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Die prognostische Bedeutung von TP53-Mutationen und dem komplexen Karyotyp bei Patienten mit myelodysplastischem Syndrom oder sekundärer akuter myeloischer Leukämie nach allogener Stammzelltransplantation

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Academic year: 2022

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Aus der Klinik für Hämatologie, Hämostaseologie, Onkologie und Stammzelltransplantation der Medizinischen Hochschule Hannover

Die prognostische Bedeutung von TP53-Mutationen und dem komplexen Karyotyp bei Patienten mit myelodysplastischem Syndrom oder sekundärer akuter myeloischer Leukämie nach allogener Stammzelltransplantation

Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin in der Medizinischen Hochschule Hannover

vorgelegt von

Josefine Henriette Kreimeyer

aus Lünen

Hannover 2019

(2)

Angenommen vom Senat der Medizinischen Hochschule Hannover am 27.08.2019

Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Hochschule Hannover

Präsident: Prof. Dr. med. Michael P. Manns

Betreuer der Arbeit: Prof. Dr. med. Michael Heuser

Referent: Prof. Dr. rer.nat. Ulrich Lehmann-Mühlenhoff

Korreferent: PD Dr.rer.nat. Dirk Heckl

Tag der mündlichen Prüfung: 27.08.2019

Prüfungsausschussmitglieder: Prof. Dr.med. Jens Gottlieb (Vorsitz), Prof. Dr.med. Rainer Nustede (1. Prüfer), Prof. Dr.med Martin Sauer (2. Prüfer)

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Für Mama und Papa

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Inhalt

1 Einleitung ... 7

1.1 Myelodysplastisches Syndrom (MDS) und sekundäre akute myeloische Leukämie (sAML) 7 1.2 Stammzelltransplantation ... 30

1.3 Zielsetzung der Arbeit ... 35

2 Methoden ... 36

2.1 Material ... 36

2.2 Patientenkohorte ... 38

2.3 Methoden ... 38

2.4 Statistik ... 44

3 Ergebnisse ... 46

3.1 Patientencharakteristika ... 46

3.2 Alle Mutationen (Ergebnis Myeloid Panel) ... 49

3.3 Mutationen in TP53 ... 49

3.4 Charakteristika TP53 Mutationen ... 50

3.5 Komplexer Karyotyp ... 53

3.6 Charakteristika von Patienten mit komplexem Karyotyp ... 54

3.7 Univariate Analyse für die prognostische Bedeutung von TP53 Mutationen für das Gesamtüberleben ... 58

3.8.Univariate Analyse Gesamtüberleben für komplexen Karyotyp... 59

3.9 Univariate Analyse für die kumulative Rezidivinzidenz abhängig von TP53 Mutation und komplexem Karyotyp ... 59

3.10 Univariate Analyse für die nicht-rezidiv-assoziierte Mortalität abhängig von TP53 Mutation und komplexem Karyotyp ... 60

3.11 Multivariate Analyse Gesamtüberleben ... 60

3.12 Multivariate Analyse Kumulative Rezidivinzidenz ... 62

3.13 Multivariate Analyse Nicht-rezidiv-assoziierte Mortalität ... 63

4 Diskussion ... 66

4.1 Diskussion der Methodik ... 67

4.2 Diskussion der Ergebnisse ... 67

4.3 Klinische und Prognostische Relevanz ... 74

4.4 Andere Diskussionswürdige Ergebnisse ... 75

5 Zusammenfassung ... 77

6 Literaturverzeichnis ... 79

7 Abkürzungsverzeichnis ... 97

8 Publikationen ... 101

9 Lebenslauf ... 102

(5)

10 Erklärung nach §2 Abs. 2 Nr. 7 und 8 PromO ... 103 11 Danksagung ... 104

(6)

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Altersspezifische Inzidenz von MDS 2009-2013, Daten aus der SEER-Datenbank ... 7

Abbildung 2 Einfluss der zytogenetischen IPSS-R Risikogruppen auf das Überleben ((P. L. Greenberg et al., 2012) ... 25

Abbildung 3 geändert nach Komrokji, 2016: Current State of the Art: Management of Higher Risk MDS 34 Abbildung 4 Absolute Verteilung Mutationen bei MDS und sAML (nur Mutationen die mindestens einmal aufgetreten sind) ... 49

Abbildung 5 Verteilung der Mutationen in TP53 (erstellt mit http://www.cbioportal.org/mutation_mapper.jsp) (Cerami et al., 2012; Gao et al., 2013; Okorokov et al., 2006) ... 50

