• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Kolorektales Karzinom gehäuft bei Agammaglobulinämie" (17.12.1993)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Kolorektales Karzinom gehäuft bei Agammaglobulinämie" (17.12.1993)"

Copied!
4
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

MEDIZIN

Beenden der Prophylaxe Wenn nicht durch Nebenwirkun- gen oder Noncompliance ein vorzei- tiger Behandlungsabbruch erzwun- gen wird, sollte die neuroleptische Rezidivprophylaxe in der Regel bei Ersterkrankten mindestens ein bis zwei Jahre, bei mehrfach Erkrankten mindestens fünf Jahre durchgeführt werden. Danach muß der Patient auf der Basis einer erneuten Risiko/Nut- zen-Analyse unter Berücksichtigung der Nebenwirkungen, des bisherigen Krankheitsverlaufs und seiner jeweili- gen Lebenssituation über eine Fort- führung oder Beendigung der prophy- laktischen Behandlung entscheiden.

Wenn man sich dazu entschließt, die Prophylaxe zu beenden, sollte dies nicht abrupt, sondern stets langsam und ausschleichend geschehen. Da im ersten Jahr nach dem Absetzen der Neuroleptika das Rezidivrisiko beson- ders hoch ist, muß der Patient in die- sem Zeitraum engmaschig betreut und auf Frühwarnzeichen eines Rezidivs hingewiesen werden.

Ausblick

Die Behandlungsrichtlinien der Konsensuskonferenz, von denen hier die wichtigsten auszugsweise wieder- gegeben wurden, sollen zu einer Ver- besserung der Qualität und zu einer einheitlicheren Handhabung der neuroleptischen Rezidivprophylaxe beitragen. Vor allen Dingen durch die darin vorgeschlagene breitere In- dikationsstellung und die, verglichen mit den jetzigen Behandlungsge- wohnheiten, (6) längeren Prophyla- xezeiten könnte die dringend erfor- derliche Senkung der nach wie vor viel zu hohen Rezidivraten schizo- phrener Psychosen erreicht werden.

Wenn es auf der anderen Seite ge- lingt, die durchschnittlichen Neuro- leptikadosen bei dafür geeigneten Patienten bis zu den relativ niedrigen Mindestdosen zu reduzieren, könnte dies zu einer deutlichen Senkung der Nebenwirkungsrate und damit mögli- cherweise zu einer gesteigerten Ak- zeptanz der Prophylaxe führen. Die durch diese Richtlinien angestrebte Vereinheitlichung der ärztlichen Prophylaxeempfehlungen wäre ihrer-

ZUR FORTBILDUNG / FUR SIE REFERIERT

seits sicher auch compliance-för- dernd. Darüber hinaus sind aber spe- zifische Bemühungen erforderlich, um schizophrene Patienten und ihre Angehörigen wesentlich intensiver und professioneller als bisher über die Chancen einer Rezidivprophyla- xe aufzuklären. Mehrere wissen- schaftliche Studien haben inzwischen gezeigt, daß — ähnlich wie bei der Herz-Kreislauf-Prophylaxe oder der Diabetesbehandlung — durch psycho- edukative Programme für Patienten und Angehörige die Prophylaxe- Compliance deutlich gesteigert und die Rezidivraten gesenkt werden können (1). Wie in anderen medizi- nischen Disziplinen könnten so auch in der Psychiatrie durch eine bessere Prophylaxe viele Akutbehandlungen überflüssig gemacht werden. Modell- rechnungen haben gezeigt, daß durch eine Steigerung der Compliance von derzeit 40 Prozent auf 80 Prozent die erschreckend hohen Rezidivraten schizophrener Psychosen fast hal- biert werden könnten (5). Wenn man bedenkt, wieviel menschliches Leid und welch immense Behandlungsko- sten durch diese unnötig hohen Rezi- divraten verursacht werden, er- scheint eine konsequentere Rückfall- prophylaxe sehr wünschenswert.

