• Keine Ergebnisse gefunden

Inzidenz und prognostische Bedeutung von TET2-Mutationen bei Patienten mit akuter myeloischer Leukämie

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Inzidenz und prognostische Bedeutung von TET2-Mutationen bei Patienten mit akuter myeloischer Leukämie"

Copied!
79
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Klinik für Innere Medizin III der Universität Ulm

Hämatologie, Onkologie, Palliativmedizin, Rheumatologie und Infektionskrankheiten

Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. med. Hartmut Döhner

Inzidenz und prognostische Bedeutung von TET2-Mutationen

bei Patienten mit akuter myeloischer Leukämie

Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin

der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm

Lisa Röhl

geboren in Weingarten

2020

(2)

Amtierender Dekan: Prof. Dr. rer. nat. Thomas Wirth 1. Berichterstatter: Priv.-Doz. Dr. med. Verena Gaidzik 2. Berichterstatter: Priv.-Doz. Dr. med. Martin Wepler Tag der Promotion: 21.10.2021

(3)

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis ...III

1 Einleitung ...1

1.1 Die akute myeloische Leukämie (AML) ...1

1.2 Klassifikationssysteme der AML ...2

1.3 Die Bedeutung von molekularen Markern in der AML ...7

Beispiele molekularer Marker ... 9

1.4 Ten-Eleven-Translocation oncogene family member 2 (TET2) ...15

Regulatoren der TET2-Funktion ... 17

TET2 und solide Tumore ... 17

TET2 und seine Bedeutung in der Leukämogenese und Hämatopoese ... 18

1.5 Therapie der AML ...19

1.6 Zielsetzung ...21

2 Material und Methoden ...22

2.1 Verwendete Materialien ...22

Reagenzien, Labor- und Verbrauchsmaterial ... 22

Geräteliste ... 23

2.2 Patientenkollektiv ...24

2.3 Übersicht der erfolgten Methoden ...25

2.4 Materialgewinnung und -aufbereitung ...25

2.5 DNA-Extraktion ...26

2.6 Polymerasekettenreaktion (PCR) ...27

2.7 Gelelektrophorese ...29

2.8 Aufreinigung des PCR-Produktes ...30

2.9 Cycle Sequencing Reaction (CSR) ...31

Prinzip der CSR ... 31

Reaktionsansatz, Ablauf und CSR-Programm ... 32

2.10 Aufreinigung des CSR-Produktes ...33

2.11 Sequenzierung und Auswertung der Sequenzen ...33

2.12 Statistische Auswertung ...35

3 Ergebnisse ...36

3.1 Anzahl und genaue Beschreibung der TET2-Mutationen ...36

3.2 Zusammenhang von TET2 mit klinischen Charakteristika ...37

(4)

3.3 Zusammenhang von TET2 mit genetischen Veränderungen...39

3.4 Remissionsstatus ...41

3.5 Überlebensanalysen ...42

4 Diskussion ...44

5 Zusammenfassung ...49

6 Literaturverzeichnis ...51

Danksagung ...71

Lebenslauf ...72

(5)

Abkürzungsverzeichnis

2-HG 2-Hydroxyglutarat 5hmC 5-Hydroxymethylcytosin 5mC 5-Methylcytosin

AA Amino acid

AMLSG Acute Myeloid Leukemia Study Group AML Akute myeloische Leukämie

APL Akute promyelozytäre Leukämie ASXL1 Additional sex comb-like 1 ATRA All-trans-Retinoidsäure Bcl-2 B-cell lymphoma 2

BCR-ABL1 Breakpoint cluster region-Abelson murine leukemia viral oncogene homolog 1

CBF Core-binding-factor

CEBP- CCAAT/enhancer binding protein-alpha CMML Chronische myelomonocytäre Leukämie CN Cytogenetically normal

CpG Dinukleotid mit der Basenfolge Cytosin, Phosphatgruppe, Guanin CR Complete remission

CSR Cycle sequencing reaction

CXXC Cystein-X-X-Cystein-Zinkfingerdomäne

(6)

DNA Deoxyribonucleic acid

DNMT3A DNA(cytosine-5)-methyltransferase 3A ED Early death

EFS Event-free survival ELN European LeukemiaNet FLT3 FMS-like tyrosine kinase 3 FAB French-American-British

FLT3-ITD FLT3-internal tandem duplication GTP Guanosintriphosphat

HSCT Hämatopoetische Stammzelltransplantation IDAX Inhibition of the Dvl and axin complex IDH1/2 Isocitratdehydrogenase 1/2

ISCN Internationales System für zytogenetische Nomenklatur

JM Juxtamembran

KM Knochenmark

MDS Myelodysplastisches Syndrom

MLL Myeloid/lymphoid oder mixed lineage leukemia MPN Myeloneoproliferative Neoplasie

MRD Messbare Resterkrankung NPM1 Nucleophosmin1

OGT O-linked N-Acetylglucosamine-Transferase OS Overall survival

(7)

PB Peripheres Blut

PCR Polymerase chain reaction PML Promyelocytic leukemia RARA Retinoic acid receptor alpha

RAS Rat sarcoma viral oncogen homolog RD Resistant disease

RFS Relapse-free survival

RUNX1 Runt-related transciption factor 1

TET2 Ten-Eleven-Translocation oncogene family member 2 TKD Tyrosinkinase Domäne

TKI Tyrosinkinaseinhibitoren TP53 Tumorprotein p53

WHO World Health Organization WT1 Wilms Tumor 1

(8)

1 Einleitung

1.1 Die akute myeloische Leukämie (AML)

Unter dem Begriff der akuten myeloischen Leukämie versteht man eine maligne, monoklonale Erkrankung des Knochenmarks (KM) mit variabler Beteiligung myeloischer Zellreihen. Durch eine Vielzahl genetischer Veränderungen hämatopoetischer Stammzellen und/oder myeloischer Vorläuferzellen verlieren diese Zellen, auch Blasten genannt, die normale Fähigkeit zur Selbsterneuerung, Proliferation und Differenzierung in reife Blutzellen. [38] Die AML ist charakterisiert durch eine Anhäufung dieser unreifen Blasten im KM und peripheren Blut (PB) mit folgender Verdrängung der normalen Blutbildung zugunsten der leukämischen Blasten. Daraus resultiert die Pathogenese und das klinische Erscheinungsbild der AML als Ausdruck der Anämie, Thrombopenie und Leukopenie (insbesondere Neutropenie). Die AML ist mit einer Inzidenz von 3 - 5/100 000 Einwohnern die häufigste Form der akuten Leukämie des Erwachsenen; die Inzidenz steigt mit zunehmendem Alter deutlich an und erreicht in der Population der über 65-jährigen 17,9 Fälle pro 100 000 Einwohner. [7, 54] Mit einem mittleren Erkrankungsalter von ca. 67 Jahren ist die AML eine Erkrankung des höheren Alters. [100]

Die Prognose der AML konnte in den letzten Jahren aufgrund neuer Therapieoptionen signifikant verbessert werden. Sie hängt aber weiterhin stark vom Erkrankungsalter und dem jeweiligen Subtyp ab, sodass bei Patienten < 60 Jahren mit intensiver Therapie inzwischen eine Heilungsrate von ca. 40 % erzielt werden kann, welche jedoch mit ca. 5 - 15 % für ältere Patienten mit AML deutlich schlechter ist und die durchschnittliche Überlebensrate ohne intensive Chemotherapie nur 5 - 10 Monate beträgt. [9, 28] Trotz der heutigen Behandlungsoptionen sterben 70 % der über 65-jährigen Patienten innerhalb eines Jahres nach Diagnosestellung. [18] Die Ätiologie der AML ist in den meisten Fällen ungeklärt, es gibt jedoch unterschiedliche Risikofaktoren, die mit einer AML in Verbindung gebracht werden. Hierzu zählen physikalische und chemische Expositionen, radioaktive Strahlung, Chemotherapie, genetische Grunderkrankungen wie die Trisomie 21, das Klinefelter-Syndrom oder eine Neurofibromatose sowie eine vorausgegangene hämatologische Systemerkrankung wie das myelodysplastische Syndrom (MDS) oder auch eine

(9)

chronische myeloische Leukämie (CML), die in eine akute Form übergehen kann.

Je nach Ätiologie wird zwischen einer de novo AML und einer sekundären oder auch therapieassoziierten AML unterschieden (z.B. AML im Zusammenhang mit einem MDS, nach Chemotherapie, Bestrahlung oder Noxenexposition). [20]

1.2 Klassifikationssysteme der AML

Zur Diagnose der AML wurde 1976 von der French-American-British (FAB) Cooperative Group das erste große international anerkannte Klassifizierungssystem vorgestellt, welches vorwiegend auf morphologischen Kriterien der Zelldifferenzierung basiert und die AML bis zu Beginn der 90er Jahre in die Subtypen M0 bis M7 einteilt: [6]

M0: Undifferenzierte Leukämie

M1: Myeloische Leukämie ohne Ausreifung M2: Myeloische Leukämie mit Ausreifung M3: Promyelozyten-Leukämie

M4: Myelomonozytäre Leukämie M5: Monoblasten-Leukämie

5A: ohne Ausreifung 5B: mit Ausreifung M6: Erythrozyten-Leukämie M7: Megakaryozyten-Leukämie

In den letzten Jahren wurde diese Klassifikation basierend auf neuen Forschungsergebnissen weiterentwickelt und auch das Vorhandensein genetischer Aberrationen berücksichtigt. Bei fast 55 % der adulten AML-Patienten werden bei Diagnosestellung strukturelle und numerische klonale Chromosomen-Aberrationen (z.B. balancierte Translokationen, Inversionen, Deletionen, Insertionen, Trisomien und Monosomien) entdeckt. Diese chromosomalen Veränderungen stellen die wichtigsten prognostischen Faktoren für das Ansprechen auf therapeutische Maßnahmen und die Überlebensrate dar. Die Patienten wurden je nach zytogenetischen Veränderungen der leukämischen Zellen sowie deren Ansprechen

(10)

auf Therapie, rückfallfreies Überleben (RFS) und Gesamtüberleben (OS) in zusätzliche Klassifikationssysteme eingeteilt. [30]

Diese Systeme ordnen den AML-Patienten ein zytogenetisches Risikoprofil mit günstiger, intermediärer oder ungünstiger Prognose zu. [46, 79] Innerhalb einer Gruppe kann der klinische Verlauf sehr heterogen sein. Patienten mit der Translokation t(8;21)(RUNX1-RUNX1T1) oder der Inversion (16)(CBF- -MYH11), auch als Core-binding-factor (CBF)-Leukämien bezeichnet, haben einen prognostisch günstigen Karyotyp. [80, 99] Die Translokation t(15;17) mit dem Fusionsgen PML-RARA (Promyelocytic leukemia-retinoic acid receptor alpha) ist spezifisch für die akute promyelozytäre Leukämie (APL), einer mit am besten heilbaren Untergruppe der AML. Die initiale Therapie bestand aus einer Kombination von All-trans-Retinoidsäure (ATRA) und Anthrazyklin-basierter Chemotherapie. [105, 109] In zwei randomisierten Studien zur Therapie der APL wurde mittlerweile eine signifikant niedrigere Rezidivrate und eine bessere Überlebensrate mit der Kombination von ATRA und Arsentrioxid bei Patienten mit niedrigem oder intermediärem Risiko gegenüber der Therapie mit ATRA und Anthrazyklin-basierter Chemotherapie gezeigt. Daher stellt der chemotherapiefreie Ansatz mit Arsentrioxid und ATRA nun die aktuelle Erstlinientherapie für Patienten mit Standardrisiko dar. [10, 70, 93] Komplexe Karyotypen, definiert mit mehr als drei Chromosomenaberrationen und Chromosomenveränderungen wie -5/del (5q) des langen Arms von Chromosom 5 sowie ein monosomaler Karyotyp, wie der Verlust von Chromosom 7, sind mit einer ungünstigen Prognose verbunden. Komplexe Karyotypen machen ca. 10 - 12 % aller Patienten aus. [8, 12, 46] Fast 50 % der AML-Patienten weisen einen normalen Karyotyp (CN) auf und gehören mit allen anderen Patienten, die weder einer günstigen noch ungünstigen Risikogruppe zugeordnet werden können, zur größten Untergruppe mit intermediärem Risikotyp.

[13, 78]

Einen wesentlichen Fortschritt der Klassifizierung der AML stellt die aktuell gültige Einteilung der World Health Organization (WHO) dar, welche erstmals morphologische, zytogenetische und molekulargenetische Faktoren der AML berücksichtigt. 2008 wurden in die WHO-Klassifikation die molekularen Marker NPM1 (Nucleophosmin 1) und CEBP- (CCAAT/enhancer binding protein- ) als vorläufige Entitäten aufgenommen und diese in der aktuellen Versionvon 2016 um die AML mit biallelischen Mutationen von CEBP- und NPM1 als eigenständige

(11)

Entität, AMLmit BCR-ABL1 (Breakpoint cluster region-Abelson murine leukemia viral oncogene homolog 1) und mutiertem RUNX1 (Runt-related transcription factor 1) als vorläufige Entitäten ergänzt: [3, 113]

Tabelle 1: World Health Organization (WHO) Klassifikation der akuten myeloischen Leukämie (AML) und zugehörige Neoplasien; t = Translokation, RUNX1 = Runt-related transciption factor 1, inv = Inversion, PML-RARA = Promyelocytic leukemia-retinoic acid receptor alpha, BCR-ABL1 = Breakpoint cluster region-Abelson murine leukemia viral oncogene homolog 1, NPM1 = Nucleophosmin 1, CEBP- = CCAAT/enhancer binding protein- [3]

AML mit wiederkehrenden genetischen Anomalien - AML mit t(8;21)(q22;q22.1);RUNX1-RUNX1T1

- AML mit inv(16)(p13.1q22) oder t(16;16)(p13.1;q22);CBFB-MYH11 - AML mit PML-RARA

- AML mit t(9;11)(p21.3;q23.3);MLLT3-KMT2A - AML mit t(6;9)(p23;q34.1);DEK-NUP214

- AML mit inv(3)(q21.3q26.2) oder t(3;3)(q21.3;q26.2); GATA2, MECOM - AML (megakaryoblastisch) mit t(1;22)(p13.3;q13.3);RBM15-MKL1 AML mit Genmutation:

- AML mit BCR-ABL1 (vorläufige Entität) - AML mit mutiertem NPM1

- AML mit biallelischen Mutationen von CEBP- - AML mit mutiertem RUNX1 (vorläufige Entität)

AML mit myelodysplasie-verwandten Veränderungen Therapiebedingte myeloische Neoplasien

AML, nicht weiter klassifiziert

- AML mit minimaler Differenzierung - AML ohne Ausreifung

- AML mit Ausreifung

- akute myelomonozytäre Leukämie

- akute monoblastische/monozytäre Leukämie - akute Erythroleukämie

- akute Megakaryoblastenleukämie - akute Basophilen-Leukämie

- akute Panmyelosis mit Myelofibrose Myeloisches Sarkom

Myeloische Proliferation bei Down-Syndrom - Transient abnormale Myelopoese

- Myeloische Leukämie bei Down-Syndrom

Im Verlauf der letzten Jahre haben sich diese zytogenetischen sowie molekular- genetischen Erkenntnisse als eine der wichtigsten prognostischen Faktoren der AML erwiesen, sowohl für die Risikostratifizierung der Patienten als auch im Hinblick

(12)

auf genotypspezifische Therapiekonzepte. Eine Expertengruppe des European LeukemiaNet (ELN) schlug 2010 aufgrund dieser Erkenntnisse eine neue standardisierte Einteilung für AML-Patienten, insbesondere für zytogenetische normale AML, basierend auf NPM1-, CEBP- - und FLT3 (FMS-like tyrosine kinase 3)-Mutationen vor, die die Patienten in 4 Gruppen einteilt: Niedrig-, Intermediär I und II- sowie Hoch-Risiko. [25] Diese Einteilung wurde 2017 von der ELN überarbeitet und auf die Gruppen Niedrig-, Intermediär- und Hoch-Risiko reduziert. RUNX1-, ASXL1 (Additional sex comb-like 1)-, und TP53 (Tumorprotein p53)-Mutationen wurden zur Hoch-Risikogruppe hinzugefügt. Weiterhin zeigten aktuelle Studien, dass Patienten mit NPM1-Mutation und FLT3-ITD (FLT3-internal tandem duplication) mit einer allelic ratio (Quotient aus Mutant- und Wildtyp-Allel) < 0,5 (FLT-ITDniedrig) eine günstige Prognose zeigen. Patienten mit Wildtyp-NPM1 und einer allelic ratio ≥ 0,5 (FLT-ITDhoch) weisen jedoch eine schlechte Prognose auf und wurden zur Hoch-Risikogruppe zugeteilt. Tabelle 2 stellt diese Zusammenhänge dar. [26]

(13)

Tabelle 2: Risikoeinteilung der akuten myeloischen Leukämie (AML) gemäß zytogenetischen und molekulargenetischen Veränderungen nach European LeukemiaNet;

t = Translokation, RUNX1 = Runt-related transciption factor 1, inv = Inversion, NPM1 = Nucleophosmin 1, FLT3-ITD = FMS-like tyrosine kinase 3-internal tandem duplication, CEBP- = CCAAT/enhancer binding protein- , BCR-ABL1 = Breakpoint cluster region- Abelson murine leukemia viral oncogene homolog 1, del = Deletion, abn = Abnormalität, ASXL1 = Additional sex comb-like 1, TP53 = Tumorprotein p53, DNA = Deoxyribonucleic acid [26]

Risikokategorie° Genetische Veränderungen

Günstig t(8;21)(q22;q22); RUNX1-RUNX1T1

inv(16)(p13.1q22) oder t(16;16)(p13.1;q22); CBFB- MYH11

NPM1-Mutation ohne/mit FLT3-ITDniedrig*

biallelisch mutiertes CEBPA

Intermediär NPM1-Mutation und FLT3-ITDhoch*

Wildtyp-NPM1 ohne FLT3-ITD oder mit FLT3- ITDniedrig*

t(9;11)(p22;q23); MLLT3-KMT2A**

Zytogenetische Veränderungen weder als günstig oder ungünstig klassifiziert

Ungünstig t(6;9)(p23;q34.1); DEK-NUP214 t(v;11q23.3); KMT2A neu arrangiert t(9;22)(q34.1;q11.2); BCR-ABL1

inv(3)(q21q26.2) oder t(3;3)(q21;q26.2);

GATA2,MECOM(EVI1)

-5 oder del(5q); -7; -17/abn(17p)

komplexer Karyotyp***; monosomaler Karyotyp§

Wildtyp-NPM1 und FLT3-ITDhoch*

RUNX1-Mutation ASXL1-Mutation TP53-Mutation#

° Der prognostische Einfluss eines Markers ist behandlungsabhängig und kann sich im Rahmen neuer Therapieoptionen ändern.

* niedriges Allel-Verhältnis (< 0.5); hohes Allel-Verhältnis ( 0,5); semiquantitative Bewertung des FLT3-ITD Allel-Verhältnis (unter Zuhilfenahme von DNA-Analysen) ist definiert als Verhältnis der Fläche unter der Kurve „FLT3-ITD“ geteilt durch die Fläche unter der Kurve „FLT3-Wildtyp“; aktuelle Studien zeigen, dass eine AML mit NPM1-Mutation und FLT3-ITDniedrig auch mit einer günstigen Prognose einhergehen kann. Diese Patienten sollten keine routinemäßige allogene Stammzelltransplantation erhalten.

** Die Anwesenheit von t(9;11)(p21.3;q23.3) hat Vorrang vor seltenen, gleichzeitig auftretenden Mutationen mit ungünstigem Risikoprofil.

*** drei oder mehr nicht verwandte chromosomale Aberrationen beim Fehlen einer von der WHO (World Health Organization) bestimmten Translokation oder Inversion wie t(8;21), inv(16) oder t(16;16), t(9;11), t(v;11)(v;q23), t(6;9), inv(3) oder t(3;3)); AML mit BCR-ABL1

§ Definiert durch die Anwesenheit einer einzelnen Monosomie (ausgenommen der Verlust von X oder Y) in Assoziation mit mindestens einer zusätzlichen Monosomie oder strukturellen chromosomalen Veränderung (ausgenommen core-binding factor AML).

Diese Faktoren sollten nicht als ungünstige Prognosefaktoren angesehen werden, falls sie zusammen mit prognostisch günstigen AML-Subtypen auftreten.

# TP53-Mutationen sind signifikant mit einer AML mit komplexem und monosomalem Karyotyp assoziiert.

(14)

In Bezug auf die Risikostratifizierung und sich daraus ergebender spezifischer Therapiekonzepte der AML müssen neben diesen prognostisch sehr wichtigen zytogenetischen und molekulargenetischen Merkmalen jedoch noch weitere Patientencharakteristika wie zum Beispiel das Alter, die Begleiterkrankungen und der Allgemeinzustand sowie zuvor bestehende hämatologische Erkrankungen und eine hohe Leukozytenzahl bei Erstdiagnose berücksichtigt werden. [25, 28]

1.3 Die Bedeutung von molekularen Markern in der AML

Die weitreichenden molekulargenetischen Forschungsergebnisse der letzten Jahre haben zu einem verbesserten pathophysiologischen Verständnis verschiedener Subgruppen der AML sowie der Möglichkeit einer spezifischen zielgerichteten Therapie geführt. Diese Daten zeigen auch, dass bei der AML verschiedene genetischen Veränderungen in der Leukämogenese kooperieren. [30, 38] Die molekulargenetischen Marker wurden zunächst in Abhängigkeit ihrer Funktion zwei verschiedenen Mutationsgruppen zugeordnet: Zur ersten Gruppe (Klasse I) gehören Mutationen, die Signaltransduktionswege aktivieren, was zu einem gesteigertem Wachstum oder einer besseren Überlebensrate von malignen Zellen führt. Hierzu zählen beispielsweise Mutationen, die zu einer Aktivierung des RAS (rat sarcoma viral oncogen homolog)-Signaltransduktionsweges oder der Rezeptor-Tyrosinkinase FLT3 führen. Zur zweiten Mutationsgruppe (Klasse 2) gehören Mutationen von Transkriptionsfaktoren oder von Komponenten des Transkriptions-Co-Aktivierungs-Komplexes, welche eine gestörte Ausdifferenzierung von hämatopoetischen Vorläuferzellen zur Folge haben.

Bekannte Beispiele sind Mutationen in CEBP- , MLL (Myeloid/lymphoid oder mixed lineage leukemia) sowie CBF-ß und RUNX1/AML1, welche für die zwei Komponenten des heterodimeren Core-binding-factor kodieren. [21, 30]

In den letzten Jahren konnten durch die Anwendung neuer molekulargenetischer Methoden, wie dem whole genome sequencingweitere Genmutationen in der AML detektiert werden, die vor allem die epigenetische Regulation beeinflussen. Zu diesen molekularen Markern gehören TET2 (Ten-Eleven-Translocation oncogene family member 2), IDH1/2 (Isocitratdehydrogenase 1/2) oder DNMT3A (DNA(cytosine-5)-methyltransferase 3A), welchen man prognostische Bedeutung zuschreibt. [90] Nicht nur die Entdeckung neuer, für die AML prognostisch

(15)

bedeutender Marker, sondern vor allem die Interaktion dieser Marker miteinander, stellt eine wichtige Frage neuer Forschungsarbeiten dar. Man ging lange Zeit davon aus, dass die meisten Genmutationen Vorgänge wie die Proliferation, Differenzierung und Selbsterneuerung hämatopoetischer Zellen beeinträchtigen.

Aktuelle Forschungsprojekte konnten jedoch durch die Entdeckung weiterer Genmutationen, die an anderen zellulären Mechanismen wie DNA-Splicing oder -Reparatur beteiligt sind, neue funktionelle Gruppen von Genen definieren, die wie folgt eingeteilt wurden: Gene der Signaltransduktion (59 %), DNA-Methylierung (44 %), Chromatin-modifizierende Gene (30 %), NPM1 (27 %), myeloische Transkriptionsfaktoren (22 %), Fusionsgene von Transkriptionsfaktoren (18 %), Tumorsuppressorgene (16 %), Gene des Spliceosomen-Komplexes (14 %) und Gene des Cohesin-Komplexes (13 %). [13, 29]

Abbildung 1: Übersicht der neun funktionellen Gruppen mutierter Gene des Cancer Genome Atlas Research Network; NPM1 = Nucleophosmin 1; eigene Abbildung [13]

Erst kürzlich erschien eine Studie der Deutsch-Österreichischen Acute Myeloid Leukemia Study Group (AMLSG), die ebenfalls zur Reevaluierung der bisherigen genetischen Klassifizierung veranlasst. In dieser wurden 111 Gene von 1540 AML- Patienten (18 - 84 Jahre) aus drei prospektiven multizentrischen klinischen Studien mittels eines targeted sequencing Ansatzes analysiert. Die Ergebnisse wurden anschließend bezüglich des Ansprechens auf Chemotherapie und der

59 % 44 %

30 % 27 % 22 % 18 % 16 % 14 % 13 %

0 % 20 % 40 % 60 %

Gene der Signaltransduktion DNA-Methylierung Chromatin-modifizierende Gene NPM1 myeloische Transkriptionsfaktoren Fusionsgene von Transkriptionsfaktoren Tumorsuppressorgene Gene des Spliceosomen-Komplexes Gene des Cohesin-Komplexes

NPM1

(16)

Überlebensrate verglichen. Insgesamt konnten 5234 Driver-Mutationen sowie komplexe Co-Mutationen identifiziert werden, aufgrund derer 11 AML-Unterformen definiert wurden, deren Prognose sich erheblich unterscheidet. Neben den bereits vorhandenen Subgruppen, welche auch in der WHO aufgelistet sind, konnten drei weitere Subgruppen identifiziert werden: die Chromatin-Spliceosomen-Gruppe, welche mit 18 % die zweitgrößte Untergruppe der untersuchten AML-Patienten darstellt, TP53-Aneuploidie mit 13 % und IDH2R172-Mutationen mit 1 %. Diese Mutationen unterscheiden sich von anderen IDHmut bezüglich Genexpression und DNA-Methylierung und führen zu schwereren Aberrationen. [85]

Beispiele molekularer Marker 1.3.1.1 CEBP- -Mutationen

Das CEBP- Gen ist lokalisiert auf Chromosom 19q13.1 und codiert für ein Protein aus der Familie der CCAAT/enhancer binding protein family, welches als Transkriptionsfaktor agiert. [101] CEBP- wird in einigen Geweben, wie myeloischen Zellen, vermehrt exprimiert und reguliert so die Aktivität verschiedener Wachstumsfaktorrezeptoren. CEBP- gehört deshalb zu einer der wichtigsten Transkriptionsfaktoren der Hämatopoese. [110, 119] CEBP- mut findet man in ca. 5 - 14 % aller AML-Patienten, diese werden in zwei Hauptformen aufgeteilt:

Durch N-terminale frameshift-Mutationen kommt es zu einer verkürzten CEBP- - Isoform, die eine hemmende Wirkung auf die myeloische Ausreifung hat. Bei der zweiten Gruppe führen C-terminale in-frame-Mutationen zu einer reduzierten DNA- Bindungsfähigkeit und gestörten Dimerisierung von CEBP- -Formen. [30, 56]

Beide Formen kommen bei AML Patienten mit CEBP- mut interessanterweise oft gleichzeitig vor. Diese biallelischen Mutationen werden, im Gegensatz zu monoallelischen CEBP- mut, in vielen Studien mit einer günstigen Prognose in Verbindung gebracht. Die Prognose von Patienten mit monoallelischen CEBP- mut hängt von dem Vorhandensein weiterer konkurrierender Mutationen ab, die in dieser Gruppe vermehrt vorkommen. [83, 110] Seit 2008 ist die AML mit Mutationen im CEBP- Gen als vorläufige Entität Bestandteil der WHO-Klassifikation, in der aktuellen Version von 2016 wurde diese durch die AML mit biallelischen Mutationen von CEBP- als eigenständige Entität ergänzt. [3, 25]

(17)

1.3.1.2 FLT3-Mutationen

FLT3 gehört zu den Klasse-III-Rezeptortyrosinkinasen und wird vor allem in hämatopoetischen Vorläuferzellen exprimiert, wo seine Liganden eine wichtige Rolle für die Proliferation, dem Überleben und der Differenzierung dieser Zellen spielen. FLT3 liegt auf dem langen Arm von Chromosom 13 (13q12). FLT3mut gehören bei der AML zu den häufigsten genetischen Veränderungen und finden sich bei etwa einem Drittel aller AML-Patienten. [27, 57] Die Mutationen sind vor allem in zwei funktionellen Domänen des Rezeptors lokalisiert: der Juxtamembranären (JM)- und der Tyrosinkinase-Domäne (TKD). [27] Die häufigsten aktivierenden Veränderungen sind mit 20 - 25 % der Fälle die internen Tandemduplikationen von FLT3, welche in der JM-Domäne lokalisiert sind. [45]

Diese ist physiologischerweise für die Hemmung der Tyrosinkinase verantwortlich.

Mutationen in der TKD sind meistens in der Aktivierungsschleife zu finden und stellen häufig Punktmutationen, kleine Insertionen oder Deletionen dar. [30]

Zahlreiche Forschungsergebnisse bei CN-AML-Patienten haben zum Ergebnis geführt, dass Patienten mit FLT3-ITD unter Standardtherapie eine signifikant schlechtere Prognose haben als Patienten ohne diese Mutation. Studien zeigen, dass die Prognose von der Menge des mutierten Allels abhängt, außerdem schneiden AML-Patienten mit nicht-JM-ITD signifikant schlechter ab als AML- Patienten mit JM-ITD. Die prognostische Relevanz von FLT3-TKDmut wird kontrovers diskutiert. [72] Für die Therapie befinden sich verschiedene Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI) in der klinischen Prüfung. Erstgenerations- substanzen sind beispielsweise Midostaurin (PKC412), Lestaurtinib (CEP-701), Sunitinib (SU-11248) und Sorafenib (BAY 43-9006). Diese TKI hemmen weitere Kinasen und sind nicht spezifisch für FLT3. Substanzen der zweiten Generation, wie Quizartinib (AC220), zeigen eine deutlich höhere Spezifität gegenüber FLT3. [107] Stone et al. zeigte in einer randomisiert-placebokontrollierten Studie, dass sich durch die Zugabe von Midostaurin zur Standardchemotherapie das OS und das Ereignis-freie-Überleben (EFS) bei FLT3-mutierten Patienten mit AML signifikant verlängerte. Midostaurin wurde 2017 aufgrund dieser Studienergebnisse für die Therapie bei Patienten mit FLT3-mutierter AML zugelassen. [108] Bei der Erstlinientherapie konnten Studien zeigen, dass Patienten mit FLT-ITD außerdem von einer allogenen Stammzelltransplantation profitieren. [103] Erst kürzlich wurde Gilteritinib, ein neuer TKI, von der U.S. Food and Drug Administration für die

(18)

Behandlung von erwachsenen Patienten mit rezidivierender oder refraktärer AML mit einer FLT3mut zugelassen. In aktuellen Studien konnte unter Gilteritinib für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit FLT3-mutierter rezidivierter oder refraktärer AML ein Überlebensvorteil gezeigt werden. [66, 91]

1.3.1.3 NPM1-Mutationen

NPM1mut stellen mit ca. 25 - 35 % die häufigsten bekannten Mutationen der AML dar, davon sind 85 % mit CN-Karyotyp. [60] NPM1 reguliert als nukleoläres Phosphoprotein unter anderem die Ribosomenbiogenese, den Transport zwischen Zytosol und Zellkern sowie den p53-Signaltransduktionsweg und verhindert die Proteinaggregation im Nukleolus. [34] Mutationen führen zu einer abnormalen Akkumulation von NPM1 im Zytoplasma, welche zelluläre Wege stören. NPM1 soll nach Studien sowohl als Onkogen als auch als Tumorsuppressor in der Zelle agieren. Durch den Ausfall der Apoptoseantwort sorgt es bei Überexpression für ein unkontrolliertes Zellwachstum und Tumorprogression, ein Fehlen der Expression führt andererseits zu einer genomischen Instabilität. [47] Die genaue Pathogenese ist jedoch noch nicht ausreichend geklärt. [33] NPM1mut sind häufig vergesellschaftet mit anderen genetischen Aberrationen wie FLT3-ITDpos, IDH1/2mut und DNMT3Amut. Weiterhin gibt es eine Assoziation zu verschiedenen klinischen und biologischen Merkmalen, zu diesen gehören unter anderem weibliches Geschlecht, höheres Lactatdehydrogenaselevel im Serum, höherer Anteil leukämischer Blasten, eine hohe CD33-Expression sowie niedrige oder fehlende CD34-Expression der Blasten. Klinisch weist die AML mit NPM1mut eine günstige Prognose auf, jedoch nur in Abwesenheit einer FLT3-ITDpos, die in 40 % der NPM1mut vorhanden ist. [33, 27] Die WHO-Klassifikation von 2008 beinhaltet die AML mit NPM1mut als neue provisorische Entität, welche in der aktualisierten Form von 2016 als eigenständige Entität aufgenommen wurde. [113] Studien zeigen, dass Patienten mit NPM1mut ohne FLT3-ITD nicht von einer allogenen Stammzelltransplantation in der Erstlinientherapie profitieren und dass auch ältere Patienten (> 70 Jahre) von einer intensiven Chemotherapie profitieren können. [5, 27] Eine zielgerichtete molekulare Therapie gibt es für die AML mit NPM1mut aktuell noch nicht, jedoch Entwicklungsbestrebungen für Substanzen, die als Therapieansatz die Hemmung der mutationsbedingten gesteigerten Anhäufung des NPM1-Proteins im Zytoplasma haben. Ein weiterer Ansatz stellt eine Therapie

(19)

mit dem CD33-Antikörper Gemtuzumab-Ozogamicin dar, eindeutige Daten hierzu fehlen allerdings noch. [29, 97] NPM1mut sind aufgrund der nur wenig unterschiedlichen Mutationstypen stabile Marker für das Monitoring der messbaren Resterkrankung (MRD), also der Messung verbleibender maligner Zellen bei Patienten in Remission. Krönke et al. zeigte, dass es durch dieses Monitoring zum Zeitpunkt der Diagnose, während und nach der Therapie möglich ist Patienten einem hohen oder geringen Rückfallrisiko zuzuordnen. Auch Rücker et al. konnte zeigen, dass bei AML-Patienten mit RUNX1-RUNX1T1 das Monitoring der MRD eine Differenzierung von Patienten in niedriges und hohes Rückfallrisiko ermöglicht und eine negative MRD nach Therapie den wichtigsten Prognosefaktor für RFS und OS darstellt. Somit besteht in der Klinik die Möglichkeit das Überleben von Patienten mit hohem Rückfallrisiko durch frühe Therapie, beispielsweise mit einer allogenen Stammzelltransplantation, zu verbessern. [61, 98]

1.3.1.4 RUNX1-Mutationen

Bei hämatologischen Neoplasien zählt RUNX1 zu einem der häufigsten Gene, dessen physiologische Eigenschaften durch chromosomale Translokationen, Amplifikationen und Punktmutationen verändert ist. RUNX1 ist bei etwa 5 - 13 % aller AML-Patienten mutiert. [72, 83] Das RUNX1-Gen gehört zur Familie der RUNX-Transkriptionsfaktoren und kodiert für die DNA-bindende- -Untereinheit eines core-binding factors (CBF). RUNX1 reguliert die Differenzierung unreifer Progenitorzellen im Knochenmark und kann sowohl aktivierenden als auch inhibierenden Einfluss auf die Expression von Zielgenen haben. [39, 74] Die Genfusion der DNA des RUNX1-Gens auf Chromosom 21 mit dem RUNX1T1-Gen auf Chromosom 8 stellte die erste in der AML spezifisch erforschte chromosomale Translokation dar. [92] RUNX1 ist mit spezifischen Chromosomenaberrationen wie Trisomie 13 und 21 sowie FAB M0 und CN-Karyotyp assoziiert. Die RUNX1- mutierte AML ist assoziiert mit einem komplexen Mutationsmuster und einer ungünstigen Prognose. Ein möglicherweise bedeutender therapeutischer Ansatz für RUNX1-mutierte Patienten stellt die allogene Stammzelltransplantation dar. [27, 39, 43] Die RUNX1-mutierte AML wurde aufgrund ihrer biologischen als auch klinischen Charakteristika als neue provisorische Entität in der 2016 überarbeiteten Klassifikation der AML der WHO und ELN aufgenommen. [3]

(20)

1.3.1.5 IDH1- und IDH2-Mutationen

Die Familie der Isocitratdehydrogenasen umfasst Enzyme welche die oxidative Decarboxylierung von Isocitrat zu -Ketoglutarat katalysieren. IDH1 ist hierbei die zytoplasmatische, IDH2 die mitochondrielle Unterform der IDH. IDH1/2mut kommen bei ca. 15 - 20 % der AML Patienten vor, jeweils in definierten Bereichen des Gens:

Codon R132 von IDH1 und Codon R140 und R172 von IDH2. Mutationen in einem der beiden Enzyme führen zum Verlust der normalen Aktivität und Bildung des onkogenen Metaboliten 2-Hydroxyglutarat (2-HG). [27, 88] 2-HG wurde in weiteren Forschungsergebnissen als kompetitiver Inhibitor der -Ketoglutarat-abhängigen- Dioxygenasen, einschließlich wichtiger epigenetischer Regulatoren wie die 5-Methylcytosinhydroxylase der TET-Familie, charakterisiert. Dies hat weitreichende Veränderungen der DNA-Methylierung zur Folge. [117] IDH1R132- und IDH2R140-Mutationen sind mit NPM1mut assoziiert, wohingegen IDH2R172- Mutationen kaum mit anderen Genmutationen in Verbindung gebracht werden und eine schlechte Prognose aufweisen. [27, 73] Wie bereits oben genannt, klassifizierte die AMLSG diese Mutation in eine eigene Untergruppe der AML, aufgrund ihres unterschiedlichen Verhaltens in Bezug auf Genexpression und DNA- Methylierung im Vergleich zu den anderen IDH mut. [85]

Die prognostische Bedeutung der IDH1/2mut wird bislang noch kontrovers diskutiert. [27] Als Therapieansatz wurden kürzlich Ivosidenib (IDH1) und Enasidenib (IDH2) für die Therapie einer rezidivierten oder refraktären AML mit nachgewiesener IDH1/2mut zugelassen, nachdem in Studien eine günstige Ansprechrate und anhaltende Remission erzielt werden konnte. [24, 106]

1.3.1.6 DNMT3A-Mutationen

Studien beschreiben DNMT3Amut in ca. 22 % der AML-Patienten. Sie kommen vor allem bei CN-AML-Patienten und somit intermediärem Risiko vor, oft in Verbindung mit FLT3mut, NPM1mut und IDH1/2mut. [27, 42, 67] DNMT3A kodiert für eine DNA-(5-Cytosin)-Methyltransferase 3A, welche das Hinzufügen einer Methylgruppe an den Cytosinrest von CpG-Dinukleotiden katalysiert. Zwei Drittel der Mutationen gehören zum Codon R882 von Exon 23 in der Methyltransferase-Domäne, R882 inhibiert direkt die Enzymaktivität von DNMT3A. Mit 1700 jüngeren Patienten führte die AMLSG die bislang größte Studie bezüglich Frequenz und prognostischer

(21)

Bedeutung von DNMT3Amut bei der AML des Erwachsenen durch. Es konnte hierbei kein signifikanter Einfluss auf das EFS, RFS oder das OS gezeigt werden, ein negativer prognostischer Effekt konnte nur in der nach alter Einteilung der ELNvon 2010 ungünstigen Gruppe der CN-AML-Patienten gefunden werden. [42] In einer anderen Studie mit 489 AML-Patienten (< 60 Jahre) werden DNMT3Amut als unabhängige prognostische Faktoren für ein kürzeres OS beschrieben und mit einer ungünstigen Prognose assoziiert, nehmen jedoch auch hier keinen Einfluss auf das EFS oder RFS. [111]

1.3.1.7 WT1 (Wilms Tumor 1) -Mutationen

Mutationen im WT1-Gen werden in ca. 10 % der akuten Leukämien beschrieben. [27] WT1 beeinflusst als wichtiger Regulator Zellentwicklung und Wachstum, indem er die Gentranskription abhängig vom Zelltyp, der WT1-Protein- Isoform und dem Zielgen aktiviert oder unterdrückt. WT1 kann somit als Tumorsuppressorgen als auch als Onkogen wirken. [118] Die prognostische Bedeutung der WT1mut bei AML-Patienten ist noch nicht abschließend geklärt, sie werden in einigen Studien mit einer eher schlechteren Prognose in Verbindung gebracht. [87, 114]Dies konnte jedoch von Gaidzik et al. nicht bestätigt werden. [41]

Kürzlich konnte in einer Studie mit 398 AML-Patienten nachgewiesen werden, dass WT1-mutierte Patienten durch eine geänderte DNA-Methylierung und eine geringere Menge an 5-Hydroxymethylcytosin charakterisiert sind, ähnlich TET2/IDH1/2. Weiterhin konnte eine negative Korrelation zwischen WT1mut und IDH/TET2mut gezeigt werden, was eine gemeinsame funktionelle Rolle und einen Einfluss von WT1mut auf die TET2-Funtkion vermuten lässt. WT1 könnte hierbei ein Cofaktor der TET-Enzyme sein, indem er an bestimmten Stellen im Genom ihre Aktivität stimuliert. Diese Daten liefern somit durch Regulierung der DNA- Hydroxymethylierung eine neue Rolle für WT1. [95, 96]

1.3.1.8 RAS-Mutationen

Zur RAS-Proto-Onkogen-Familie gehören 3 funktionell unterschiedliche G-Proteine:

N-RAS, K-RAS und H-RAS, wobei N-RAS am häufigsten mutiert vorliegt.

Verschiedene maligne Neoplasien, unter anderem die AML, weisen N-RAS mut und K-RASmut auf. Die N-RAS konnte in ca. 10 - 15 % der CN-AML Patienten mutiert vorgefunden werden. [4, 102] RAS-Proteine spielen als membranassoziierte

(22)

regulatorische GTP-Hydrolasen eine wichtige Rolle in der Regulation von Wachstum, Differenzierung und Apoptose der Zelle. Dabei führen RASmut zu einer erhöhten Proliferations- und erniedrigten Apoptoserate. Punktmutationen können durch Inaktivierung der entsprechenden GTPase zu einer andauernden Aktivierung der Proliferation führen. [32, 94] Die prognostische Bedeutung der bei der AML häufig vorhandenen RAS mut ist bisher noch unklar und wird in Studien kontrovers diskutiert. [4, 100]

1.3.1.9 ASXL1-Mutationen

Das ASXL1-Gen gehört zu den Transkriptionsverstärkern der Trithorax und Polycomb (ETP)-Genfamilie, die physiologischerweise eine Rolle in der epigenetischen Aktivierung und Unterdrückung der Gentranskription spielt. ASXL1 liegt auf dem langen Arm von Chromosom 20. [37] ASXL1mut wurden in einer Vielzahl maligner Neoplasien gefunden. Die Prävalenz von ASXL1mut bei Patienten mit AML wird mit ca. 30 % bei der sekundären AML und mit ca. 6,5 % bei der de novo AML angegeben. Studien zeigten einen signifikanten Zusammenhang von einem Anstieg der ASXL1mut im Alter, außerdem sind männliche Patienten häufiger betroffen. ASXL1mut wurden fast nie zusammen mit t(15;17)-Translokationen, FLT3-ITDmut, NPM1mut und WT1mut gefunden, waren jedoch häufig mit RUNX1mut und IDH2mut verbunden. Weiterhin wurde bei Patienten mit ASXL1mut ein kürzeres OS und eine geringere Remissionsrate gezeigt. [89] Die ELN fügte 2017 ASXL1mut in ihre Risikoeinteilung der AML zur Hoch-Risikogruppe hinzu. [26]

1.4 Ten-Eleven-Translocation oncogene family member 2 (TET2)

Das auf der chromosomalen Bande 4q24 gelegene TET2-Gen wurde erst vor kurzem als molekularer Marker myeloischer Erkrankungen entdeckt und gehört mit TET1 und TET3 zur TET-Genfamilie. [19, 72] TET2 wirkt als Tumorsuppressorgen und spielt eine wichtige Rolle in epigenetischen Regulationssystemen, wie der DNA-Demethylierung. [59] Lange Zeit war eine leukämogene Rolle nur für TET1 bekannt, welches bereits 2002 als Fusionspartner von MLL bei Patienten mit AML mit der Translokation t(10;11)(q22;q23) identifiziert wurde. Lorsbach et al. benannte TET1 nach der Translokation von Chromosom 10 auf Chromosom 11, weiterhin entdeckten sie im Rahmen einer Datenbankanalyse TET2 und TET3 als weitere

(23)

Mitglieder dieser neuen Familie und charakterisierten die Expression dieser drei Gene in fetalem und adultem humanem Gewebe, jedoch konnte nur für TET2 eine Expression im Knochenmark gezeigt werden. [71] Das TET2-Gen besteht aus elf Exons, wobei nur Exon 3 bis 11 codierend sind, und aufgrund alternativen Spleißens über mindestens drei mRNA Isoformen. [76] Die TET-Proteine besitzen zwei hochkonservierte Regionen: Einen katalytischen Bereich bestehend aus einer cysteinreichen Domäne und einer doppelsträngigen -Helix-Domäne am Carboxy- terminalen Ende sowie einer Cystein-X-X-Cystein-Zinkfingerdomäne (CXXC) am Amino-terminalen Ende bei TET1 und 3. TET2 besitzt diese Domäne nicht, es wird vermutet, dass sich dieser Bereich im Laufe der Evolution getrennt und zu einem neuen Gen namens IDAX (Inhibition of the Dvl and axin complex) formiert hat. [81]

Abbildung 2: Aufbau der Ten-Eleven-Translocation oncogene family member (TET) 1-3.