Abbildung 6 Verteilung Mutationen bei komplexem Karyotyp ... 54

Abbildung 7 Überleben nach Kaplan-Meier für TP53 mutierte und TP53 Wildtyp Patienten ... 58

Abbildung 8 Überleben nach Kaplan Meier für komplexer Karyotyp/kein komplexer Karyotyp. ... 59

Abbildung 9 Einfluss von TP53 und komplexem Karyotyp auf die Prognose des Gesamtüberlebens .. 61

Abbildung 10 Kumulative Rezidivinzidenz und nicht-rezidiv assoziierte Mortalität für TP53 ... 65

Abbildung 11 Kumulative Rezidivinzidenz und nicht-rezidiv assoziierte Mortalität für komplexen Karyotyp ... 65

Abbildung 12 Gesamtüberleben für Patienten mit VAF für TP53 </> 40 % ... 72

(7)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 WHO-MDS Klassifikation 2008 modifiziert nach Vardiman et al. 2008 ... 10

Tabelle 2 MDS-definierende Mutationen modifiziert nach Vardiman et al 2008 ... 10

Tabelle 3 Familiäre MDS-Formen mit somatischen Mutationen modifiziert nach (Bannon & DiNardo, 2016) ... 11

Tabelle 4 Typ 1 und Typ 2 Gene nach Makishima et al. 2017 ... 12

Tabelle 5 IPSS Score modifiziert nach Greenberg et al 1997 ... 23

Tabelle 6 WPSS Score modifiziert nach Malcovati 2011 ... 23

Tabelle 7 IPSS-R nach Greenberg et al 2012 ... 24

Tabelle 8 Zytogenetische Kategorien nach IPSS-R, basierend auf der Analyse von (Schanz et al., 2012) ... 24

Tabelle 9 Einflussfaktoren auf Rezidivrisiko, Gesamtüberleben und rezidivfreies Überleben nach (Deeg et al., 2012; Della Porta et al., 2014; Nevill et al., 1998; Shaffer et al., 2016) ... 31

Tabelle 10 HCT-CI - Score für hämatologische Erkrankungen nach Sorror et al 2005 ... 32

Tabelle 11 EBMT nach Gratwohl et al 2009 ... 33

Tabelle 12 Auflistung aller benötigten Reagenzien, Chemikalien und Kits ... 36

Tabelle 13 Auflistung aller benötigten Geräte und Software ... 37

Tabelle 14 Schema Barcode Primer für Myeloid Panel ... 42

Tabelle 15 Vergleich klinischer und transplantationsassoziierte Charakteristika aller Patienten, signifikante Ergebnisse in fett geschrieben... 47

Tabelle 16 TP53 Mutationen, VAF und Read depth ... 50

Tabelle 17 Patientencharakteristika TP53, , signifikante Ergebnisse in fett geschrieben ... 51

Tabelle 18 Vergleich Mutationsstatus und chromosomale Aberrationen für TP53 mutiert und TP53 Wildtyp , signifikante Ergebnisse in fett geschrieben ... 53

Tabelle 19 Häufigkeit von Chromosomenaberrationen für den komplexen Karyotyp Angabe: Anzahl (Prozent), , signifikante Ergebnisse in fett geschrieben ... 54

Tabelle 20 Patientencharakteristika komplexer Karyotyp, signifikante Ergebnisse in fett geschrieben ... 55

Tabelle 21 Vergleich Mutationsstatus und chromosomale Aberrationen für komplexen und nicht- komplexen Karyotyp, , signifikante Ergebnisse in fett geschrieben ... 57

Tabelle 22 Gesamtüberleben univariate- und multivariate Analyse, , signifikante Ergebnisse in fett geschrieben ... 62

Tabelle 23 Kumulative Rezidivinzidenz univariate- und multivariate Analyse, signifikante Ergebnisse in fett geschrieben ... 63

Tabelle 24 Nicht rezidiv-assoziierte Mortalität uni- und multivariate Analyse, signifikante Ergebnisse in fett geschrieben ... 64

Tabelle 25 Korrelation zwischen TP53 VAF </> 40% und dem komplexen Karyotyp ... 71

Tabelle 26 Korrelation zwischen TP53 VAF </> 20% und dem komplexen Karyotyp ... 71

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1 Einleitung

1.1 Myelodysplastisches Syndrom (MDS) und sekundäre akute myeloische Leukämie (sAML)

1.1.1 Definition

MDS ist eine klonale Störung der hämatopoetischen Stammzellen, welche sich durch Zytopenien der megakaryozytären, erytropoetischen und myeloischen Reihen im peripheren Blut (PB) sowie Dysplasien im Knochenmark (KM) auszeichnet. Dabei können eine oder mehre Reihen betroffen sein. Eine Weiterentwicklung zu einer sekundären akuten myeloischen Leukämie (sAML) ist möglich und tritt bei ungefähr 30% der Patienten auf (Arber et al., 2016; Bejar, Levine, & Ebert, 2011).