Deutsdies Ärzteblatt

90 (1993) A 1-3370-3375 [Heft 50]

Literatur:

1. Bäumt, J., W. Kissling, P. Buttner et al.: In- formationszentrierte Patienten- und Ange- hörigengruppen zur Complianceverbesse- rung bei schizophrenen Psychosen. Erste Ergebnisse der Münchner PIP-Studie. Ver- haltenstherapie 3 (1993) 1-96.

2. Gaebel W., A. Pietzcker: One-year-out- come of schizophrenic patients — the inter- action of chronicity and neuroleptic treat- ment. Pharmacopsychiat. 18 (1985) 235-239

3. Kane, J. M., Woerner M., Borenstein M., Wegner J., Lieberman J.: Integrating inci- dence and prevalence of tardive dyskinesia.

Psychopharmacol. Bull 22: (1986) 254-258 4. Kissling W.: Depot neuroleptics — a step forward? Consensus regarding indication for prophylactic neuroleptic treatment — necessary, but unattainable? In: Depot Neuroleptics: A Consensus. Ed. TRE Bar- nes, Mediscript, London: (1988) 41-46 5. Kissling W. (Hrsg.): Guidelines for Neuro-

leptic Relapse Prevention in Schizophre- nia. Springer, Berlin Heidelberg New York (1991)

6. Kissling W., Fleischhacker W. W., Helm- chen H., Pietsch-Breitfeld B., Buchkremer G., Linden M., Grobe Th.: Optimising pro- phylactic treatment of schizophrenia by means of treatment standards and compli- ance improvement. Pharmacopsychiat. 25 (1992) 69-71

7. Marsden C. D.: Is tardive dyskinesia a uni- que disorder? In: Casey D. E., Chase T. N., Christensen A. V., Gerlach J. (eds): Dyski- nesia — research and treatment. Springer, Berlin-Heidelberg-New York (1985) 8. Müller H. J., von Zerssen D.: Depressive

Symptomatik im stationären Behandlungs- verlauf von 280 schizophrenen Patienten.

Pharmacophsychiatrie 14 (1981) 172-179 9. Müller P. (Hrsg.): Zur Rezidivprophylaxe

schizophrener Psychosen. Enke, Stuttgart (1982)

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Werner Kissling Psychiatrische Klinik und Poliklinik der Technischen Universität München Ismaninger Straße 22 81675 München

Kolorektales Karzinom gehäuft bei

Agammaglobulinämie

Bei Patienten mit primärer Agammaglobulinämie finden sich ge- häuft intestinale Infektionen mit Giardia lamblia, Campylobacter jeju- ni und Salmonella species. Durchweg sieht man auch eine Lymphfollikel- hyperplasie, die sich zu einem mali- gnen Lymphom weiterentwickeln kann. Auch das Risiko für ein Ma- genkarzinom ist deutlich erhöht.

Die Autoren weisen darauf hin, daß auch für das kolorektale Karzi- nom ein erhöhtes Risiko besteht, das bereits in jungen Jahren auftreten kann. Das Risiko, ein Sigmoidkarzi- nom zu entwickeln, wurde mit dem Faktor 30 errechnet. Die Autoren empfehlen, bei Patienten mit primä- rer Agammaglobulinämie gezielt nach einem kolorektalen Karzinom zu suchen.

Van der Meer, J. W. M., R. S. Weening, P. T. A. Schellekens et al.: Colorectal cancer in patients with X-linked agam- maglobuliaemia. Lancet 341: 1439-1440, 1993

Department of General Internal Medi- cine and Gastroenterology and Hepato- logy, University Hospital Nijmegen, Nie- derlande.

Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 50, 17. Dezember 1993 (39) A1-3375

(2)

Abbildung 1: Verer- bungsmodus des fra(X)- Syndroms. Fiktiver Fa- milienstammbaum. Nor- male männliche Über- träger (halb gefülltes Quadrat) geben ihr mu- tiertes X-Chromosom an alle Töchter weiter. Die- se bleiben unauffällig (halb gefüllter Kreis) und zeigen kein fragiles X (—). Unter den Enkeln (nächste Generation) gibt es natürlich gesun- de Individuen, die das normale X-Chromosom ihrer heterozygoten Mutter ererbten (leere Symbole). Bei den En- keln mit mutiertem X- Chromosom treten ver- schiedene Phänotypen auf. Die männlichen En-

kel sind in der Regel betroffen (gefülltes Symbol) und fra(X)-positiv ( + ). Die Enkelinnen können unauf- fällig und fra(X)-negativ, unauffällig und fra(X)-positiv oder betroffen und fra(X)-positiv sein. In dieser Generation treten gelegentlich auch wieder normale männliche Überträger auf. Betroffene, fra(X)-positi- ve Männer können Nachkommen haben. Ihre Töchter, die das väterliche X-Chromosom obligat tragen, sind dennoch unauffällig und fra(X)-negativ.

