Helmut Remschmidt (Hg.):
Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter.Georg Thie- me Verlag, Stuttgart, New York, 1997, 492 Seiten, 76 Ab- bildungen, 83 Tabellen, 78 DM Das gut lesbare und über- sichtlich gestaltete Buch, an dem 14 Autoren beteiligt sind, beschreibt einen modernen Standard der Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter.
Das Werk geht davon aus, daß Psychotherapie stets auch lehrbar sein muß, und orien- tiert sich an langjähriger Un- terrichtserfahrung im „Mar- burger Weiterbildungssemi- nar für Kinder-, Jugendlichen- und Familientherapie“.
In der Herstellung der Be- züge zum gesamten Lebens- umfeld grenzt sich das Werk von der Erwachsenenpsycho- therapie gut ab und ist auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen ausgerichtet, dies unter Beachtung von In- dikation und Störungsspezi- fität und eines Gesamtbe- handlungsplanes, der auch medikamentöse Maßnahmen und die Kombinierbarkeit psychotherapeutischer Ver- fahren berücksichtigt.
Nach Darstellung epide- miologischer Fragen folgen Kapitel zur Indikations- stellung und Therapiepla-
nung, zur Psychotherapiefor- schung und Qualitätssiche- rung. Neueste Forschungser- gebnisse und Erfahrungen sind berücksichtigt. Im zwei- ten Teil des Buches werden die Verfahren in der Kinder- und Jugendpsychotherapie übersichtlich dargestellt und im dritten Kapitel störungs- spezifisch angewandt. Im vierten Teil schließlich wer- den ambulante, stationäre und teilstationäre Settings dargestellt. Abschließend wird auf Fragen der Aus-, Weiter- und Fortbildung ein- gegangen.
Somit wird der gesamte Bereich der Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter recht vollständig und ausführ- lich dargestellt, ohne daß die Übersichtlichkeit verloren- geht, die ein gutes Lehrbuch und Nachschlagewerk aus- zeichnet. Das Buch richtet sich in erster Linie an Ärzte des Gebietes, ist aber auch für Erwachsenenpsychiater und Allgemeinmediziner interes- sant. Es konzentriert sich auf die ärztliche Gesamtverant- wortung im Rahmen von Psy- chotherapie und grenzt sich so von einer vielfach üblichen Rollendiffusion ab.
Ulrich Thamer, Gelsenkirchen
A-2376 (12) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 38, 19. September 1997
S P E K T R U M BÜCHER
Als im Spätherbst 1957 das Schlafmittel „Contergan“ in Deutschland eingeführt wurde, ahnte noch niemand, welche katastrophalen Folgen die Einnahme des Medikaments für das werdende Leben haben konnte. Erst als Tausende von Kindern mit fehlgebildeten Armen und Beinen, aber auch gestörten Organfunktionen geboren wurden, wurde man auf den auslösenden Wirkstoff „Thalidomid“ aufmerksam, begannen Untersuchungen, Prozesse, wurde schließlich eine Stiftung zur Entschädigung der Opfer gegründet.
Michael Petsch folgt in seiner Dokumentation mit dem Titel „Contergan – vorbei, vergessen, aktuell?“ (ZDF, Praxis Extra, 25. September, 23 Uhr) den Spuren der Ver- gangenheit. Betroffene, die in ZDF-Dokumentationen und Berichten der siebziger Jahre vorgestellt wurden, sind noch einmal besucht worden. Sie schildern, wie sie heute gegen- über den Verursachern ihrer Behinderung empfinden und was sie aus ihrer Situation gemacht haben. EB