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Archiv "Indikationen zur Therapie der Speiseröhrendivertikel" (10.05.1979)

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ÜBERSICHTSAUFSATZ

Die Hauptlokalisationspunkte der Ösophagusdivertikel liegen in der nächsten Umgebung der drei Öso- phagusengen, dort wo

in

der Mus- kulatur „Loci minoris resistentiae"

bestehen (Abbildung 1).

Das klassische Symptom der Funk- tionsstörung oder Passagebehinde- rung des Ösophagus ist die Dyspha- gie. Bei Divertikeln kommen Foetor ex ore, fauliges Aufstoßen, Regurgi- tieren von Flüssigkeiten und Würge- reiz oder retrosternales Brennen so- wie Aspiration und pneumonische Infiltrate hinzu (Abbildung 2).

Diese typische Symptomatik muß immer zu sorgfältigen röntgenologi- schen und endoskopischen Unter- suchungen veranlassen. Dadurch kann die Diagnose ausnahmslos gesichert werden (5, 7, 9) (Abbil- dung 3).

Ösophagusdivertikel sind selten. Sie machen nur etwa 0,5 bis 4 Prozent aller gutartigen Ösophaguserkran- kungen aus.

Zenker veröffentlichte 1877 erstma- lig das Krankheitsbild der Ösopha- gusdivertikel. Er definierte als Diver- tikel „umschriebene nur einen klei- nen Teil der Peripherie betreffende Ausbuchtungen der Ösophagus- wand" und teilte sie in Pulsions- und Traktionsdivertikel ein.

Neben der pathogenetischen Klassi- fizierung hat sich die Einteilung nach der Lokalisation durchgesetzt.

Wir unterteilen die Ösophagusdiver- tikel in kollare und thorakale, wobei die thorakalen weiter in parabron- chiale und epiphrenale aufgeglie- dert werden. Die prozentuale Häu- figkeit der Divertikel zur Lokalisation ist in Abbildung 1 wiedergegeben (5, 8, 10).

Pathogenese

Bei den Zenkerschen beziehungs- weise pharyngealen Divertikeln han- delt es sich um echte Schleimhaut- hernien. In der Divertikelwand fehlt hier die Muskulatur völlig oder ist bis auf wenige Fasern, die sich mei- stens noch am Divertikelhals finden, reduziert. Ihr Ursprungsort ist das Leimersche Dreieck. Sekundär tritt eine Korrelationsstörung der Mus- kulatur hinzu sowie ein allgemeiner Tonusverlust im Alter und bei einer großen Anzahl von Patienten eine unvollständige Erschlaffung des oberen Ösophagussphinkters (4).

Im thorakalen Anteil des Ösophagus sind zwei Prädilektionsstellen für die Divertikelbildung vorhanden. Einmal in Höhe der Bifurkation der Trachea

— parabronchiale Divertikel —, zum anderen oberhalb des Zwerchfelles

— epiphrenale Divertikel (10). Auch dieses Divertikel gehört wie das pha- ryngeale zu den Grenzdivertikeln und ist in der Regel Folge einer Funktionsstörung des unteren Öso- phagussphinkters. So lassen sich in gut 60 Prozent dieser Fälle Funk- tionsstörungen in Form einer Acha-

Durch Zenker wurde 1877 erstmalig das Krankheitsbild des Ösophagusdivertikels be- schrieben. Seither wurden zahlreiche Behandlungsver- fahren entwickelt, von denen heute die einzeitige Divertikel- abtragung, die bereits 1884 von Niehans durchgeführt wurde, als Methode der Wahl angesehen wird. Die Diagnose wird durch die radiologische Untersuchung gesichert. Bei Verdacht auf Neoplasma wird die endoskopische Untersu- chung zur weiteren Differen- zierung herangezogen. Sym- ptomatik und Diagnostik der Ösophagusdivertikel werden geschildert. Anhand des eige- nen Patientengutes wird auf die Indikation zur Therapie der Speiseröhrendivertikel eingegangen.

lasie, diffuser Ösophagusspasmen beziehungsweise eines hypertonen Sphinkters nachweisen.