MEDIZIN KURZBERICHT

Molekulare Genetik in der Medizin

Molekulargenetik des fra(X)-Syndroms

Peter Steinbach Doris Wohne

D

as fra(X)-Syndrom ist mit ei- ner Inzidenz von etwa 1:1600 männlichen und weiblichen Betroffenen die häufigste Form der erblichen geistigen Behin- derung. Viele betroffene Männer zei- gen außer geistiger Retardierung fa- ziale Dysmorphie mit länglichem Ge- sicht, vorspringender Stirn, langer Nase, langem Kinn und großen Oh- ren sowie eine Makroorchidie (1).

Das klinische Bild wurde erstmals 1943 von Martin und Bell beschrie- ben, weshalb man das fra(X)-Syn- drom auch als Martin-Bell-Syndrom bezeichnet. Erst viel später entdeck- ten Zytogenetiker, daß bei den Be- troffenen eine „fragile Stelle" auf dem X-Chromosom sichtbar gemacht werden kann. Dazu sind besondere, induzierende Bedingungen der Zell- kultivierung erforderlich (8). Das fra- gile X-Chromosom ermöglichte in den meisten Fällen eine zytogeneti- sehe Diagnose und die Abgrenzung des fra(X)-Syndroms von den vielen anderen, selteneren Formen unspezi- fischer geistiger Behinderung. Der verantwortliche Gendefekt war zu- nächst unbekannt, wurde aber durch genetische Analyse betroffener Fa- milien auf dem X-Chromosom bei der fragilen Stelle lokalisiert. Trotz- dem blieb es über viele Jahre ein Rätsel, wie ein Gendefekt beschaffen sein kann, der zur chromosomalen Fragilität führt. In der Medizinischen Genetik gibt es kein anderes derarti- ges Beispiel.

Eine weitere Besonderheit ist der Vererbung des fra(X)-Syndroms (Abbildung 1), die nicht dem klassi- schen X-chromosomalen Erbgang folgt (5). Dieser besteht zum Beispiel bei Hämophilie, bei der alle männli- chen Träger des Gendefekts erkran- ken, der von unauffälligen Frauen (Überträgerinnen) weitervererbt

wird. Beim fra(X)-Syndrom bleibt je- der fünfte männliche Genträger ohne Beeinträchtigung. Es gibt also nor- male männliche Überträger. Dage- gen ist etwa jede dritte Überträgerin geistig beeinträchtigt, einige dieser Frauen leben sogar wie die meisten der betroffenen Männer in Institutio- nen für geistig Behinderte. Normale männliche Überträger vererben die genetische Veränderung zwangsläu- fig an alle Töchter, die aber nicht be- einträchtigt sind. Sie haben jedoch, ebenso wie andere normale und be- einträchtigte Überträgerinnen, oft geistig behinderte Nachkommen Nicht nur normale männliche Über- träger, sondern auch betroffene Männer mit fragilem X können aber Kinder bekommen Erstaunlicher- weise sind die Töchter dieser Patien-

Abteilung Klinische Genetik, Universität Ulm (Direktor: Prof. Dr. med. WaltherVogel)

ten ohne Beeinträchtigung, und auf dem vom Vater ererbten X-Chromo- som kann keine spezifische Fragilität induziert werden (3). Alle normalen männlichen und ein großer Teil der unauffälligen weiblichen Überträger können zytogenetisch ebenfalls nicht diagnostiziert werden.

Seit 1991 sind spezifische mole- kulargenetische Veränderungen beim fra(X)-Syndrom bekannt (9).

