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Archiv "Antithrombotische Prophylaxe und Therapie bei Niereninsuffizienz" (18.02.2011)

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112 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 7

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18. Februar 2011

M E D I Z I N

DISKUSSION

Antikoagulation bei Niereninsuffizienz – sicher und effektiv

Hartmann et al. stellen wichtige Prinzipien der Arznei- mitteltherapie bei Niereninsuffizienz dar. Die konkre- ten Einzelempfehlungen zur Antikoagulation können aber so nicht stehen bleiben. Die urämische Gerin- nungsstörung beinhaltet eine Blutungsneigung bei gleichzeitig erhöhter Thrombosegefahr. Insbesondere Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz (GFR < 30 mL/min) haben eine erhöhte kardiovaskuläre Morbidi- tät und Mortalität. Jede Art der Antikoagulation ge- schieht dann unter erhöhter Blutungsgefahr, erfordert eine kritische Auswahl des Antikoagulanz in angemes- sener Dosierung und Labormonitoring. Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz sind in Studienpopulatio- nen in der Regel nicht repräsentiert, auch bei den neuen oralen Antikoagulanzien.

Niedermolekulare Heparine (NMH) haben die Möglichkeiten der Antikoagulation gegenüber unfrak- tioniertem Heparin (UFH) und Vitamin-K-Antagonis- ten entscheidend verbessert. Die Schlussfolgerung im Artikel, Enoxaparin bei einer GFR < 60 mL/min nicht einzusetzen, ist falsch. Enoxaparin ist das für alle Sta- dien der Niereninsuffizienz am besten untersuchte NMH und ist explizit auch bei einer GFR < 30 mL/min mit klaren Hinweisen zur Dosisanpassung zugelassen.

Tinzaparin in diesem Zusammenhang als Alternative zu nennen ist unverständlich. Permeationschromato- graphisch besitzt Enoxaparin unter den NMH den höchsten Gehalt an definierten Oligomeren, das hoch- polymere Tinzaparin hingegen große Ähnlichkeit mit UFH (1). Das im Artikel postulierte „tiefe Komparti- ment der Akkumulation“ ist ein Enigma. Beim akuten Koronarsyndrom erbringt der Einsatz von Enoxaparin ohne erhöhte Blutungskomplikationen einen Mortali- tätsvorteil auch bei schwerer Niereninsuffizienz (2, 3).

Mahe et al. beobachteten in der zitierten Arbeit unter Enoxaparin nicht mehr Blutungskomplikationen als unter Tinzaparin, obwohl die Enoxaparindosis teilwei- se nicht adäquat angepasst und nicht nach Labormoni- toring adaptiert wurde.

Die IRIS-Studie untersuchte bei Venenthrombose Tinzaparin gegen UFH, mit dem Ergebnis einer erhöh- ten Mortalität bei niereninsuffizienten Patienten älter als 70 Jahre unter Tinzaparin.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0112a

LITERATUR

1. Bisio A, Vecchietti D, Citterio L, et al.: Structural features of low-mo- lecular-weight heparins affecting their affinity to antithrombin.

Thromb Haemost 2009; 102: 865–73.

2. Collet JP, Montelascot G, Agnelli G, et al.: Non-ST-segment elevation acute coronary syndrome in patients with renal dysfunction: benefit of low-molecular-weight heparin alone or with glycoprotein IIb/IIIa inhibitors on outcomes. The global registry of acute coronary events. Eur Heart J 2005; 26: 2285–93.

3. Spinler SA, Inverso SM, Cohen M, Goodman SG, Stringer KA, Antman EM; ESSENCE and TIMI 11B Investigators: Safety and efficacy of un- fractionated heparin versus enoxaparin in patients who are obese and patients with severe renal impairment: analysis from the ESSEN- CE and TIMI 11B studies. Am Heart J 2003; 146: 33–41.

4. Hartmann B, Czock D, Keller F: Drug therapy in patients with chronic renal failure. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(37): 647–56.

Prof. Dr. med. Reinhard Klingel I. Medizinische Klinik Universitätskliniken Mainz und Apherese Forschungsinstitut Stadtwaldgürtel 77

50935 Köln

E-Mail: afi@apheresis-research.org

Prof. Klingel erhielt Studienunterstützung durch Asahi Kasei Kuraray Medical, Tokyo und Sanofi-Aventis Berlin.