In 20 Prozent der Fälle besteht eine Kombination von epiphrenalen Di- vertikeln mit Hiatushernien (4) (Ab- bildung 4).

Die bifurkationsnahen parabron- chialen Divertikel entstehen zwi- schen Bronchus und benachbartem Gewebe. Sie galten lange Zeit als Prototyp des Traktionsdivertikels.

Als Ursache kommen entzündliche Veränderungen der Mediastinal- und Hiluslymphknoten zum Beispiel bei Tuberkulose und Anthrakose in Frage. Auch eine unvollständige Trennung der Speiseröhre und Tra- chea als Ursache der parabronchia- len Divertikel wird diskutiert (Abbil- dung 5).

Klinische Symptomatologie

Die klinische Symptomatologie ist nur in seltenen Fällen so eindrucks- voll, daß sie allein die Diagnose er- laubt. Oft wird erst nach einer lan- gen Anamnesedauer von Jahren bis

Indikationen zur Therapie der Speiseröhrendivertikel

Peter Langhans, Burckart Stegemann, Klaus Schönleben, Volker Berndt

Aus der Chirurgischen Klinik und Poliklinik

— Allgemeinchirurgie —

(Direktor: Professor Dr. med. Hermann Bünte) der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 19 vom 10. Mai 1979

1313

(2)

Divertikel Hiatushernien Fremdkörper Narbenstrikturen

40%

15% Achalasie

ösophago-Spasmus Sklerodermie 15%

Kein organischer

Befund esophagitiden

Abbildung 2: Differentialdiagnose der Dysphagie, modifiziert nach Peiper, H. J., und Siewert, R. (1973)

25%

Karzinome

17% 20,6%

Abbildung 1: Lokalisation und prozentuale Verteilung der öso- phagusdivertikel

62%

21%

Jahrzehnten die Diagnose — Öso- phagusdivertikel — gestellt.

Abbildung 6 gibt in Zeiträumen ge- staffelt die Dauer in Jahren vom Auf- treten der ersten Beschwerden bis zur Diagnosestellung im Krankengut unserer Klinik wieder. Daraus geht klar hervor, daß bei über der Hälfte der Patienten mindestens zwei bis drei Jahre vergingen, bis die Dia- gnose gesichert wurde. Bei sieben von 78 Patienten wurde erst nach zehn und mehr Jahren die Diagnose

— Zenkersches Divertikel — gestellt.

Ein Patient kam erst nach einer zwanzigjährigen Anamnese im Alter von 68 Jahren zur Operation.

Anfangssymptome sind meist un- charakteristische Beschwerden wie Schleimhautreizungen und Husten mit Auswurf von zähem Schleim.

Nicht selten werden Divertikelträger anfangs wie Rachen- oder Kehlkopf- kranke behandelt. Erst mit Zunahme der Divertikelgröße treten die typi- schen Symptome in den Vorder- grund (Abbildung 7). Die Patienten geben oft ein Fremdkörpergefühl

mit genauer Lokalisation im Halse an. Sie klagen bei entsprechen- der Füllung des Divertikels über Schluckbeschwerden, häufiges Auf- stoßen und Erbrechen. Die sich im Divertikelsack langsam zersetzen- den Speisen sind oft Ursache eines starken Foetor ex ore. Sehr unter- schiedlich ist die Regurgitation von noch unverdauten, nicht säuerlich schmeckenden Speisen. Typischer- weise verläuft jenes Erbrechen völlig unkontrolliert und plötzlich. Durch Überlaufen im Schlaf, besonders bei älteren Patienten, kann es nach Aspiration zur Pneumonie kommen (1, 4).

Bei entsprechender Größe und Druck auf die Trachea klagen die Patienten über Atemnot und Erstik- kungsgefühl beim Essen. Eine ein- seitige Vorwölbung am Hals, insbe- sondere nach den Mahlzeiten, wird relativ häufig beobachtet.

Zu den selteneren Symptomen zäh- len Einflußstauung, Heiserkeit, Re- kurrensparese und Hornerscher Symptomenkomplex. Die Symptome korrelieren meist direkt mit der Di-

vertikelgröße. Große Divertikel be- wirken mehr dysphagische, kleinere mehr spastische Beschwerden.

