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Archiv "Kardiologie – Drängende Fragen zur Prophylaxe: Wie lang und welche Zielwerte?" (05.12.2014)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 49

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5. Dezember 2014 A 2165 KARDIOLOGIE

Drängende Fragen zur Prophylaxe:

Wie lang und welche Zielwerte?

Aktuelle Studien untersuchten die optimale Dauer der dualen Plättchenhemmung nach Stentimplantation, und ob bei Herzinfarktpatienten eine weitere Absenkung des Cholesterinspiegels noch stärker vor kardiovaskulären Komplikationen schützt.

W

as lange währt, wird endlich gut. Dieses Sprichwort ist für das Unternehmen Merck (in Deutschland MSD) und seinen Wirkstoff Ezetimib mit den Ergeb- nissen der IMPROVE-IT-Studie in Erfüllung gegangen. Die beim Kon- gress der American Heart Associa- tion (AHA) in Chicago vorgestell- ten Daten belegen, dass der Choles- terin-Resorptionshemmer als erstes

„Nicht-Statin“ die kardiovaskuläre Ereignisrate bei Hochrisikopatien- ten signifikant über eine zusätzli- che Senkung des LDL-Cholesterins (LDL-C) reduziert.

Im Rahmen dieser über neun Jah- re geführten Endpunktstudie waren die Auswirkungen einer konventio- nellen Statin-Monotherapie gegen- über der Kombination mit einem Niemann-Pick C1-like-1 Protein (NPC1L1)-Inhibitor an 18 141 Pa- tienten mit Herzinfarkt (STEMI, NSTEMI) oder instabiler Angina pectoris untersucht worden. Deren mittleres Alter betrug 64 Jahre und der durchschnittliche LDL-C-Wert

95 mg/dL. IMPROVE-IT sollte klä- ren, ob eine weitere LDL-C-Reduk- tion auf unter 70 mg/dL – einem sehr niedrigen, aber noch normalem Wert – einen präventiven Einfluss auf kar- diovaskuläre Ereignisse hat. Dafür erhielten die Patienten entweder nur Simvastatin (40 mg/Tag) oder zu- sätzlich noch Ezetimib (10 mg/Tag).

Zwei Prozentpunkte Differenz ist statistisch signifikant

Im Verlauf der Studie sank das LDL-C unter Statingabe dann auf 70 mg/dL, mit der Kombination so- gar auf 53 mg/dL – ein Wert, der bisher in Studien noch nicht un - tersucht worden war. Als primärer Endpunkt waren kardiovaskulärer Tod, Herzinfarkt, Hospitalisierung aufgrund instabiler Angina, korona- re Revaskularisierung und Schlag- anfall definiert worden. Wie Prof.

Christopher Cannon vom Brigham and Women’s Hospital, Boston, be- richtete, wirkte sich die Medikation unterschiedlich aus: Nach sieben Jahren hatten unter der Monothera-

pie 34,7 Prozent und unter der Kom- bination 32,7 Prozent der Patienten den Endpunkt erreicht.

Die Differenz von zwei Prozent- punkten erscheint gering, ist aber statistisch signifikant – bei einer Ha- zard Ratio von 0,936 (95-Prozent- Konfidenzintervall: 0,887–0,988) oder 93,6 Prozent. Nach Angaben von Cannon verhinderte die stärkere LDL-C-Senkung durch Ezetimib vor allem das Auftreten von Herzin- farkten (13,1 versus 14,8 Prozent, p = 0.002) und ischämischen Schlag- anfällen (3,4 versus 4,1 Prozent, p = 0,008), während die Zahl der Todesfälle in beiden Behandlungs- gruppen gleich war.

Aufgrund der hohen Teilnehmer- zahl und der langen Nachbeobach- tungszeit von IMPROVE-IT erwar- tete die Fachwelt mit Spannung die Rate der unerwünschten Wirkun- gen; einerseits, weil unter Statinen Rhabdomyolysen und Mypathien auftreten können. Andererseits weil Ezetemid in Verdacht geraten war, das Krebsrisiko zu erhöhen. Alle Bedenken konnten jedoch ausge- räumt werden. Sowohl die Rate der muskulären Nebenwirkungen als auch die der Krebserkrankungen (10,2 Prozent) war in beiden Grup- pen gleich.

