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Archiv "Kassenarzthonorar 1978/79: Drei strittige Fragen" (16.03.1978)

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Bericht und Meinung LEITARTIKEL

Kassenarzthonorar 1978/79:

Drei strittige Fragen

Einvernehmliche Lösung oder jahrelanger Rechtsstreit?

Hans Wolf Muschallik

Die sorgenvolle Frage: Wie geht es mit uns für die soziale Krankenver- sicherung tätigen Kassenärzten weiter?, muß man im engen Zu- sammenhang mit den nicht min- der schwerwiegenden Problemen im Gesamtbereich der sozialen Si- cherung - speziell der Rentenver- sicherung - sehen, so daß man ganz grundsätzlich fragen muß:

Was wird mit unserer Volkswirt- schaft?

Wie verläuft die konjunkturelle Entwicklung? Was wird mit unse- rem Export angesichts der aufse- henerregenden, ja beängstigen- den Schwankungen im internatio- nalen Währungsgefüge? Was wird mit Löhnen und Gehältern - mit anderen Worten, wie gehen die Tarifverhandlungen zwischen den Vertretungen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber weiter? Streik - vielleicht sogar in sogenannten

"Schlüssel"-lndustrien mit allen

Konsequenzen? Wie steht es mit den Vorgaben des Jahreswirt- schaftsberichts der Bundesregie- rung, dessen Veröffentlichung erst wenige Wochen zurückliegt?

Viele Fragen, viele Fragezeichen, und damit viele Unsicherheitsfak- toren, deren Beantwortung mög- licherweise die zukünftige Ent- wicklung anders ausschauen läßt, als man es heute im Interesse aller erhofft.

Die überall in kollegialen Gesprä- chen, Veröffentlichungen, auf Zu- sammenkünften, in Kommentaren zum Ausdruck kommende Besorg- nis über unseren Weg in die Zu- kunft ist somit nur allzu verständ- lich. Kein Kassenarzt, der sich un-

voreingenommen die unauflösba- ren inneren Zusammenhänge zwi- schen fast allen zur Debatte ste- henden Fragen mit unserer ge- samtwi rtschaftl i c hen Zu ku nftsent- wicklung vor Augen führt, ver- kennt nach meiner Überzeugung die vielfältigen Zwänge und Schwierigkeiten.

Eingebettet in diese Gesamtsitua- tion liegt die besondere Frage:

Wie geht es weiter mit der kassen- ärztlichen Versorgung unserer Be- völkerung, und wie geht es weiter mit uns Kassenärzten?

Große Aufgaben -

sachlich kaum vertretbare Fristsetzungen

Das Klima ist im vergangenen Jahr deutlich kühler, ja frostig gewesen.

Das war in der Sozial- und Gesund- heitspolitik so - besonders aus- geprägt während der "Durch- peitschung" des Kostendämp- fungsgesetzes -, und ein solches kühl-frostiges Klima bestand und besteht - mit regionalen Tempera- turunterschieden-auch im Verhält- nis zwischen den RVO-Krankenkas- sen und den Kassenärzten. Der Grund hierfür liegt zum Teil sicher darin, daß durch das KVWG und das KVKG den Partnern in der Kranken- versicherung große Aufgaben mit sachlich kaum vertretbaren Fristset- zungen aufgebürdet wurden und manches vom Gesetzgeber noch nicht einmal eindeutig definiert wor- den war.

~ Solche Schwierigkeiten sollten und müssen nach meiner Überzeu-

608 Heft 11 vom 16. März 1978 DEUTSCHES ARZTEBLATT

gung aber partnerschaftlieh gere- gelt und möglichst ohne Rechts- streit gelöst werden können und ge- löst werden, wenn die Selbstverwal- tung wirklich funktioniert!

