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Archiv "Vorrang für die Eigeninitiative" (24.10.1974)

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Die Information:

Bericht und Meinung

71. Jahrgang I Heft 43 24. Oktober 1974 Postverlagsort Köln

Redaktion:

5023 Lövenich (Kreis Köln) Postfach 14 30

Dieselstraße 2 Ruf: (0 22 34) 70 11 -1 Fernschreiber 8 89 168 Verlag und

Anzeigenabteilung:

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DEUTSCHES ARZTEBLATT

Ärztliche Mitteilungen

Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung

Vorrang für die Eigeninitiative

Vorhaben zur Steuerung der Niederlassung Gegenstand einer gemeinsamen Presseerklärung des Präsidenten der Bundesärztekammer und des Ersten Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung

"Die deutsche Ärzteschaft warnt aus sachlichen Gründen vor ak-

tuellen politischen Tendenzen, die einen totalen Umbruch des bis- herigen Ordnungssystems der ambulanten ärztlichen Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland zum Ziele haben." So beginnt eine gemeinsame Erklärung, die der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. med. Hans Joachim Sewering, und der Erste Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Dr. med. Hans Wolf Mu- schallik, vor der Presse in Kiel vertraten. Wer denn hinter solchen Tendenzen stecke, wollte ein Journalist auf dieser Pressekonferenz, am 11. Oktober 197 4 von der Pressestelle der deutschen Ärzte- schaft veranstaltet, wissen. Ob man sich nicht traue, die Urheber

beim Namen zu nennen? Man traute sich und verwies in erster Linie ..,._ auf den Bundesverband der Ortskrankenkassen, der kürzlich mittels eines zweifelhaften Tricks versuchte, eine angebliche Verein- barung aller Krankenkassen mit der Deutschen Krankenhausgesell- schaft über die sogenannte "vorstationäre Diagnostik und nachsta- tionäre Behandlung" im Krankenhaus zu lancieren;

..,._ auf das Bundesgesundheitsministerium, das soeben versucht, über die Änderung der noch relativ neuen Approbationsordnung für Ärzte Polikliniken an Lehrkrankenhäusern einzurichten;

All das - über zwei der "Tendenzen" wird auf den folgenden Sei- ten näher berichtet - spielt sich im Umfeld ministerialer Pläne aus Bayern und Bonn für eine Neuregelung des Kassenarztrechts ab und ist somit auch zu sehen als "Einstimmung" der Parlamentarier, die demnächst über Gesetzentwürfe der Bayerischen Staatsre- gierung und des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung zu entscheiden haben.

Gerade im Hinblick auf diese Vorhaben wiesen der Bundesärzte- kammer-Präsident und der KBV-Vorsitzende auf die bisher bereits ergriffenen - von den Kassenärztlichen Vereinigungen finanzierten - Maßnahmen zur Förderung der Niederlassung nachdrücklich hin:

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 43 vom 24. Oktober 1974 3057

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Ärzteschaft lehnt poliklinische Ausbildung an

Lehrkrankenhäusern ab

Das praktische Jahr am Ende des Medizinstudiums soll sich nach Auffassung des Bundesgesund- heitsministeriums nicht auf die Ausbildung am Krankenbett kon- zentrieren, auf die die neue Appro- bationsordnung bisher allein ab- stellt. Ein erster Entwurf des Bun- desministeriums für Jugend, Fami- lie und Gesundheit zur Änderung der Approbationsordnung, der in Kürze dem Bundesrat zur Be- schlußfassung zugeleitet werden soll, sieht die Einbeziehung einer bis zu vier Monate dauernden poli- klinischen Ausbildung in dieses praktische Jahr vor. Die Bundes- ärztekammer hat (übereinstimmend auch mit der Haltung der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung) eine derartige Änderung der Approbati- onsordnung strikt abgelehnt. Diese Ablehnung wurde in einer Stellung- nahme gegenüber dem Ministerium wie folgt begründet:

