M E D I Z I N
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A1214 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 1729. April 2005
für die Prädiktion von Übergewicht bei Kindern. Selbstverständlich hat Prof.
Ulmer Recht, in dem er die unkritische Anwendung des BMI zur Definition ei- nes individuellen Risikos anprangert.
Dennoch sei angemerkt, dass bei der Definition der Adipositas über einem BMI > 30 kg/m2in aller Regel auch eine überdurchschnittlich hohe Fettmasse vorliegt. Der BMI hat sich nicht zuletzt deshalb durchgesetzt, weil die Bestim- mung der Fettmasse – sofern sie valide erfolgt – in der Praxis nicht einfach durchführbar ist und zudem zahlreiche Studien mittelhohe bis hohe Korrela- tionen zwischen dem relativen Anteil der Fettmasse an Gesamtkörperge- wicht und dem BMI ermittelt haben.
Die individuelle Einschätzung des ge- sundheitlichen Risikos einer Adiposi- tas sollte selbstverständlich das Fett- verteilungsmuster mitberücksichtigen.
Mehrere Experten warnen mittlerweile davor, dass die heutige Jugend mögli- cherweise eine gegenüber der Eltern- generation reduzierte Lebenserwar- tung aufgrund der gestiegenen Adi- positasprävalenz aufweisen wird. Um aber dem Anliegen von Herrn Prof.
Ulmer nach einer differenzierten Be- urteilung des BMI gerecht zu werden, sei abschließend aufgezeigt, dass sich im höheren Lebensalter ein hoher BMI protektiv auf die Mortalitätsrate aus- wirkt.
Dr. Hakimi stellt die für Gutachter- tätigkeit relevanten Aspekte zutreffend dar. Von den genannten Maßnahmen haben sich bei extremer Adipositas chirurgische Verfahren am besten be- währt, weil sie zu lang anhaltenden Ge- wichtsabnahmen von circa 15 bis 25 kg führen.
Literatur
1. Langnase K, Mast M, Muller MJ: Social class differen- ces in overweight of prepuberal children northwest Germany. In: Int J Obes Relat Metab Disord 2002 26:
566–572.
2. Lamerz A, Kuepper-Nybelen J, Wehle Ch, Bruning N, Trost-Brinkhues G, Brenner H, Hebebrand J, Herpertz- Dahlmann B: Social class, parenteral education, and obesity prevalence in a study of six-year-old children in Germany. Jobes Relat Metab Disord, in Revision.
Prof. Dr. med. Johannes Hebebrand Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters
Universität Duisburg-Essen Virchowstraße 174 45147 Essen
Bei Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom erfolgt häufig eine antiandrogene Therapie. Die Studie zeigte, dass etwa 20 Prozent der andro- gendeprivierten Männer einen Kno- chenbruch erlitten, wohingegen Fraktu- ren lediglich bei 13 Prozent auftraten, wenn das Prostatakarzinom ohne Hor- monentzug therapiert wurde. Die Auto- ren werteten die Krankenakten von mehr als 50 000 Männern mit Prosta- takarzinom hinsichtlich des Frakturrisi- kos aus, die zwischen 1992 bis 1997 auf- grund ihrer Krebserkrankung erstmals behandelt wurden. Shahinian et al. be- rücksichtigten Patienten, die minde- stens 66 Jahre alt waren und entweder orchiektomiert worden waren oder einen Agonisten vom Gonadotropin-relea- sing-Hormon innerhalb von sechs Mo- naten nach der Krebsdiagnose erhiel- ten. Das Frakturrisiko dieser Gruppe verglichen sie mit dem von Studienteil- nehmern , bei denen kein Hormonent- zug vorgenommen wurde, wobei sie alle Frakturen bewerteten, die frühestens ein Jahr nach der Therapie auftraten. Das durchschnittliche Follow-up betrug fünf Jahre. Das Frakturrisiko stieg mit der Dauer des Hormonentzugs: Bei minde- stens neun Dosen von Gonadotropin-re- leasing-Hormon betrug das relative Risi- ko 1,45, bei Orchiektomie 1,54.Während stationärer Aufnahme lag das relative Frakturrisiko bei 1,66 beziehungsweise 1,70. Die absoluten Zahlen wurden nicht angegeben. Allerdings errechneten sie eine „number needed to harm“.
Hiernach erfolgt beispielsweise in der Gruppe der 66- bis 69-Jährigen bei ei- nem von 18 Patienten, die mit minde- stens neun Dosen von Gonadotropin- releasing-Hormon behandelt wurden, eine Fraktur. Bei über 80-Jährigen sank dieser Wert auf 12 und bei Orchiekto- mierten ermittelten die Forscher Werte von 15 (Alter 66 bis 69 Jahre) bis 10 (Al- ter über 80 Jahre). Somit bestand ein do- sisabhängiges Frakturrisiko nach der Gabe von Gonadotropin-releasing- Hormon und nach Orchiektomie. Des- halb sollte man die Indikation zum Hor- monentzug sorgfältig stellen. Männer, bei denen ein Hormonentzug indiziert
ist, scheinen allerdings häufiger an einer fortgeschritteneren Krebserkrankung zu leiden und eine geringere Knochen- dichte aufzuweisen. Dies könnte nach Einschätzung der Autoren in dieser Stu- die zu einem höheren als dem tatsäch- lich bestehenden Frakturrisiko geführt haben. Aber auch nach Berücksichti- gung dieser Aspekte bei der statisti- schen Auswertung bestätigte sich die be- schriebene Assoziation. Künftig sollten Studien, beispielsweise mit Bisphospho- naten, mit dem Ziel initiiert werden, das Frakturrisiko zu senken. me ShahinianVB, Kuo Y-F, Freeman JL, Goodwin JS: Risk fracture after androgen deprivation for prostate cancer. N Engl J Med 2005; 352: 154–164.
Dr. Vahakn Shahinian, Department of Internal Medicine, University of Texas Medical Branch, John Sealy Annex Rm.
4.200, 301 University Blvd, Galveston, TX 77555-0562, E-Mail: vbshahin@utmb.edu
Prostatakrebs: erhöhtes Frakturrisiko nach Androgendeprivation
Referiert
Eine endogene Hyperinsulinämie, wie sie häufig bei Typ-2-Diabetikern gefun- den wird, soll mit einem erhöhten Risi- ko für kolorektale Karzinome einher gehen.
Die Autoren führten eine retrospek- tive Kohortenstudie an Patienten mit Typ-2-Diabetes durch, bei denen es zur Entwicklung eines kolorektalen Karzi- noms gekommen war. Dabei scheint die Gabe von Insulin, nicht jedoch die Hy- perinsulinämie bei metabolischem Syn- drom mit einem erhöhten Krebsrisiko assoziiert zu sein. Erklärt wird dies mit einer direkten Bindung des Insulins an Wachstumsfaktoren (IGF-1). Auf ähn- liche Mechanismen geht das erhöhte Darmkrebsrisiko bei Patienten mit
Akromegalie zurück. w
Yang Y-X, S Hennessey, J D Lewis: Insulin therapy and colorectal cancer risk among type 2 diabetes mellitus patients. Gastroenterology 2004; 127: 1044–1050.
Dr. Yu-Xiao Yang, Center for Clinical Epidemiology and Biostatistics, University of Pennsylvania, 722 Blockley Hall, 423 Guardian Drive, Philadelphia, Pennsylvania 19104-6021, USA, E-Mail: yangy@mail.med.upenn.edu