Das Beispiel der bei Krankenkassen und Ärzten unterschiedlichen Ausle- gung der Übergangsbestimmungen des KVKG über das Weitergelten der Vergütungsregelungen des Jahres 1977 im 1. Halbjahr 1978 zeigt mit aller Prägnanz die Lage und die Spannungen:

Von Krankenkassenseite wurde und wird die Auffassung vertreten, daß sie aufgrund der Formulierung des Kostendämpfungsgesetzes- verein- facht ausgedrückt - zur Abgeltung der im 1. Halbjahr 1978 erbrachten ärztlichen Leistungen Zahlungen nur in der Höhe wie im 1. Halbjahr 1977 zu leisten hätten.

Wäre diese Auslegung richtig, so würde es für jeden Kassenarzt min- destens das Einfrieren seines Hono- rars bedeuten. Wahrscheinlich wür- de aber in Auswirkung des derzeiti- gen und weiter steigenden Netto- Kassenarzt-Zugangs ein empfindli- cher Realeinkommensverlust beim einzelnen Kassenarzt eintreten.

~ Ich halte eine solche Interpreta- tion von Kassenseite für unzutref- fend; sie läßt sich auch weder aus den Beratungen über den Entwurf des KVKG noch aus den Begründun- gen zu seinen Vorschriften ableiten oder damit untermauern.

._ Kämen die Selbstverwaltungen der Ärzte und Krankenkassen in dieser Streitfrage nicht zu einer einvernehmlichen Lösung, dann müßte die Klärung in einer sozial- gerichtlichen Auseinandersetzung - beispielsweise durch Leistungs- klage einer Kassenärztlichen Ver- einigung - gesucht werden. Wür- de ein solcher Rechtsstreit wegen seiner grundsätzlichen Bedeutung u. a. auch für die Gesamtvergü- tung und die Honorarentwicklung der Folgejahre durch alle Instan- zen gehen, müßte man realisti- scherweise mit einer Prozeßdauer von drei oder mehr Jahren rech-

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nen. Das würde bedeuten, daß die Höhe der dem Kassenarzt für seine im ersten Halbjahr 1978 erbrach- ten Leistungen zustehenden Ho- norarbeträge - wie auch für die Folgezeiträume, die auf dem er- sten Halbjahr 1978 aufbauen - während dieses gesamten Zeit- raums rechtlich in der Schwebe bliebe. Unter Umständen würden sogar die gewohnten und für die Aufrechterhaltung der Praxis not- wendigen Vorauszahlungen der Kassenärztlichen Vereinigungen an die Kassenärzte der Höhe und dem Termin nach in Frage gestellt werden können.

Unerläßlich: Einheitlicher Bewertungsmaßstab ab 1. Juli dieses Jahres

Dies ist aber beileibe nicht die ein- zige strittige Frage. Das "Kosten- dämpfungsgesetz" fordert, daß ab 1. Juli 1978 ein einheitlicher Be- wertungsmaßstab für ärztliche Leistungen in der Krankenversi- cherung (RVO- und Ersatzkassen) angewandt wird und daß von die- sem Zeitpunkt ab sich die Weiter- entwicklung der Gesamtvergütung primär an eine in der "Konzertier- ten Aktion" in den nächsten Tagen noch zu findende gemeinsame Empfehlung anpassen soll. Diese von der "Konzertierten Ak- tion im Gesundheitswesen" zu fin- denden und dann zu empfehlen- den Daten über die weitere Ausga- benentwicklung auf den einzelnen Sektoren- wie ambulante kassen- ärztliche Versorgung, Arzneimit- telwesen und Krankenhaussektor -, das sind die noch nicht abge- klärten und möglicherweise von Krankenkassen, Ärzten und den sonstigen Mitwirkenden an der

"Konzertierten Aktion" höchst un-

terschiedlich gesehenen Proble- me.

Die Einführung eines einheitlichen Bewertungsmaßstabes zum 1. Juli dieses Jahres ist für uns Kassen- ärzte schon aus Gründen der Rechtssicherheit und angesichts

des Auslegungsstreites mit den Krankenkassen über die Vergü- tungsregelung des ersten Halbjah- res 1978 unerläßlich.