Antithrombotische Prophylaxe und Therapie bei Niereninsuffizienz

Die Autoren postulieren für Enoxaparin ein „tiefes Kompartiment“. Dies überrascht angesichts eines Ver- teilungsvolumens von ungefähr 5 Litern und monopha- sischer Elimination (vergleiche Fachinformation). Auf- grund der strukturellen Unterschiede niedermolekula- rer Heparine (NMH) sollte die Pharmakokinetik jedes NMH individuell untersucht werden (1). Diese sub- stanzspezifischen Untersuchungen bei Niereninsuffi- zienz sind für Enoxaparin seit langem publiziert und haben zu differenzierten Dosierungsempfehlungen ge- führt (1, 2, Fachinformation). Leider bliebt dies in der vorliegenden Übersichtsarbeit unberücksichtigt. Daher steht der Beitrag in seinen Schlussfolgerungen in kla- rem Widerspruch zum nationalen und internationalen Zulassungsstatus von Enoxaparin (zum Beispiel FDA, BfArM).

Nach wiederholter subkutaner Gabe der prophylakti- schen Dosierung (40 mg) bei Patienten mit einer Krea- tinin-Clearance < 30 mL/min Enoxaparin ist die Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve (AUC) um durch- schnittlich 65 % erhöht. Daher sollte die prophylakti- sche Dosis bei Patienten mit stark eingeschränkter Nie- renfunktion je nach vorliegendem Thromboembolie- risiko nicht höher als 20 oder 30 mg sein. Nach Gabe der therapeutischen Dosis (1 mg/kg KG 2 × täglich) bei stark eingeschränkter Nierenfunktion wird eine Ver- doppelung der AUC nachgewiesen. Es wird daher in zu dem Beitrag

Arzneimitteltherapie bei Patienten mit chronischem Nierenversagen

von Dr. med. Bertram Hartmann, PD Dr. med. David Czock, Prof. Dr. med. Frieder Keller in Heft 37/2010

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der Fachinformation empfohlen, die Dosis auf 50 % zu reduzieren. Registerdaten von 4 687 Patienten mit aku- tem Koronarsyndrom ohne ST-Streckenhebung und mäßig bis schwer eingeschränkter Nierenfunktion le- gen nahe, dass NMH (über 80 % der Patienten wurden mit Enoxaparin behandelt) zu weniger schweren Blu- tungen führen als die Therapie mit unfraktioniertem Heparin (3). Gerade in der für den behandelnden Arzt besonders schwierigen Situation der Arzneimittelthera- pie bei chronischem Nierenversagen sollten bei der Be- wertung therapeutischer Optionen alle vorliegenden Untersuchungen und der Zulassungsstatus ausreichen- de Berücksichtigung finden.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0112b

LITERATUR

1. Schmid P, Fischer AG, Wuillemin WA: Low-molecular-weight heparin in patients with renal insufficiency. Swiss Med Wkly 2009; 139:

438–52.

2. Darius H, Hester K, Paar WD, Sanderink GJ: Antithrombotische The- rapie mit niedermolekularen Heparinen bei Niereninsuffizienz. J Kar- diol 2004; 11(7–8): 313–6.

3. Collet JP, Montalescot G, Agnelli G, et al. : Non-ST-segment elevation acute coronary syndrome in patients with renal dysfunction: benefit of low-molecular-weight heparin alone or with glycoprotein IIb/IIIa inhibitors on outcomes. The Global Registry of Acute Coronary Events. Eur Heart J 2005; 26: 2285–93.

4. Hartmann B, Czock D, Keller F: Drug therapy in patients with chronic renal failure. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(37): 647–56.

Dr. med. Carsten Kienitz Dr. med. Ludger Rosin Prof. Dr. med. W. Dieter Paar Sanofi-Aventis Deutschland GmbH Potsdamer Straße 8

10785 Berlin

E-Mail: dieter.paar@sanofi-aventis.com Interessenkonflikt

Dr. Carsten Kienitz, Dr. med. Ludger Rosin und Prof. Dr. med. W. Dieter Paar sind Mitarbeiter der Medizinischen Abteilung von Sanofi-Aventis Deutschland GmbH. Enoxaparin wird von Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Postfach 800860, 65908 Frankfurt am Main in Verkehr gebracht.