0

Die Einführung einer poliklini- schen Ausbildung im letzten Jahr des Medizinstudiums widerspricht den Intentionen der Approbations- ordnung. Es ist unbestritten, daß die Approbationsordnung eine pra- xisnahe ärztliche Ausbildung an- strebt. Eine praxisnahe Ausbildung kann aber auf eine gründliche Aus- bildung am Krankenbett nicht ver- zichten. Da bereits die Kranken- hausfamulatur weggefallen ist zu- gunsten einer Famulatur in Allge- meinpraxen und anderen Einrich- tungen des werksärztlichen, versi- cherungsärztlichen und öffentli- chen Gesundheitsdienstes, darf die Ausbildung am Krankenbett im In- ternatsjahr nicht verkürzt werden.

0 Eine praxisnahe Ausbildung des Medizinstudenten muß auch die Möglichkeit beinhalten, die ambu- lante Tätigkeit des Arztes kennen- zulernen. Es ist fraglich, ob die

neugestaltete Famulatur dafür wirklich geeignet ist. Um diese Fra- ge zu beantworten, liegen aber noch nicht genügend praktische Erfahrungen vor. Keinesfalls aber darf deswegen die Ausbildung am Krankenbett verkürzt werden.

9 Vordringliches Anliegen einer Ausbildung im ambulanten Sektor der ärztlichen Tätigkeit muß es sein, dem Studenten die Probleme der Allgemeinpraxis zu vermitteln.

Dafür ist die Ausbildung in der Po- liklinik im allgemeinen nicht geeig- net. Die Polikliniken haben sich im Laufe der Zeit zu Spezialambulato- rien entwickelt, die im wesentli- chen Spezialuntersuchungen und spezielle Therapie auf Überwei- sung von Fachärzten durchführen.

In gleichem Maße hat die prakti- sche Bedeutung der Polikliniken für die Ausbildung der Medizinstu- denten abgenommen. Medizinalas- sistenten waren bisher in den Poli- kliniken der Universitäten nur in ganz geringem Umfang tätig. Auch für Polikliniken an Lehrkranken- häusern ist eine derartige Entwick- lung vorauszusehen. Der Internats- student wird in der Poliklinik nicht die typischen Patienten einer Fach- arztpraxis zu sehen bekommen, sondern nur ein „gefiltertes" Pa- tientengut mit spezieller diagnosti- scher bzw. therapeutischer Frage- stellung.

Außerdem sei zu befürchten, daß an den Lehrkrankenhäusern die notwendigen Einrichtungen für die praktische Ausbildung am Kran- kenbett zurückgestellt und dafür Polikliniken eingerichtet würden.

Ähnlich lautende Stellungnahmen wurden auch vom Hartmannbund, vom NAV, vom Marburger Bund und vom Verband der leitenden Kran- kenhausärzte abgegeben. Der Mar- burger Bund und der Verband der leitenden Krankenhausärzte wiesen eindringlich auf die mangelnde räumliche und personelle Ausstat- tung der Krankenhäuser für einen poliklinischen Unterricht hin. Zi/DÄ Die Information:

Bericht und Meinung

Förderung der Niederlassung

3058 Heft 43 vom 24. Oktober 1974 DEUTSCHES ARZTEBLATT

„Mit Hilfe einer Vielzahl von Förde- rungsmaßnahmen auf einer völlig freiwilligen Grundlage sind vor al- lem in den letzten beiden Jahren deutliche Erfolge bei einer bedarfs- gerechten Steuerung der Nieder- lassung von Kassenärzten erzielt worden; nicht nur die Zahl der nie- dergelassenen Ärzte insgesamt konnte erhöht werden, sondern erstmals nach langen Jahren der Stagnation und des Rückgangs auch die Zahl der praktischen Ärz- te in Land- und Stadtrandgebie- ten," stellten sie fest. Und weiter:

„Aus unseren handgreiflichen Er- folgen leiten wir die Zuversicht ab, daß mit unseren Förderungsmaß- nahmen auch und erst recht in Zu- kunft eine bedarfsgerechte und gleichmäßige ambulante Versor- gung der Bevölkerung gewährlei- stet werden kann."