Der größte Teil der Träger parabron- chialer Divertikel ist beschwerdefrei.

Diese Tatsache wird durch die rela- tiv große Zahl zufällig entdeckter Di- vertikel bestätigt.

Die wenig ausgeprägte Symptoma- tik erklärt sich aus der Divertikelach- se, die horizontal oder kranial ge- richtet ist und somit eine Retention von Speisen wie bei den pharyn- gealen Divertikeln nicht zuläßt. Erst bei großen Divertikeln treten dann die typischen Dysphagiebeschwer- den auf.

Häufiger geben solche Patienten ein retrosternales Brennen an, das in- termittierend, unabhängig von der Nahrungsaufnahme, von wechseln- der Intensität sein kann.

Entzündliche Veränderungen im Di- vertikel führen zur Divertikulitis und bei Erosionen der Schleimhaut zur Hämatemesis. Weiterhin werden von den Patienten wiederum in Abhän-

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(3)

Speiseröhrendivertikel

Abbildung 3: Röntgenologischer Nachweis eines Zen- kerschen Divertikels

Abbildung 4: Kombination eines parabronchialen Öso- phagusdivertikels mit axialer Gleithernie

gigkeit von der Größe des Divertikels Atemnot und pektanginöse Be- schwerden angegeben.

Die relativ häufige Kombination von epiphrenalem Divertikel mit Erkran- kungen des unteren Ösophagus- sphinkters erschwert die Abgren- zung der divertikelspezifischen und klinischen Symptomatologie. Dys- phagien mit gelegentlichen unkla- ren Oberbauchbeschwerden stehen im Vordergrund. Nächtliches Sod- brennen kann durch die Entleerung des Divertikelsackes in liegender Stellung ebenso wie durch einen ga- stroösophagealen Reflux hervorge- rufen werden (1, 8).

Allein aus der Anamnese und aus dem klinischen Bild kann die Dia- gnose eines thorakalen Ösophagus- divertikels nur selten gestellt werden.

Diagnostik

Diagnostik der Wahl ist die radiolo- gische Untersuchung (1). Bei der Passage des Kontrastmittels füllen sich größere Pulsionsdivertikel je nach Größe des Stomas entweder sofort prall an, oder es kommt zum partiellen Übertreten des Kontrast- mittels in kleinen Mengen in das Di- vertikel (Abbildungen 3 und 5). Pul- sionsdivertikel nehmen bei entspre- chender Füllung unter Niveaubil- dung an Größe zu.

Ab einem bestimmten Füllungszu- stand kommt es zum Symptom des Überlaufens. In bestimmten Fällen ist eine Dreischichtung — Barium, Sucus, Luft — für längere Zeit nach- zuweisen. Bei kleineren Pulsionsdi- vertikeln sowie Traktionsdivertikeln

— die mit ihrer Achse häufig horizon- tal oder nach kranial gerichtet sind —

gelingt die Darstellung nur während der Kontrastmittelpassage oder in Kopftieflage.

Wesentlich bei der technischen Durchführung ist die Durchleuch- tung in mehreren Strahlengängen.

Nur dadurch wird verhindert, daß ein kleines Divertikel durch den kon- trastmittelgefüllten Ösophagus ver- deckt und übersehen wird (2, 4, 7, 8).

Radiologische Untersuchungen von Ösophagusdivertikeln werden nach folgenden Kriterien beurteilt:

O Umschriebene Ausstülpung der Ösophaguswand mit Nachweis ei- nes Divertikelstiels und glatter Wandbegrenzung bei meist guter Beweglichkeit

• Hebung des kontrastmittelgefüll- ten Divertikels beim Schluckakt

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 19 vom 10. Mai 1979 1315

(4)

Abbildung 5: Prädisponierende Faktoren und auslösende Momente für die Entstehung der Ösophagusdivertikel

Prädisponierende Faktoren Auslösende Momente Unvollständige Trennung von Öso-

phagus und Trachea

Teilobliterierte ösophago-tracheale bzw. -bronchiale Fisteln

Angeborene Wandschwächen oder Lücken im apolaren Schraubensy- stem der Muskulatur