Votum für Insulin

Hartmann und Kollegen postulieren in ihrem cme-Bei- trag, Metformin solle unterhalb einer eGFR von 60 mL/

min durch Sitagliptin ersetzt werden.

Diese Empfehlung verwundert – zum einen, weil ei- ne kompensierte Niereninsuffizienz als Kontraindikati- on gegen Metformin zunehmend in Frage gestellt wird (1). In Großbritannien wird erst ein Kreatinin von > 1,5 mg/dL als Kontraindikation angesehen. Ein in diesem Jahr publiziertes Cochrane-Review (2) ergab keinen Hinweis darauf, dass es unter Metformin häufiger als unter anderen Antidiabetika zu Laktatazidosen kommt.

Die Empfehlung verwundert zum anderen, weil mit Sitagliptin eine Substanz empfohlen wird, über die wir nicht mehr wissen, als dass sie den Blutzucker senkt.

Mittlerweile liegen etliche Hinweise auf das Schadpo- tenzial von Sitagliptin vor (3). In der Kurzmonographie

der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft wird der Einsatz bei mäßiger oder schwerer Nierenin- suffizienz nicht empfohlen, weil nicht genügend Studi- en dazu vorliegen.

Die UKPDS 34 hat gezeigt, dass eine völlig identi- sche HbA1c-Senkung in sehr unterschiedlichem Maß nützt je nachdem, ob Metformin oder andere Substan- zen eingesetzt werden. Gerade erst hat die Europäische Zulassungsbehörde EMA die Marktrücknahme von Ro- siglitazon angeordnet – ein weiteres Zeichen dafür, dass die HbA1c-Senkung durch ein Medikament ein sehr schwacher Indikator für seinen Nutzen ist. Es ist unklar, warum im Artikel mit Sitagliptin eine Substanz empfohlen wird, von der wir keine Kenntnisse darüber besitzen, ob sich ihr Einsatz positiv oder negativ auf Patienten-relevante Endpunkte auswirkt. Warum vo- tierten die Autoren nicht für Insulin, für den Fall, dass Metformin tatsächlich bei stärker eingeschränkter Nie- renfunktion nicht angewendet werden sollte?

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0113a

LITERATUR

1. Holstein H, Egberts E-H: Traditionelle Metformin-Kontraindikationen – mehr Schaden als Nutzen? Dtsch Med Wochenschr 2006; 131:

105–10.

2. Salpeter SR, Greyber E, Pasternak GH: Risk of fatal and nonfatal lactic acidosis with metformin use in type 2 diabetes mellitus. The Cochrane Library 2010, Issue 1.

3. FDA: Information for Healthcare Professionals – Acute pancreatitis and sitagliptin (marketed as Januvia and Janumet), 25 Sept. 2009;

http://www.fda.gov/Drugs/DrugSafety/PostmarketDrugSafetyInfor mationforPatientsandProviders/DrugSafetyInformationforHeathcare- Professionals/ucm183764.htm

4. Hartmann B, Czock D, Keller F: Drug therapy in patients with chronic renal failure. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(37): 647–56.

Dr. med. Günther Egidi Huchtinger Heerstraße 41 28259 Bremen

E-Mail: familie-egidi@nord-com.net

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des In- ternational Committee of Medical Journal Editors besteht.

Dialyse nach Gadoliniumgabe?

In dem umfassenden Beitrag werden die „speziellen Aspekte der Arzneimitteltherapie bei Niereninsuffi- zienz“ dargestellt. Für die hier vorgeschlagene soforti- gen Hämodialyse nach Gabe von Gadolinium bei einer eGFR < 30 mL/min ist eine differenzierte Betrachtung notwendig. Die Empfehlungen, nach Gadoliniumgabe bei einer eGFR < 30 mL/min eine Hämodialysebehand- lung anzuschließen, beziehen sich in erster Linie auf Patienten, die sich ohnehin schon in einem chronischen Dialyseprogramm befinden. Patienten mit einer GFR < 30 mL/min gezielt zur Eliminierung von Gado- linium mit einem zentral venösen Katheter zu versor- gen und eine Dialyse anzuschließen entspricht weder der täglichen Praxis noch den Empfehlungen.

Referenzen

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