1.1.2 Epidemiologie

Nach Daten der US-amerikanischen Krebsdatenbank SEER (Surveillance, Epidemiology and End Results Programm) hat es in den USA 2003 schätzungsweise 10.300 MDS-Neuerkrankungen gegeben. Dabei war die Inzidenz bei Männern mit 4,5/100.000 pro Jahr signifikant höher als bei Frauen mit 2,7/100.000 pro Jahr (Ma, Does, Raza, &

Mayne, 2007). Die Anzahl der Neuerkrankungen stieg 2013 auf 5,8/100.000 pro Jahr bei Männern und auf 3,3/100.000 pro Jahr bei Frauen. Dies entspricht ca. 14.000 Neuerkrankungen pro Jahr1. Das Verhältnis von Männern zu Frauen ist konstant.2 Das Risiko zu erkranken steigt mit dem Lebensalter. Ca. 86%

der MDS Fälle werden bei über 60jährigen diagnostiziert und das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei 76 Jahren. Das Überleben ist mit einer 3-Jahres Überlebensrate von nur 35% eher gering.

Männliche und über 60jährige Patienten haben eine signifikant schlechtere Überlebenschance (Ma et al., 2007).

1.1.3 Klinik

Die Symptomatik der Patienten wird durch die Folgen der Zytopenien definiert. Häufig treten eine (transfusionspflichtige) Anämie, vermehrte Infekte aufgrund der Neutropenie sowie eine Blutungsneigung auf dem Boden der Thrombozytopenie auf.

Mögliche Frühsymptome können Müdigkeit, Dyspnoe, Leistungsabfall, Hämatome oder Infektionen sein. Patienten können sich auch asymptomatisch präsentieren. Dann kann der Verdacht auf MDS durch Auffälligkeiten im Blutbild gestellt werden (Steensma, 2015).

1 Einwohnerzahl der USA 2014: 317,773 Mio https://www.census.gov/popclock/ 05.10.2016

2http://seer.cancer.gov/faststats/selections.php?#Output 05.10.2016

Abbildung 1 Altersspezifische Inzidenz von MDS 2009- 2013, Daten aus der SEER-Datenbank

(9)

1.1.4 Diagnosesicherung

Zur Grundlage der MDS Diagnostik gehört der Ausschluss von Differentialdiagnosen. Dazu zählen nicht-maligne Ursachen einer Zytopenie (Strahlenexposition, familiäres Knochenmarkversagen, vorangegangene Chemotherapie, Infektionen, Alkohol, usw.) sowie eine primäre AML. Deswegen werden häufig zunächst ein Differentialblutbild, die Kontrolle biochemischer Laborparameter und eine Virusdiagnostik durchgeführt (Arber et al., 2016)

Basis einer jeden Diagnostik ist die mikroskopische morphologische Untersuchung und Beurteilung von May-Grünwald-Giemsa gefärbtem peripherem Blut (PB) und Knochenmark (KM) nach WHO-Kriterien. Zur Darstellung von Ringsideroblasten wird zusätzlich eine Eisenfärbung mit Preußisch Blau durchgeführt. Charakteristisch für ein MDS sind periphere Zytopenien bei hyperplastischem Knochenmark.

Die Untersuchung der Knochenmarkbiopsie richtet sich speziell auf Fibrosierungen, die Zellularität und hämatopoetische Stammzellen. Das Knochenmark stellt sich meist normo- oder hyperzellulär dar. Hypozellularität schließt ein MDS jedoch nicht aus. In den KM-Ausstrichen lässt sich durch die Anzahl der Blasten eine AML (>20% Blasten) differentialdiagnostisch ausschließen (Arber et al., 2016). Außerdem erfolgen zytogenetische Untersuchungen zum Nachweis von Chromosomenaberrationen, da diese seit der WHO-Klassifikation von 2008 diagnosedeterminierend sind und in die Risikoscores miteinfließen. Zusätzlich können eine Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH), ein Single Nucleotide Polymorphism (SNP) - Array oder eine Fluorescence-activated cell sorting (FACS) Analyse erfolgen. Die Analyse somatischer Mutationen wird standardmäßig durchgeführt. (Malcovati et al., 2013).

1.1.5 Klassifikation

1982 veröffentliche die French American British Cooperative Group die erste MDS–Klassifikation, welche neue Diagnosekriterien umfasste. Die Aufteilung erfolgte anhand von vier Merkmalen.

Dazu zählten morphologische Kriterien, Anzahl der Blasten in peripherem Blut und Knochenmark im Verhältnis zur absoluten Anzahl der Monozyten sowie das Vorhandensein von Auer Stäbchen in Granulozyten. Folgende Gruppen wurden unterteilt(Bennett et al., 1982):

 refraktäre Anämie (RA)

 RA mit Ringsideroblasten (RARS),

 RA mit Blastenüberschuss/-Excess (RAEB),

 chronische myelomonozytäre Leukämie (CMML)

 RAEB in Transformation.

Dabei haben Patienten mit MDS RAEB, eine schlechtere Überlebensrate als solche mit anderen Formen (Ma et al., 2007).

In den WHO Klassifikationen von 2001 und 2008 wurden diese Kategorien ergänzt und die Definitionen angepasst. Die Kategorie refraktäre Zytopenie mit multilineärer Dysplasie (RCMD) mit und ohne Ringsideroblasten wurde neu eingeführt. Die Kategorie RAEB wurde in RAEB1 und RAEB2 aufgeteilt. Das 5q Syndrom wird als eigene Entität beschrieben. Die CMML zählt nun nicht mehr zum MDS, sondern zu den myeloproliferativen Erkrankungen (Tefferi, Thiele, & Vardiman, 2009).

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Außerdem wurde die Zytogenetik in die Klassifikation eingeschlossen (Tefferi et al., 2009;

Vardiman, Harris, & Brunning, 2002). Dazu wurden 2008 MDS-definierende zytogenetische Aberrationen definiert, welche unabhängig von morphologischen Dysplasien ein MDS diagnostizieren können (siehe Tabelle 2). Diese Mutationen müssen im Karyogramm nachweisbar sein. Ein isolierter Nach weis in der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) ist nicht ausreichend (Arber et al., 2016).

Da viele Studien und auch die hier besprochene Patientenkohorte auf der WHO-Klassifikation von 2008 beruhen, soll diese ausführlicher dargestellt werden (Tabelle 1 und Tabelle 2).

Im Jahr 2016 erfolgte eine erneute Revision der WHO Klassifikation des MDS. MDS ist nun über die Klinik, mindestens einer KM-Dysplasie und Zytopenie definiert. Wenn mehr als 10% der Zellen einer myeloischen Zellreihe im KM eindeutige Zeichen einer Dysplasie aufweisen, so wird die Zellreihe als dysplastisch bezeichnet (Tefferi et al., 2009). Nach WHO Schema wird eine Zytopenie definiert als Hämoglobin <10g/dl, Thrombozyten >100 x 109/l, Neutrophile <1,8 x 109/l (Tefferi et al., 2009).

Entsprechend der Hauptkriterien Zytopenien und Dysplasien wurde die Nomenklatur der Kategorien 2016 grundlegend geändert. Beschreibungen der Zytopenien wie beispielsweise refraktäre Anämie (RA) wurden verlassen. Stattdessen beginnen alle Kategorien mit MDS und tragen ein Suffix, welcher nicht mehr auf spezifische Zytopenien eingeht (Zytopenie einer oder mehrerer Abstammungslininen, Ringsideroblasten, Blastenexcess oder del q5) (Arber et al., 2016).

Aufgrund der Verbindung von SF3B1 Mutationen zu Ringsideroblasten fließt diese Mutation seit 2016 in die Klassifizierung ein. Dabei sind zur Diagnose mindestens 15% Ringsideroblasten im KM nötig, wenn SF3B1 mutiert ist 5% (Arber et al., 2016; Papaemmanuil et al., 2011). Genmutationen spielen als Marker für eine klonale Hämatopoese eine Rolle. Wichtig ist die Abgrenzung zu CHIP (clonal haematopoiesis of indeterminate potential). CHIP bedeutet, dass in Zellen myeloischer Abstammung charakteristische Genmutationen bei klinisch gesunden Menschen gefunden werden (Steensma et al., 2015).

