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Archiv "Maßgebliche Kapazität . . ." (06.04.1984)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Alterssicherung DER KOMMENTAR

halb manche Freiberufler über die Zukunft ihrer Versorgungs- werke nachzudenken began- nen. Ein weiterer Anlaß hätte die große Rentenreform („Reform '84") werden können, die von der sozialliberalen Koalition ins Auge gefaßt worden war und die vor allem die Gleichstellung von Mann und Frau vor der Renten- versicherung hätte bringen sol- len.

Von den großen Plänen ist nicht viel übriggeblieben. Die Gleich- stellung freilich wird, weil Auf- trag des Bundesverfassungsge- richtes, kommen müssen. Sie betrifft zunächst die gesetzliche Rentenversicherung. Das Pro- blem gilt aber auch für die Ver- sorgungswerke. Niemand wird zudem ausschließen können, daß im Rahmen der Bemühun- gen um Gleichstellung auch die Alterssicherungssysteme außer- halb der gesetzlichen Renten- versicherung politisch nochmals diskutiert werden. Die Freien Berufe könnten sich dann — nach heutigem Stand der Zusi- cherungen — darauf berufen, daß ihnen die Eigenständigkeit ihrer Versorgungseinrichtungen versprochen worden ist. Zuletzt hat die Meinhold-Kommission, die für den Bundesarbeitsmini- ster umfassend über die Alters- sicherungssysteme begutachtet hat, Eigenständigkeit und Viel- falt der Versorgungswerke aner- kannt.

Die Versorgungswerke selbst werden dennoch nicht nur auf- merksam die politischen Win- dungen verfolgen müssen, sie werden sich auch darauf richten müssen, grundlegende Refor- men der gesetzlichen Renten- versicherung, angepaßt an ihre eigenen Strukturen, nachzuvoll- ziehen — sei es die Gleichstel- lung, sei es die flexible Alters- grenze. Dazu bedürfte es nicht einmal politischer Vorgaben.

Liegt nicht zum Beispiel das frü- here Aufhören schon im Trend der Zeit, sich vom Leben beizei- ten etwas zu gönnen? NJ

Maßgebliche Kapazität .

Kurz vor der März-Sitzung der

„Konzertierten Aktion im Gesund- heitswesen" setzte es Prügel vom Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesbildungsministerium, Anton Pfeifer; sie sollten die Ärzte in Praxis und Klinik, aber mit ih- nen auch all jene Sachverständi- gen aus Bund und Ländern tref- fen, die nicht zuletzt in der „Kon- zertierten Aktion" vom Dezember 1983 zur Sicherung der Qualität der ärztlichen Ausbildung eine Reform der „Kapazitätsverord- nung" gefordert hatten, die maß- geblich ist für die Zahl der Zulas- sungen zum Medizinstudium.

Mit erschreckendem Unverständ- nis für die wirklichen Probleme der praktischen Ausbildung der angehenden Ärzte machte der Staatssekretär eine Rechnung auf, die offenbar die verfehlte Bil- dungspolitik eines verflossenen Jahrzehnts zum Erfolg für das heutige Bundesbildungsministeri- um umfunktionieren sollte. Origi- naltext Pfeifer: „Bei einem Anteil von rd. 7% Medizinstudenten an den Studenten insgesamt betru- gen die Bauinvestitionen von Bund und Ländern nach dem Hochschulbauförderungsgesetz für Medizinbauten 1982 fast die Hälfte der Mittel für alle Hoch- schulbauten (über 1 Mrd. DM). Im Rahmen des Hochschulbaus sind von Bund und Ländern bis ein- schließlich 1982 mehr als 12 Mrd.

DM für Investitionen in den medi- zinischen Forschungs- und Aus- bildungsstätten — bei einem Ge- samtaufwand von rd. 31 Mrd. DM für den Hochschulbau insgesamt

— zur Verfügung gestellt worden."