Dieser neue Bewertungsmaßstab wird weitgehend auf der Basis der E-Adgo aufgebaut sein. Die damit nun einheitlichen Nummern und Leistungslegenden müssen mit Punktzahlen für die einzelne ärztli- che Leistung ausgestattet werden, die dann, mit dem Punktwert mul- tipliziert, den jeweiligen DM-Be- trag ergeben. Äußerst schwierig ist dabei die Ermittlung des Punkt- wertes, speziell für die RVO-Kran- kenkassen. Auch dieses Problem zeigt, wie ich meine, mehr als deutlich die Notwendigkeit, ja den Zwang zu einer einvernehmlichen Regelung durch die Selbstverwai- tungskörperschaften.

Den Stoff für die Konflikte bei der Weiterentwicklung der Gesamt- vergütungen und der Honorierung der kassenärztlichen Leistungen liefert der Gesetzesauftrag selbst:

Die Ausgaben der Krankenversi- cherungsträger in allen Bereichen sollen mit ihren möglichen Ein- nahmen weitgehend in Balance gehalten werden - in Balance ge- bracht wurden sie auf unserem Sektor bekanntlich durch Handeln der Selbstverwaltung und nicht durch das KVKG!

Um die Balance zwischen Ausga- ben und Einnahmen der Kranken- versicherungsträger in allen Aus- gabenbareichen zu festigen, sol- len in der "Konzertierten Aktion"

unter Verwendung u. a. des Jah- reswirtschaftsberichts der Bun- desregierung gemeinsame Emp- fehlungen entwickelt werden.

Zwingend: Suche nach einer für alle

erträglichen Lösung

Wenn man alle diese schwierigen Probleme und Abläufe sowie die in ihnen liegenden Imponderabilien sieht, muß man Verständnis für die

Die Information:

Bericht und Meinung

Sorge und Unruhe der Kassenärz- teschaft haben. Die derzeitige har- te Frontstellung zwischen Ge- werkschaften und Arbeitgeberver- bänden in einigen für die Volks- wirtschaft wichtigen Tarifverhand- lungen verstärkt diese unsere Sorgen.

Gibt es nun überhaupt eine Mög- lichkeit, den Konfliktstoff zwi- schen den Krankenkassen und uns einigermaßen reibungslos zu bewältigen?

Diese Frage kann ich nur im "Kon- junktiv" beantworten, das heißt mit einem Vorbehalt: Ich würde sie unter der Voraussetzung bejahen, daß in gleicher Weise wie ich auch alle übrigen, die in der Gesund- heits- und Sozialpolitik Verant- wortung tragen, bei der_ Suche nach einem Kamprarniß davon ausgehen, daß er nur einen Inte- rimszeitraum betreffen soll und kann.

Die aus vielen Gründen für alle Be- teiligten überaus schwierige Si- tuation mit ihren zahlreichen ne- gativen Aspekten fordert meines Erachtens zwingend die Suche nach einer für alle erträglichen Lö- sung, um Schaden für alle zu vermeiden.

..,.. Für das erste Halbjahr 1978 könnte ich mir beispielsweise ei- nen Brückenschlag zwischen den unterschiedlichen Auffassungen der Krankenkassen und der Kas- senärztlichen Vereinigungen so vorstellen, daß man einerseits die Höhe der Vergütung für die einzel- ne ärztliche Leistung .,... den soge- nannten Quotienten- unverändert läßt, andererseits aber - ebenso wie bei den Regelungen für 1976 und 1977- die als notwendig aner- kannte, vermehrte Inanspruchnah- me von Leistungen auch für das erste Halbjahr 1978 anerkennt.

[Anmerkung der Redaktion: 1977:

vier Prozent] Hierbei müßte zwi- schen Versicherten und Rentnern

"saldiert" werden. Ferner müßten,

wie in den Regelungen für die Vor-

jahre, Mehrleistungen infolge von gehäuftem Auftreten zum Beispiel

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft 11 vom 16. März 1978 609

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Die Information:

Bericht und Meinung

Muschallik: Kassenarzthonorar 1978/79

einer Grippe und von Früherken- nungsmaßnahmen sowie Leistun-

gen im Zusammenhang mit dem

§ 218 von Begrenzungsregelun- gen ausgenommen bleiben.

