A 2054 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 41|
12. Oktober 2012BÖRSEBIUS
Wie Ikarus
W
as ist bloß mit der Aktie von Solarworld los? Seit einigen Monaten kennt dieser Titel nur eine Richtung: nach unten. Von ehemals 50 Euro in der Spitze ging es stetig, gleichwohl quälend abwärts. Heute notiert die Aktie in der Gegend zwischen einem und zwei Euro auf Ramschniveau.Dabei gehörte der Titel noch vor nicht allzu langer Zeit zu den
„Highflyern“ an der Börse, wehe dem, der seinem Bankberater zu widersprechen wagte, der vollmun- dig tönte, mit dieser Aktie „genau aus der richtigen Branche“ seien Stürme gen Himmel möglich. Und das bewahrheitete sich am Anfang der Geschichte ja auch. Solarworld- Gründer Frank Asbeck wurde zu den besten Zeiten der Aktie gar als Sonnenkönig und Guru gefeiert.
Wer beim Geschichtsunterricht aufgepasst hat, kommt aber nicht umhin, eine gewisse Parallelität zum Absturz des Ikarus zu erken-
nen; mit dem Unterschied aller- dings, dass bei Solarworld noch kein kompletter Garaus zu ver - melden ist, wie schon bei etlichen anderen Titeln der Branche (Solar Millennium, Q-Cells, Solon).
Das niedrige Kursniveau der Ak- tie lockt mittlerweile sogar den ei- nen oder anderen Investor zu einem Einstieg oder Wiedereinstieg. Man- che haben auch die aus ihrer Sicht glorreiche Idee, durch Zukäufe be- reits eingetretene Verluste optisch zu verbilligen. Ein solcher Ent- schluss sollte nur nach einer gründ- lichen Situationsanalyse getroffen werden. Bei Solarworld sieht es derzeit alles andere als gut aus. Der letzte Sechsmonatsbericht brachte dem Konzern einen tiefroten Ver- lust von 143,8 Millionen Euro ein, und für das gesamte Jahr kann es durchaus noch viel schlimmer kom- men. Konzernchef Asbeck, gleich- zeitig Großaktionär, wird nicht müde, das katastrophale Ergebnis
mit dem Preisdumping der chine - sischen Konkurrenz zu erklären.
Auch an den Politikern lässt Asbeck kein gutes Wort, „politisch bedingt“
sei die Nachfrage nach Dachanla- gen spürbar zurückgegangen.
Mit dieser Vernebelungstaktik macht es sich Asbeck aber ziemlich einfach. Schon im Vorjahr belief sich der Verlust bei Solarworld auf 299 Millionen Euro, was den Kon- zernlenker aber nicht daran hinder- te, eine Dividende auszuschütten, von der er als Großaktionär mit 2,8 Millionen Euro noch üppig pro- fitierte. Saßen da die preisdumpen- den Chinesen etwa noch hinter den Büschen? Die Wahrheit ist, dass es weltweit einfach zu viele Kapazitä- ten gibt und genau darauf hätte Solarworld mit geeigneten Anpas- sungsmaßnahmen reagieren müs- sen. Und nicht mit einer fragwürdi- gen Ausschüttung.
„Mit uns wird Sonne Strom“, so lautet die vielbeschworene Werbe- botschaft des Bonner Energiekon- zerns. Richtig, aber eben viel zu teuer. Solange sich daran nichts ändert, gibt es auch keinen Grund, die Aktie zu kaufen. Höchstens für Zocker. Ikarus lässt grüßen.