Nach Ansicht von Studienleiter Cannon bestätigt diese Langzeit - studie den bekannten Zusammen- hang zwischen Cholesterinwert und kardiovaskulärer Ereignisrate jetzt für noch tiefere LDL-C-Werte.

Auch Prof. Karol Watson, David Geffen School of Medicine at UCLA, Los Angeles, betonte: „Die Studie zeigt, dass 70 mg/dL noch nicht das definitive Ziel für die Se- kundärprävention sind.“ Die Mitau- Den Eingang des

Hauptsaals vom AHA-Kongress schmückte das Logo der Kampagne

„life is why“, die multimedial die Be-

völkerung auf eine gesündere Lebens-

weise hinweisen möchte. Gestartet wurde sie im Som- mer mit einer Video-

ankündigung auf dem Time Square in New York City.

Foto: AHA

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A 2166 Deutsches Ärzteblatt

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5. Dezember 2014 torin der aktuellen US-Leitlinie

warnte aber davor, die Studiener- gebnisse auf Populationen mit nied- rigerem kardiovaskulären Risiko zu übertragen. Es werde aber in der nächsten Zeit diskutiert werden müssen, ob das Ergebnis in die nächste Leitlinie werde einfließen müssen.

Konsistente Daten von einem PCSK-9-Hemmer vorgestellt

Die Zukunft wird zeigen, inwieweit neue potente Cholesterinhemmer, wie die PCSK-9-Hemmer, die sich in fortgeschrittener klinischer Prü- fung befinden, dem Ezetimid mögli- cherweise bald „den Rang ablaufen“

werden. So wurden in Chicago die Ergebnisse von sechs Phase-3-Stu- dien bekannt, in denen der mono - klonale Antikörper Alirocumab in verschiedenen „settings“ auf seine LDL-C-senkenden Eigenschaften untersucht wird. In allen Studien (ODYSSEY LONG TERM, COM- BO I, ALTERNATIVE, OPTIONS I und II, HIGH FH) wurde der primä- re Wirksamkeitsendpunkt einer stär- keren LDL-C-Senkung nach 24 Wo- chen im Vergleich zu einer aktiven Vergleichssubstanz oder Placebo er- reicht. Für Prof. Jennifer Robinson von der Universität Iowa ist das konsistente Sicherheitsprofil von Alirocumab bemerkenswert – und zwar „auch bei Patienten, die LDL- C-Werte unter 25 mg/dL erreichten.“

Eine drängende Frage der Sekun- därprävention ist, wie lange KHK-

Patienten mit einem medikamen- tenbeschichteten Stent (DES) idea- lerweise mit einer dualen plättchen- hemmenden Therapie (Dual Anti- platelet Therapy/DAPT) behandelt werden sollen. Die Antwort ist nach der aktuellen Studienlage (leider nur) „salomonisch“; das heißt die Behandlungsdauer muss individuell entschieden werden. Derzeit emp- fehlen die Leitlinien der Europäi- schen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) – aktualisiert im August die- ses Jahres – eine DAPT von sechs Monaten nach Stentimplantation;

nur bei hohem ischämischen Risiko oder nach akutem Koronarsyndrom sollte sie 12 Monate dauern.

In den USA hingegen werden per se alle DES-Patienten ein Jahr lang entsprechend therapiert. „Das Feh- len von definitiven Daten zu den Risiken oder Vorteilen einer fortge- setzten dualen plättchenhemmenden Therapie zur Stentthrombosenpro- phylaxe über einen Zwölfmonats- zeitraum hinaus ist ein kritisches Problem, das weltweit Unsicherheit hervorruft“, sagte Dr. Laura Mauri, Kardiologin am Brigham and Wo- men’s Hospital und der Harvard Medical School in Boston, und lie- ferte die Begründung für die fünf- jährige DAPT-Studie. Sie sollte prüfen, ob eine verlängerte duale Plättchenhemmung von 30 anstelle von 12 Monaten DES-Patienten noch besser vor Stentthrombosen schützt.