._ Zur Ermittlung des Punktwer- tes bei den RVO-Krankenkassen im neuen Bewertungsmaßstab muß nach meiner Überzeugung die Berechnung der Gesamtvergü- tung vorübergehend auf eine Kopfpauschale abgestellt werden. Das sich so ergebende Geldvolu- men, geteilt durch die Gesamtzahl aller Punkte der ärztlichen Lei- stungen, ergibt den DM-Wert des Einzelpunktes und liefert damit die Ausgangsbasis für die weitere Ent- wicklung. Es wird - u. a. we- gen der bekannten Morbiditäts- schwankungen- eines Zeitraumes von vier Quartalen bedürfen, um aus den Abrechnungsergebnissen diesen Punktwert möglichst feh- lerfrei zu ermitteln. Danach sollte man zu der seither gewohnten Be- rechnung der Gesamtvergütung nach Einzelleistungen zurück- kehren.

.- ln dieser Interimsphase könnte man die im Kostendämpfungsge- setz enthaltene Leitfunktion der Grundlohnsumme für die Entwick- lung der Gesamtvergütung aner- kennen und als Steigerungspro- zentsatz für die Gesamtvergütung vereinbaren.

Voraussetzung:

Gleichsinniges Denken und Handeln

e

Ich meine, daß diese "Wenn- und-Aber-Konstruktion" ein Konzept für mögliche Problemlö- sungen also - vor allem dann eine Chance der Realisierung haben sollte, ja müßte, wenn man bei den Krankenversicherungsträgern - in denen Arbeitnehmer- und Arbeit- gebervertreter paritätisch mitbe- stimmen -, auf seiten der Regie- rung, in de0 Kreisen der Sozial- und Gesundheitspolitiker und auch bei uns Kassenärzten unter

Verzicht auf Wunschvorstellungen mit einer ganz nüchternen Wer- tung der augenblicklichen und auf die nächste Zukunft absehbaren volkswirtschaftlichen Gegeben- heiten an die Arbeit geht.

e

Dabei darf einerseits die ge- sundheitliche Betreuung unserer Mitbürgertrotz der derzeitigen ge- setzlichen Zwänge keinen Scha- den leiden; andererseits dürfen aber auch die anstehenden Ent- scheidungen weder die Existenz des freipraktizierenden Kassen- arztes noch unser auf Freiheit mündiger Bürger aufbauendes Sy- stem bedrohen oder vernichten.

Die Krankenversicherungsträger wissen doch sehr genau, in wel- chen Größenordnungen und unter welchen Risiken für den einzelnen Kassenarzt die Kassenärzteschaft insgesamt in den vergangenen Jahren bis heute die Stabilisierung der von ihr beeinflußbaren Ausga- ben der Krankenkassen initiiert und durchgehalten hat.

Der Gesetzgeber, insbesondere die Sozial- und Gesundheitspoliti- ker müssen nach meiner Überzeu- gung heute doch klar erkennen, daß dieses situationsgerechte und verantwortungsbewußte Verhalten der Ärzteschaft auch ohne die jet- zigen Zwänge des KVKG fortge- wirkt hätte und andere Ausgaben- bereiche entscheidender an einer Kostenexpansion beteiligt waren und nach wie vor sind.

Der einzelne Kassenarzt schließ- lich weiß sehr genau um die sozia- le Komponente seines Wirkans in unserer sozialen Krankenversiche- rung, und er weiß, daß er - wie jeder andere Bürger auch- seinen

"ökonomischen Gürtel" enger ge- schnallt halten muß, solange die derzeitige gesamtwirtschaftliche Lage sich nicht bessert.

._ Kein Zweifel darf daran auf- kommen, daß meine Überlegun- gen nur und nur so lange Bestand haben können, wie auch alle übri- gen Erbringer von Leistungen un- serer Krankenversicherung gleich- sinnig denken und handeln!