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Tabelle 1 WHO-MDS Klassifikation 2008 modifiziert nach Vardiman et al. 2008

Name Blut KM

Refraktäre Zytopenie mit unlineärer Dysplasie (RCUD)

1-2 Zytopenien

<1% Blasten

>10% der Zellen in einer Reihe dysplastisch

<5% Blasten

<15% Ringsideroblasten Refraktäre Zytopenie mit

multilineärer Dysplasie (RCMD)

1-3 Zytopenien, <1% Blasten, keine Auerstäbchen

<1000/µl Monozyten

≥10% Zellen in 2 Zellreihen dysplastisch

<5% Blasten, keine Auerstäbchen

± Ringsideroblasten Refraktäre Anämie mit

Ringsideroblasten (RARS)

Anämie, keine Blasten Erythroide Dysplasie

<5% Blasten

≥15% Ringsideroblasten Refraktäre Anämie mit

Blastenvermehrung 1 (RAEB-1)

Zytopenien, <5% Blasten, keine Auerstäbchen

<1000/µl Monozyten

Dysplasie in 1-3 Zellreihen 5-9% Blasten, keine Auerstäbchen Refraktäre Anämie mit

Blastenvermehrung 2 (RAEB-2)

Zytopenien, 5-19% Blasten, keine Auerstäbchen

<1000/µl Monozyten

Dysplasie in 1-3 Zellreihen 10-19% Blasten,

Auerstäbchen MDS del(5q) Anämie, normale oder erhöhte

Thrombozytenzahl, <1% Blasten

Normale oder erhöhte Anzahl Megakaryozyten mit

verminderter Lobulierung

<5% Blasten, keine Auerstäbchen Isolierte 5q-Deletion

MDS-U Zytopenien, <1% Blasten Eindeutige Dysplasie in <10%

der Zellen in ≥1 Linie + eine MDS-definierende Mutation

<5% Blasten

Tabelle 2 MDS-definierende Mutationen modifiziert nach Vardiman et al 2008

Unbalancierte Mutationen Balancierte Mutationen

-7 oder del(7q) t(11;16)(q23;p13.3)

-5 oder del (5q) t(3;21)(q26.2;q22.1)

i(17q) oder t(17p) t(1;3)(p36.3;q21.1)

-13 oder del(13q) t(2;11)(p21;q23)

del(11q) inv(3)(q21;q26.2)

del(12p) oder t(12p) t(6;9)(p23;q34)

del(9q) idic(X)(q13)

Komplexer Karyotyp (≥3 Chromosomenaberrationen) muss mindestens eine von den oben genannten einschließen

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1.1.6 Ätiologie

Die Ursache für MDS ist häufig unklar. Es gibt Assoziationen mit familiären genetischen Syndromen, vorangegangenen Krebstherapien und höherem Lebensalter

Hereditäres MDS

Hereditäres MDS kann bei genetischen Syndromen mit einer Fehlfunktion des Knochenmarks wie beim Shwachman-Diamond-Syndrom (Woods, Roloff, Lukens, & Krivit, 1981), der schweren chronischen Neutropenie (SCN) (Donadieu et al., 2005), der Diamond Blackfan Anämie (Janov, Leong, Nathan, & Guinan, 1996) und der Dyskeratois congenita (Dokal, 2000) auftreten.

Außerdem ist das Risiko an MDS zu erkranken bei Patienten mit Fanconi Anämie erhöht. Dort liegt die Inzidenz für das Auftreten von AML/MDS bei 20jährigen bei 8% mit einem Anstieg auf 22% bei 36jährigen. Mit 49 Jahren liegt die Wahrscheinlichkeit für Knochenmarksversagen bei 50%

(Rosenberg, Alter, & Ebell, 2008).

Im Laufe der letzten Jahre sind familiäre Erkrankungen mit Keimbahnmutationen entdeckt worden, welche mit einem erhöhten Risiko für MDS einhergehen. Alle genannten Mutationen werden autosomal-dominant vererbt. Die wichtigsten sieben sind in der untenstehenden Tabelle aufgeführt.