Diese betreffen ein Gen, das FMR-1 (fragile X mental retardation) ge- nannt wurde. Die fragile Stelle ist of- fensichtlich ein Teil des FMR-1- Gens. Es handelt sich um eine Se- quenz aus tandemartig wiederholten CGGs, ein Cytosin- und zwei Guano- sinreste, auch CGG-Repeat genannt Diese befindet sich in einer proxima- len Genregion, die nicht in eine Ami- nosäure-Sequenz übersetzt (transla- tiert) wird. Auf normalen X-Chro- mosomen finden sich 6 bis 50 CGGs, A1-3376 (40) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 50, 17. Dezember 1993

(3)

Abbildung 2: Moleku- largenetischer Nachweis von fra(X)-Mutationen nach Spaltung der DNA mit einem Restriktions- enzym (Pstl), elektro- phoretischer Auftren- nung der Spaltprodukte und Nachweis der Re- peat-tragenden Frag- mente durch Hybridisie- rung mit einer radioak- tiv markierten FMR-1 Gensonde (dunkle Ban- den). S, ca. 1 kb große Fragmente, die von normalen X-Chromoso- men stammen. S*, um 0,2 bis 0,5 kb vergrö- ßerte, prämutierte Fragmente. L, um mehr als 0,5 kb expandierte, vollständig mutierte Fragmente. Spur 1 und 2, männliche und weib- liche Kontroll-DNA mit S-Fragmenten ; Spur 3 und 4, vollständige fra(X)-Mutationen mit

verschiedenen expandierten Fragmenten bei einem fra(X)-Patienten (Spur 3) und seiner Mutter (Spur 4).

Die Mutter hat auf dem mutierten X-Chromosom eine Prämutation (5*) und auf ihrem anderen X ein normales Fragment (5) ; Spur 5, DNA eines Patienten mit geistiger Behinderung anderer Ursache ; Spur 6 und 7, Mosaikmuster mit vollständig mutierten, stark expandierten Fragmenten (L) und prämutiertem Fragment (markiert) bei einem fra(X)-Patienten (Spur 6), bei dessen Mutter (Spur 7) ebenfalls eine voll- ständige Mutation (L) aber keine Prämutation nachweisbar ist. Möglicherweise wird die fra(X)-Mutation über die Keimbahn nur als Prämutation weitervererbt. Die vollständige Mutation ist ein post-zygotisches Ereignis, das nur bei maternaler Vererbung in einer frühen Entwicklungsphase stattfindet.

MEDIZIN KURZBERICHT

bei normalen männlichen Überträ- gern des fra(X)-Syndroms sind es 52 bis 200, ebenso auf den veränderten X-Chromosomen vieler, aber nicht aller unauffälligen Überträgerinnen.

Bis zu 200 CGG-Wiederholungen blieben ohne Auswirkung auf die gei- stige Entwicklung. Deshalb bezeich- net man diese Veränderung als „Prä- mutation". Im Gegensatz dazu fin- den sich bei der „vollständigen Muta- tion" auf den X-Chromosomen gei- stig behinderter Männer und Frauen bis über 1000 CGGs. Zusätzlich sind dann viele Cytosinreste dieser Gen- region methyliert, was zur Folge hat, daß der genetische Code des voll- ständig mutierten FMR-1 Gens — im Gegensatz zum normalen und prä- mutierten — nicht abgelesen werden kann (7).

Da weder die klinische noch die zytogenetische Diagnostik hinrei- chend zuverlässig ist, stellt der mole- kulargenetische Nachweis eines De- fekts im FMR-1-Gen das entschei- dende diagnostische Kriterium dar.

