, sondern auch einer gesetzlichen Grundlage. Die freie Entscheidung der Versicherten und der Vertragsärz- te muß garantiert sein. Zudem dürfen Beitragsnachlässe nur in dem Umfang gewährt werden, wie sie durch Ko- steneinsparungen gerechtfertigt sind.

Die Ersatzkassen setzen wie bis- her schon auf die Devise „Deregulie- rung durch mehr Wettbewerb".

Dringlich müßten die noch vorhande- nen Sparreserven „in Milliarden-DM- Höhe" ausgeschöpft werden, ehe es weitere Einschnitte zu Lasten der Pa- tienten geben dürfe und es ans „Ein- gemachte" der Krankenkassen geht.

Um die Effektivität und Effizienz zu erhöhen und zu garantieren, sei ein

„Maximum an Vertragsfreiheit für die Krankenversicherung erforderlich", so Karl Kaula, Vorsitzender des Ver- bandes der Angestellten-Kranken-

kassen e. V. Eine Privatisierung und rein „marktliehe" Lösungsansätze lehnen die Ersatzkassen ab. Unter- halb der Globalsteuerung und der Staatsebene gebe es noch eine Viel- zahl von Ideen für neue Versorgungs- strukturen und eine flexible Auf- fächerung sowohl auf der Beitrags- als auch der Leistungsseite.

Die Betriebskrankenkassen fa- vorisieren Verträge mit „vernetzten Praxen", denen ein „kombiniertes Budget" als sektorenübergreifender Finanzrahmen zur Verfügung gestellt werden soll. Vehement setzt sich der BKK dafür ein, den GKV-Arzneimit- telmarkt neu zu strukturieren, das Rabattsystem für Apotheken auf gestaffelte Fixzuschläge umzustellen und das Vertriebsmonopol der Apo- theken bei Arzneimitteln zu knacken.

Das AOK-Hausarzt-Abo (Haus- arztmodell) favorisieren offenbar auch die Krankenhäuser (wiewohl de- ren Spitzenorganisaton, die DKG, bei Seehofers Hearing noch gar nicht

„dran" war). Jedenfalls will die Deut- sche Krankenhausgesellschaft e. V.

(DKG) die Krankenhäuser zu „Ge- sundheitszentren" erweitern, deren Leistungen und Zuständigkeit auch auf ambulante, semistationäre Be- handlung bis hin zur Pflege und Reha- bilitation reichen könnten. Die Vor- schläge der DKG müssen im Zusam- menhang mit deren Gelüsten, die ge- samte fachärztliche Versorgung stär- ker im Krankenhaus zu konzentrie- ren, skeptisch beurteilt werden. Der Expansionsdrang der Krankenhäuser geht so weit, die in ein Quasi-Primär- arzt-Modell einzuspannenden Haus- ärzte zu animieren, viele Patienten di- rekt und sofort zur ambulanten fachärztlichen Untersuchung/Behand- lung ins Krankenhaus zu überweisen.

Auf diese Weise könnte doch noch der Wahlfreiheit der Patienten zum Durchbruch verholfen werden, meint die Krankenhausgesellschaft. Dies ist ein Vorschlag, der ohne Rücksicht auf die erforderlichen finanziellen, perso- nellen und kapazitätsmäßigen Res- sourcen gemacht wurde und der das Gegenteil dessen beinhaltet, was die Ärzteschaft als gestufte, durchlässige Versorgung und Integration von am- bulanter und stationärer Versorgung auf personaler Basis als die Reformop- tion empfiehlt. Dr. Harald Clade

3. Etappe zur Strukturreform im Gesundheitswesen

Verbände

überbieten sich

Die ersten beiden Dialog-Runden im Zusammenhang mit der geplanten dritten Etappe zur Strukturreform im Gesundheitswesen sind beendet. Die Verbände haben den von Bundesge- sundheitsminister Horst Seehofer ausgerufenen Ideenwettbewerb dazu benutzt, unkonven- tionell klingende Vorstöße einzubringen oder alte „Schlachtpläne" neu verpackt zu offerie- ren. Am 31. Januar/1. Februar sind die Krankenhäuser „dran".

A-178 (16) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 4, 27. Januar 1995

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