Direkt auf die beiden Gesetzesvor- haben eingehend, indirekt aber noch weiterreichende Forderungen zurückweisend, heißt es dann in der Erklärung: „Folgt der Gesetz- geber aber politischen Überlegun- gen, die für alle theoretisch denkbaren Eventualitäten vor- sorglich eine Lösung zu fi- xieren wünschen, so fordern wir mit allem Nachdruck, daß die Ein- schränkung der Niederlassungs- freiheit der Ärzte und möglicher- weise eine Verlagerung des Si- cherstellungsauftrages auf die Kran- kenkassen wirklich nur ‚Ultima ratio' für den Fall sein darf, daß alle Bemühungen der Kassenärztli- chen Vereinigungen auf Dauer kei- nen Erfolg hätten. In diesem Sin- ne betrachten Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesverei- nigung eine Steuerung der Nieder- lassung mit unterschiedlichen Mit- teln, wie sie in den Gesetzentwür- fen Bayerns und Bonns nach einem etwaigen Mißerfolg aller denkbaren Förderungsmaßnahmen vorgese- hen ist, lediglich als eine Notbrem- se, die nach ihrer Überzeugung niemals gezogen werden muß."

Im Gegensatz zu den eingangs zi- tierten Urhebern „aktueller politi- scher Tendenzen", die die an sich

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DIE GLOSSE

Vor solchen Tricks wird gewarnt

Auf dem Feuerchen der Sozialisie- rungsdiskussion, derer bald alle Bundesbürger überdrüssig sind, möchte der Bundesverband der Ortskrankenkassen sein Süppchen

„Herr im Hause" fertigkochen — gleichgültig, ob's dem Kranken be- kommt oder nicht. Das will der Bun- desverband der Ortskrankenkassen nämlich: durch — rechtswidrige — Verträge mit Krankenhausträgern einen Teil der ambulanten ärztli- chen Diagnostik aus der freien Pra- xis in die Institution Krankenhaus verlagern.

Um was geht es? Sachlich um fol- gendes: In einer dreiblättrigen Aus- gabe seines Pressedienstes „pdo"

vom 25. September jubiliert der Herausgeber (Bundesverband der Ortskrankenkassen) über die an- geblich ganz kurz bevorstehende Verwirklichung einer Vereinbarung zwischen den Spitzenverbänden al- ler Krankenkassen und der Deut- schen Krankenhausgesellschaft, wonach angeblich ganz bald nach folgendem Schema verfahren wer- de (Wortlaut der BdO-Verlautba- rung): „Mit der Überweisung des Patienten in das Krankenhaus ist dieses zuständig. Wie es die Über- weisung ausführt — ob stationär oder vorstationär —, ist seine Sa- che, die des Patienten und die der Krankenkasse, die die Kosten be- zahlt. Es geht den freipraktizieren- den Ärzten um ihren Sicherstel- lungsauftrag, um ihr Monopol. Es erstreckt sich jedoch nur auf die ambulante, nicht auf die Kran- kenhausbehandlung. Vorstationäre Diagnostik und nachstationäre Be- handlung sind Teile der Kranken- hausbehandlung.,, Basta!

Basta? mit solchen politisch-publi- zistischen Tricks hat der Bundes- verband der Ortskrankenkassen nicht nur Journalisten der allge-

meinen Presse — der Tageszeitun- gen, des Rundfunks und des Fern- sehens — hereingelegt, sondern auch Fachjournalisten und Fachpo- litiker. Ihnen wurde suggeriert, die- se „Vereinbarung" träte, — ohne Rücksicht auf das Wohl des Pa- tienten und ohne Gedanken an dessen ärztliche Versorgung außer- halb der im Krankenhaus durchzu- führenden ambulanten Diagnostik zu verschwenden — bereits am 1.