Gefäß-, Nerven- und Fettgewebs- lücken

Physiologische Ösophagusengen Entzündliche Verwachsungen mit der Umgebung

Koordinationsstörungen zwischen Sphinkterschluß und Pharynxentlee- rung (krikopharyngeale Achalasie) Intraluminale Drucksteigerung wäh- rend der Peristaltik bei organischen Stenosen und diffusen Ösophagus- spasmen

Funktionsstörungen des unteren Ösophagussphinkters (hypertoner Sphinkter, Achalasie, Hiatushernien) Abstandsvergrößerung zwischen Ösophagus und benachbarten Or- ganen oder Lymphknoten durch Schrumpfung oder Verlagerung

Abbildung 6: Dauer in Jahren vom Auftreten der ersten Beschwerden bis zur Diagnosestellung

Bei kontrastmittelgefülltem Di- vertikel sich darstellender Weg ne- ben dem Divertikelsack.

Ziel der radiologischen Untersu- chung muß es sein, alle Wandab-

schnitte randbildend darzustellen.

Bei kleineren epiphrenalen Diverti- keln muß auch an ein Ulcus oeso- phagei gedacht werden. Kleine Fül- lungsdefekte werden meist durch retinierte Speisereste verursacht. In

diesen Fällen ist eine Kontrollunter- suchung erforderlich. Bei identi- schem Befund muß immer eine mali- gne Entartung mit in die Differential- diagnose einbezogen werden (3).

Im Hinblick auf die Diagnostik sind folgende Punkte wichtig:

tQ Wo liegt das Divertikel?

Wie groß ist es?

®

Sind Begleiterkrankungen aus- geschlossen?

Zur weiteren Abklärung bei Blutung, Ulkus oder Malignomverdacht muß die Endoskopie hinzugezogen wer- den. Hierbei sollte man jedoch nicht die Gefahr der iatrogenen Perfora- tion unterschätzen, die ohne vorher durchgeführte Röntgendiagnostik besonders hoch ist, denn oft be- merkt der Endoskopiker die Perfora- tion vor allem bei Halsdivertikeln oh- ne genaue vorherige Lagekenntnis nicht während der Untersuchung.

Erst die Stunden später einsetzende Symptomatik — Mediastinitis, Pleu ri- tis — machen auf die Komplikationen aufmerksam. Die Letalität bei iatro- genen Speiseröhrenperforationen wird zwischen acht und 28 Prozent angegeben (3).

Therapie

Eine konservative Therapie gibt es nicht, da mit einer Besserung der divertikelbedingten Beschwerden von seiten des Divertikels nicht zu rechnen ist. Zu langes Warten auf die Operation bedeutet für den Pa- tienten darüber hinaus die Gefahr bedrohlicher Komplikationen (10).

Symptomatische Behandlung, die früher üblich war, bestand in Spü- lungen des Divertikels mit Detergen- zien, um Speisereste zu entfernen und so einer Fäulnisbildung vorzu- beugen. Sie haben sich nicht be- währt und sind heute nicht mehr üb- lich. Die chirurgische Beseitigung des Divertikels ist heute die einzig vertretbare und die sicherste Thera- pie. Grundsätzlich haben sich von allen angewandten Operationsver- fahren zwei Methoden bewährt. Bei

1316 Heft 19 vom 10. Mai 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(5)

93,

Dysphagie kegurgitation Mundgeruch Gewichtsverlust Sodbrennen

n=78

O

Abbildung 7: Hauptsymptome der Ösophagusdivertikel

Abbildung 8: Operationssitus einer Ulkusperforation bei einem epiphrenalen Divertikel

Speiseröhrendivertikel

kleineren breitbasigen Divertikeln ist die Einstülpung des Divertikels nach Girard (1896) dann gerechtfertigt, wenn eine Resektion die Gefahr ei- ner Stenose wegen Mangels an Ma- terial bei der verschließenden Naht zur Folge hätte. Bei großen Diverti- keln ist die einzeitige Operation — erstmals von Niehans 1884 mitgeteilt

— die Methode der Wahl (1/11).