610 Heft 11 vom 16. März 1978 DEUTSCHES ARZTEBLATT

Errechnung nach Kopfpauschale nur für Obergangsperiode

Ebenso deutlich sei zur Vermei- dung von Mißverständnissen un- terstrichen, daß meine Überlegun- gen bezüglich der Errechnung der Gesamtvergütung nach einem Kopfpauschale nur eine Über- gangsperiode betreffen, die helfen soll, langdauernde Unsicherheit zu vermeiden und die ordnungsge- mäße ambulante Versorgung un- serer Bevölkerung weiterhin kon- fliktlos sicherzustellen.

._ Sie soll die auf jedem Kassen- arzt weiterhin lastenden finanziel- len Zwänge nicht noch zusätzlich durch langwierige Schiedsamts- und Sozialgerichtsauseinander- setzungen vermehren.

._ Sie soll die Übergangszeit ab- grenzen und klarstellen, daß da- nach unter Berücksichtigung der zwischenzeitliehen ökonomischen Entwicklungen beim einzelnen Kassenarzt auf neuer Grundlage verhandelt werden muß, um zu verhindern, daß der mir jetzt ver- meidbar erscheinende Streit nur

"vertagt" wird.

Unabhängig davon, ob und wel- cher Prozentsatz schließlich von der "Konzertierten Aktion" am 17.

März empfohlen werden wird- auf den Umsatz, geschweige denn das Einkommen des einzelnen Kas- senarztes wird er sich in dieser Größenordnung nie auswirken können. Anders als bei den Tarif- verhandlungen der Sozialpartner, bei denen Zuschläge, Urlaubsver- längerungen, Weiterbildungsrege- lungen usw. dem einzelnen direkt zugute kommen, wird ein eventu- ell von der "Konzertierten Aktion"

empfohlener Prozentsatz an Zu- wachs ausschließlich auf die Ge- samtzahlungen für die von der Ge- samtheit der Kassenärzte erbrach- ten ärztlichen Leistungen abge- 3tellt sein. Es kommt damit keines- wegs zu einer automatischen Er- höhung des Preises für ärztliche Leistungen. Im Gegenteil: Dieser

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Die Information:

Bericht und Meinung

genteil: Dieser Preis kann trotz ei- nes Zuschlags zur Gesamtvergü- tung dann sogar sinken, wenn bei- spielsweise der Neuzugang von Kassenärzten stärker sein würde als die Höhe des Zuschlags.

Alle diese Zusammenhänge und ihre möglichen Auswirkungen — besonders die negativer Art — soll- ten alle Beteiligten klar erkennen und nüchtern würdigen. Für mich ergab und ergibt sich aus Erken- nen und Werten dieser Tatsachen die Schlußfolgerung, daß es im In- teresse des Fortbestandes einer reibungslosen ärztlichen Versor- gung, im Interesse der Situation des einzelnen Kassenarztes besser ist, ungeschminkt darzustellen, wie es weitergehen könnte.

• Mit Zuversicht hoffe ich, daß sich bei allen Beteiligten die Ver- nunft durchsetzen wird und daß alle zur notwendigen Kosten- dämpfung in unserem Gesund- heitswesen Aufgerufenen nun auch dementsprechend handeln und daß es — wenn auch unter zeit- weiligen ökonomischen Einbußen

— ohne Existenzbedrohung des Kassenarztes möglich sein wird, unser derzeitig immer noch frei- heitliches soziales Krankenversi- cherungssystem weiterhin zu er-

halten.

ZITAT

„Bei der Gruppe der Ärzte zeig- ten sich nicht die sonst abge- stimmten, einheitlich ausge- richteten Auffassungen, sicher- lich deshalb, weil freie Verbän- de vertreten waren, die ihre Freiheit gegenüber Kammer und Vereinigung demonstrativ bekunden und sich als Väter dieser Aktion . . darstellen wollten. Die Vertreter der So- zialpartner äußerten sich in der Zielsetzung ohne nennenswer- te Unterschiede, was von einer Seite erneut mit dem Ausdruck ,unheilige Allianz' . .. quittiert wurde." Dr. F. über die erste Sitzung der „Konzertierten Ak- tion" (in: „Betriebskrankenkas- se", Heft 1/1978).