IDAX = Inhibition of the Dvl and axin complex, CXXC = Cystein-X-X-Cystein- Zinkfingerdomäne, Cys = Cystein; eigene Darstellung

Die TET-Proteine gehören zu einer Familie von -Ketoglutarat- und Fe-(II) -abhängigen Dioxygenasen, welche die Oxidation von 5-Methylcytosin (5mC) zu 5-Hydroxymethylcytosin (5hmC) katalysieren, ein Prozess der eine wichtige Rolle im Rahmen der DNA-Demethylierung spielt. [16] Ko et al. konnte durch gezielte Störung des TET2-Gens in Mäusen die eingeschränkte katalytische Aktivität durch die in myeloischen Neoplasien auftretenden TET2mut zeigen. Ebenso wiesen Knochenmarksproben von Patienten mit TET2mut niedrigere 5hmC-Werte im Vergleich zu Proben von gesunden Patienten auf. [59] Weiterhin wurde gezeigt, dass die Proteine der TET-Familie auch die Oxidierung von 5hmC zu 5- Formylcytosin und 5-Carboxylcytosin katalysieren können, welche durch die Thymin-DNA-Glykosylase aus der DNA herausgeschnitten werden und durch

(24)

Basenexzisionsreparatur unmethyliertes Cytosin entsteht. Die Entdeckung wiederkehrender TET2mut in myeloischen Erkrankungen zeigte, dass die Regulation der Cytosin-Methylierung kritisch für die hämatopoetische Stammzelltransformation und die gewöhnlichen Hämatopoese ist. [81]

Regulatoren der TET2-Funktion

Verschiedene Regulatoren der TET2-Funktion sind bekannt, wie z.B O-linked N- Acetylglucosamine-Transferase (OGT), Vitamin C oder IDAX. OGT transferiert O- linked-N-Acetylglucosamine auf Serin- und Threoninreste vieler Zielproteine, wie Histon 2B. OGT bindet an der katalytischen Domäne von TET2. Die Interaktion von TET2 und OGT führt zu dessen vermehrten Aktivität, wodurch TET2 Einfluss auf die Chromatinmodifikation hat. [84]

Vitamin C bindet an die katalytische Domäne von TET2 und kann so die Aktivität von TET2 verbessern. Die Substitution von Vitamin C führt zu einem Anstieg von 5hmC. Studien haben gezeigt, dass Vitamin C eine dosis- und zeitabhängige Hemmung der Zellproliferation bei AML-Zelllinien bewirken und das Wachstum von Vorläuferzellen bei Patienten mit MDS und AML modulieren kann. [84]

Ko et al. zeigte, dass IDAX direkt an die katalytische Region von TET2 binden kann, was in einem Abbau des TET2-Proteins resultiert. [58] Bei Mutationen der CXXC- Domäne von IDAX verliert es seine bindende Wirkung, wodurch TET2 und das 5hmC-Level hochreguliert wird. Die Rolle dieser Interaktion für die hämatopoetische Zelldifferenzierung bleibt im Moment noch unklar. [84]

TET2 und solide Tumore

Die Rolle von TET2mut bei soliden Tumoren wurde noch nicht abschließend geklärt.

Eine in Studien gezeigte reduzierte Expression von TET-Proteinen und der Verlust von 5hmC bei Haut-, Lungen-, Magen- und Brustkrebspatienten, legt jedoch eine wichtige Rolle dieser epigenetischen Veränderungen für die normale Zellfunktion nahe. Mehrere Studien haben einen engen Zusammenhang zwischen einem reduzierten 5hmC-Level, verringerter TET2- und Tumor-Expression sowie Metastasenwachstum gezeigt. Dies unterstützt die Idee, dass TET2 bei bestimmten Tumorarten als Tumorsuppressor fungiert. [68, 62]

(25)

TET2 und seine Bedeutung in der Leukämogenese und Hämatopoese Mutationen des TET2-Genes wurden 2009 bei myeloischen Malignomen wie der AML, dem MDS, der chronischen myelomonocytären Leukämie (CMML) und den myeloproliferativen Neoplasien (MPN) entdeckt. [14] Die Häufigkeit der TET2mut liegt bei ca. 30 - 60 % bei der CMML, ca. 25 - 35 % beim MDS, ca. 12 - 34 % bei der AML und circa ca. 13 % bei der MPN. Weiterhin zeigen sich TET2mut bei B-Zell- Lymphomen und T-Zell-Lymphomen. [84] Bei diesen Mutationen handelt es sich um nonsense-Mutationen und frameshift-Mutationen in der codierenden Region oder missense-Mutationen in der funktionellen Domäne, welche die katalytische Aktivität von TET2 stören. [14] Das TET2-Gen ist eines der häufigsten mutierten Gene beim MDS. Die prognostische Bedeutung wird kontrovers diskutiert und bleibt weiterhin unklar. Verschiedene Studien wiesen unterschiedliche Ergebnisse auf. Kim et al.

zeigte, dass TET2mut mit einer schlechten Prognose bei Patienten mit MDS assoziiert sind, wohingegen eine aktuelle Metaanalyse, die 14 Studien mit insgesamt 1983 Patienten beinhaltete, keine signifikante Bedeutung von TET2mut bezogen auf das OS der Patienten zeigte. [69] TET2 gehört zu den sechs häufigsten mutierten Genen bei der AML. [85] Studien zeigen eine deutliche Assoziation von TET2mut mit höherem Alter, höherer Leukozyten- und Blastenzahl, niedrigerer Thrombozytenzahl und normalem Karyotyp. Figueroa et al. zeigte, dass sich bei einer Kohorte AML-Patienten aktivierende Mutationen von IDH1/2 und des - Ketoglutarat-abhängigen TET2-Genes ausschlossen. Dies wird, wie oben bereits erwähnt, wegen der Behinderung der katalytischen TET2-Funktion durch das mutierte IDH-Gen vermutet. Beide Mutationen sind mit ähnlichen epigenetischen Schäden assoziiert und können zu einem biologisch unnötigen, hypermethylierenden Phänotyp führen. [36, 40] Weiterhin wird vermutet, dass der wesentliche, durch mutiertes IDH1/2 vermittelte, onkogene Mechanismus die Störung der TET2-Funktion durch 2-HG ist. Es wurde bemerkenswerterweise eine wiederholte Koexistenz von IDH mut und TET2mut bei T-Zell-Lymphomen festgestellt, dessen pathologische Bedeutung jedoch in weiteren Studien geklärt werden muss. [81] Die prognostische Bedeutung von TET2mut bei der AML wird kontrovers diskutiert und Studien zeigen hier unterschiedliche Ergebnisse. [15, 116]

Verschiedene Studien zeigten, dass Patienten in der günstigen Risikogruppe gemäß der 2017 publizierten Einteilung des ELN, die zusätzlich eine TET2mut

(26)

aufwiesen, ein deutlich schlechteres OS als Patienten ohne TET2mut hatten. In den anderen Gruppen fand sich jedoch kein Einfluss auf das OS. [75, 116] Chou et al.

stellte in seiner Arbeit eine schlechte prognostische Bedeutung von TET2mut verbunden mit Patienten der Intermediär-Risikogruppe dar. [15] Andere Studien konnten diese Ergebnisse nicht bestätigen. [40, 82] Verschiedene Studien an Mäusen haben gezeigt, dass TET2 die Selbsterneuerung und Proliferation von hämatopoetischen Stammzellen begrenzt, wohingegen Funktionsstörungen von TET2 diese verstärken, was zu einer Vermehrung myeloischer Vorläuferzellen führt.

Mutationen von TET2 können so prämaligne Zellklone generieren, die eine Basis für maligne Entartungen darstellen. Diese Erkenntnisse stützen die Hypothese, dass TET2 ein wichtiger Regulator der hämatopoetischen Stammzellhomöostase darstellt. [63, 77, 84] Es konnte jedoch in Studien gezeigt werden, dass leukämieassoziierte Mutationen in Blutzellen auch bei Patienten beobachtet wurden, die nicht an einer hämatologischen Neoplasie erkrankt waren. Wodurch das Konzept der klonalen Hämatopoese etabliert wurde. Klonale Blutzellen konnten hier im Alter von 60 - 70 Jahren mit einer Häufigkeit von 5 %, im Alter von 70 - 80 Jahren von 10 - 15 % und bei jüngeren Patienten (< 50 Jahre) jedoch nur von 1 % beobachtet werden, was eine Altersabhängigkeit zeigte. Das TET2-Gen ist eines der häufigsten mutierten Gene in dieser Gruppe. Dies zeigt, dass eine TET2mut allein nicht unbedingt unmittelbar eine Neoplasie induziert, aber im Zusammenspiel mit anderen Driver-Mutationen und dass eine Mutation ein frühes Ereignis bei der Entstehung einer hämatologischen Neoplasie darstellen kann. [14, 44, 53]

1.5 Therapie der AML

Die kurative Therapie der AML gliedert sich allgemein in die intensive Induktionstherapie mit dem Ziel der Remission und in die Postremissionstherapie, um diese zu konsolidieren. In Abhängigkeit der klinischen Verfassung und Eignung des Patienten sowie zyto- und molekulargenetischer Befunde wird mit einer intensiven Induktionstherapie nach dem „3 + 7“ Schema begonnen. Hierbei wird die 7-tägige Dauerinfusion von Cytarabin mit einer 3-tägigen Gabe eines Anthracyclins (z.B. Daunorubicin) verbunden. Eine CR kann unter dieser Therapie in 60 - 85 % der Patienten < 60 Jahre und bei 40 - 60 % der Patienten > 60 Jahre erreicht werden. Ältere Patienten, die auf Grund von signifikanten Komorbiditäten keine

(27)

intensive Induktionstherapie erhalten können, haben ein medianes Überleben von nur 3 - 6 Monaten. Hier ist das therapeutische Ziel eine Lebensverlängerung mit möglichst hoher Lebensqualität. Eine supportive Therapie mit niedrigdosiertem Cytarabin bzw. hypomethylierenden Substanzen wie Decitabin und Azacitidin kann bei diesen multimorbiden Patienten eingesetzt und durch den supportiven Einsatz von Hydroxyurea ergänzt werden. Azacitidin und Decitabin konnten in Studien gegenüber der Standardtherapie mit Cytarabin höhere Ansprechraten und ein verlängertes OS zeigen. [29, 31, 35] Für dieses Patientenkollektiv erteilte die U. S.

Food an Drug Administration 2018 die Zulassung für den Bcl-2-Inhibitor Venetoclax in Kombination mit Azacitidin als Erstlinienbehandlung. Klinische Studien zeigten vielversprechende Daten mit CR-Raten von 67 % im Mittel und einem medianen OS von 17,5 Monaten. Ebenso positive Ergebnisse zeigte eine aktuellen Phase-3- Studie. Unter behandlungsnaiven älteren AML-Patienten, die für eine intensive Chemotherapie nicht geeignet waren, führte die Kombination von Venetoclax und Azacitidin im Verlgeich zu Azacitidin in Kombination mit Placebo zu einer Reduktion des Sterberisikos von 34 % und einem verbesserten OS von 14,7 Monaten gegenüber 9,6 Monaten. [22, 23] Für Patienten mit sekundärer AML stellt das in Deutschland 2018 zur Erstlinientherapie zugelassene liposomale Daunorubicin/Cytarabin (CPX-351) eine neue Therapieoption dar und führte in Studien zur einer verbesserten Prognose mit einem OS von 9,6 Monaten gegenüber 5,9 Monaten mit der Standardbehandlung nach „3+7“ Schema und einer signifikant höheren CR (47,7 % versus 33,3 %). Aktuell wird hierzu eine randomisierte Phase- III-Studie (AMLSG 30-18) zur intensiven Standardchemotherapie versus intensiver Chemotherapie mit CPX-351 bei Patienten mit neu diagnostizierter AML und intermediärem oder ungünstigen gentischen Risiko nach ELN durchgeführt. [51, 65]

Die Postremissionstherapie beinhaltet als Konsolidierung die Cytarabingabe in 3 - 4 Zyklen, als auch eine allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation (HSCT), insbesondere für Patienten mit genetischer intermediärer- oder Hochrisiko-AML.

Die Entscheidung zur Durchführung einer HSCT hängt vom klinischen Zustand und dem genetischen Risikoprofil des Patienten sowie der Spenderverfügbarkeit ab. [29]

In den letzten Jahren wurden im Hinblick auf den genetischen Hintergrund der AML neue zielgerichtete Therapien eingeführt, bei denen einige Substanzen nur für bestimmte Genmutationen entwickelt wurden. Hierbei spielen vor allem

(28)

Aberrationen in Tyrosinkinasegenen wie FLT3 eine Rolle. Wie bereits oben beschrieben konnte in ersten Studien durch den kombinierten Einsatz von FLT3- Inhibitoren wie Midostaurin mit einer Standardchemotherapie das OS von Patienten mit FLT3mut signifikant verbessert werden, weshalb Midostaurin bei diesen Patienten als Therapieansatz in die Induktionstherapie mitaufgenommen wurde.

Neue Tyrosinkinaseinhibitoren der 2. Generation, wie dem in den USA zugelassenen Gilteritinib, stellen Behandlungsoptionen für Patienten mit rezidivierter FLT3-mutierter AML dar. Derzeit wird in einer Phase-III-Studie der AML-Studiengruppe (AMLSG 28-18) geprüft, ob die Erstlinientherapie mit Gilteritinib in Kombiantion mit einer Induktionstherapie wirksamer ist als die Therapie mit Midostaurin. [52, 108] Der monoklonale Antikörper Gemtuzumab- Ozogamicin wurde 2017 für die Behandlung der CD33-positiven AML zugelassen.

Studien konnten hier ein verbessertes OS nach Hinzunahme des Antikörpers zur Standardinduktionstherapie zeigen, die Therapiekombination wird bereits zu Beginn der Induktionstherapie bei entsprechender Patientengruppe empfohlen. [50, 64, 104] Ein weiteres Therapiekonzept stellen die 2017 in den USA zugelassenen IDH-Inhibitoren Ivosidenib und Enasidenib für AML-Patienten mit IDH1/2mut dar, welche in Studien einen antileukämischen Effekt erzielen konnten und Gegenstand aktueller Untersuchungen sind (AMLSG 29-18). [24, 29, 106]

1.6 Zielsetzung

Zielsetzung dieser Arbeit war die Untersuchung der Inzidenz und prognostischen Bedeutung von TET2mut in einer großen, homogen in randomisierten Studienprotokollen behandelten Kohorte von klinisch und genetisch gut charakterisierten AML-Patienten (Alter > 18 ≤ 60 Jahre). Außerdem sollte die Assoziation von TET2mut mit klinischen und biologischen Charakteristika der Patienten, insbesondere im Kontext der molekularen Marker, evaluiert werden. Im Weiteren wurde der Einfluss von TET2mut auf das Therapieansprechen bzw. den klinischen Verlauf der Erkrankung und damit der mögliche prognostische Einfluss untersucht.

(29)

2 Material und Methoden

2.1 Verwendete Materialien

Reagenzien, Labor- und Verbrauchsmaterial

Tabelle 3: Verwendete Reagenzien, Labor- und Verbrauchsmaterial mit Name und Hersteller

Material/Reagenzien Hersteller

Agarose Firma Carl Roth, Karlsruhe

AllPrep DNA/RNA Mini Kit Qiagen, Hilden Aqua ad iniectabilia Braun, Melsungen

-Mercaptoethanol Sigma Aldrich Chemie GmbH, Steinheim 100-bp-Ladder Invitrogen, Carlsbad, Kalifornien, USA BigDye Terminator v3.1 Cycle

Sequencing Kit

Applied Biosystems, Darmstadt Blue Juice Invitrogen, Carlsbad, Kalifornien, USA Desoxynucleoside Triphosphate Set

dNTP (dATP, dTTP, dGPT, dCPT)

Roche Diagnostics, Mannheim

DMSO (Dimethyl Sulfoxide) Sigma Aldrich Chemie GmbH, Steinheim

DyeEx 96 Kit Qiagen, Hilden

Ethanol (70 % / 100 %) Sigma Aldrich, Seelze Ethidiumbromidlösung Firma Carl Roth, Karlsruhe

Erlenmeyerkolben 500ml VWR International, Radnor, Pennsylvania, USA Ficoll Seperating Solution Seromed, Biochrom, Berlin

Formamid (HI-DI) Applied Biosystems, Darmstadt Handschuhe Micro Touch Größe S Ansell GmbH, München

Iso-Septol Flächendesinfektionsmittel Universität Ulm – Klinikum Apotheke

Magnetrührstäbchen VWR International, Radnor, Pennsylvania, USA Metallwannen für Ethidiumbromid VWR International, Radnor, Pennsylvania, USA MicroAmp Clear Adhesive Film Applied Biosystems, Darmstadt

MicroAmp Optical 8-Cap Strip Applied Biosystems, Darmstadt MicroAmp Optical 8-Tube Strip (0,2 ml) Applied Biosystems, Darmstadt MicroAmp Optical 96-Well Reaction

Plate

Applied Biosystems, Darmstadt MicroAmp Reaction Tube with Cap (0,2

ml)

Applied Biosystems, Darmstadt

Orange G, Ladepuffer Sigma Aldrich, St. Louis, Missouri, USA PCR Purification Kit QIAquick 96 Qiagen, Hilden

Platinum® Taq DNA Polymerase Invitrogen, Carlsbad Pipettenspitzen:

- ohne Filter: Unitips (10 µl, 100 µl, 200 µl, 1000 µl)

High tech lab, Warschau, Polen

(30)

- mit Filter: ART Pipette Tips (10 Reach, 20 P, 100 E, 200, 1000)

Molecular Bio Products, San Diego, USA Primer: 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34,

36

Thermo Fisher Scientific GmbH, Waltham, Massachusetts

5 x Sequencing Buffer Applied Biosystems, Darmstadt RLT Puffer Plus, AllPrep DNA/RNA-Kit Qiagen, Hilden

Safe Lock Tubes (0,5 ml, 1,5 ml, 2,0 ml) Eppendorf, Hamburg Shredder-Säule QIAshredder spin

column

Qiagen, Hilden

TE-Puffer Eigene Herstellung

Geräteliste

Tabelle 4: Geräteliste mit Beschreibung und Hersteller

Gerät Hersteller

Digitalgraphicprinter UP-D895HD Syngene, Cambridge, UK

Drucker HP Laserjet 1300 Hewlett-Packard, Palo Alto, Kalifornien Einkanalpipette 0,1-2,5 µl Eppendorf, Hamburg

Einkanalpipette 0,5-10 µl Eppendorf, Hamburg Einkanalpipette 2-20 µl Eppendorf, Hamburg Einkanalpipette 10-100 µl Eppendorf, Hamburg Einkanalpipette 20-200 µl Eppendorf, Hamburg Einkanalpipette 100-1000 µl Eppendorf, Hamburg

Eismaschine AF 100 Scotsman, Pogliano Milanese, Milan, Italy Electrophoresis Power Supply 301 Amersham Pharmacia Biotech, München Elektrophoresekammern mit

Schlitten, Schiene, Kabeln und Kämmen: OWL Separation System

Thermo Fischer Scientific GmbH, Waltham, Massachusetts

Feinanalysewaage Precisa Häberle Labor-Technik, Lonsee-Ettlenschieß Gefrierschrank GS3702-G Liebherr, Biberach an der Riss

Geldokumentationssystem Gene Genius

Syngene, Cambridge, UK Handdispenser Multistep-Pipette Eppendorf, Hamburg Kühl-Gefrier-Kombination Bosch, Gerlingen Magnetrührer Combimag Ret IKA-Werke, Staufen Mehrkanalpipette 8-Kanal-Pipette 10-

100 µl Eppendorf, Hamburg

Microwellengerät Microwell Bosch, Gerlingen

Multifuge 4KR Heraeus Firma Carl Roth, Karlsruhe

Bio Photometer Eppendorf, Hamburg

Sequenziergerät 3500D x Genetic

Analyzer Applied Biosystems, Darmstadt

Thermocycler: PCR System GeneAmp2700, PCR System Gene Amp 2720

Applied Biosystems, Darmstadt

(31)

Thermomixer 5437 Eppendorf, Hamburg

Tiefkühl-Gewebe-Schrank Liebherr, Biberach an der Riss

Tischzentrifuge Galaxy Mini VWR International, Radnor, Pennsylvania, USA Transilluminator 4000 Stratagene, La Jolla, California

Vakuumpumpe Laboport KNF Neuberger, Freiburg

Vortexer VWR International, Radnor, Pennsylvania, USA

Wasserbad W160 Heraeus, Hanau

2.2 Patientenkollektiv

Das untersuchte Patientenkollektiv (Alter > 18 ≤ 60 Jahre) setzte sich aus 1180 jüngeren Patienten einer großen multizentrischen randomisierten Studie zusammen: AMLSG 07-04. Der Rekrutierungszeitraum der Patienten lag zwischen 2004 und 2011. Von jedem Patienten wurde bei Studieneinschluss KM und/oder PB gewonnen und von den teilnehmenden Zentren an die zentralen Referenzlabore der AMLSG Ulm und Hannover geschickt. Diese führten die Extraktion der leukämischen Zellen sowie die Isolierung der DNA durch. Im AMLSG Labor für zytogenetische und molekulargenetische Diagnostik wurde nach den Richtlinien des internationalen Systems für zytogenetische Nomenklatur (ISCN) die Bestimmung der Karyotypen durchgeführt.

Von allen Patienten lag eine schriftliche Einverständniserklärung gemäß der Helsinki-Deklaration nach Aufklärung über die Art der Studien vor, welche sowohl für die Behandlung, als auch für die Aufbewahrung der Proben und deren weitere Verwendung galt. Das Studienprotokoll war durch die zuständige Ethikkommission aus Ulm (Aktenzeichen 108/2004) genehmigt und bei ClinicalTrials.gov registriert worden.

Die Induktionstherapie der Patienten enthielt zwei Zyklen mit Cytarabin, Etoposid und Idarubicin: Cytarabin 100 mg/m² intravenös an Tag 1 - 7, Etoposid 100 mg/m² an Tag 1 - 3 und Idarubicin 12 mg/m² an Tag 1, 3 und 5 (im zweiten Zyklus auf die Tage 1 und 3 reduziert). Die Patienten der Hochrisiko-Gruppe erhielten zur Konsolidierungstherapie eine allogene HSCT von einem passenden verwandten oder nicht verwandten Spender. Die anderen Patienten bekamen drei Zyklen Hochdosis-Cytarabin (18 g/m² pro Zyklus). ATRA wurde während der Induktionstherapie in einer Dosierung mit 45 mg/m² an Tag 6 bis 8 und mit 15 mg/m² von Tag 9 bis 21 verabreicht. Während der Hochdosis-Cytarabin-Gabe erhielten die

(32)

Spender wurde eine allogene HSCT bei allen Patienten, außer derer mit einer Core- binding factor AML, durchgeführt.

2.3 Übersicht der erfolgten Methoden

Abbildung 3: Eigene Darstellung der durchgeführten Methoden im zeitlichen Ablauf als Überblick, DNA: deoxyribonucleic acid; PCR = polymerase chain reaction, CSR = cycle sequencing reaction

2.4 Materialgewinnung und -aufbereitung

Das Material wurde entweder aus PB mittels Venenpunktion und/oder aus KM mittels Beckenkammpunktion gewonnen. Direkt nach der Materialentnahme erfolgte die Heparinisierung (Natrium-Heparin) der Proben im Verhältnis 1:10. Zur Gewinnung mononukleärer Zellen wurde das Prinzip der Dichtegradientenzentrifugation nach Ficoll durchgeführt. Zunächst wurde hierzu

(33)

Material mit hohen Leukozytenzahlen im Verhältnis von 1:2 bis 1:3 mit Kulturmedium verdünnt. Im Anschluss wurden PB bzw. KM im Verhältnis 1:2 auf ein Ficoll-Medium (Ficoll Separating Solution), ein synthetisch hergestelltes Polysaccharid aus Saccharose und Epichlorhydrin, geschichtet. Mit 1,077 g/ml hatte das Ficoll-Medium eine größere Dichte als Lymphozyten und Monozyten, jedoch eine kleinere als Erythrozyten und Granulozyten. Anschließend wurde alles bei 2800 U/min für 20 Minuten bei Raumtemperatur zentrifugiert. Die mononukleären Zellen, die sich nach der Zentrifugation zwischen Plasma und Ficollschicht befanden, wurden mit einer sterilen Pipette abgenommen.

Erythrozyten, Granulozyten, Thrombozyten und tote Zellen gelangten durch die Zentrifugation auf den Boden des Röhrchens. Die Zellzahl wurde nach zweimaligem Waschen mit 50 ml Roswell Park Memorial Institute 1640 Medium (Zentrifugation bei 1200 U/min für 10 Minuten bei Raumtemperatur), um Ficollresten und Verunreinigungen zu entfernen, mittels Zellcounter bestimmt. Die Aufbewahrung der erhaltenen mononukleären Zellen erfolgte bis zum weiteren Gebrauch als Zellpellet mit je 5 x 105 bis 1 x 107 Zellen bei - 80 °C.

2.5 DNA-Extraktion

Die DNA-Extraktion erfolgte auf Eis mit dem AllPrep DNA/RNA Mini Kit.

Folgende Kit-Bestandteile wurden verwendet:

AllPrep DNA Mini Spin Columns

Collection Tubes (1,5 ml)

Collection Tubes (2 ml)

• Buffer RLT Plus

• Buffer AW1 (concentrate)

• Buffer AW2 (concentrate)

• Buffer EB

Hierbei wurde zunächst 600 µl RLT-Puffer-Plus mit 6 µl ß-Mercaptoethanol gemischt. Ein Bestandteil des RLT-Puffers ist Guanidiniumthiocyanat, ein strukturbrechendes Salz, welches Wasserstoffbrückenbindungen zerstört. Das zugesetzte ß-Mercaptoethanol reduziert zusätzlich Disulfidbrücken. Beide haben somit in Kombination eine denaturierende und reduzierende Wirkung auf Proteine.

Die Zellpellets wurden nun durch Zugabe des zuvor hergestellten RLT-

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Ein eleganter, alternativer Ansatz ist die allosterische Aktivierung von SHIP1, das nur in hämatopoetischen Zellen exprimiert wird, durch das Pelorol-Analogon AQX-MN100, für das

• die Ziel-RNA beim Northern Blot ist einzelsträngig, durch intramolekulare Basenpaarung können sich Sekundärstrukturen ausbilden, dies erfordert zur

Abbildung 3.2.8: Einzelverläufe der Tissue factor Konzentrationen der AML Patienten zum Zeitpunkt der ersten Blutentnahme bei Diagnosestellung (1) und zum Zeitpunkt

ein schlechterer Verlauf aus Veröffentlichungen bekannt, sodass bei diesem Ergebnis unklar bleibt, welche Mutation in dieser Analyse ausschlaggebend für den

In Genexpressionsanalysen konnte aber ein Zusammenhang der CD25 Antigen-Expression (IL-2-Rezeptor-α) mit der AML- Erkrankung bestätigt werden [62–64]. Um den Einfluss der

In der vorliegenden Arbeit konnte somit deutlich werden, dass der gefundene Zusammen- hang zwischen ermitteltem Gesundheitsstatus und Lebensqualität nicht für alle Patienten

Beachtlich ist, dass der Vergleich mit der Patientengruppe ohne Mutation sowohl für die Gruppe der FLT3-positiven Patienten als auch die der NPM1-positiven Patienten

Grundlage dieser Analyse sind die Daten der Patienten, die aufgrund der Diagnose einer akuten myeloischen Leukämie in dem Zeitraum vom 12.01.2000 bis zum 23.12.2009 in