Therapeutische Indikation bei den Ösophagusdivertikeln Das Vorliegen eines Ösophagusdi- vertikels ist noch keine Indikation zur Operation. Kleine symptomlose Divertikel sollten in regelmäßigen, etwa jährlichen Abständen, kontrol- liert werden. Eine Indikation zur so- fortigen Entfernung besteht hier erst

dann, wenn durch das Weiterbeste- hen des Divertikels mit Komplikatio- nen gerechnet werden muß. Bei ei- ner eindeutigen Größenzunahme des Divertikelsackes ist die operati- ve Behandlung auch bei Fehlen stär- kerer Beschwerden zu empfehlen.

Ein weiteres Kriterium für die Opera- tionsindikation ist die Lokalisation der Divertikel, die das Risiko der Operation entscheidend mitbe- stimmt.

Bei kollaren Divertikeln ist die Ope- rationsindikation wegen des gerin- gen Risikos auch bei alten Men- schen großzügig zu stellen. Da die- ses Divertikel zur ständigen Größen- zunahme neigt, bleibt es kaum asymptomatisch. Am Anfang der Symptomatik stehen Krämpfe und Würgereiz, später Dysphagie und Fäulnisbildung im Divertikel im Vor- dergrund, bis es nach Ausweitung des Divertikelsackes zum komplet- ten Verschluß der Speiseröhre kom- men kann.

Weiterhin sollten bei der Indika- tionsstellung zur Operation die Ge-

fahren ins Kalkül einbezogen wer- den, die dem Patienten mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen.

Schwere Ernährungsstörungen bis zur Kachexie sind im Spätstadium die Regel. In einem anderen Teil der Fälle stehen rezidivierende Pneu- monien, welche durch Aspiration beim reflexärmeren alten Menschen hervorgerufen werden, im Vorder- grund (10).

Spontanperforationen sind möglich, erfolgen aber wegen ihrer chroni- schen Verlaufsformen fast immer gedeckt. Blutungen und Karzinom- entwicklung stellen im pharyngea- len Divertikel eine Rarität dar.

Bei den intrathorakal gelegenen parabronchialen und epiphrenalen Divertikeln müssen wegen des hö- heren Operationsrisikos strengere Maßstäbe bezüglich der Operations- indikation angelegt werden.

Nur wenige parabronchiale Diverti- kel verursachen erhebliche Be- schwerden, und nicht immer ist ein

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solches Divertikel Ursache für eine spastische Dysphagie, für retroster- nales Brennen und stenokardische Beschwerden. Häufig sind die Be- schwerden auf andere Begleiter- krankungen zum Beispiel auf eine Achalasie, Hiatushernie, Refluxöso- phagitis, eine Stenose oder ein Kar- zinom zurückzuführen.

Nur bei etwa einem Drittel der Fälle parabronchialer Divertikel ist die operative Behandlung in Erwägung zu ziehen. In zehn Prozent der Fälle kommen Geschwüre und Perforatio- nen vor (Abbildung 8). Deshalb soll- ten die Gefahren eines Durchbruchs in die Luftwege, in das Mediastinum und in Gefäße bei der therapeuti- schen Indikation mitberücksichtigt werden. Das parabronchiale Diverti- kel ist zu etwa 20 Prozent der Fälle Ursache bei einer ösophagobron- chialen Fistel. Besondere Beach- tung verdient die Häufigkeit der kar- zinomatösen Entartung parabron- chialer Divertikel, die mit 7,8 Prozent die der anderen Divertikel übertrifft.

Zusammengefaßt läßt sich sagen, daß Patienten mit erheblichen Be- schwerden operiert werden sollten.

Das Operationsrisiko epiphrenaler Divertikel ist dem der parabronchia- len gleichzusetzen. Bezüglich der Operationsindikation bestehen ähn- lich strenge Maßstäbe.

Größenzunahme, die Kombination mit Kardiospasmus, Refluxösopha- gitis und Hiatushernie gelten als In- dikation für die operative Behand- lung. Ebenso stellen die Gefahren einer Ulkusbildung, Blutung, Perfo- ration und karzinomatöser Entar- tung eine unabdingbare Indikation zum Eingriff dar.

