Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
KONGRESS-NACHRICHTEN
Dialysetherapie
nicht zu spät beginnen
Die Dialyse ist noch längst keine
„künstliche Niere", auch wenn sie immer wieder so genannt wird. Sie ersetzt bestenfalls die glomeruläre Filtration, nicht aber die Tubulusfunktion und schon gar nicht die endokrinen Aufga- ben des ausgefallenen Organs.
Noch immer kommen die Kran- ken zu spät zur Dialysetherapie, wenn schon Komplikationen und Folgekrankheiten der Nierenin- suffizienz eingetreten sind (Pro- fessor Dr. H. V. Henning, Medizi- nische Universitätsklinik Göttin- gen). Vor allem die Nieren unge- nügend vorbehandelter Hyperto- niker sind in der Regel schon stark geschädigt, so daß eine Prophylaxe der urämiebedingten Stoffwechselstörungen nicht mehr möglich ist. Mit der chroni- schen Niereninsuffizienz manife- stieren sich bereits die typischen Stoffwechselstörungen der Ur- ämie. Der Patient bleibt nach je- der Dialyse „resturämisch" (Hen- ning), das heißt den toxischen Stoffwechselprodukten in gewis- sem Umfang weiter ausgesetzt.
(II. Symposium der Nephrologischen Ar- beitsgruppe Homburg—Kaiserslautern, Fe- bruar 1978, Homburg/Saar)
Kohlenmonoxid schnell eliminiert
Reiner Sauerstoff, in der Druck- kammer mit einem Überdruck von etwa 3 atm eine Zeitlang in- haliert, holt das an sich fest am Hämoglobin hängende Kohlen- monoxid umgehend wieder aus dem Körper heraus. Wenn der Vergiftete (Arbeitsunfall, Suizid) die Druckkammer noch lebend erreicht, läßt sich unter hyperba- rer Oxigenation auch die massiv- ste akute CO-Menge eliminieren (Dr. Rakebrand, Abteilung hyper- bare Medizin, St.-Josephs-Hospi- tal, Duisburg). Der stationäre Auf- enthalt bei schwerer CO-Vergif- tung, etwa im Bereich von 65 bis
70 Prozent CO-Hb, beschränkt sich unter dieser Therapie auf et- wa drei (!) Tage. In dieser Zeit sind nach hyperbarer Oxigena- tion sämtliche Symptome abge- klungen. Man darf natürlich mit der Behandlung nicht warten, bis zentralnervöse Komplikationen auftreten. — Ebenso erfolgreich ist die hyperbare Oxigenation auch bei Gasbrandinfektionen, die nur dort nicht mehr existie- ren, wo sie kurzerhand nicht dia- gnostiziert werden. — Bei diesen beiden und anderen Indikationen genügt die „hyperbare Therapie"
mit einfacher Luft nicht.
(II. Tagung des Forster Arbeitskreises für hyperbare Therapie, Februar 1978, Forst)
Komplikationen
nach Vitienoperationen
Die operative Behandlung ange- borener Herzfehler beseitigt nicht immer jede hämodynami- sche Störung. Es gibt Komplika- tionen und Restzustände. Dazu gehören u. a. (Privatdozent Dr. H.
Singer, Universitätskinderklinik Erlangen): Postperikardotomie- syndrom, AV- oder Schenkel- block, Persistenz einer Hyperto- nie oder Klappeninsuffizienz. En- dokarditisprophylaxe ist auch nach der Operation unbedingt er- forderlich, obgleich die Gefahr nicht mehr so groß ist wie vorher.
Nur nach Klappenersatz ist das Endokarditisrisiko hoch. — Die Komplikationen beeinträchtigen in keiner Weise die inzwischen erwiesenen außerordentlich gün- stigen Langzeitergebnisse dieser Eingriffe. Da man jedoch noch nicht weiß, wie sich die Eingriffe auf eine spätere koronare Herz- krankheit auswirken, sollten Menschen, deren angeborene Herzfehler im Kindesalter ope- riert wurden, nicht rauchen und stets auf die Risikofaktoren Hy- pertonie, Übergewicht und Blutli- pidwerte überwacht werden (Sin- ger). WP
(60. Ärztliche Fortbildungstagung, Mai 1978, Regensburg)
Thrombozyten
beim Endotoxinschock
Die intravaskuläre Blutgerinnung unter den Bedingungen des sep- tischen Schocks (Verbrauchs- koagulopathie) wird — zumindest im Tierexperiment (Endotoxin- ämie) — von den Leukozyten akti- viert und von den Thrombozyten akzeleriert (Dr. W. Kramer, Zen- trum für innere Medizin der Uni- versität Gießen). Injektion eines Thrombozytenantiserums, das an die 98 Prozent der Blutplättchen aus dem Blute eliminiert, vermin- derte den Abfall des Fibrinogen- spiegels und den Aktivitätsverlust der Gerinnungsfaktoren. Das Auftreten von Mikrothromben in den Nierenglomeruli wurde je- doch erst durch die dreifache Do- sis des Antithrombozytenserums verhindert.
(84. Tagung der Deutschen Gesellschaft für innere Medizin, April 1978, Wiesbaden)
Toxikologische Analysen bei Vergiftungen
In den vergangenen zwei Jahr- zehnten wurden die Therapieer- folge bei akuten Intoxikationen in erster Linie durch unspezifische Maßnahmen erzielt, und zwar durch Aufrechterhaltung der Vi- talfunktionen während der Intoxi- kationszeit. Diese Therapie hat ihre Grenzen, die heute nur noch durch Elimination der Giftstoffe ausgeweitet werden können (Prof. Dr. S. Okonek, Zentrum für Entgiftung und Giftinformation der II. Medizinischen Universi- tätsklinik Mainz). Dazu ist der schnellstmögliche Giftnachweis erforderlich (toxikologische Ana- lytik in der Klinik), und zwar in vielen Fällen als qualitativer Nachweis mit Gruppenreagen- zien (Screening-Test) und für quantitative Bestimmungen mit Hilfe eines Gaschromatographie- Systems, das 60% der wichtig- sten Gifte erfaßt. WP
(84. Tagung der Deutschen Gesellschaft für innere Medizin, April 1978, Wiesbaden)
1602 Heft 27 vom 6. Juli 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT