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Holomorphe Funktionen

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Academic year: 2021

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(1)

Kapitel I

Holomorphe Funktionen

§1 Potenzreihen

Definition.

Sei f a (z) =

X

n=0

c n (z − a) n eine Potenzreihe mit Entwicklungspunkt a. Die Zahl R := sup{r ≥ 0 | ∃ z ∈ C , so daß f a (z) konvergent und r =

z − a ist.}

heißt Konvergenzradius der Potenzreihe. Der Fall R = 0 ist auch zugelassen! Ist f a (z) auf ganz C konvergent, so setzt man R := +∞.

I.1.1 Satz. R sei der Konvergenzradius der Potenzreihe f a (z). Dann gilt:

1. F¨ ur 0 < r < R konvergiert f a (z) auf D r (a) absolut und gleichm¨ aßig.

2. Auf dem Konvergenzkreis konvergiert f a kompakt gegen eine stetige Funktion.

3. Ist

z − a

> R, so divergiert f a (z).

I.1.2 Formel von Cauchy-Hadamard. Sei f (z) =

X

n=0

c n z n eine Potenzreihe und c := lim

n

q c n

.

Dann gilt f¨ ur den Konvergenzradius R der Potenzreihe:

1. Wenn c eine endliche Zahl > 0 ist, dann ist R = 1 c . 2. Wenn c = ∞ ist, dann ist R = 0.

3. Wenn c = 0 ist, dann ist R = ∞.

Wichtige Beispiele von Potenzreihen:

exp(z) =

X

n=0

z n n! , sin(z) =

X

n=0

(−1) n z 2n+1 (2n + 1)!

und cos(z) =

X

n=0

(−1) n z 2n

(2n)! .

(2)

2 KAPITEL I HOLOMORPHE FUNKTIONEN

I.1.3 Eulersche Formel. Es ist

exp(iz) = cos(z) + i sin(z) , f¨ ur alle z ∈ C .

I.1.4 Folgerung. Es ist exp(z + 2πi) = exp(z), f¨ ur alle z ∈ C .

Aus der Eulerschen Formel kann man weitere Relationen ableiten, wie z.B.:

cos(z) = 1

2 (e iz + e −iz ) und sin(z) = 1

2i (e iz − e −iz ).

§2 Komplexe Differenzierbarkeit

I.2.1 Satz. Folgende Aussagen sind ¨ aquivalent:

1. f ist in z 0 reell differenzierbar und die (reelle) Ableitung Df (z 0 ) : C → C ist C - linear.

2. Es gibt eine in z 0 stetige Funktion ∆ : G → C , so daß f¨ ur alle z ∈ G gilt:

f(z) = f (z 0 ) + ∆(z) · (z − z 0 ).

3. Es existiert der Grenzwert lim

z→z0 z6=z0

f (z) − f (z 0 ) z − z 0 .

4. f = g + ih ist in z 0 reell differenzierbar und es gelten die

Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen:

g x = h y , g y = −h x .

Definition.

Die Funktion f : G → C heißt in z 0 komplex differenzierbar, wenn eine der ¨ aquiva- lenten Bedingungen des vorigen Satzes erf¨ ullt ist.

Die komplexe Zahl f 0 (z 0 ) := Df(z 0 )(1) nennt man die (komplexe) Ableitung von f in z 0 .

f heißt auf G komplex differenzierbar, wenn f in jedem Punkt z ∈ G komplex

differenzierbar ist.

(3)

§ 2 Komplexe Differenzierbarkeit 3

Beispiel :

Sei f (z) := zz. Dann ist f (z) − f(0) = z · (z − 0). Also ist f in z 0 := 0 kom- plex differenzierbar und f 0 (0) = 0. Sie ist aber in keinem Punkt z 0 6= 0 komplex differenzierbar, denn sonst w¨ are dort auch die Funktion

k(z) := z = 1 z · f (z) komplex differenzierbar

I.2.2 Satz. Sei G ⊂ C ein Gebiet, z 0 ∈ G und f : G → C reell differenzierbar. Dann gibt es eindeutig bestimmte komplexe Zahlen f z (z 0 ) und f z (z 0 ), so daß gilt:

Df (z 0 )(h) = f z (z 0 ) · h + f z (z 0 ) · h.

Definition.

Die Zahlen ∂f

∂z (z 0 ) := f z (z 0 ) und ∂f

∂z (z 0 ) := f z (z 0 ) nennt man die Wirtinger- Ableitungen von f nach z und z.

I.2.3 Satz (Wirtinger-Kalk¨ ul).

Sei G ⊂ C ein Gebiet, z 0 ∈ G und f : G → C in z 0 reell differenzierbar. Dann gilt:

1. f z = 1 2 (f x − if y ) und f z = 1 2 (f x + if y ) (in z 0 ).

2. f ist genau dann in z 0 komplex differenzierbar, wenn f z (z 0 ) = 0 ist.

3. f z (z 0 ) = (f ) z (z 0 ) und f z (z 0 ) = (f) z (z 0 ).

4. Die Ableitungen f 7→ f z (z 0 ) und f 7→ f z (z 0 ) sind C -linear und erf¨ ullen die Produkt- regel.

5. H¨ ohere Wirtinger-Ableitungen werden wie ¨ ublich induktiv definiert. Insbesondere gilt f¨ ur 2× stetig differenzierbares f: f zz = 1 4 (f xx + f yy ).

6. Ist α : I → G ein differenzierbarer Weg mit α(t 0 ) = z 0 , so ist (f ◦ α) 0 (t 0 ) = f z (z 0 ) · α 0 (t 0 ) + f z (z 0 ) · α 0 (t 0 ).

Definition.

Eine Funktion f heißt in z 0 ∈ C holomorph, wenn sie in einer offenen Umgebung U = U (z 0 ) ⊂ C definiert und komplex differenzierbar ist.

Komplexe Polynome sind auf ganz C holomorph. Eine durch eine Potenzreihe definierte Funktion ist auf dem Konvergenzkreis der Reihe holomorph. Die Funktion f (z) := zz ist zwar in z = 0 komplex differenzierbar, aber nirgends holomorph!

Auf Gebieten in C stimmen die Begriffe

” holomorph auf G“ und

” komplex differenzierbar

auf G “ ¨ uberein.

(4)

4 KAPITEL I HOLOMORPHE FUNKTIONEN

I.2.4 Satz. Sei G ⊂ C ein Gebiet und f : G → C holomorph.

1. Nimmt f nur reelle oder nur rein imagin¨ are Werte an, so ist f konstant.

2. Ist f

konstant, so ist auch f konstant.

Definition.

Sei G ⊂ C ein Gebiet. Eine zweimal stetig differenzierbare Funktion f : G → R heißt harmonisch, wenn f xx + f yy = 0 ist.

Der Differentialoperator ∆ : f 7→ f xx + f yy heißt Laplace-Operator.

Sei nun f = g + ih : G → C eine komplexwertige und zweimal stetig reell differenzierbare Funktion. Ist f außerdem einmal komplex differenzierbar, so gelten die CR-DGLn : g x = h y und g y = −h x . Daraus folgt:

g xx + g yy = h yx − h xy = 0 und h xx + h yy = −g yx + g xy = 0.

Re (f) und Im (f) sind jeweils harmonisch!

I.2.5 Satz. Sei g : G → R eine harmonische Funktion. Dann gibt es zu jedem Punkt z 0 ∈ G eine offene Umgebung U = U (z 0 ) ⊂ G und eine holomorphe Funktion f : U → C , so daß g| U = Re (f) ist.

Beweis: Wir suchen eine in der N¨ ahe von z 0 definierte und zweimal stetig differen- zierbare reellwertige Funktion h mit g x = h y und g y = −h x . Wegen der ersten Gleichung wird man es mit einer Stammfunktion

h(x + iy) = Z

g x (x + iy) dy + C

versuchen. Dabei ist aber zu beachten, daß die Integrationskonstante C noch von x

abh¨ angen kann. Wie sie zu w¨ ahlen ist, sollte sich aus der zweiten zu erf¨ ullenden Glei-

chung ergeben.

(5)

Kapitel II

Integration im Komplexen

§1 Der Satz von Goursat

Definition.

Sei G ⊂ C ein Gebiet, f : G → C eine stetige komplexwertige Funktion und α : [a, b] → G ein Integrationsweg (also st¨ uckweise stetig differenzierbar). Dann wird das komplexe Kurvenintegral von f ¨ uber α definiert durch

Z

α

f (z) dz :=

Z b a

f (α(t)) · α 0 (t) dt.

II.1.1 Satz. Es gilt die

” Standardabsch¨ atzung“:

Z

α

f (z) dz

≤ L(α) · max

z∈

α f (z)

,

wobei L(α) = Z b

a

α 0 (t)

dt die L¨ ange von Beispiel :

Ist α(t) := z 0 + r · e it (f¨ ur 0 ≤ t ≤ 2π) die ¨ ubliche Parametrisierung einer Kreislinie mit Radius r um z 0 , so ist

Z

α

1

z − z 0 dz = Z 2π

0

1

r e −it · r ie it dt

= i · Z 2π

0

dt = 2πi,

und f¨ ur n 6= −1 Z

α

(z − z 0 ) n dz = Z 2π

0

(re it ) n · rie it dt

= r n+1 i · Z 2π

0

e i(n+1)t dt

= r n+1 i ·

1

i(n + 1) e i(n+1)t

0 = 0.

(6)

6 KAPITEL II INTEGRATION IM KOMPLEXEN

Definition.

Sei G ⊂ C ein Gebiet und f : G → C stetig. Eine Stammfunktion von f ist eine holomorphe Funktion F : G → C mit F 0 = f .

II.1.2 Satz. Sei G ⊂ C ein Gebiet, f : G → C eine stetige Funktion. Dann sind folgende Aussagen ¨ aquivalent:

1. f besitzt auf G eine Stammfunktion.

2. Ist α : [a, b] → G ein Integrationsweg und p := α(a), q := α(b), so h¨ angt das Integral Z

α

f(z) dz nur von p und q und nicht von α ab.

3.

Z

α

f(z) dz = 0 f¨ ur jeden geschlossenen Integrationsweg α in G.

II.1.3 Satz. Sei G ⊂ C ein bez¨ uglich a ∈ G sternf¨ ormiges Gebiet, f : G → C stetig.

Dann sind folgende Aussagen ¨ aquivalent:

1. f besitzt auf G eine Stammfunktion.

2.

Z

∂∆

f(z) dz = 0 f¨ ur jedes abgeschlossene Dreieck ∆ ⊂ G, das a als Eckpunkt hat.

II.1.4 Satz von Goursat. Sei G ⊂ C ein Gebiet, f : G → C eine holomorphe Funktion und 4 ⊂ G ein abgeschlossenes Dreieck. Dann gilt:

Z

∂4

f(z) dz = 0.

Beweis-Idee: Man konstruiert eine Folge von Dreiecken

∆ = ∆ (0) ⊃ ∆ (1) ⊃ ∆ (2) ⊃ . . . mit

Z

∂∆

f(z) dz

≤ 4 n ·

Z

∂∆

(n)

f (z) dz

und L(∂∆ (n) ) = 2 −n · L(∂∆).

Im Durchschnitt aller dieser Dreiecke liegt genau ein Punkt z 0 .

Man schreibt nun f (z) = f(z 0 ) + (z −z 0 ) ·(f 0 (z 0 ) + A(z)), mit einer in z 0 stetigen und dort verschwindenden Funktion A. Weil eine affin-lineare Funktion immer eine Stammfunktion besitzt und dann das Integral dar¨ uber und ¨ uber einen geschlossenen Weg verschwindet, ergibt sich:

Z

∂∆

(n)

f(z) dz =

Z

∂∆

(n)

(z − z 0 ) · A(z) dz

≤ L(∂∆) 2 · max

∂∆

(n)

A(z)

.

F¨ ur n → ∞ strebt die rechte Seite gegen 0.

(7)

§ 1 Der Satz von Goursat 7

II.1.5 Cauchyscher Integralsatz. Sei G ⊂ C ein sternf¨ ormiges Gebiet, f : G → C stetig und bis auf endlich viele Punkte holomorph. Dann gilt f¨ ur jeden geschlossenen Integrationsweg α in G :

Z

α

f (z) dz = 0.

C = C \ {0} ist ein Gebiet, aber nicht sternf¨ ormig. Tats¨ achlich ist der Cauchysche Integralsatz nicht anwendbar, es ist z.B.

Z

∂D

1

(0)

1

z dz = 2π i 6= 0.

Setzen wir aber R := {x ∈ R | x < 0}, so ist die

” geschlitzte Ebene“ G 0 := C \ R sternf¨ ormig (etwa bzgl. a = 1 ). Also gibt es auf G 0 f¨ ur f(z) := 1

z eine Stammfunktion:

F (z) :=

Z z 1

dζ ζ .

Das Integral kann dabei ¨ uber jeden Weg zwischen 1 und z erstreckt werden, der ganz in G 0 verl¨ auft, also z.B. ¨ uber die Verbindungsstrecke. Der Cauchysche Integralsatz sagt, daß das Ergebnis nicht vom Weg abh¨ angt.

Definition.

log(z) :=

Z z 1

ζ (f¨ ur z ∈ C \ R ) heißt Logarithmusfunktion.

II.1.6 Satz. Sei a ∈ R beliebig und S a := {z ∈ C | a ≤ Im (z) < a + 2π}.

Dann ist exp : S a → C bijektiv. Dabei wird die Gerade {z ∈ C | Im (z) = a} auf den Strahl R + · e ia abgebildet.

a a + 2π

Re (z) Im (z)

S a

exp R + · e ia

Definition.

log (a) := (exp

S

a

) −1 : C \ R + e ia

S a

heißt der durch a bestimmte Logarithmuszweig.

(8)

8 KAPITEL II INTEGRATION IM KOMPLEXEN

II.1.7 Satz. Ist z = r · e it , mit a < t < a + 2π, so ist log (a) (z) definiert, und es gilt log (a) (z) = ln(r) + it.

Insbesondere ist log(z) = log (−π) (z), falls z 6∈ R ist. Man nennt log(z) auch den Hauptzweig des Logarithmus.

Behauptung:

1. Durch L(z) :=

X

n=1

(−1) n−1

n (z − 1) n wird auf D 1 (1) eine holomorphe Funktion defi- niert.

2. F¨ ur

z − 1

< 1 ist L(z) = log(z).

Mit Hilfe der Logarithmusfunktion k¨ onnen wir auch beliebige Potenzen in C definieren:

Definition.

F¨ ur komplexe Zahlen z und w mit z 6= 0 setzt man z w := exp(w · log(z)).

Dabei kann der Exponent w beliebig gew¨ ahlt werden. z muß im Definitionsbe- reich des verwendeten Logarithmuszweiges liegen. Normalerweise benutzt man den Hauptzweig, dann darf z nicht in R liegen.

Beispiel :

Was ist i i ? Benutzen wir die Beziehung i = e i

π2

und den Hauptzweig des Logarith- mus, so folgt:

i i = exp(i · log (−π) (e i

π2

)) = exp(i · i π

2 ) = e −π/2 = 0.207879 . . . Es kommen aber noch unendlich viele andere Werte in Frage, n¨ amlich

exp(i · (i π

2 + 2πki)) = e −π/2−2πk , k ∈ Z .

§2 Die Cauchyschen Integralformeln

II.2.1 Die Cauchysche Integralformel. Sei G ⊂ C ein Gebiet, f : G → C holo- morph, z 0 ∈ G und r > 0, so daß D := D r (z 0 ) ⊂⊂ G ist.

Dann gilt f¨ ur alle z ∈ D :

f(z) = 1 2π i

Z

∂D

f (ζ)

ζ − z dζ.

(9)

§ 2 Die Cauchyschen Integralformeln 9

II.2.2 Entwicklungssatz von Cauchy. Sei G ⊂ C ein Gebiet, f : G → C holo- morph und z 0 ∈ G. Ist R > 0 der Radius der gr¨ oßten (offenen) Kreisscheibe um z 0 , die noch in G hineinpaßt, so gibt es eine Potenzreihe

p(z) =

X

n=0

a n (z − z 0 ) n ,

die f¨ ur jedes r mit 0 < r < R auf D r (z 0 ) absolut und gleichm¨ aßig gegen f (z) konvergiert.

Außerdem ist dann

a n = 1 2πi

Z

∂D

r

(z

0

)

f (ζ)

(ζ − z 0 ) n+1 dζ, wobei r mit 0 < r < R beliebig gew¨ ahlt werden kann.

II.2.3 Folgerung (H¨ ohere Cauchysche Integralformeln). Sei G ⊂ C ein Ge- biet und f : G → C holomorph. Dann ist f auf G beliebig oft komplex differenzierbar, und f¨ ur z ∈ G und D r (z) ⊂⊂ G ist

f (k) (z) = k!

2πi Z

∂D

r

(z)

f (ζ)

(ζ − z) k+1 dζ f¨ ur k ∈ N 0 .

Definition.

f heißt auf G analytisch, wenn f in jedem Punkt von G in eine Potenzreihe entwi- ckelbar ist.

II.2.4 Satz von Morera. Sei G ⊂ C ein Gebiet, f : G → C stetig und Z

∂4

f (z) dz = 0 f¨ ur jedes abgeschlossene Dreieck 4 ⊂ G. Dann ist f holomorph auf G.

II.2.5 Theorem. Sei G ⊂ C ein Gebiet. Folgende Aussagen ¨ uber eine Funktion f : G → C sind ¨ aquivalent:

1. f ist reell differenzierbar und erf¨ ullt die Cauchyschen DGLn.

2. f ist komplex differenzierbar.

3. f ist holomorph.

4. f ist beliebig oft komplex differenzierbar.

5. f ist analytisch.

6. f ist stetig und besitzt lokal immer eine Stammfunktion.

7. f ist stetig, und es ist Z

∂4

f (z) dz = 0 f¨ ur jedes abgeschlossene Dreieck 4 in G.

(10)

10 KAPITEL II INTEGRATION IM KOMPLEXEN

II.2.6 Riemannscher Hebbarkeitssatz. Sei G ⊂ C ein Gebiet, z 0 ∈ G und f auf G \ {z 0 } holomorph. Bleibt f in der N¨ ahe von z 0 beschr¨ ankt, so gibt es eine holomorphe Funktion f b auf G, die auf G \ {z 0 } mit f ¨ ubereinstimmt.

II.2.7 Identit¨ atssatz. Sei G ⊂ C ein Gebiet (hier ist wichtig, daß G zusammen- h¨ angend ist!). F¨ ur zwei holomorphe Funktionen f, g : G → C ist ¨ aquivalent:

1. f(z) = g(z) f¨ ur alle z ∈ G.

2. f(z) = g(z) f¨ ur alle z aus einer Teilmenge M ⊂ G, die wenigstens einen H¨ aufungs- punkt in G hat.

3. Es gibt einen Punkt z 0 ∈ G, so daß f (k) (z 0 ) = g (k) (z 0 ) f¨ ur alle k ∈ N 0 ist.

II.2.8 Maximumprinzip. Sei G ⊂ C ein Gebiet und f : G → C holomorph. Besitzt

f

in G ein lokales Maximum, so ist f konstant.

II.2.9 Folgerung. Ist G ⊂ C ein beschr¨ anktes Gebiet, f : G → C stetig und holo- morph auf G, so nimmt

f

sein Maximum auf dem Rand von G an.

II.2.10 Satz von Liouville. Ist f auf ganz C holomorph und beschr¨ ankt, so ist f konstant.

II.2.11 Fundamentalsatz der Algebra.

Jedes nicht konstante Polynom besitzt eine Nullstelle in C .

II.2.12 Konvergenzsatz von Weierstraß. Ist (f n ) eine Folge von holomorphen Funktionen auf einem Gebiet G, die auf G kompakt gegen eine Grenzfunktion f kon- vergiert, so ist auch f holomorph, und f¨ ur alle k ∈ N konvergiert (f n (k) ) auf G kompakt gegen f (k) .

Definition.

1. Seien B 1 , B 2 zwei offene Mengen in C , f : B 1 → C holomorph mit f(B 1 ) = B 2 . f heißt biholomorph, falls f sogar bijektiv und f −1 holomorph ist.

2. Eine holomorphe Funktion f : G → C heißt in z 0 ∈ G lokal biholomorph, falls es eine offene Umgebung U = U (z 0 ) ⊂ G und eine offene Teilmenge V ⊂ C gibt, so daß f | U : U → V biholomorph ist.

II.2.13 Satz.

f : G → C ist genau dann in z 0 ∈ G lokal biholomorph, wenn f 0 (z 0 ) 6= 0 ist.

II.2.14 Satz. Sei G ⊂ C ein Gebiet, z 0 ∈ G und f : G → C holomorph und nicht konstant.

Ist f(z 0 ) = 0, so gibt es ein k > 0, eine offene Umgebung U = U (z 0 ) ⊂ G und eine

holomorphe Funktion g : U → C , so daß gilt:

(11)

§ 3 Die Umlaufszahl 11

1. f(z) = (z − z 0 ) k · g(z) f¨ ur z ∈ U . 2. g(z 0 ) 6= 0

Die Zahl k ist eindeutig bestimmt durch

f(z 0 ) = f 0 (z 0 ) = . . . = f (k−1) (z 0 ) = 0 und f (k) (z 0 ) 6= 0.

II.2.15 Folgerung (Satz von der Gebietstreue). Ist G ⊂ C ein Gebiet und f : G → C eine nicht konstante holomorphe Abbildung, so ist auch f (G) ein Gebiet.

Erstaunlich ist auch:

II.2.16 Satz. Sei G ⊂ C ein Gebiet, f : G → C holomorph und injektiv. Dann ist f 0 (z) 6= 0 f¨ ur alle z ∈ G, also insbesondere f : G → f(G) biholomorph.

§3 Die Umlaufszahl

Bemerkung : F¨ ur einen Weg α bezeichnen wir den Anfangs- bzw. Endpunkt von α mit z A (α) bzw. z E (α).

Eine 1-Kette in einem Gebiet G ist eine formale Linearkombination Γ =

N

X

i=1

n i α i von Wegen α i in G mit ganzzahligen Koeffizienten n i .

Γ heißt ein Zyklus, falls jeder Punkt von G gleich oft als Anfangs- und als Endpunkt irgendwelcher α i auftritt. Dabei sind die Vielfachheiten zu ber¨ ucksichtigen.

II.3.1 Satz. Sei G ⊂ C ein Gebiet, f : G → C holomorph. f besitzt genau dann auf G eine Stammfunktion, wenn gilt:

Z

Γ

f (z) dz = 0 f¨ ur jeden Zyklus Γ in G.

Definition.

Sei Γ =

N

X

i=1

n i α i eine Kette in C und z 6∈

Γ

. Dann definiert man:

n(Γ, z) := 1 2πi

Z

Γ

ζ − z = 1 2π i

N

X

i=1

n i Z

α

i

dζ ζ − z .

II.3.2 Satz. Ist Γ ein Zyklus und z 0 6∈

Γ

, so ist n(Γ, z 0 ) ∈ Z .

(12)

12 KAPITEL II INTEGRATION IM KOMPLEXEN

Beweis-Idee: Um n(Γ, z 0 ) zu berechnen, benutzt man Logarithmusfunktionen als Stamm- funktionen von 1

z − z 0 . Das geht aber nicht global, und bei jedem Wechsel der Logarith- musfunktion kann ein Vielfaches von 2π i als zus¨ atzlicher Summand auftreten. Summiert man nach Durchlaufen des Weges alle Korrekturterme auf und teilt durch 2π i, so bleibt eine ganze Zahl ¨ ubrig.

Definition.

1. Ist Γ ein Zyklus und z 0 6∈

Γ

, so heißt n(Γ, z 0 ) die Umlaufszahl von Γ bzgl.

z 0 .

2. Sei B ⊂ C offen, z 0 ∈ B. Dann heißt

C B (z 0 ) := {z ∈ B | ∃ stetiger Weg von z 0 nach z in B. } die Zusammenhangskomponente von z 0 in B .

II.3.3 Satz. Sei Γ ein Zyklus in C . Dann enth¨ alt C \ Γ

genau eine unbeschr¨ ankte Zusammenhangskomponente. Die Umlaufszahl n(Γ, z) ist auf jeder Zusammenhangskom- ponente konstant und verschwindet auf der unbeschr¨ ankten Komponente.

Diese Tatsache kann man ausnutzen, um die Umlaufszahlen geometrisch zu bestimmen.

Außen ist sie Null. ¨ Uberschreitet man den Weg, so erh¨ oht sich die Umlaufszahl um 1, wenn der Weg von links kommt, und sie sinkt um 1, wenn der Weg von rechts kommt.

Definition.

Sei B ⊂ C offen. Ein Zyklus Γ in B heißt nullhomolog in B, falls n(Γ, z) = 0 f¨ ur jeden Punkt z ∈ C \ B ist.

II.3.4 Allgemeiner Cauchyscher Integralsatz. Sei B ⊂ C offen, f : B → C holomorph und Γ ein nullhomologer Zyklus in B. Dann gilt:

1.

Z

Γ

f(z) dz = 0.

2. Ist z ∈ B \ Γ

und k ∈ N 0 , so ist

n(Γ, z) · f (k) (z) = k!

2π i Z

Γ

f(ζ) (ζ − z) k+1 dζ.

Definition.

Ein Gebiet G ⊂ C heißt einfach zusammenh¨ angend, falls jeder Zyklus in G nullho- molog in G ist.

Anschaulich bedeutet das, daß G keine

” L¨ ocher“ hat.

(13)

§ 3 Die Umlaufszahl 13

II.3.5 Folgerung. Ist G ein einfach zusammenh¨ angendes Gebiet, so ist Z

Γ

f(z) dz = 0

f¨ ur jede holomorphe Funktion f auf G und jeden Zyklus Γ in G.

II.3.6 Satz. Sei G ⊂ C ein Gebiet. Dann sind folgende Aussagen ¨ aquivalent:

1. G ist einfach zusammenh¨ angend.

2.

Z

Γ

f(z) dz = 0 f¨ ur jeden Zyklus Γ in G und jede holomorphe Funktion f auf G.

3. Jede holomorphe Funktion auf G besitzt eine Stammfunktion.

4. Ist f : G → C holomorph und ohne Nullstellen, so gibt es eine holomorphe Funktion

q auf G mit exp ◦q = f .

(14)

Kapitel III

Isolierte Singularit¨ aten

§1 Die Laurent-Entwicklung

Definition.

Sei U ⊂ C offen, z 0 ∈ U und f : U \ {z 0 } → C holomorph. Dann nennt man z 0 eine isolierte Singularit¨ at von f .

Definition.

Sei U ⊂ C offen und f holomorph auf U, bis auf eine isolierte Singularit¨ at in einem Punkt z 0 ∈ U .

1. z 0 heißt eine hebbare Singularit¨ at von f , wenn es eine holomorphe Funktion f b auf U gibt, so daß f(z) = f b (z) f¨ ur z ∈ U \ {z 0 } ist.

2. z 0 heißt eine Polstelle von f , wenn es ein k ≥ 1, eine Umgebung W = W (z 0 ) ⊂ U und eine auf W holomorphe Funktion g mit g(z 0 ) 6= 0 gibt, so daß gilt:

f (z) = 1

(z − z 0 ) k · g(z) f¨ ur z ∈ W \ {z 0 }.

Die Zahl k heißt dann die Polstellenordnung von f in z 0 .

3. z 0 heißt eine wesentliche Singularit¨ at von f, wenn z 0 weder hebbar noch eine Polstelle ist.

III.1.1 Satz. Sei z 0 eine isolierte Singularit¨ at von f.

1. z 0 ist genau dann eine hebbare Singularit¨ at, wenn f in der N¨ ahe von z 0 beschr¨ ankt bleibt.

2. Eine Polstelle liegt genau dann in z 0 vor, wenn lim

z→z

0

f(z)

= +∞ ist.

III.1.2 Satz von Casorati-Weierstraß. f hat in z 0 genau dann eine wesentliche (isolierte) Singularit¨ at, wenn f (z) in jeder Umgebung von z 0 jedem beliebigen Wert beliebig nahe kommt.

Das Kriterium bedeutet: Ist w 0 ∈ C ein beliebig vorgegebener Wert, so gibt es eine Folge von Punkten (z n ) mit lim

n→∞ z n = z 0 und lim

n→∞ f (z n ) = w 0 .

(15)

§ 1 Die Laurent-Entwicklung 15

Beispiele :

1. Sei f (z) := z

sin z f¨ ur z

< π und z 6= 0. Es ist sin(0) = 0 und sin 0 (0) = cos(0) = 1, also sin(z) = z · h(z), mit einer nahe z 0 = 0 holomorphen Funktion h mit h(0) = 1.

Aus Stetigkeitsgr¨ unden gibt es dann ein kleines ε > 0, so daß

sin(z) z

=

h(z) >

1 − ε f¨ ur z nahe bei 0 und z 6= 0 ist.

Also ist f(z)

=

z sin(z)

< 1

1 − ε in der N¨ ahe von 0 beschr¨ ankt. (Die Absch¨ atzung gilt nat¨ urlich nur f¨ ur z 6= 0 ). Damit liegt eine hebbare Singularit¨ at vor. Der Wert, der in 0 erg¨ anzt werden muß, ist gegeben durch 1

h(0) = 1.

2. f(z) := 1

z hat offensichtlich in z = 0 eine Polstelle.

3. Sei f (z) := exp( 1

z ). In z 0 = 0 liegt eine isolierte Singularit¨ at vor.

Setzen wir z n := 1 n ein, so strebt f (z n ) = e n gegen ∞. Also kann die Singularit¨ at nicht hebbar sein.

Setzen wir dagegen z n := − 2πn 1 i ein, so erhalten wir f (z n ) = e 2πn·i = 1. Also strebt f(z n ) in diesem Fall nicht gegen ∞. Damit kann auch keine Polstelle vorliegen, die Singularit¨ at ist wesentlich!

Definition.

Eine Laurent-Reihe ist eine Reihe der Form L(z) =

X

n=−∞

a n (z − z 0 ) n .

Die Zahlen a n nennt man die Koeffizienten der Reihe, z 0 den Entwicklungspunkt.

H(z) :=

−1

X

n=−∞

a n (z − z 0 ) n

=

X

n=1

a −n (z − z 0 ) −n

= a −1

z − z 0

+ a −2

(z − z 0 ) 2 + · · · heißt Hauptteil der Reihe,

N (z) :=

X

n=0

a n (z − z 0 ) n

= a 0 + a 1 (z − z 0 ) + a 2 (z − z 0 ) 2 + · · ·

heißt Nebenteil der Reihe.

(16)

16 KAPITEL III ISOLIERTE SINGULARIT ¨ ATEN

Die Laurentreihe L(z) = H(z) + N (z) heißt konvergent (absolut konvergent, normal konvergent usw.), wenn Hauptteil und Nebenteil es jeweils f¨ ur sich sind.

III.1.3 Satz. Sei L(z) = H(z) + N (z) eine Laurentreihe mit Entwicklungspunkt z 0 , R > 0 der Konvergenzradius des Nebenteils N (z) und r > 0 der

” Konvergenzradius“ des Hauptteils, d.h. der Konvergenzradius der Potenzreihe

H(w) := e H( 1

w + z 0 ) = a −1 w + a −2 w 2 + · · · .

1. Ist r · R ≤ 1, so konvergiert L(z) auf keiner offenen Teilmenge von C . 2. Ist r · R > 1 und r := 1

r , so konvergiert L(z) auf dem Kreisring K r,R (z 0 ) := {z ∈ C | r <

z − z 0

< R}

absolut und im Inneren des Kreisringes gleichm¨ aßig gegen eine holomorphe Funkti- on.

III.1.4 Satz von der

” Laurent-Trennung“.

Sei f holomorph auf dem Ringgebiet K r,R (z 0 ) := {z ∈ C | r <

z − z 0

< R}. Dann gibt es eindeutig bestimmte holomorphe Funktionen

f + : D R (z 0 ) → C und f : C \ D r (z 0 ) → C mit

1. f + + f = f auf K r,R (z 0 ).

2.

f (z)

→ 0 f¨ ur z

→ ∞.

III.1.5 Folgerung. Sei f holomorph auf dem Ringgebiet K = K r,R (z 0 ). Dann l¨ aßt sich f auf K in eindeutiger Weise in eine Laurentreihe

L(z) =

X

n=−∞

a n (z − z 0 ) n

entwickeln. Die Reihe konvergiert im Innern von K absolut und gleichm¨ aßig gegen f.

