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Die Theologie des Aristoteles.
Von Fr. Dleterlol >).
Die sogenannte Theologie des Aristoteles U\U...J
iLoLij-Jb ^j*mJ,] ^aJ^äJ!) ist ein in der Geschichte der
Pbilosophie nicht ganz unbekanntes Buch. Eaum war der Drang
nach Wissenschaft in der neuen Akademie in Italien erwacht, als
auch schon im Jahr 1517 in ^om, dem Sitz der Heiligkeit, ein
Buch erschien: Sapientissimi Philosophi Aristotelis Stagiritae Tbeo¬
logia sive mistica philosophia secundum Aegyptios noviter reperta
et in Latinum castigatissime redacta*). In dieser Theologie des
grossen Philosophen glaubte man den Schlüssel aller Weisheit ge¬
funden zu haben. Die Weisheit des Aristoteles, der in der Scho¬
lastik des Mittelalters seit dem 13. Jahrh. auch im Abendland
hoch geschätzt wurde, schien hier im vollsten Glänze hervorzutreten.
Das Buch ist nur im Arabischen erbalten und wurde von Franciscus
Bosens aus Ravenna in einer Bibliothek von Damascus gefunden nnd
lateinisch bearbeitet. Dasselbe fand allgemeinen Beifall, so dass
es Paris 1572 von Jakob Carpenterius vou Nenem berausgegeben
wurde. Beide Bttcher sind, da sie nur sehr allgemein den Inhalt
wiedergeben, für die philologische Behandlung dieser Theologie von
geringem Werth.
Auf der Berliner Bibliothek (Sprenger 741) findet sich dies
Buch in eiuer (1128 d. H.) in Ispahan gemachten, auch revidirten,
aber von den Würmern sehr zerfressenen nnd sehr engen Talik-
Handschrift 152 Seiten klein Octav, und möchte dieses Werk eines
1) Nach einem auf der Philologenversammlung in Tübingen am 27. Septbr.
1876 gehaltenen Vortrage.
2) Das secuudum Aegyptios möchte wohl darauf hindeuten, dass der Ver¬
fasser sich von Aegyptern das Bucb erklären liess , da Aegypten mit Italien Stets in engem Verkehr stand.
IIS Dieterici, die Theulogie des Aristoteles.
der wichtigsten Bücher für die philosophischen Studien der Araber
gewesen sein. — An eine Echtheit dieses Buches, als von Aristo¬
teles abstammend, mochte man im 16. Jahrh. wohl noch glauben,
im 19. ist dies ganz unmöglich.
Es ist ja allgemein bekannt , dass von den Heroen der grie¬
chischen Philosophie Plato der Lehrer der Theologen, Aristoteles
aber der der Philosophen stets gewesen ist; dass vor Allem durch
den Neoplai ;nismus, bei der directen Ableitung eines xoafiog vor/tog
aus de.n uranfänglichen wahrhaft seienden 6v, die erste wissen¬
schaftliche Begründung der christlichen Lehre von Origenes ge¬
wonnen wurde, und die grossen Kirchenlehrer wie Gregor von Nyssa
und Gregor von Nazianz Neoplatoniker wurden. Wohingegen erst
seit dem 12. Jahrh. in dem Aufblühen der Scholastik, als Aristoteles
durch die Araber im Abendlande bekannt geworden war, die Philo¬
sophie desselben für das Dogma nutzbar gemacht wurde. — Ist es
doch allgemein bekannt, dass Aristoteles von der sinnlichen Wahr¬
nehmung ausgehend, die Dinge an sich betrachtend, in den Kate¬
gorien ihre Eigenschaften feststellend, von der Vielheit der Dinge
zu ihrera einzigen Urgrund aufzusteigen sucht und so gerade den
umgekehrten Weg beschreitet als die Neoplatoniker, welche von
dera einen wahrhaft seienden ov zu der Vielheit der Dinge herab¬
steigen.
Wie charakteristisch ist hierbei jener Grundzug, dass bei
Aristoteles Stoff und Form nie getrennt erscheint, die Form viel¬
mehr als das Endziel des Stoffs demselben eng verbunden ist und
beide zusammen nur das Ding sind. Während bei Plato beide
getrennt erscheinen und nur die Form als das eigentlich wesenhafte
wirkliche betrachtet wird. So giebt es der Merkmale so bestimmte,
dass man auf deu ersten Blick die neoplatonische Grundrichtung
dieses Buchs erkennt. Das schliesst aber nicht aus, dass auch von
Aristoteles gar viele Bestandtheile in dasselbe aufgenommen sind
und neoplatonische und aristotelische Satzung friedlich neben ein¬
ander steht.
Obwohl somit die sogenannte Theologie des Aristoteles apokryph ist, ist sie doch für die geistige Entwickelung des Mittelalters eine
höchst wichtige Schrift und scheint jetzt die Zeit gekommen, dass
man auch den Apokryphen eine grössere Aufmerksamkeit schenkt,
da die Richtung nnserer Zeit immer mehr dazu drängt die geistige
Entwicklung aller Culturvölker als ein in sich zusamraenhängendes Ganze zu betrachten.
Die classische Philologie steht aber beute noch auf dem Stand¬
punct, dass sie die erhabenen Werke des Alterthums zwar mit
allem Fleiss durchforscht nnd ein Bild vora antiken Leben uns in
schönen Farben vor die Seele führt, dann ebenso das Erwachen
antiker Wissenschaft in der zweiten Hälfte des 1,5. Jahrh. anerkennt,
über das dazwischen liegende Jahrtausend aber sicb gar wenig
Rechenschaft zu geben weiss.
Dieterici, die Tlieologie des Aristoteles nu
Sie steht hierbei auf demselben Standpunct wie die Natur¬
wissenschaft, welche vor Jahrhunderten jene leichten Gebilde der
Natur, wie sie uns im Sommer als Schmetterlinge und Fluginsecten
umgaukeln, die aber verschwinden, sobald die Kühle der Herbst-
uacht sie trifft, bis ein neues Geschlecht der wärmende Frühlings-
strabl hervorruft, der generatio aequivoca zuwies und dieselben aus
einer Vermählung der Elemente, der Hitze als des Vaters und der
Feuchte als der Mutter entstehen liess. Jahrhunderte, ja ein Jahr¬
tausend währte es, ehe man dieser von Aristoteles her noch an¬
erkannten generatio aequivoca, der Schöpfung aus Nichts, jenen Satz :
omne vivum ex ovo entgegenstellte, wohl erkennend, dass das alte
Geschlecht im Schooss der Erde oder ira dichten Gespinnst eine
Brut hinterlassen, die die neue Sonne des Frühlings zura Leben
erwecke.
Das finstere Jahrtausend vom Untergang der antiken Bilduug
bis zmn Erwachen der classischen Studien in der neuen Akademie
auszufüllen, weist man nun freilich auf Rom hin, das die lateinische
Sprache als Kirchensprache erhielt, und blickt auf die Klöster in
welchen die Mönche vielfach lateinische und griechische Werke ab¬
schrieben. Wir wollen nicht verkennen, dass bei den gebildeteren
Mönchen die Erinnerung an das classische Alterthura durch den
finsteren Dograatismus noch hier und da hindurch schimmerte,
müssen es aber für sehr kühn erachten, diesen geringen und spär¬
lichen Anfängen das alleinige Verdienst für die Erhaltung der
antiken Bildung zuzuschreiben , denn gerade das Ziel , in dem die
Hauptbestrebungen der Griechen gipfelten, die Lösung jener Frage:
woher das All? woher die Welt? — jene Frage, welche die Philo¬
sophie geboren, wurde gar nicht von ihnen berührt, die Kirche
beantwortete sie ja mit ihrer Lehre von der Schöpfung aus Nichts
durch Gottes Allmacht.
Dagegen müssen wir auf das bestimmteste behaupten, dass das
Studium der Philosophie im Osten, und zwar durch die Araber
erhalten nnd gepflegt ward, bis es ira 12. Jahrh. vora Abendland in
der Scholastik aufgenoraraen ward nnd dadurch zur Wiedergeburt
der Wissenschaft beitrug. Jene Beduinen, welche aus der Wüste
heraus sich in ihrem Fanatismus wie ein Lavastrom sengend uud
brennend über die Culturländer Aegypten, Syrien, Mesopotamien,
Persien ergossen, mussten gar bald ihren Tribut der Bildung zollen,
der keinem ungebildeten Volk erspart bleibt; dies musste um so
trüher eintreten, als der Islam mit seinen furchtbaren und unlös¬
baren Widersprüchen zur Sectirung trieb und bei den religiösen
Streitigkeiten selbst die alte Bildung auf den Karapfplatz rief.
Währte es doch kein Jahrhundert, dass die Mutazila, d. h. die
Secte, sich von der Orthodoxie schied und jener Lehre von der
Alleinbestiraraung Gottes, wonach Gott selbst den Sünder zur Sünde
bestiramte uud ihn dafür in der Hölle strafte, und welche jeden
edleren Kern des menschlichen Geistes zur Empörung trieb, cnl-
1 2 *
120 Dieterici, die Theologie de» Arielotele».
gegentrat. Der Koran freilich lehrte in den meisten Stellen also,
war denn aher der Koran als Rede Gottes absolnt wahr, uranföng-
lich gleich Gott oder war er nicht vielmehr zeitlich entstanden,
zumal er gar viele Facta berichtet, die also vorher geschehen sein
müssen? War somit nicht jene „Rede Gottes" ein blosser Name,
ohne Realität wie alle Eigenschaften Gottes, zumal eine Vielheit
von Eigenschaften eine Theilbarkeit, die Theilbarkeit aber eine Ver¬
gänglichkeit Gottes voraussetzen würde ? —
Wer soll da entscheiden? Die griechische Philosophie nnd
besonders das Hanpt derselben, Aristoteles, in dessen Organon der
Schlüssel der Weg und die Wage alles Erkennens gegeben war.
Die griechische Wissenschaft kann uns retten, hiess es, und
wurden unter Härün ar-raschid und Ma'mün in allen wichtigeren
Städten Schulen zu dem Zweck errichtet, 'griechische Werke ins
Arabische zu übertragen. »
Alles galt hier gleich heilig, Naturwissenschaft, Medicin, Phi¬
losophie , alles sollte aus diesem Born geschöpft werden *). Die
Uebersetzungen, welche ein Mann, wie al-Kindi, lieferte, gingen ins
Ungeheure ^).
Uebertragungen sind aber noch nicht selbstständige Leistungen,
sie sind nicht einmal sichere Aneignung. Eine systematische Ord¬
nung der Wissensobjecte zn einem Ganzen kann erst nach tieferem
Eindringen in die Wissenschaft erfolgen. Dass eine systematische
Anordnung aller Wissensobjecte, wie sie die Muslim im X. Jahrh.
beherrschten, stattgefunden, lehrt uns die Schule der lautern Brüder,
welche in der Neopythagoreischen Zahlenlehre, in jenem Satze:
die Zahl entspricht dem Wesen der Dinge, die Handhabe gefunden
zu haben wähnten, das All in ihrer Weise zu ordnen. Einer Aus¬
strömung vom Urprincip bis zur Vielheit des Alls, d. h. den Dingen
in Mineral, Pflanze, Thier oder räumlich gedacht von der Endsphäre
der Umgebung, von dem Thron Gottes, bis zum Mittelpunct der
Erde entspricht die Rückströmung des Geistes durch Mineral,
Pflanze, Thier, Mensch, Engel zum Urwesen, Gott hin. — In jener,
der Ausströmung befanden wir uns anf Neoplatonischem, in dieser,
der Rückströmung zumeist anf Aristotelischem Boden, besonders in
der Mineralogie, Botanik, Zoologie und Anthropologie.
Aus einem der Eins entsprechenden Urprincip emanirt bei den
lautern Brüdern als zwei die Vernunft und von dieser als die Drei
die Weltseele, welche als die eigentliche Werkmeisterin im All die
Form des Stoffs als erste Materie schafft. Diese erste Materie
entspräche somit der vier, sie nimmt Länge, Breite nnd Tiefe an
nnd wird dadurch zur wirklichen Materie, welche die fünfte Stufe
im All bildet. Der wirkliche Stoff entwickelt sich alsbald zur
1) Vergl. hieriiber Dieterici, Makrokosmos 76 ff.
2) Vergl. Plügel, al-Kindi der Philosoph der Araber.
1 2 ♦
Dieterici, die Theologie des Aristoteles 121
vollendeten Kugelform in der Sphaerenwelt des Ptolemaeus und nimmt
das All der 7 Planeten und des Fixsternhimmels somit die sechste
Stelle iu der Entwickelung ein. Unterhalb des Mondes herrscht die
Kraft der Natur als die siebente Stufe der Entwickelung. Sie wirkt
auf die Elemente, welche die achte Stufe inne haben und werden
aus ihnen durch die Weltseele vermöge der Natur die Producte,
Mineral, Pfianze, Thier hervorgerufen.
Somit entsprechen den Nenn Grundzahlen, d. i. den Neun Einern,
die Neun Stufen der Entwickelung und ist in der Zahl das Wesen
aller Dinge enthalten
Dieser Entwickelung der Dinge bis zur Nenn, wie sie die
lautern Brüder angeben, entspricht eine Stelle in der Theologie
des Aristoteles , welche das Verhältniss beider Bücher in ein klares Licht stellt. Es heisst in der Vorrede:
J L^!j l^iob^ti£o.yjJ' j >3]^' ^ViJ! i ^>
LpjLy.^ JJL»J1 jJU L^t^ L^ÄjÄj- ^yL.J(^ ^jJ! ^.,15 ^^^t iJLxJl
Jn V ) Jji*Jt i^^Jlc f^*^ ^y^^ o'* gl^'^' er*
^JMÄvJ! Ja >yÄi JJixJl iüsliLftJ! iclIXJt ^J«■.»-ü! J.ji*Jt
ütAMläJl xÄjlXJl pLw«:^! ^^^JLc '{ulaaIl!! V^ -j ") ij".^! Q»» K»j;,>bJi
iO/i tl.A.i;bSt ^-t;*^ o'' ^ *^ ü-^^ Jj^i
!j ö^xiJt ^ yj iuJ! u5_ÄÄJ v-jL-w'b!! j^j!}
„Unser Ziel in diesem Buch ist die Grundrede über die Gott¬
heit (d. i. Wesen des Herrn) und die Erklärung derselben. Dass
sie der Urgrund sei, dass Zeitlauf und Zeit unter ihr stehe, dass
sie der Grund der Gründe sei und diese in einer eignen Weise
hervorrufe.
Die Lichtkraft emanirt von der Gottheit zuerst auf die Vernunft,
dann von Gott durch Vermittlung der Vernunft auf die himmlische
Allseele. Von der Vernunft durch die Vermittlung der Seele auf
die Natur und von der Seele durch die Vermittlung der Natur auf
die entstehenden, vergehenden Dinge.
Diese That geht von ihr (der Vernunft) ohne Bewegung aus.
Denn die Bewegung aller Dinge ist von ihr und ihretwegen, und
bewegen sich die Mittelursachen in einer Weise von Sehnsucht und
Abstraction ihr zu."
Diese Stelle ergiebt also Gott, Vernunft, Seele, Natur, Dinge,
und führt die ganze Weise der Darstellung auf das System des
Neoplatonismus in seiner Geistwelt hin, während die Stelle von der
j) ^'ergl. Dieterici Maliroltosniüs lü2 fl.
122 Dieterici, die Theologie des Aristoteles.
Bewegung uns an Aristoteles erinnert, in dem der Urbeweger zwar
bewegt, doch nicht bewegt wird, die Natur aber sowohl bewegt
wird, als wieder bewegt, und endlich der Stoff nur bewegt wird.
Bedenken wir nun, dass im Anfang der Theologie gesagt wird,
dass ein Christ Naima aus Emesa dieses von Porphyrius dem Tyrer
erklärte Buch des Aristoteles aus dem Griechischen ins Arabische
für al-Kindi übertragen , so hätten wir also etwa 100 Jahr vor
den Lautern Brüdern einen Vorgänger ihres erweiterten Systems.
Bedenken wir ferner, dass die 1. Br. mit aller Hochachtung
des Aristoteles , der frei von seinem Leibe in die Geistwelt ein¬
gedrungen nnd all die Dinge dort geschaut hätte, sprechen, und auf
dies Buch hinweisen ^) ; bedenken wir endlich , dass im More Ne-
bukim des grossen Maimon um die Mitte des 12. Jahrh. in
Spanien dieselben Grundanschauungen und eine verwandte Philo¬
sophie sich findet, so zieht sich eine helle Kette verwandter geistiger Bestrebungen durch den Lauf finsterer Jahrhunderte.
Fast ist's, als stünden wir in der Nacht an einem wogenden
Meer und begönnen die ersten Glutstrahlen des Morgens die Kämme
einiger Wogenreihen zu durchglühen. Möchte es doch endlich auch
in der Arabischen Philosophie Tag werden !
Zur Charakteristik dieses wichtigen Buchs, als dessen Ziel die
Allwissenschaft ^Jlc gesetzt wird, erlauben wir uns nun einige
Stellen hervorzuheben.
Es heisst in der Vorrede:
»jjLJ! iUj^! ^LjlII JJLc ^.,t ää«^! J.^Ls! öU^! S ^^-i
j^äJ! (.UaJI. idlcUJ! idxJ!. »^_yaJ!j ^y^\ ÄJU^t
oUJLXJ!^ L^jLa«!^ (X*-^. q5» 'iJo^\ ijo\j^\ I^as
a'^ ^-Hj^b (»J*.^'*^^ vJL=»! JJljtJt J^l^!
oljL^it iL<ü! i3 oS^Lwi Lj.^o
„Es steht bei allen vorzüglichen Philosophen fest, dass es der
Uranfangsgründe der Welt vier giebt.
1) yS'^ La^Jjj! j,Ljj-JLj ^^.wi! Kjy*Aj.il\ u^'üoy
iX».c X-*.j^.*J! jdflj^ ^_5^_j.AaJi j^r'*^ yiy'^ (J^
.■OJb ^^J i.*=0LA3L i;*£Ü \JLJi iX<J:
. i^lN-ixJ! oi-^-»! *-r{jj»*j Kj^y^- 2") Veigl. Diotcrici Jlaki-okosinos 18, 3.
Dieterici, die Theologie dea Arisloteles, 123
Nämlich den Stoff, die Form, den schaffenden Grnnd, das
Endziel Diese sind znnächst zu betrachten, dann die zufälligen
Accidenzen, sowohl die von ihnen ausgehenden, als die an ihnen
haftenden. Man muss ihre Uranfänge, ihre Mittelursachen uud
wirkenden Kräfte erfassen und wissen, welche der Ursachen würdig
sind vorangestellt zu werden und welche nachfolgen, auch ob zwischen ihnen in einigen Hinsichten Gleichheitsbeziehung herrscht."
Lassen wir nach diesem Aristotelischen Philosophem ein echt
Neoplatonisches folgen.
ff w
jwJ„w.*>j K-Sj—i.», »jL^-j ^.BjMaj} ^JUbiJ! j«JL*i! ii>Jö ^i-^j (»^
tLj-ii^! qIj ^^^5 jJnJ! Klc',iJI io..^bS! jy^S J^'^S
■■i^L-UJi Ljul >-jJJiJi Lj.'Ii' 'i-h*"^ iL-ii^! ^-j!; \jfJiMS>^
iüJjC!! j/Äj L.j*Äij j. vjiil »jL^s* (J'.c j>Aäj ^S Lä^^^j^
Lg.^.»-iÄj v_ÄxJ'^ L^xic J>iiiJ! syiJ! ijü;^ '-^^^ i_ftAxj3 iu.jCiaJI
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"^t-Xi j-*-*^' >i5^1i ci«-^^' ».Jlsjcm iütjj^ixit j^i^v^Xi j»i („xi'Sj.Xi!
^LvÄ:5i! j L^yt L^jL^Ij k-e-i^s w5>J^ xli^! bj,fti!
' !s.S!jJt iLj^bJ^t iLw-y*Jl
^3 iJutli oL^'Ij Ljio^ (3 iUiLbLJ! u^Aj^! sl)^ liüs- j/jü ^
iULiuJI J^LiaaJi c>^J ^:^J! ».aj^! ^J^t ^Äi, ^5^0
ÜJL«.,^^! g«,^J!iS! i3L> Lajt o!^.^.ixJ! j-^*-*
ui^iö j^ls O^^l tj*^i (j^-ÄJ^Ij
„Danach gedenken wir der Geistwelt, wir beschreiben ihren
Glanz,- ihre Erhabenheit und Schöne, und erwähnen die göttlichen,
wirkenden, glänzenden Formen in ihr. Von ihr (der Geistwelt)
geht der Schmuck und die Schöne aller Dinge hervor. Alle sinn¬
lichen Dinge gleichen jenen zwar, nur können sie wegen der Menge
der Hüllen jene nicht wahrhaft und in ihrer Ursprünglichkeit
wiedergeben.
Dann gedenken wir der himmlischen Allseele und beschreiben,
wie die Kraft von der Vernunft auf sie emanirt und sie derselben
ähnlich macht. Wir gedenken der Schöne der Sterne, des Schmucks
nnd Glanzes der Formen in den Sternen.
1) Wir erkennen hier die vier Aristotelischen Gründe, vf.tj, tlSoe, ä^xV tijs fiitapo).r,e, to tü.os.
124 Dieterici, (lie Tlieologie des Aristoteles.
Dann gedenken wir der Natur, welche unter den Mondkrcis
versetzt ist, wie die Kraft der Himmel auf sie ausgeht und sie
dieselbe annimmt, ihr ähnlich wird, und ihre Wirkung auf die
niederen dichten Stoffdinge offenbart.
Dann gedenken wir des Zustands der Vernnnftseelen bei ihrem
Niederstieg (in diese Welt) und der Einheit der Ursache hierin,
wir gedenken auch der erhabnen göttlichen Seelen, welche den
Vorzügen der Vernunft anhängen, nicht aber in die fleischlichen
Begierden versinken.
Auch gedenken wir des Zustands der Thierseele, der Pflanzen-
scele, der ^Jrd- und Feuerseele (Elementarscelen) und andrer."
Eine Verbindung der Neoplatonischen Lehre mit mathematischer
Vorstellung ist die Stelle JJüüLs t/y» Si"^] ^ja.:<^\ ^ ^\
uSysUj B_;to ^jJ6 j^.,L5 t4r5=Uü ^ äJto. „Wenn der erste reine
Gute cin Mittelpunct ist, so ist die Vernunft ein Umkreis, der sich
nicht bewegt, die Seele aber ein Umkreis, der sich bewegt."
Mag es mir nun gestattet sein, die einzelnen Abschnitte und
die Fragen, welche hier behandelt werden, kurz hervorzuheben.
Nach einer kurzen Einleitung folgt auf pag. 4 die Aufzählung
der Fragen, die in diesem Buch behandelt werden JJL_*.._y< p'i
und Hnden wir in diesem Fihrist bis pag. 11 alle Capitel der
Philosophie und Psychologie hervorgehoben.
Dann folgt pag. 11 der Abschnitt darüber wie die unvergäng¬
liche Seele die Geistwelt hätte verlassen nnd sich mit dieser Welt
des Entstehens und Vergehens verbinden können — ii>^i^Ls \Jl>S
o^Las ^jmA ^L*Jt |js^ ^Jt o>X5?'!^ JJi*Jl ^L*J1 (^Jl)
.jU^!^ ^.,y:Jt .ii^rsG- JJLJt JiiJLiit ^.,JoJi ^
Hieran schliesst sich pag. 20 die Frage: Wessen die Seele
einst gedenken werde, wenn sie in die Welt des Geistes zurück¬
gekehrt sein würde — JJuJi (JLnJt ^\ vi>ot>, !ä! ij.<_a_;_J! ^^.,1
_^lX-j (^lXJI L05 ^5^1 bi X-Jl»*J1 u>Jb' ^ '-^J-^i —
und wird nun über das Erkennen der Seele dort gehandelt. —
Die Dinge dort sind stets gegenwärtig, zeitlos, nicht eins nach
dem andern, die Seele bedarf also dort der Erinnerung nicht, wie
die gewussten Dinge unserem Geist stets gegenwärtig sind, auch
der Blick die Erscheinung ganz und auf einmal zeitlos erfasst.
Es handelt somit das zweite Buch über die Seele in der Ver¬
nunftwelt.
Das dritte Capitel pag. 33 behandelt das Was der Seelen¬
substanz — ^v-.aJI ^y>- Ä^U.
Dieterici, die Theologie des Aristoteles. \ 25
Das vierte Capitel pag. 43 die Erhabenheit und Schönheit der
Vernunftwelt — iJL.-j>} JJi*Jl ^JU öyi ^.
Das fünfte Capitel p. 51 den Schöpfer, sein Hervorrufen der
Dinge und den Zustand der Dinge bei ihm — ^^^^_A_J! ^
»jOc tL.£;^! ^L5>5 gjo! U wsIAjIj.
Das sechste Capitel p. 60 beweist, dass die Sterne als Werk¬
zeuge dienen, die als Vermittelung zwischen den Schöpfer und das
Geschaffene gesetzt sind — x U"^ v,[; xcj.«3ji! oto^li' ^.^1
»jiA-UaJtj jjUaJt .
Das siebente Capitel pag. 70 bespricht die erhabene herrschende
Seele (Weltseele). Wenn sie die Hochwelt verlässt und in die
Niederwelt hinabsteigt, so thut sie dies in einer Art von Macht-
entfaltnng (istitä a). Ihre Hochkraft bildet die Dassheit — ^j/'.a^Jt ^
(^^' vüAjy o-ili' 8iXy«Jt iUj^^l
iCJUJt LfJ^i 1 gVrlh •»'...! g_j.ÄJ aJJj o-^Ji-Ä-i LpLs ^^^JLft.*Jt ^LiJl
•iJLi:^! j^-.
Das achte Capitel pag. 77 handelt Uber das Feuer, das ein
Grundelement wie die Erde sei. Es sei irgend eine Kraft (Kalimatun)
in dem Stoff. Dasselbe gelte von den andern ihm ähnlichen Dingen.
Das Feuer ist nicht von selbst ohne Schaffer — ^ Jj^\ 'iJua
^LÜU, i iUir ^ Ui! jLüi ^J u^Jii
J>£ls* ^ Lj.wAj tLäUi ^^^^ ^ .
Das nennte Capitel pag. 110 handelt über die vernünftige
Seele. Es ist die Frage ob der ganze Mensch dem Verderben an-
lieimfällt oder nur ein Theil entsteht und vergeht, eiu andrer aber
besteht, und was dieser letztere Theil an sich sei — üäbLJi ,yÄi^\
iXjtJu^ •i'->>-iri [•! ^L>».Ai! jjt^ *— Li' 5->«Ij ^^.jL^ötii! ^ i
j> L« [ja*-^\ [»j^i »■^^^i'
Das zehnte Capitel pag. 123 handelt über den Urgrund nnd
die Dinge, die aus ihm hervorgehn — tL^-i^!^ ^J^' ^5
iwL/o jSj! .
126 Dieterici, die Theologie de» Aristotele».
Stellen wir im kurzen Resume das Resultat zusammen. —
Die griechische Philosophie, die neoplatonische sowohl als die
aristotelische wurde bei den Arabern schon im 8., 9. und 10.
Jahrh. das wichtigste Bildungselement. — Echte aristotelische Werke
wie das Organon schulten die Geister, doch ward der Eklecticismus
der späteren Griechen, welche in der Verbindnng beider Lehren,
der neoplatonischen und aristotelischen, die Weisheit gefunden zu
haben wähnten, das Mittel, ein System von der sinnlich wahrnehm¬
baren und geistigen Welt aufzubauen.