Die Verlängerung des CGG-Repeats wird meistens nach enzymatischer Spaltung der DNA in Form von ab- norm vergrößerten Repeat-tragen- den Fragmenten nachgewiesen (Ab- bildung 2). Bei vollständiger fra(X)- Mutation sind diese Fragmente um 0,6 bis über 3 kb (Kilobasenpaare) vergrößert, prämutierte Fragmente sind dagegen meistens nur 0,2 bis 0,5 kb größer. Ferner unterscheiden sich die beiden Mutationstypen moleku- largenetisch hinsichtlich der Methy- lierung der CG-reichen DNA-Se- quenzen. Bei den meisten Patienten mit vollständiger Mutation finden sich mehrere expandierte Fragmen- te. Dies beruht darauf, daß in den einzelnen somatischen Zellen unter- schiedlich stark expandierte CGG- Repeats vorkommen (10). Nicht sel- ten findet der Molekulargenetiker ein Mosaikmuster mit vollständig mutierten, methylierten Fragmenten und prämutierten, unmethylierten Fragmenten (Abbildung 2).

Die vollständige fra(X)-Mutati- on kann nur nach vorausgegangener Prämutation auftreten, ist also be- reits ein zweiter mutativer Schritt, und wird ausschließlich nach mater- naler Vererbung der Mutation beob- achtet (6). Deshalb sind Töchter nor-

maler männlicher Überträger nie be- troffen. Bei betroffenen Knaben und beeinträchtigten Mädchen mit voll- ständiger Mutation haben die Mütter immer ein verlängertes Repeat in Form einer Prämutation oder (selte- ner) einer vollständigen Mutation. Je größer das maternale prämutierte Genfragment ist, desto wahrscheinli- cher entsteht bei Vererbung des mu- tierten X-Chromosoms eine vollstän- dige Mutation (2). Aufgrund neue- ster Befunde wird eine fra(X)-Muta- tion offenbar nur als Prämutation über die männliche — und wahr- scheinlich auch die weibliche — Keim- bahn weitergegeben (4). In Spermien von Patienten mit vollständiger Mu- tation in somatischen Zellen findet man ausschließlich die Prämutation.

Vollständige Mutationen sind dem- nach stets erst nach Bildung der Zy- gote in einer frühembryonalen Ent- wicklungsphase der Betroffenen ent-

standen, und zwar durch Repeat-Ex- pansion bei maternal ererbtem prä- mutierten FMR-1-Gen und DNA- Methylierung. Dabei kommt es zu Expansionen verschiedener Ausma- ße, wobei öfter somatische Zellen mit Prämutation erhalten bleiben und bei den betroffenen Patienten nach- gewiesen werden können (Abbildung 2).

In vermutlich seltenen Fällen haben Männer mit Martin-Bell-Syn- drom ohne fragiles X-Chromosom im FMR-1-Gen andere Mutationen, die das CGG-Repeat nicht verändern.

Zwei dieser Patienten hatten Dele- tionen, die das Gen vollständig oder teilweise betrafen. Ein weiterer Pa- tient hatte eine Punktmutation in der kodierenden DNA-Sequenz.

Über das FMR-1-Protein und seine Funktion gibt es bislang keine wesentlichen Erkenntnisse. Das Gen ist in allen Geweben aktiv. Es gibt Ar3378 (42) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 50, 17. Dezember 1993

(4)

aber mehrere verschiedene FMR-1- Proteine mit möglicherweise unter- schiedlichen Funktionen. Eine auf- fällig erhöhte Genexpression beob- achtet man in proliferierenden männlichen und weiblichen Keimzel- len in einem frühen Stadium vor der Meiose. Vermutlich ist die FMR-1- Genaktivität für die normale Keim- zellbildung notwendig. Dies erklärt, warum auch betroffene fra(X)-Män- ner nur eine Prämutation vererben, welche die Genfunktion nicht beein- trächtigt.

Deutsches Arzteblatt

90 (1993) A1-3376-3379 [Heft 50]

MEDIZIN KURZBERICHT / FÜR SIE REFERIERT

CGG repeat at the fragile X site results in genetic instability: resolution for the Sher- man paradox. (1991) Cell 67: 1047-1058 3. Laird, C. D.: Possible erasure of the im-

print on a fragile X Chromosome when transmitted by a male. American Journal of Medical Genetics (1991) 38: 391-395 4. Reyniers, E.; L. Vits, K. De Boulle, B. Van

Roy, D. Van Velzen, E. de Graaf, A. J. M. H. Verkerk, H. Z. J. Jorens, J. K.