F¨ ur jedes % mit r < % < R und jedes n ∈ Z ist a n = 1

2πi Z

∂D

%

(z

0

)

f(ζ)

(ζ − z 0 ) n+1 dζ.

(17)

§ 1 Die Laurent-Entwicklung 17

Beispiel :

Sei f (z) := 1 z(z − i) 2 .

Diese Funktion ist holomorph f¨ ur z 6∈ {0, i}.

s s i

0

Es gibt hier verschiedene Gebiete, in denen f in eine Laurentreihe entwickelt werden kann.

Im Kreisring K 0,1 (0) :

Wir wollen f nach Potenzen von 1 z entwickeln. Der erste Faktor hat schon die gew¨ unschte Gestalt, und f¨ ur den zweiten gibt es ein Kochrezept:

Will man – allgemein – eine Funktion der Gestalt 1

z − z 0 in eine Laurentreihe um a 6= z 0 entwickeln, so benutzt man den Trick mit der geometrischen Reihe. F¨ ur alle z mit

z − a <

z 0 − a ist

z − a z 0 − a

< 1, also

1

z − z 0 = 1

z − a − (z 0 − a)

= − 1

z 0 − a · 1 1 − z z−a

0

−a

= − 1

z 0 − a ·

X

n=0

z − a z 0 − a

n

.

Ist

z − a >

z 0 − a

, so geht man analog vor:

1

z − z 0 = 1

z − a · 1 1 − z z−a

0

−a

= 1

z − a ·

X

n=0

z 0 − a z − a

n

. Ist m ≥ 2, so ist

1

(z − z 0 ) m = (−1) m−1 (m − 1)! ·

1 z − z 0

(m−1) . Durch gliedweise Differentiation der Reihe f¨ ur 1

z − z 0 erh¨ alt man die Reihe f¨ ur die

m-ten Potenzen.

(18)

18 KAPITEL III ISOLIERTE SINGULARIT ¨ ATEN

Im vorliegenden Fall ist z 0 = i und a = 0, und daher 1

z − i = i ·

X

n=0

z i

n

und

1

(z − i) 2 = − 1

z − i 0

= −i ·

X

n=1

n z i

n−1

· 1 i = −

X

n=0

(n + 1) · z i

n

. Also ist

f (z) = − 1 z −

X

n=1

(n + 1)

i n z n−1 = − 1 z −

X

n=0

(n + 2) i n+1 z n . Im Kreisring K 1,∞ (0) :

Hier ist

1

z − i = 1 z ·

X

n=0

i z

n

=

X

n=1

i n−1 1 z n und

1

(z − i) 2 = − 1

z − i 0

= −

X

n=1

i n−1 (−n) 1 z n+1 =

X

n=1

i n−1 · n · 1 z n+1 . Also ist

f (z) =

X

n=1

i n−1 · n · 1 z n+2 =

X

n=3

i n−3 (n − 2) 1 z n =

−3

X

n=−∞

i −n−1 (n + 2)z n , wegen i −n−3 (−n − 2) = i −n−1 (n + 2).

Im Kreisring K 0,1 (i) :

Hier soll nach Potenzen von (z − i) entwickelt werden. Es ist 1

z = − 1

−i ·

X

n=0

z − i

−i n

=

X

n=0

(−i n+1 )(z − i) n , also

f (z) = 1

z · 1 (z − i) 2

=

X

n=0

(−i n+1 )(z − i) n−2

=

X

n=−2

(−i n+3 )(z − i) n

= −i

(z − i) 2 + 1 z − i +

X

n=0

i n+1 (z − i) n .

Wir k¨ onnten noch den Kreisring K 1,∞ (i) betrachten, aber darauf verzichten wir.

(19)

§ 1 Die Laurent-Entwicklung 19

III.1.6 Satz. Sei U ⊂ C eine offene Umgebung von z 0 und z 0 eine isolierte Singu- larit¨ at der holomorphen Funktion f : U \ {z 0 } → C . Auf einem Kreisring K 0,ε (z 0 ) besitze f die Laurententwicklung

f(z) =

X

n=−∞

a n (z − z 0 ) n . Dann gilt:

z 0 hebbar ⇐⇒ a n = 0 f¨ ur alle n < 0,

z 0 Polstelle ⇐⇒ ∃ n < 0 mit a n 6= 0 und a k = 0 f¨ ur k < n, z 0 wesentlich ⇐⇒ a n 6= 0 f¨ ur unendlich viele n < 0.

Beispiele :

1. sin z

z = 1 z ·

z − z 3

3! ± . . .

= 1 − z 2 3! ± . . .

besitzt keinen Hauptteil, hat also in z = 0 eine hebbare Singularit¨ at. Nat¨ urlich ist lim z→0

sin z z = 1.

2.

f(z) = 1 z(z − i) 2

hat eine Polstelle 1. Ordnung in 0 und eine Polstelle 2. Ordnung in i. Die n¨ otigen Laurentreihen haben wir schon ausgerechnet.

3.

e 1/z =

X

n=0

1

n! z −n = 1 + 1 z + 1

2z 2 + · · · hat in z = 0 eine wesentliche Singularit¨ at.

4.

f(z) := 1 sin z ist holomorph f¨ ur z 6= nπ, n ∈ Z .

Sei g(z) := sin z

z . Dann ist g holomorph und 6= 0 auf D π (0), mit g (0) = 1.

Aber dann ist auch 1

g holomorph auf D π (0), und man kann schreiben:

1 g(z) =

X

n=0

a n z n , mit a 0 = 1.

Also ist

f(z) = 1 z · 1

g(z) = 1 z +

X

n=0

a n+1 z n .

Das bedeutet, daß f in z = 0 eine Polstelle 1. Ordnung besitzt.

(20)

20 KAPITEL III ISOLIERTE SINGULARIT ¨ ATEN

Definition.

Sei B ⊂ C offen und D in B diskret. Eine holomorphe Funktion f : B \ D → C heißt eine meromorphe Funktion auf B , falls f in den Punkten von D h¨ ochstens Polstellen besitzt (also keine wesentlichen Singularit¨ aten).

§2 Der Residuensatz

Definition.

Sei B ⊂ C offen, z 0 ∈ B, f : B\{z 0 } → C holomorph und ε > 0, so daß D ε (z 0 ) ⊂⊂ B ist. Dann heißt

res z

0

(f ) := 1 2πi

Z

∂D

ε

(z

0

)

f(ζ) dζ

das Residuum von f in z 0 . Bemerkungen :

1. Das Residuum h¨ angt nicht von der Wahl des Radius ε ab. Das sieht man sofort mit Hilfe des Cauchyschen Integralsatzes.

2. z 0 braucht keine Singularit¨ at zu sein! Ist f in z 0 holomorph, so ist res z

0

(f ) = 0.

Auch das folgt aus dem Integralsatz.

3. In der Laurententwicklung von f um z 0 ist a −1 = 1

2π i Z

∂D

ε

(z

0

)

f(ζ) dζ = res z

0

(f ),

f¨ ur ein gen¨ ugend kleines ε. Das zeigt noch einmal, daß f nicht von dem gew¨ ahlten Radius abh¨ angt.

4. Es ist

res z

0

(a · f + b · g) = a · res z

0

(f) + b · res z

0

(g).

5. Ist F holomorph auf B \ {z 0 } und F 0 = f, so ist res z

0

(f) = 0. Das ist klar, denn das Integral ¨ uber eine abgeleitete Funktion und einen geschlossenen Weg verschwindet immer.

6. res z

0

1

z − z 0

= 1 und res z

0

1 (z − z 0 ) k

= 0 f¨ ur k ≥ 2.

7. Allgemeiner gilt: Hat f in z 0 eine einfache Polstelle, so ist res z

0

(f) = lim

z→z

0

(z − z 0 )f(z).

(21)

§ 2 Der Residuensatz 21

8. Und noch allgemeiner kann man zeigen:

Hat f in z 0 eine m-fache Polstelle, so ist res z

0

(f ) = 1

(m − 1)! lim

z→z

0

[(z − z 0 ) m f (z)] (m−1) .

9. Seien g und h holomorph nahe z 0 , g (z 0 ) 6= 0, h(z 0 ) = 0 und h 0 (z 0 ) 6= 0.

Dann ist res z

0

g h

= g(z 0 ) h 0 (z 0 ) . Beispiele :

1. Sei f (z) := e iz

z 2 + 1 = e iz (z − i)(z + i) .

f hat einfache Polstellen bei i und −i. Es ist res i (f ) = lim

z→i (z − i)f (z) = lim

z→i

e iz

z + i = − 1 2e i, und analog

res −i (f ) = lim

z→−i (z + i)f(z) = lim

z→−i

e iz z − i = e

2 i.

2. f(z) := z 2

1 + z 4 hat 4 einfache Nullstellen, insbesondere in z 0 := e (π/4)i = cos π

4 + i sin π 4 = 1

√ 2 (1 + i).

Mit g(z) := z 2 und h(z) := 1 + z 4 ist res z

0

(f) = g(z 0 )

h 0 (z 0 )

= z 0 2

4z 0 3 = 1 4z 0

= 1

4 e −(π/4)i = 1 4 √

2 (1 − i).

III.2.1 Der Residuensatz. Sei B ⊂ C offen, D ⊂ B diskret, Γ ein nullhomologer Zyklus in B mit

Γ

∩ D = ∅ und f : B \ D → C holomorph. Dann gilt:

1 2πi

Z

γ

f(ζ) dζ = X

z∈B

n(Γ, z) res z (f ).

(22)

22 KAPITEL III ISOLIERTE SINGULARIT ¨ ATEN

Bemerkung : Außerhalb einer kompakten Menge K ⊂ B ist n(Γ, z) = 0. Da K ∩ D endlich ist, gibt es h¨ ochstens endlich viele Punkte z ∈ B, in denen das Produkt n(Γ, z) · res z (f) nicht verschwindet. Also ist die Summe auf der rechten Seite der Gleichung sinn- voll.

III.2.2 Das Argument-Prinzip. Sei B ⊂ C offen und Γ ein nullhomologer Zyklus in B .

Weiter sei f auf B meromorph und nicht konstant, N die Menge der Nullstellen und P die Menge der Polstellen von f . Es sei

Γ

∩ (N ∪ P ) = ∅. Dann gilt:

1 2πi

Z

Γ

f 0 (ζ)

f(ζ) dζ = X

a∈N

n(Γ, a)o(f, a) − X

b∈P

n(Γ, b)o(f, b), wenn man mit o(f, z) die Null- bzw. Polstellenordnung von f in z bezeichnet.

§3 Integralberechnungen

Der Residuensatz erlaubt es, gewisse, analytisch schwer zu behandelnde reelle Integrale auf algebraischem Wege zu berechnen.

1. Trigonometrische Integrale:

Sei R(x, y) eine komplexwertige rationale Funktion. Wir wollen den Residuensatz anwen- den, um Integrale vom Typ

I :=

Z 2π 0

R(cos t, sin t) dt

zu berechnen. Zu diesem Zweck suchen wir eine holomorphe oder meromorphe Funktion f , so daß wir das fragliche Integral als komplexes Kurvenintegral auffassen k¨ onnen:

I = Z

γ

f (z) dz, mit γ(t) := e it , 0 ≤ t ≤ 2π.

Ist z = γ (t), so ist z = cos t + i sin t und z = 1

z . Damit ergibt sich:

cos t = 1 2 (z + 1

z ) und sin t = 1

2i (z − 1 z ).

Da γ 0 (t) = iγ(t) ist, folgt:

R(cos t, sin t) = 1 iγ(t) · R

1

2 (γ(t) + 1 γ(t) ), 1

2i (γ(t) − 1 γ(t) )

· γ 0 (t).

Setzen wir also

f (z) := 1 z · R

1 2 (z + 1

z ), 1

2i (z − 1 z )

,

(23)

§ 3 Integralberechnungen 23

so erhalten wir:

Z 2π 0

R(cos t, sin t) dt = 1 i

Z 2π 0

f (γ(t)) · γ 0 (t) dt

= 1 i

Z

γ

f (z) dz

= 2π · X

z∈D

1

(0)

res z (f ).

Beispiel : Sei I :=

Z 2π 0

dt

a + sin t , a > 1 reell. Hier ist R(x, y) = 1

a + y , also

f(z) = 1

z · 1

a + 2i 1 (z − 1 z ) = 2i

2aiz + z 2 − 1 = 2i

(z − z 1 )(z − z 2 ) , mit z 1,2 = i(−a ± √

a 2 − 1).

f hat zwei einfache Polstellen auf der imagin¨ aren Achse. Da a > 1 ist, ist (a − 1) 2 < a 2 − 1 < (a + 1) 2 , also a − 1 < √

a 2 − 1 < a + 1, und damit

−1 < −a + √

a 2 − 1 < 1, d.h. z 1 = i(−a + √

a 2 − 1) ∈ D 1 (0).

Andererseits ist

−a − √

a 2 − 1 =

a + √

a 2 − 1 ≥

a

> 1, also z 2 6∈ D 1 (0).

Dann folgt:

Z 2π 0

dt

a + sin t = 2π · res z

1

(f )

= 2π · lim

z→z

1

2i z − z 2

= 4πi

z 1 − z 2

= 4πi

2i √

a 2 − 1 = 2π

√ a 2 − 1 .

2. Uneigentliche rationale Integrale:

Nun wollen wir Integrale der Form I :=

Z ∞

−∞

f (x) dx

(24)

24 KAPITEL III ISOLIERTE SINGULARIT ¨ ATEN

betrachten, wobei f(x) = p(x)

q(x) sei, und p(x) und q(x) Polynome ohne reelle Nullstellen.

Dabei m¨ ussen wir erst einmal kl¨ aren, wann solche Integrale existieren.

Sind p(z) und q(z) Polynome mit deg(q) = deg(p) + k, k ≥ 0, so gibt es eine Konstante C > 0 und ein R > 0, so daß

p(z) q(z)

≤ C · 1 z

k

f¨ ur z

≥ R ist.

Ist k ≥ 2 und q(z) ohne reelle Nullstellen, so existiert das uneigentliche Integral Z ∞

−∞

p(x) q(x) dx.

Insbesondere ist dann lim

z→∞ f(z) = 0. Das bedeutet, daß es ein r > 0 gibt, so daß alle Polstellen von f (z) in D r (0) liegen, und das k¨ onnen nur h¨ ochstens endlich viele sein.

Wir betrachten nun den Weg γ, der aus der Strecke zwischen −r und r auf der reellen Achse und dem Halbkreis γ r (t) := re it , 0 ≤ t ≤ π, zusammengesetzt ist.

γ r

−r r

r r

r r r

r

r r r

Polstellen von f

Dann ist

Z

γ

r

f (z) dz + Z r

−r

f(x) dx = Z

γ

f (z) dz = 2π i · X

Im (z)>0

res z (f).

Man beachte, daß das Residuum h¨ ochstens in den Singularit¨ aten 6= 0 ist, die Summe auf der rechten Seite ist also immer eine endliche Summe!

Da f (z)

≤ C z

2 f¨ ur große z ist, folgt:

Z

γ

r

f(z) dz

≤ πr C

r 2 = πC

r → 0 f¨ ur r → ∞.

Also ist

Z ∞

−∞

f (x) dx = 2π i · X

Im (z)>0

res z (f) (oder = −2π i · X

Im (z)<0

res z (f) ).

Man kann sich fragen, ob wir die Existenz des Integrals bei dem gerade durchgef¨ uhrten

Grenz¨ ubergang nicht automatisch mitbewiesen haben. Leider ist das nicht der Fall.

(25)

§ 3 Integralberechnungen 25

Erinnerung:

C.H.

Z ∞

−∞

g(t) dt := lim

R→∞

Z R

−R

g (t) dt

heißt Cauchyscher Hauptwert des uneigentlichen Integrals. Er kann existieren, auch wenn das uneigentliche Integral divergiert. Wenn letzteres allerdings konvergiert, dann stimmt es mit dem Cauchyschen Hauptwert ¨ uberein.