Komplikationen

Schwerstwiegende postoperative Komplikation ist die Nahtinsuffizienz mit ösophagokutaner Fistel. In etwa fünf Prozent der Fälle muß bei kolla- ren Divertikeln hiermit gerechnet werden. Die Letalitätsrate wird allge- mein mit ein Prozent angegeben (3, 5). Nach Resektionen epiphrenaler und epibronchialer Divertikel sind ernsthafte postoperative Komplika-

tionen zwei- bis dreimal häufiger als nach Resektionen kollarer Diverti- kel. Dabei handelt es sich in der Hauptsache um Nahtinsuffizienzen, postoperative Stenosen, pulmonale Affektionen und Mediastinitis. Die postoperative Letalität liegt infolge dieser Komplikationen bei über fünf Prozent (11).

Rezidive

Rezidive als Operationsergebnisse werden bei ein bis drei Prozent kol- larer und zu 17 Prozent bei alleiniger Divertikelabtragung epiph renaler Divertikel beobachtet. Bei Ergän- zung der Divertikelektomie durch die Therapie der Grundkrankheit konnte die postoperative Rezidivrate in einem großen Krankengut bis auf 2,2 Prozent bei kollaren und unter ein Prozent bei epiphrenalen Diverti- keln gesenkt werden. Rezidive als Spätkomplikationen parabronchia- ler Divertikel entstehen in 22 Prozent der Fälle (11).

Literatur

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Ziemssen, H. v., Vogel, Leipzig 1877 — (11) Zukschwerdt, L.: Die Eingriffe an der Speise- röhre, in: Chirurgische Operationslehre, Hrsg.

Breitner, B., weitergeführt Kern, E., Kraus, H., Zukschwerdt, L., Urban & Schwarzenberg, München 1955, Erg. 1976

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Burckart Stegemann Chirurgische

Universitäts-Klinik Münster Jungeblodtplatz 1

4400 Münster

Mammatyp und Brustkrebs

J. N. Wolfe hat vier verschiedene Brusttypen im Mammogramm defi- niert und die Behauptung aufge- stellt, daß zwischen mammographi- schem Typ der Mamma und dem Karzinomrisiko ein Zusammenhang besteht. Mit N1 bezeichnet er eine normale, hauptsächlich aus Fettge- webe bestehende, weibliche Brust.

Die Kategorien P1 und P2 bedeuten, daß das Milchgangssystem röntge- nologisch nur angedeutet oder aus- geprägt zur Darstellung kommt. Ist die Mamma ausgesprochen dicht und weist dyspiastische Verände- rungen auf, gehört sie der Gruppe DY an. S. Hainline und Mitarbeiter überprüften 171 Malignompatientin- nen und ordneten dem Kollektiv N1 12, 26 und 58 Fälle den Gruppen P1 beziehungsweise P2 sowie die größ- te Zahl, nämlich 75, dem Typ DY zu.

Damit wird bestätigt, daß das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, vom mammographischen Typ N1 über P1 und P2 zur Kategorie DY eindeutig zunimmt. Ptr

Hainline, S.; Myers, L.; McLelland, R.; Newell, J.; Grufferman, S.; Shingleton, W.: Mammo- graphic patterns and risk of breast cancer, Amer. J. Roentgenol. 130 (1978), 1157-1158, Dept. Commun. and Family Med., Duke Univ.

Med. Ctr., Comprehens. Ca Ctr., Durham, NC — Wolfe, J. N.: Breast patterns as an index of risk for developing breast cancer, Amer. J. Roent- genol. 126 (1976), 1130-1139, Dept. of Radiol., Hutzel Hospital, Detroit, Mich.

Infektionsschutz bei Virushepatitis

Zu der Bekanntgabe der Arz- neimittelkommission der deutschen Ärzteschaft „Infek- tionsschutz bei Virushepati- tis" (DEUTSCHES ÄRZTE- BLATT, Heft 15/1979, Seite 1000): Die Aufstellung der Präparate unter „Immunglo- bulin vom Menschen" muß er- gänzt werden um

Hemogamma® (Immuno).

Das Präparat Human-Gamma- Globulin Kabi (Kabi) heißt vom 1. Mai 1979 an Kabiglobin®.

AKdÄ

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 19 vom 10. Mai 1979 1319

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