Oktober in Kraft. InWahrheit hat die- ser „Vereinbarung" bisher nur der Bundesverband der Ortskranken- kassen „zugestimmt". Und selbst in dieser Formulierung steckt noch ei- ne rethorische Fälschung; denn der Bundesverband der Ortskranken- kassen kann doch korrekterweise nicht von seiner „Zustimmung"

sprechen, wenn er den Text, um den es geht, selbst hervorgezau- bert hat!

Die Wahrheit also: Weder die Er- satzkassen noch die Betriebs-, In- nungs- und Landwirtschaftlichen Krankenkassen haben dem Orts- krankenkassen-Papier zugestimmt.

„Noch nicht" zugestimmt könn- ten Skeptiker sagen, nachdem zumindest am 1. Oktober nichts dergleichen in Kraft getreten ist.

Aber selbst der Vertragspartner (den man ja eigentlich braucht, wenn man einen Vertrag abschlie- ßen will), die Deutsche Kranken- hausgesellschaft also, hat dem Orts- krankenkassen-Papier nicht vorbe- haltlos zugestimmt, sondern einen Gegenvorschlag gemacht: in Modell- versuchen erst einmal zu klären, ob sich auf des Bundesverbandes der Ortskrankenkassen Weise über- haupt jene Einsparungen erzielen lassen würden, die dieser Interes- senverband seinem Vorgehen ein- fach unterstellt hatte.

Alles in allem: ein bemerkenswer- ter Erfolg des Bundesverbandes der Ortskrankenkassen, seine Glaub- würdigkeit in Publizistik und Poli- tik abzubauen. hr

Die Information:

Bericht und Meinung

schon eingreifenden Vorhaben der Minister Pirkl und Arendt verschär- fen oder systemändernd ersetzen möchten, ließen die beiden Reprä- sentanten der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung keinen Zweifel daran, daß die von der freiberuflich täti- gen Ärzteschaft im Rahmen ih- rer Selbstverwaltung getroffenen Steuerungsmaßnahmen sich als wirksamer, nutzbringender und ko- stensparender erwiesen haben. Es ist nur zu hoffen, daß in den Parla- menten diese nachgewiesene Lei- stungsfähigkeit und die erklärte Leistungsbereitschaft für die Zu- kunft anerkannt werden, daß vorlie- gende und noch vorzulegende Ent- würfe zur Weiterentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung unter diesem Aspekt beurteilt und entschieden werden. Auch Sewe- ring und Muschallik äußerten Hoff- nung; sie wiesen dabei auch auf die Bedingungen hin, unter denen das derzeitige Kassenarztrecht funktioniert:

• „Wir hoffen, daß die Fraktionen des Deutschen Bundestages auch bei der parlamentarischen Bera- tung etwaige Versuche abwehren werden, den für die Funktionsfähig- keit der kassenärztlichen Versor- gung entscheidenden Sicherstel- lungsauftrag des Gesetzgebers an die Kassenärztlichen Vereinigun- gen aufzuweichen und zu verfäl- schen, der bekanntlich auf das engste mit den Vorschriften über die verbindliche Schlichtung bei Nichteinigung zwischen Kranken- kassen und Ärzten verbunden war und ist. Wir Ärzte haben uns stets mit voller Kraft für die gesetzliche Krankenversicherung eingesetzt.

Wir haben uns bei der Neufassung des Kassenarztrechts 1955 der ver- bindlichen Schlichtung unterwor- fen und durch den Verzicht auf Be- wegungs- und Handlungsfreiheit bei der Durchsetzung wirtschaftli- cher Forderungen den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung zu einem Hort der Sicherheit für unsere Mitbürger gemacht."

Mehr zu diesem Thema in der ne- benstehenden Glosse. NJ

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 43 vom 24. Oktober 1974 3059

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