Aus der obigen Rechnung kann man nur entnehmen, daß der Cauchysche Hauptwert exis- tiert, denn wir haben die Grenzen −r und +r gleichzeitig gegen ∞ gehen lassen. Deshalb waren die vorangegangenen Grad-Betrachtungen n¨ otig, um die Existenz des uneigentli- chen Integrals zu sichern.

Beispiel :

Wir wollen I :=

Z ∞

−∞

x 2

1 + x 4 dx berechnen.

Die Funktion f(z) := z 2

1 + z 4 hat Polstellen in den Punkten z k = ζ 4,k e iπ/4 = e i

π+2πk4

= cos( π + 2πk

4 ) + i sin( π + 2πk 4 ), f¨ ur k = 0, 1, 2, 3. Dabei ist Im (z k ) > 0 f¨ ur k = 0 und k = 1.

Da alle 4 Nullstellen von 1 + z 4 verschieden sind, liegen in z 0 = e iπ/4 = 1

√ 2 (1 + i) und z 1 = ie iπ/4 = 1

√ 2 (i − 1)

jeweils einfache Polstellen vor. Wie wir schon an fr¨ uherer Stelle gesehen haben, ist res z

0

(f) = z 0 2

4z 3 0 = 1 4 z ¯ 0 und res z

1

(f) = z 1 2

4z 3 1 = 1 4 z ¯ 1 , und demnach

I = 2πi 1

4 √

2 (1 − i) + 1 4 √

2 (−1 − i)

= πi 2 √

2 (−2i) = π

√ 2 . 3. Aus der Fourier-Theorie stammende Integrale

vom Typ

Z ∞

−∞

F (x)e ixt dx,

wobei F Einschr¨ ankung einer meromorphen Funktion auf C ist, mit endlich vielen Pol- stellen, so daß z · F (z) f¨ ur z → ∞ beschr¨ ankt bleibt. Dann gilt:

Z ∞

−∞

F (x)e ixt dx = 2π i · X

Im (z)>0

res z (F (z) · e izt ).

Die Existenz des Integrals ist auf jeden Fall gesichert.

(26)

Aufgaben

Aufgabe 1 :

Sei p(z) ein Polynom vom Grad n mit den (nicht notwendig verschiedenen) Null- stellen ζ 1 , . . . , ζ n . Zeigen Sie:

a) F¨ ur alle z ∈ C \ {ζ 1 , . . . , ζ n } ist p 0 (z) p(z) =

n

X

ν=1

z − ζ ν

z − ζ ν

2 .

b) Zu jeder Nullstelle ζ von p 0 gibt es nicht-negative reelle Zahlen λ 1 , . . . , λ n mit

n

X

i=1

λ i = 1 und ζ =

n

X

ν=1

λ ν ζ ν .

Aufgabe 2 :

Bestimmen Sie die Konvergenzradien der Reihen

X

n=1

(−1) n−1 z 2n−1 (2n − 1)! ,

X

n=1

n!z n ,

X

n=0

(−1) n (n+1)

z − 2 2

n

und

X

n=0

z 2n

c n , c 6= 0.

Aufgabe 3 :

Sei G := {z = x + iy | (x 6= 0 und y > 0) oder y > 1} und H + := {z | Im (z) > 0}

die obere Halbebene. Zeigen Sie, daß durch w = √

z 2 + 1 eine bijektive holomorphe Abbildung von G nach H + definiert wird. Bestimmen Sie die Umkehrfunktion! Ist die Umkehrfunktion wieder holomorph?

Aufgabe 4 :

Bestimmen Sie – wenn m¨ oglich – holomorphe Funktionen f (z) mit Re (f (x + iy)) = x 2 − 3x − y 2 bzw. Re (f (x + iy)) = 5e 3x cos(3y).

Geben Sie die L¨ osungen m¨ oglichst in komplexer Form an.

Aufgabe 5 :

a) Beweisen Sie das Minimumprinzip:

Sei G ⊂ C ein Gebiet und f : G → C eine holomorphe Funktion ohne Nullstel- len. Besitzt

f

in G ein lokales Minimum, so ist f konstant.

b) Sei nun G sogar ein beschr¨ anktes Gebiet, f : G → C stetig und auf G holo- morph. Zeigen Sie: Ist

f(z)

≡ c auf ∂G, so ist f konstant oder besitzt in G

eine Nullstelle.

(27)

27

Aufgabe 6 :

a) Sei G := {z ∈ C | Im (z) > 0 und z

< 1}.

Berechnen Sie Z

∂G

z

z dz.

b) Berechnen Sie Z

∂D

3

(0)

6z 2 z 2 + 10 dz.

c) Sei α ein Integrationsweg von 1 + i nach 2i. Berechnen Sie Z

α

cos((1 + i)z) dz.

Aufgabe 7 :

Der Weg α : [0, 4π] → C sei gegeben durch α(t) :=

1 + e i(t−π) f¨ ur 0 ≤ t ≤ 2π,

−1 + e i(4π−t) f¨ ur 2π < t ≤ 4π.

Berechnen Sie die Integrale Z

α

z 2 + z − 3

z 3 − z 2 − 2z + 2 dz und Z

α

z sin z dz.

Aufgabe 8 :

Sei α eine positiv orientierte Parametrisierung der durch

z + 2 +

z − 2 = 6 gegebenen Kurve. Berechnen Sie das Integral

Z

α

z 5

(z 2 − 1)(z + i) 2 dz.

Aufgabe 9 :

Berechnen Sie m¨ oglichst einfach:

a) Z

α

1

z 2 dz f¨ ur α(t) := 3 + i + 2e it , 0 ≤ t ≤ π, b)

Z

β

z · sin(z 2 + 1) dz f¨ ur β(t) := t + it 2 , 0 ≤ t ≤ 1, c)

Z

∂D

r

(0)

sin z

z 3 dz f¨ ur r > 0 und d)

Z

∂D

r

(0)

sin z

z 4 dz f¨ ur r > 0.

(28)

28 KAPITEL III AUFGABEN

Aufgabe 10 :

Bestimmen Sie alle isolierten Singularit¨ aten der folgenden Funktionen. Ermitteln Sie bei hebbaren Singularit¨ aten den zu erg¨ anzenden Wert und bei Polstellen die Ordnung.

a) f 1 (z) := z − π sin z , b) f 2 (z) := z 2 + i

z 4 + 1 , c) f 3 (z) := cos( 1

z ).

Aufgabe 11 :

Berechnen Sie die Laurentreihe von

f (z) = 1

(z + 2i) 2 f¨ ur z

> 2 und von f (z) = (z + i) cos 1

z − π im gr¨ oßten Kreisring um π, dessen innerer Radius = 0 ist.

Aufgabe 12 :

Entwickeln Sie f (z) := 1

(z + 1)(z + 2) im Kreisring {z : 2 <

z − 1

< 3} in eine Laurentreihe.

Aufgabe 13 :

Berechnen Sie die folgenden Residuen:

res 0 (e −1/z ), res z ( z

(z − 1)(z + 1) 2 ) f¨ ur z = ±1 und res −1

z 2 − 2z (z + 1) 2 (z 2 + 4)

.

Aufgabe 14 :

Berechnen Sie das Integral Z ∞

0

dx

x 6 + 1 mit Hilfe des Residuensatzes.

Aufgabe 15 :

Berechnen Sie das Integral Z 2π

0

3 − 2 cos θ + sin θ .

(29)

L¨ osungen

L¨ osung zu (1) :

Die Aufgabe wirkt durch den etwas l¨ angeren Text und ihre un¨ ubersichtliche Aussage schwerer als sie ist.

Aus den Voraussetzungen ergibt sich zun¨ achst:

p(z) = c · (z − ζ 1 ) · (z − ζ 2 ) · · · (z − ζ n ).

a) Beim Differenzieren von p muß man die Produktregel auf ein Produkt aus n Faktoren anwenden. Das erfordert so etwas wie einen trivialen Induktionsbeweis. Um diesen besonders ¨ ubersichtlich zu gestalten, kann man am besten p in der Form

p(z) = c · (z − ζ 1 ) · q(z) schreiben, mit

q(z) := (z − ζ 2 ) · · · (z − ζ n ).

q ist Polynom vom Grad n − 1 mit den Nullstellen ζ 2 . . . ζ n . Dann gilt f¨ ur die Ablei- tung von p:

p 0 (z) = c · q(z) + c · (z − ζ 1 ) · q 0 (z), also

p 0 (z)

p(z) = 1

z − ζ 1 + q 0 (z) q(z) . Induktiv folgt nun:

p 0 (z)

p(z) = 1 z − ζ 1

+ · · · + 1 z − ζ n

=

n

X

j=1

z − ζ j

(z − ζ j )(z − ζ j ) =

n

X

j=1

z − ζ j

|z − ζ j | 2 .

b) Eine Nullstelle ζ von p 0 kann auch Nullstelle von p sein, muß es aber nicht. Deshalb unterscheidet man am besten 2 F¨ alle:

1. ζ ist Nullstelle von p, d.h. ∃ j : ζ = ζ j .