Darby, B. Oostra, P. J. Willems: The full mutation in the FMR-1 gene of male fragi- le X patients is absent in their sperm. Na- ture Genetics (1993) 4: 143-146 5. Sherman, S. L.; P. A. Jacobs, N. E. Mor-

ton, U. Froster-Iskenius, P. N. Howard- Peebles, K. B. Nielsen, M. W. Partington, G. R. Sutherland, G. Turner, M. Watson:

Further segregation analysis of the fragile (X) syndrome with special reference to transmitting males. Human Genetics (1991) 69: 289-299

6. Steinbach, P.; D. Wöhrle, G. Tariverdian, I. Kennerknecht, G. Barbi, H. Edlinger, H.

Enders, M. Götz-Sothman, H. Heilbron- ner, D. Hosenfeld, D. Kircheisen, F. Ma- jewski, P. Meinecke, E. Passarge, A.

Schmidt, H. Seidel, G. Wolff, M. Zankt:

Molecular analysis of mutations in the ge- ne FMR-1 segregating in fragile X fami- lies Human Genetics. (Im Druck) Sutcliffe, J. S.; D. L. Nelson, F. Zhang, M.

Pieretti, C. T. Caskey, D. Saxe, S. T. War- ren: DNA methylation represses FMR-1 transcription in fragile X syndrome. Hu-

man Molecular Genetics (1992) 1: 397-400 8. Sutherland, G. R.: Heritable fragile sites on human chromosomes. III. detection of fra(X) (q27) in males with X-linked mental retardation and in their female relatives.

Human Genetics (1979) 53: 452-458 9. Verkerk, A. J. M. H.; M. Pieretti, J. S. Sut-

cliffe, Y. H. Fu, D. P. A. Kuhl, A. Pizzutti, 0. Reiner, S. Richards, M. F. Victoria, F.

Zhang, B. E. Eussen, G. J. B. van Ommen, L. A. J. Blonden, G. J. Riggins, J. L. Cha- stain, C. B. Kunst, H. Galjaard, C. T. Cas- key, D. L. Nelson, B. A. Oostra, S. T. War- ren: Identification of a gene (FMR-1) con- taining a CGG repeat coincident with a breakpoint cluster region exhibiting length variation in fragile X syndrome. (1991) 65:

905-914

10. Wöhrle, D.; I. Henning, W. Vogel, P.

Steinbach: Mitotic stability of fragile X mutations in differentiated cells. Data Sup- port the concept of early post-conceptional CGG repeat expansion. Nature Genetics (1993) 4: 140-142

Anschrift für die Autoren:

Prof. Dr. rer. nat. Peter Steinbach Universität Ulm

Abteilung Klinische Genetik Parkstraße 11

89073 Ulm

Literatur:

1. Davies, K. E.: The Fragile X Syndrome, Oxford University Press (1989)

2. Fu, Y. H.; D. P. A. Kuhl, A. Pizzutti, M.

Pieretti, J. S. Sutcliffe, S. Richards, 7.

A. J. M. H. Verkerk, J. J. A. Holden, R. G.

Fenwick, S. T. Warren, B. A. Oostra, D. L.

Nelson, C. T. Caskey: Variation of the

Ulkusrezidive nach Parietalzell-Vagotomie

Die Zahl der Ulkusrezidive nach einer Parietalzell-Vagotomie schwankt, je nach Beobachtungsdau- er, zwischen 5 und 40 Prozent. Nach Angaben der Autoren aus Paris läßt sich anhand einfacher Parameter das postoperative Ulkusrisiko ermitteln.

Die Autoren greifen dabei auf Daten von 300 Patienten zurück, bei denen eine Parietalzell-Vagotomie wegen eines Ulcus-duodeni-Leidens zwi- schen 1975 und 1986 durchgeführt wurde.

Dabei zeigte sich, daß eine prä- operative Basalsekretion (BAO) von über 7 mmol/h und ein postoperati- ves BAO von über 1,4 mmol/h Hin- weise auf eine Ulkusrezidivneigung ergaben. Alle Patienten mit einem Rezidivulkus wiesen entweder prä- operativ eine erhöhte Basalsekretion oder postoperativ einen Rückgang der Basalsekretion um weniger als 80 Prozent auf. Diese Kriterien können auch bei der Auswahl von Patienten für eine Vagotomie herangezogen werden oder nach der Operation

Hinweise auf die Effizienz der opera- tiven Maßnahme geben.