DÄ-Frage: Herr Dr. Geißler, am 17.

März tritt die „Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen" zum zwei- ten Mal zusammen. Sie gehören zu den „Vätern" der Idee einer Konzertierten Aktion, denn 1974 sprachen Sie erstmals in Ihrem Krankenversicherungsbudget da-

von. Und die CDU hat schließlich in die Beratungen zum „Kosten- dämpfungsgesetz" die Konzertier- te Aktion eingebracht. Haben Sie und Ihre Partei sich die „Konzer- tierte Aktion" so vorgestellt, wie sie nun mit dem Gesetz gekom- men ist?

Geißler: Der Sinn der Konzertier- ten Aktion, so wie ich sie 1974 vor- geschlagen habe, war, die Selbst- verwaltungsorgane auf freiwilliger oder vertraglicher Basis zu verant- wortlichem und volkswirtschaft- lich begründetem Verhalten auf dem Gebiet des Gesundheitswe- sens zusammenzuführen.

In der Konzertierten Aktion sollten alle im Gesundheitswesen Verant- wortlichen unter Einbeziehung der Verantwortungsbereiche der Bun- desregierung gemeinsam Lösun- gen entwickeln und ihre Verwirkli- chung anstreben, damit jeder Bür- ger weiterhin eine gute medizini- sche Versorgung zu tragbaren Preisen erhält. Mit der Vorgabe hilfreicher und wirksamer Orien- tierungshilfen sollte die unerläßli- che Vertrauensbasis gestärkt und die jeweiligen Verantwortlichkei- ten der Beteiligten an der Kosten- dämmung offengelegt werden. Ich glaube, daß diese Lösung freiheit- licher und auch wirksamer gewe- sen und zudem unserem System der gegliederten Krankenversiche- rung am besten gerecht geworden wäre; jedenfalls besser als zweifel-

hafte gesetzliche Normierungsver- suche. Allerdings haben wir auch hier Freiheit nicht mit Freibrief gleichgesetzt. Wenn wider Erwar- ten dieser Weg nicht zum Erfolg geführt hätte, wären auch wir für gesetzgeberische Maßnahmen eingetreten. Aber es gab für sol- che Zweifel eigentlich keinen Grund, wenn man bedenkt, daß vor Inkrafttreten des KVKG die Empfehlungsvereinbarungen der Ärzte und Krankenkassen bereits zu einem Erfolg geführt hatten.

DÄ-Frage: Sie wären also für eine freiwillige Lösung, eine Aktion statt des Gesetzes gewesen. Jetzt ist aber nun einmal dieses Instru- ment plus Gesetz da; welche Chancen geben Sie der Konzer- tierten Aktion, was erwarten Sie?

Geißler: Bei allen Mängeln des KVKG, die ohne die von der Union bewirkten Verbesserungen noch weit größer ausgefallen wären, kann die Konzertierte Aktion den- noch positiv wirken. Es sollte ver- sucht werden, die darin liegende Chance bei allen Schwierigkeiten zu nutzen.

Ich bin davon überzeugt, daß nur durch ein abgestimmtes Handeln aller Beteiligten die Bereitschaft zur Sparsamkeit und Wirtschaft- lichkeit begründet wird, weil an- ders das Mißtrauen nicht ausge- räumt wird, allein oder hauptsäch- lich das Opfer für die Kostenein- dämmung erbringen zu müssen.

Gerade für die Ärzteschaft kann die Konzertierte Aktion von Wert sein. Vor allem dieser Bereich ist ja gesetzlichen Regelungen unter- worfen worden. In der Konzertier- ten Aktion besteht die Möglichkeit, auch die anderen Bereiche — be-

Geißler: „Schluß mit dem Schwarzen-Peter-Spiel!"

Interview mit CDU-Generalsekretär Dr. Heiner Geißler über Konzertierte Aktion, Rentenversicherung, Position der CDU

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 11 vom 16. März 1978 611

Referenzen

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