Ein stolzer Aufwand fürwahr, den Anton Pfeifer einer politischen Konstellation dankte, an der er und seine Partei — zumindest im Bund — „bis einschließlich 1982"

nicht teilhatten. Im übrigen bein- haltet dieser Aufwand die lnvesti-

tionen für die ganze Intensiv- und Hochleistungsmedizin und nicht zuletzt für die Bettenbauten der Universitätskliniken, die beileibe nichtallein dem Lehrbetrieb die- nen. Gerade die undifferenzierte Aufführung solcher altbekannten Fakten verrät die Unkenntnis der wirklichen Probleme, wie Dr. Kar- sten Vilmar, der Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages, dem Bil- dungs-Staatssekretär vorwarf.

Mit seiner Aufzählung der Lei- stungen der Vergangenheit schien sich der Staatssekretär ge- radezu mit den gescheiterten Zie- len der verflossenen Bundesre- gierung zu identifizieren. Auf das wahre Problem, dem das Votum der „Konzertierten Aktion im Ge- sundheitswesen" für eine Reform der Kapazitätsverordnung galt, ging der Staatssekretär überhaupt nicht ein: daß nämlich die Bemes- sung von Ausbildungskapazität sich nicht am allerletzten Klapp- sitz in der allerletzten Reihe riesi- ger Vorlesungssäle orientieren kann, sondern ihre Grenze an ei- ner nicht beliebig vermehrbaren Zahl zur Lehre geeigneter Patien- ten finden muß. Oder meint Pfei- fer etwa, Patienten könnte man schaffen, wenn man nur weitere Milliardenbeträge in neue Klinika pumpe? Seine Ministerin scheint da doch anderer Meinung zu sein, siehe Klinikum Aachen (Seite 1033).

Es scheint Pfeifer völlig verborgen geblieben zu sein, wo also in Wirklichkeit — in der klinischen Ausbildung — der nicht zu beseiti- gende „Engpaß" der Kapazität liegt, eine Erkenntnis, die allen Fachleuten gemeinsam ist und die zu den intensiven Bemühun- gen um eine Neuberechnung der in den Kapazitätsverordnungen festgelegtem Richtwerte durch die Länder geführt hat.

In einer Stellungnahme zu den Pfeiferschen Äußerungen vor der Bonner Presse hat Dr. Karsten Vil- mar noch einmal deutlich auf die Sachlage hingewiesen, wie sie Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 14 vom 6. April 1984 (21) 1051

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

DER KOMMENTAR

seit Jahren bekannt ist: Die Kapa- zität im klinischen Abschnitt des Medizinstudiums bemißt sich nach dem „Arbeitsplatz Patient"!

Hätte Pfeifer diesen Zusammen- hang erkannt, dürfte er sich kaum zu seinen abenteuerlichen Ver- gleichsrechnungen verstiegen ha- ben. Hat er aber den Zusammen- hang gekannt, dann waren seine seitenlangen Berechnungen nur geeignet, vom wahren Kern des Ausbildungsproblems ebenso ab- zulenken wie seine Unterstellung der „Ängste der Ärzteschaft we- gen steigender Ärztezahlen und u. U. geringfügiger Absenkung der Einkommen" einschließlich der Bemerkung, er wolle diese

„Ängste" nicht einfach beiseite schieben, aber sie hätten bei ei- ner — nämlich seiner — „vertieften Betrachtungsweise nur wenig Be- stand".

Dr. Vilmar zur Sache: „Es kann bei allen ernsthaften Bemühungen um die Reform des Medizinstudi- ums nicht darum gehen, den an- gehenden Arzt mit weiteren Ge- bäuden und Apparaten zu umbau- en. Ärztliches Handeln und Ver- halten, menschliche Zuwendung und Gesprächsbereitschaft sind schließlich nur im Umgang mit den Patienten zu erfahren. Die Zahl der lehrgeeigneten Patienten ist für die gute Ausbildung ,enga- gierter und motivierter Ärzte' (Pfeifer) die Voraussetzung."

Kein Wort findet sich im Pfeifer- Text über diese Patienten, aber:

„Gab es 1970 noch 125 000 Stu- dienanfänger, so waren es 1982 insgesamt 225 000; etwas stärker ist die Studienanfängerzahl in der Medizin gestiegen: von 5400 (1970) auf rund 11 500 (1982/83)."