Cohen, F., P. Valleur, J. Serra, D. Bris- set, L. Chiche, P. Hautefeuille: Relation-.

ship Between Gastric Acid Secretion and the Rate of Recurrent Ulcer after Parie- tal Cell Vagotomy. Ann. Surg. 217:

253-259,1993.

Department of Surgery, Lariboisiere Hospital, Paris. Frankreich.

CO2-Retention

bei endoskopischen Untersuchungen beachten!

Wird im Rahmen einer endosko- pischen Untersuchung eine Sedie- rung mit Benzodiazepinen oder Fen- tanyl praktiziert, wird heute weltweit ein Monitoring der Sauerstoffsätti- gung mittels Pulsoximetrie empfoh- len. Die Pulsoximetrie mißt nur die arterielle Sauerstoffsättigung, nicht

jedoch die Hypoventilation, die mit einem Anstieg der CO 2-Spannung einher geht. Die Autoren entwickel- ten eine Meßsonde, die transkutan die Kohlendioxidspannung mißt.

Gleichzeitig wurde pulsoximetrisch die Sauerstoffsättigung erfaßt und bei einem Abfall unter 90 Prozent 2 bis 4 Liter Sauerstoff über die Nasen- sonde gegeben. Dabei zeigte sich, daß es bei sedierten Patienten mit Abfall des SPO 2 unter 90 Prozent zu einem signifikanten Anstieg der CO 2- Spannung kam, wenn zur Korrektur der schlechten Sauerstoffwerte Sau- erstoff über die Nasensonde gegeben wurde. In derartigen Fällen ist eine Fortführung sedierender Maßnah- men kontraindiziert, da es dann zu einem Atemstillstand kommen kann.

W

Freeman, M. L., J. T. Hennesey, 0. W.

Cass, A. M. Pheley: Carbon Dioxide Re- tention and Oxygen Desaturation During Gastrointestinal Endoscopy. Gastroente- rology 105: 331-339,1993.

Division Department of Anästhesia, Hennepin County Medical Center, Uni- versity of Minnesota, Minneapolis, Min- nesota.

Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 50, 17. Dezember 1993 (43) A1-3379

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Adjuvante Therapie im Stadium III – Patienten mit einem in kurativer Absicht resezierten Kolonkarzinom im Stadium III sollen eine adjuvante Therapie erhalten (EG A, ES 1,

Bei großen Maschinen werden auch die hin- und hergehenden Massen solch eines Schiebers und seines starken Gestänges bedeutend groß und da deren Schwerpunkt, sowie die Ebenen der

wird durch Knoten noch bezweckt, daß die Deckung sich verstärk', das gibt ein gesichert Werk.. Überwendlich vor und z'rück drückt die Stümpfe weit zurück, Bauchfellsack wird

Auch wenn die heutigen ökonomi- schen Rahmenbedingungen nach- drücklich eine wirtschaftliche Denk- und Arbeitsweise einfordern, sollten wir den seinerzeit von Ferdinand

„Wir ermächtigen den Träger der Hilfe, sich bei allen Sparkassen und Banken nach meinem, meines Ehegatten oder meiner minderjäh- rigen Kinder jeweiligen und frühe- ren Guthaben

Hiernach erfolgt beispielsweise in der Gruppe der 66- bis 69-Jährigen bei ei- nem von 18 Patienten, die mit minde- stens neun Dosen von Gonadotropin- releasing-Hormon behandelt

Rund 25 Prozent der Patien- ten entwickelten Durchfälle, elf Prozent ein Hand-Fuß- Syndrom Grad III, sieben Prozent eine Stomatitis, und knapp vier Prozent zeigten eine

Drei Patienten starben wegen einer intraoperativen Hypotension und Bradykardie ohne erkennbare Ursache, einer an Herzversagen infol- ge einer Hypervolämie und ein weite- rer an