Die Studie fand von 2009 bis 2014 in mehr als 450 Zentren in den

USA, Kanada, Europa, Australien und Neuseeland statt. Das Studien- design sah vor, dass 22 866 Patien- ten nach Stentimplantation ein Jahr lang zusätzlich zu ASS eine duale plättchenhemmende Therapie eige- ner Wahl erhielten (ein Drittel Pra- sugrel, zwei Drittel Clopidogrel).

Nach einem Jahr wurden die Pa- tienten randomisiert: 5 020 Proban- den hatten schließlich ihre Kombi- nationstherapie für weitere 18 Mo- nate weitergeführt, während 4 941 zu ASS ein Placebo erhielten. Da- nach folgte eine dreimonatige Nach- beobachtung.

Weniger Stentthrombosen, aber mehr Blutungen

Wie Mauri in Chicago berichtete, wirkte sich die verlängerte duale plättchenhemmende Therapie posi- tiv auf die kardiovaskuläre Kompli- kationsrate aus: Die Inzidenz von Stentthrombosen lag nach 30 Mo- naten bei 0,4 Prozent versus 1,4 Prozent (Hazard Ratio 0,29, p < 0,001) und nach 33 Monaten bei 0,7 versus 1,4 Prozent (HR 0,45; 0,29–0,69; p < 0,001). Auch hinsichtlich der kumulativen Häu- figkeit des kombinierten Endpunk- tes aus Mortalität, Myokardinfarkt und Schlaganfall schnitt die verlän- gerte DAPT nach 33 Monaten mit 5,6 versus 6,5 Prozent besser ab (HR 0,82; p = 0,02). Der Nutzen der Therapie galt für alle Subgruppen und war auch unabhängig von der Wahl des Stents oder des Thienopy- ridins (Clopidogrel oder Prasugrel).

Erwartungsgemäß traten mehr Blutungen auf (2,5 versus 1,6 Pro- zent), die in der Mehrzahl moderat gewesen sein sollen. Interessanter- weise war die Mortalität in dieser Gruppe erhöht (2,0 versus 1,5 Pro- zent nach 30 Monaten und 2,3 ver- sus 1,8 Prozent nach 33 Mona- ten; p = 0,04). Dies sei jedoch auf ein Ungleichgewicht bezüglich der Krebserkrankungen in beiden Be- handlungsgruppen zurückzuführen, betonte Mauri in Chicago.

Eine mögliche Änderung der bis- herigen US-Leitlinien hält Dr. Ma- ry-Ross Southwork von der Food and Drug Administration (FDA) je- doch für nicht wahrscheinlich.

Dr. med. Vera Zylka-Menhorn Ein politisches Schwergewicht stattete der Ta-

gung der American Heart Association einen Be- such ab – als kardiologischer Vorzeigepatient.

Denn es gibt wohl keine Herzer- krankung, Medikation oder Inter- vention in diesem Fachbereich, die der ehemalige Vizepräsident der USA, Dick Cheney, ausgelassen hat.

Zu seiner Anamnese gehören seit 1978 fünf Herzinfarkte, akute und chronische Herzinsuffizienz, plötzli- cher Herzstillstand, Vorhofflimmern, ventrikuläre Tachykardie, tiefe Ve- nenthrombose, Ballondilatation

(PCI), Implantation von Stent, implantierbarem Kardioverter-Defibrillator und linksventrikulärem Unterstützungssystem sowie letztlich eine Herz-

transplantation. Cheney sagte, er habe Glück im „time management“

gehabt und immer von aktuellen In- novationen der Kardiologie profitiert.

Das bejahte sein behandelnder Arzt, Jonathan S. Reiner, fügte aber hin- zu: „Es ist eine Sache, eine Krank- heit zu haben, ein andere aber, dass die Krankheit die Person völlig ein- nimmt“. Das habe Cheney in fast 40 Jahren nicht zugelassen. zyl

EX-VIZEPRÄSIDENT ALS VORZEIGEPATIENT

Foto: dpa

Dick Cheney

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