In einer bestimmten Reihenfolge, in der Theologie des Aristo¬
teles, den Schriften der lautern Brtlder, und den Schriften des
Maimonides hat ein byzantinischer Christ, haben edle Muslim im
Osten und ein über sein Jahrhundert weit hervorragender Jude in
Spanien daran gearbeitet, diese Grundanschauung von der Harmonie
des Alls stets wach zu erhalten. Erst dadurch dass diese philo¬
sophische Grundanschauung stets rege blieb, war ein immer von
Neuem erwachendes Studium der Philosophie möglich, welches nach
einem Ringen von Jahrhunderten zu jenera reineren Aristotelismus
hintrieb, der, von Spanien aus die christliche Welt anregend, vom
12. Jahrhundert an den Scholasticisraus hervorrief Die Fragen
über den Nominalismus und Realismus, welche ira 10—12. Jahrh.
das Abendland in einem wilden Streit entflammten, waren schon im
8. und 9. Jahrh. im Morgenland durchgefochten.
Die ganze Bildung des Mittelalters, Nominalismus und Realis¬
mus sowie die Scholastik ist iu den arabischen Philosophen vor¬
gebildet. Auch die von den Arabern gewonnenen naturwissenschaft¬
lichen Anschauungen über Stein, Pflanze, Thier, Mensch beeinflussen
das sonst in einem starren Dogmatismus befangene Abendland. —
Nur durch die Araber, als Mittelglied zwischen der alten und neuen
Cultur, ist das Aufblühen der Wissenschaft in der Neuzeit zu erklären.
Nachschrift.
Bei der grossen Wichtigkeit, welche die arabische Philosophie
hat, wird es vielleicht den Herrn Collegen angenehm sein zu er¬
fahren, dass ich jetzt mit Herausgabe der philosophischen Schriften
der ihwän as-safä beschäftigt bin und ich zugleich eine AusgalJe
nnd Uebersetzung der Theologie des Aristoteles vorbereite.
127
Ueber die Smrititexte der Haug'schen Hand¬
scbriftensammlung.
Von Jalias Jolly.
Unter den Sanskrithss. der bekannten von M. Haug hinter¬
lassenen Sammlung befindet sich auch eine beträchtliche Anzahl
meist unedirter und wenig oder gar nicht bekannter Smrititexte,
deren Benützung mir von Frau Professor Haug und Herrn Professor
Brunn in München, in dessen Verwahrung sich die Hss. derzeit
befinden, mit dankenswerther Liberalität gestattet wurde. Die nach¬
stehenden Mittheilungen aus meinen Notizen sollen theils zur Er¬
gänzung meiner Abhandlung „Ueber d. rechtliche Stellung d. Frauen
b. d. alten Indern nach den Dharmasästra", München 1876 (F.)
dienen, theils und hauptsächlich einige Anhaltspunkte für die Be¬
urtheilung und Zeitbestimmung der fraglichen Texte bieten.
Von den im Katalog (87. 88. 123—155. 163. 169. 171.174)
gemäss ihrem Titel als Smriti aufgeführten Werken tragen folgende
diesen Namen rait Unrecht : die K o k i 1 a s ra r i t i (dieselbe Be¬
zeichnung in Bühler's Catal. of MSS. from Guzerat III, „Kokila"
citirt bei Aufr. Bodl. 278), die ein modernes tattva in Prosa im
Stile des Raghunandana ist, mit zahlreichen Citaten aus den Smriti
und Puräna, der Sm^-ityarthasära, ein Fragraent eines ähn¬
lichen Werks, und die raetrische Caturv immati S. , die sich
selbst als einen von 24 Gesetzgebern verfassten Auszug (caturviip-
\atibhih gästraip drishtam sainkshepena 9I. 4) bezeichnet, in der
That aber augenscheinlich eine Zusammenstellung aus den Werken
dieser 24 am Anfang und Schluss namentlich genannten Autoreu
ist, die im Verlauf häufig citirt werden. Da sich auch Närada
darunter befindet, so fällt es auf, das eigentliche Recht hier nur
hie und da einmal gestreift zu finden. Dass die Frauen die üb¬
lichen Bussen nur zur Hälfte zu vollziehen brauchen (q1. 112. 181),
dass raan Mädchen aus gleicher Kaste, aber anderen Geschlechts,
auf der väterlichen Seite um sieben, der mütterlichen um fünf
Grade entfernt, heirathen, dass man seine Töchter nicht verkaufen