Dann setze man ganz einfach λ j := 1 , λ ν := 0 , f¨ ur ν 6= j.

2. p(ζ) 6= 0

Da p 0 (ζ) = 0 sein soll, folgt aus a):

0 = p 0 (ζ) p(ζ) =

p 0 (ζ) p(ζ)

=

n

X

ν=1

ζ − ζ ν

|ζ − ζ ν | 2 =

n

X

ν=1

ζ

|ζ − ζ ν | 2

n

X

ν=1

ζ ν

|ζ − ζ ν | 2

= k · ζ −

n

X

ν=1

k ν · ζ ν mit k :=

n

X

ν=1

1

|ζ − ζ ν | 2 > 0 , k ν := 1

|ζ − ζ ν | 2 > 0

Also gilt:

(30)

30 KAPITEL III L ¨ OSUNGEN

ζ =

n

X

ν=1

k ν

k

|{z}

=:λ

ν

>0

· ζ ν ,

und offensichtlich ist

n

X

ν=1

λ ν = 1.

L¨ osung zu (2) : 1) Es ist f 1 (z) =

X

n=1

(−1) n−1 z 2n−1 (2n − 1)! =

X

n=0

(−1) n z 2n+1

(2n + 1)! = sin(z).

Der Konvergenzradius dieser Reihe ist offensichtlich R = ∞.

2) Es ist f 2 (z) =

X

n=1

c n z n =

X

n=1

n!z n .

Man kann das folgende (aus dem Quotientenkriterium herzuleitende) Kriterium benutzen:

Wenn es ein n 0 ∈ N gibt, so daß c n 6= 0 f¨ ur alle n ≥ n 0 ist, und wenn dann R := lim

n→∞

c n c n+1

existiert, dann ist R der Konvergenzradius der Reihe.

Hier gilt:

c n c n+1

= n!

(n + 1)! = 1 n + 1

n→∞ −→ 0.

Der Konvergenzradius der Reihe ist also R = 0.

3) Es ist f 3 (z) =

X

n=0

c n z n =

X

n=0

(−1) n (n + 1)

z − 2 2

n

=

X

n=0

(−1) n (n + 1)

2 n (z − 2) n . Man kann das gleiche Kriterium anwenden:

c n

c n+1

=

(−1)

n

(n+1) 2

n

(−1)

n+1

(n+2)

2

n+1

= 2 · n + 1 n + 2

n→∞ −→ 2.

Der Konvergenzradius dieser Reihe ist R = 2.

4) Nun sei f 4 (z) =

X

n=0

z 2n

c n , c 6= 0.

Die Reihe hat die Gestalt

f 4 (z) =

X

ν=0

b ν z ν , mit b ν =

 1

c n f¨ ur ν = 2n 0 f¨ ur ν = 2n + 1

,

(31)

31

Hier erscheint es ratsam, die Formel von Cauchy-Hadamard zu verwenden. Es gilt:

ν

q b ν

=

 

 

 1

2n

q c n

= 1

q c

f¨ ur ν = 2n 0 f¨ ur ν = 2n + 1 Der Konvergenzradius ist dann R = 1

lim

ν

q

b ν

= q

c .

L¨ osung zu (3) :

Hier ist es ratsam, mit Skizzen zu arbeiten. Der Trick bei der Aufgabe besteht darin, die Ausgangsfunktion in mehrere einfache Funktionen zu zerlegen, die dann problemlos behandelt werden k¨ onnen.

Sei f(z) := √

z, g(z) := z + 1 und h(z) := z 2 . Dann ist F (z) := (f ◦ g ◦ h)(z) = √

z 2 + 1.

1. Die Funktion h(z) = z 2 ist auf ganz C holomorph und bildet die Menge G := {z = x + iy : (x 6= 0 und y > 0) oder y > 1}

bijektiv auf die Menge

G 0 := C \ R mit R := {z : −1 ≤ Re (z) und Im (z) = 0}

ab. Das Verhalten von h ist besonders sch¨ on in Polarkoordinaten zu beobachten:

z = re it 7→ z 2 = r 2 e 2it quadriert den Radius und verdoppelt den Winkel.

s G

s

G 0

Liegt z in der oberen Halbebene, so liegt z 2 offensichtlich in der l¨ angs R + aufge- schlitzten Ebene. Ist z = re it , so kann z 2 nur dann auf der negativen reellen Achse liegen, wenn 2t = π, also t = π 2 ist. Dann muß (wegen z ∈ G) aber r > 1 sein, und damit auch r 2 > 1. Also ist h(G) ⊂ G 0 .

Jeder Punkt w ∈ G 0 ist aber auch Bild eines Punktes von G: Wir k¨ onnen w in der Form w = re it schreiben, mit 0 < t < 2π, und der Zusatzbedingung, daß r > 1 im Falle t = π ist. Dann ist z = √

re i

2t

ein Urbild von w, mit 0 < 2 t < π, und im Falle

t

2 = π 2 ist √

r > 1. Also liegt z in G.

Schließlich ist h auf G auch injektiv: Aus z 2 = w 2 folgt, z = −w oder z = w. Die

beiden Punkte −w und w k¨ onnen aber nicht gleichzeitig in G liegen.

(32)

32 KAPITEL III L ¨ OSUNGEN

2. g(z) = z + 1 ist holomorph und bildet G 0 bijektiv auf G 00 := C \ {x : x ∈ R , x ≥ 0}

ab. Das ist offensichtlich!

3. Zur Funktion f (z) = √

z muß erst einmal gesagt werden, wie sie zu verstehen ist.

Potenzfunktionen werden mit Hilfe des Logarithmus erkl¨ art. Da die Argumente von f in G 00 liegen, kann man den Zweig log (0) verwenden, mit

log (0) (re it ) := ln r + it, falls 0 < t < 2π ist.

Dann ist f(z) = √

z := exp( 1 2 log (0) (z)) auf G 00 holomorph und bildet G 00 offensicht- lich bijektiv auf die obere Halbebene H + := {z : Im (z) > 0} ab, denn:

(a) log (0) : G 00 → {z = x + iy : 0 < y < 2π} ist bijektiv,

(b) z 7→ 1 2 z bildet {z = x + iy : 0 < y < 2π} auf {z = x + iy : 0 < y < π}

bijektiv ab, und

(c) exp bildet den Streifen {z = x + iy : 0 < y < π} bijektiv auf die obere Halbebene ab.

s

G 00 H +

Also ist F (z) = √

z 2 + 1 holomorph und bildet G bijektiv auf H + ab. Die Umkehrabbil- dung einer bijektiven holomorphen Abbildung ist aber automatisch wieder holomorph.

L¨ osung zu (4) :

a) Damit g(x + iy) = x 2 − 3x − y 2 Realteil einer holomorphen Funktion sein kann, muß g harmonisch sein.

Tats¨ achlich gilt:

g xx = 2 und g yy = −2, also ∆g = g xx + g yy = 0.

Man weiß dann schon, daß es eine holomorphe Funktion f mit Re (f) = g gibt. Sei f = g + ih. Die Cauchy-Riemannschen DGLn liefern:

g x = h y = ⇒ h y = 2x − 3 g y = −h x = ⇒ h x = 2y Integration von h y liefert:

h(x + iy) = 2xy − 3y + c(x), mit c 0 (x) = 0, also c konstant.

Wir haben die Freiheit, c = 0 zu setzen, und definieren f (x + iy) = x 2 − 3x −

y 2 + i(2xy − 3y) = (x + iy) 2 − 3(x + iy), d.h. f(z) = z 2 − 3z. Diese Funktion ist

holomorph und hat den gew¨ unschten Realteil.

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