Dazu klingt der weitere Original- text Pfeifers schon fast zynisch:

„Selbstverständlich kann es Ar- beitsplatzgarantien im ärztlichen Bereich — wie in anderen — nicht geben."

Die Aussage konnte man übrigens auch schon einmal in einer Zei- tungsanzeige der verflossenen Bundesregierung lesen ... roe

Praktisches

Die beispiellose Überfüllung der medizinischen Fakultäten in der Bundesrepublik Deutschland ist ein Beweis für den „überwältigen- den Erfolg" der Bildungspolitik der letzten 15 Jahre.

Dieser „Erfolg" ist aber nicht nur den Politikern, sondern auch den verschiedensten Juristen in den Verwaltungsgerichtsinstanzen zu

„danken": Durch sorgfältiges Messen, Zählen und Rechnen zie- hen sie immer wieder neue Argu- mente an den Haaren herbei, um Semester für Semester noch ein paar Studentchen mehr ins Studi- um zu quetschen.

Sobald sie erst einmal zugelassen sind, klagen die Studenten dann über die schlechten Ausbildungs- verhältnisse, und zwar speziell über die Theorielastigkeit des Studiums. Hier ist nun wohl die Hoffnung angebracht, daß in Zu- kunft das Gewicht wieder stärker auf die Praxis fällt — allerdings nur relativ, indem nämlich die Theorie einfach zurückgedrängt wird.

Die Idee zu diesem „revolutionä- ren", jedoch so naheliegenden Weg, den Praxisbezug des Medi- zinstudiums zu erhöhen, kam dem Verwaltungsgerichtshof Kassel (Aktenzeichen: VI TG 409/82): Das Kasseler Gericht hat befunden, daß die Erteilung eines Kursschei- nes (auf dem die erfolgreiche Teil- nahme bescheinigt werden muß) nicht von einer Überprüfung des theoretischen Wissens abhängig gemacht werden darf, da dies in die Kompetenzen der Landesprü- fungsämter fällt.

Der Kurs diene vielmehr der prak- tischen Befassung mit dem Lern- Gegenstand. Darauf können sich die Studenten nun berufen und völlig unbefangen, weil unbela- stet von jedem theoretischen Bal- last die faszinierende Welt der Medizin aus eigener Erfahrung kennenlernen: Brennt Äther?

Liegt die Prostata im Schädel?

Wie wirkt Wechselstrom auf Säug- linge? Ist Salpetersäure ein guter Blutersatz?

Zur Abschlußprüfung beim Lan- desprüfungsamt muß der Kandi- dat dann allerdings etwas theore- tisches Wissen nachweisen, denn die Approbation als Arzt erhält er, wenn er Multiple-choice-Fragen richtig beantwortet, wie zum Bei- spiel diese: Was ist Sophismus?

a) Unzüchtige Eigenliebe von Philosophen?

b) Reifestörung des Großhirns?

c) Endemisches Anfallsleiden im alten Griechenland?

d) Scheinweisheit deutscher Ver- waltungsgerichte?

e) Vernunftfaulheit bei progressi- ver Paralyse?

Rudi von Poldenko

Mad

Da bekam doch kürzlich ein Arzt einen Brief von einer unzufriede- nen Patientin, die er einige Zeit vorher im Krankenhaus behandelt hatte:

„Ich bekam durch Zufall diesen Bericht (den ärztlichen Entlas- sungsbericht) zu lesen", schrieb sie, „ und bin geschockt über die Art, wie in Ihrer Klinik über Patien- ten geurteilt wird. Sie bezeichnen mich, als einen überdrehten Linkstyp, dabei bin ich nur völlig mit den Nerven am Ende, was nach so vielen Jahren Arbeitslo- sigkeit und den Begleitumstän- den, ja wohl verständlich ist."

Das hat man nun davon, daß die Gerichte den Patienten ein Recht auf Einsicht in die ärztlichen Auf- zeichnungen zuerkannt haben.

Und man stelle sich nur noch vor, ein ähnlicher Entlassungsbrief über einen General wäre einem Stabsfeldwebel vom Militärischen Abschirmdienst (MAD) in die Hän- de gefallen... bt 1052 (22) Heft 14 vom 6. April 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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