Tabelle 3 Familiäre MDS-Formen mit somatischen Mutationen modifiziert nach (Bannon & DiNardo, 2016)

Name Mutation Weiteres Referenz

Familiäre

Plättchenfunktionsstörung

RUNX1 35-40% Lebenszeitprävalenz an MDS/AML zu erkranken

(Song et al., 1999) Thrombozytopenie 2 ANKRD26 11% aller erblichen

Thrombozytopenien

(Pippucci et al., 2011) Familiäre AML mit mutiertem

DDX41

DDX41 Durchschnittliches

Erkrankungsalter: 61 Jahre

(Polprasert et al., 2015) Thrombozytopenie 5 ETV6 Risiko für alle hämatologischen

malignen Erkrankungen und Colon Karzinome

(M. Y.

Zhang et al., 2015) Familiäres MDS/AML mit

mutiertem GATA2

GATA2 2 Formen: Emberger Syndrom und MonoMac Syndrom, 70%

Lebenszeitprävalenz an MDS/AML zu erkranken

(Hahn et al., 2011)

Familiäre aplastische Anämie mit SRP72 Mutation

SRP72 Nur 2 Erbgänge beschrieben (Kirwan et al., 2012) SAMD9/SAMD9L Assoziation mit Deletion

Chromosom 7 führt zu MDS, erhöht Risiko für Panzytopenie, Ataxie und myeloische

Entartungen, MIRAGE Syndrom

(Davidsson et al., 2018)

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Therapieassoziiertes MDS

Nach WHO-Kriterien werden zwei Formen des t-MDS/t-AML unterschieden. Zum einen der Alkylantien/Bestrahlungstherapie–Typ und der Topoisomerase-II-Inhibitor-Typ (Vardiman et al., 2002). Der Alkylantien Typ zeichnet sich durch eine lange Latenzzeit zwischen Therapie und MDS, einem initialen MDS-Stadium, einer ungünstigen Zytogenetik und einer schlechten Prognose aus.

Der Topoisomerase-II-Inhibitor Typ hingegen hat ein kurzes Intervall zwischen Therapie und MDS Entwicklung, Fusions Onkogene wie KMT2A/MLL-MLLT3 und eine bessere Prognose (Heuser, 2016).

Bekannt ist die Entwicklung eines t-MDS als Komplikation nach Chemotherapie oder autologen Stammzelltransplantationen bei Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphomen. Die Inzidenz nach autologer Stammzelltransplantation beträgt 1,1% bis 24,3% und die Patienten erkranken im Mittel 12-24 Monate nach der Therapie. Auch nach der Therapie von akuten lymphoblastischen Leukämien (ALL), Sarkomen, Ovarialkarzinomen und Hodentumoren (testicular cancer) tritt t-MDS auf. Die Inzidenz beläuft sich auf 0,8% bis 6,3% nach 20 Jahren. Die Zeit bis zur Entwicklung einer therapieassoziierten Knochenmarksstörung beträgt im Mittel drei bis fünf Jahre. Das Risiko verringert sich zehn Jahre nach Therapieende (Bhatia, 2013).

Bestimmte zytogenetische und somatische Mutationen sind mit einem t-MDS assoziiert. 50% der Patienten, welche mit Alkylantien behandelt wurden, weisen eine Deletion des Chromosoms 7 oder seines q-Arms auf. Typisch sind auch RUNX1-Mutationen oder eine Kombination (Christiansen, Andersen, & Pedersen-Bjergaard, 2004).

Patienten mit t-MDS haben bei konventioneller Therapie ein durchschnittliches Überleben von 6 Monaten. Deshalb wird, abhängig vom zytogenetischem Risikoprofil, eine allogene Stammzelltransplantation (SZT) empfohlen (Bhatia, 2013; Heuser, 2016).

1.1.7 Pathogenese

Die Entstehung von MDS ist multifaktoriell. Ursprungszelle ist immer eine hämatopoetische Stammzelle (Woll et al., 2014). Bejar et al beschrieben 2011 sieben Mechanismen zur Entwicklung des MDS. Diese Mechanismen funktionieren meistens auf Genebene. Passend dazu zeigen 78%

aller MDS Patienten mindestens eine somatische Mutation in den mit MDS assoziierten Genen (Bejar et al., 2011; Papaemmanuil et al., 2013). Dabei kann zwischen Genen unterschieden werden, welche die Erkrankung initiieren und solchen, die im Verlauf erworben werden. Darüber hinaus gibt es Gene, die mit einer schnelleren Progression zur sAML assoziiert sind (Typ 1-Gene) oder mit Hoch-Risiko MDS und reduziertem Gesamtüberleben (Typ 2 Gene) (Makishima et al., 2017). Mutationen, welche früh im Krankheitsverlauf auftreten betreffen vor allem die Splicing- und epigenetische Faktoren. Mutationen in den Transkriptionsfaktoren können sowohl früh als auch spät auftreten (Papaemmanuil et al., 2013).

Tabelle 4 Typ 1 und Typ 2 Gene nach Makishima et al. 2017

Typ 1 Gene Typ 2 Gene

FLT-3 PTPN 11 WT1 IDH1/2

NPM1 NRAS

TP53 GATA2 KRAS RUNX1

STAG2 ASXL1 ZRSR2 TET2

(14)

Ein wichtiger Faktor ist die Selbsterneuerung der hämatopoetischen Stammzellen. Dadurch kommt es zu einer erhöhten Proliferation in den krankheitsauslösenden Zellen und ihren Nachkommen bei gleichzeitiger anti-apoptotischer Aktivität und einer Beeinträchtigung oder Blockierung der Differenzierung. Dies führt zu einer genetischen und epigenetischen Instabilität.

Dabei wird die normale Hämatopoese unterdrückt und das Immunsystem umgangen (Bejar et al., 2011).

Diese Entwicklung wird als klonale Evolution bezeichnet. Dabei wird zwischen zwei parallel existierenden Mustern differenziert. In dem ersten bzw. der linearen Evolution entwickeln sich mehrere Subklone aus der dominanten Population und übernehmen diese. Im zweiten Modell entfernen neu oder bereits existierende Subklone die alte Population und breiten sich aus (Makishima et al., 2017). Insgesamt werden im Laufe der Krankheit immer mehr Mutationen erworben.

Deletion 5q

Die Deletion des q-Arms von Chromosom 5 liegt in 15% aller MDS-Fälle vor und ist damit die häufigste zytogenetische Aberration bei MDS. Sie geht aufgrund von spezifischen Therapieansätzen mit Lenalidomid mit einer guten Prognose einher (Bejar et al., 2011).

Die Haploinsuffizienz einer oder mehrerer Gene auf 5q scheint pathognomonisch für MDS zu sein und geht mit keinen weiteren Mutationen oder einer uniparentalen Disomie einher (Graubert et al., 2009; Heinrichs et al., 2009). Es werden zwei verschiedene deletierte Regionen (commonly deleted regions = CDR) unterschieden. Zum einen Deletion 5q33.1, welche sich klinisch als 5q- Syndrom äußert (Boultwood et al., 2002) und zum anderen Deletion5q31, welche mit t-MDS und aggressiveren MDS-Formen assoziiert ist. Klinisch tritt sie mit einem AML-Phänotyp in Erscheinung (Horrigan et al., 2000; Liu et al., 2007).

Das 5q-Syndrom zeichnet sich durch eine makrozytäre Anämie, eine Thrombozytose und eine leichte Leukopenie aus. Im Knochenmarksausstrich werden eine geringere erythroide Ausreifung, abnorme Granulozyten, und als Hauptmerkmal große Megakaryozyten mit ungelapptem Kern beobachtet (Sokal et al., 1975). Auf molekularer Ebene sind diese Veränderungen auf einen partiellen Funktionsverlust der ribosomalen Untereinheit RPS14 und einen Verlust der miRNA 145 und miRNA 146 zurückzuführen. Geringere Expression von RPS14 führt zu einer blockierten Prozession pre-ribosomaler RNA und damit zu einer makrozytären Anämie ähnlich der Blackfan- Anämie (Ebert et al., 2008). Ein Knockdown von miRNA 145 und miRNA 146 in Mäusen führte zu einer Thrombozytose bei gleichzeitiger makrozytären Dysplasie (Starczynowski et al., 2010).

Eine Deletion der Region 5q31 führt molekulargenetisch zu einer Haploinsuffizienz des early growth response Gen (EGFR1), welches ein Zinfingertranskriptionsfaktor ist und die Stammzellerneuerung steigert (Joslin et al., 2007). Außerdem wird Alpha-Catenin (CTNNA1) geringer exprimiert, wodurch Zellen einen Wachstumsvorteil erhalten (Liu et al., 2007).

In der CDR 5q32 liegt das Serin-Threonin-Kinase-Casein-Kinase-1-alpha (CSNK1A1). Es ist wichtig für die Regulation von β-Catenin und TP53. 7,2% der Patienten mit MDS/s-AML und einer Deletion 5q zeigen diese Mutation auf dem verbliebenen 5q-Arm. Bei Patienten ohne del5q konnte keine Mutation dieser Art nachgewiesen werden. Ein heterozygoter Verlust dieses Allels führt zu einer Ausbreitung der hämatopoetischen Stammzelle sowie einem Vorteil beim Engraftment der Stammzellen nach Transplantation. Außerdem sind die Zellen für CSNK1 Inhibitoren sensibilisiert.

Eine homozygote Mutation hingegen führt zum Versagen der hämatopoetischen Stammzellen (Heuser et al., 2015; Schneider et al., 2014).

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Deletion 7 (Monosomie 7) oder Deletion 7q

Chromosom 7 Aberrationen liegen bei 10-15% der Patienten vor und gehen mit einer schlechten Prognose einher (Bejar et al., 2011; P. L. Greenberg et al., 2012). In Patienten mit einem t-MDS oder einer t-AML ist diese Veränderung sogar in bis zu 45% der Fälle vertreten (Christiansen et al., 2004). Es wird die Monosomie 7 von der Deletion des q-Arms des Chromosoms 7 unterschieden.

Patienten mit einer isolierten Deletion 7q haben ein längeres Gesamtüberleben und einen langsameren Progress zu einer AML als Patienten mit einem isolierten Verlust des kompletten Chromosoms. Dies hebt sich auf, sobald weitere Mutationen vorliegen (Cordoba et al., 2012).

80% der MDS oder AML Patienten zeigen Mutationen in zwei Bereichen: 7q22 und 7q35-36.

Demzufolge könnten in diesen Bereichen Tumorsuppressorgene liegen, welche entscheidend für die Leukogenese sind (Dohner et al., 1998; Le Beau et al., 1996). Beide Regionen wurden auf mögliche Gene untersucht. Eine Haploinsuffizienz von 7q22 führte bei Mäusen zu keiner Veränderung der Hämatopoese (J. C. Wong et al., 2010). Dennoch konnten mit dem EPO und Cux1 Gen mögliche Ursachen für die MDS-Entstehung gefunden werden (McNerney et al., 2013;

Mohanty, Korgaonkar, Shanmukhaiah, Ghosh, & Vundinti, 2016). Außerdem liegt in dem Bereich 7q22 das Mixed lineage leukemia-5 Gen (MLL5). Eine homozygote Deletion dieses Bereiches führte im Mausmodell zu lebensfähigen Mäusen, welche Defekte im Immunsystem sowie der hämatopoetischen Stammzellen zeigten. MLL5 scheint eine Rolle bei der terminalen myeloischen Differenzierung sowie der Regulation der hämatopoetischen Selbsterneuerung zu spielen (Heuser et al., 2009).

In dem Genbereich 7q35-36 liegen zwei Gene, deren Ausfall ein MDS erklären könnten. Das Enhancer-of-zeste-homolog-2-Gen (EZH2), eine Histonmethyltransferase, ist die katalytische Untereinheit von Polycomb-repressive-complex-2 (PRC2), welcher das Lysin 27 des Histon 3 (H3K27) di- bzw. trimethyliert. Dies führt zur epigenetischen Unterdrückung von Geneexpressionen (Bejar et al., 2011; Nikoloski et al., 2010). Bei EZH2 handelt es sich am ehesten um ein Tumorsuppressorgen, denn eine Haploinsuffizienz geht mit einem besseren Gesamtüberleben einher als eine Defizienz. Bei unterexprimierten EZH2 liegen vermehrte Immungene vor. Dies könnte ein Erklärungsansatz für die Pathogenese von Chromosom 7 Aberrationen sein (Cabrero et al., 2016).

Außerdem liegt das Tumorsupressorgen Mixed-lineage-leukemia-3 Gen (MLL3) im Bereich 7q36.1 und blockiert die Differenzierung hämatopoetischer Stammzellen. Bei Blockierung in Mäusen führt es zu MDS (Chen et al., 2014).

Ein weiteres Gen auf dem p-Arm des Chromosom 7 SEC-61 (7p11) könnte erklären, warum Patienten mit einer Monosomie 7 ein geringeres Überleben und eine schnellere Progression zur AML haben als Patienten mit einer Deletion 7q (Mohanty et al., 2016).

Trisomie 8

Eine Verdreifachung des Chromosoms 8 ist die einzige Trisomie, welche mit MDS assoziiert ist.

Isoliert kommt sie in 8% der Patienten vor (Haase et al., 2007). Interessanterweise beträgt das mediane Überleben bei Trisomie 8 22 Monate und verdoppelt sich auf 44 Monate bei Vorliegen einer weiteren Mutation. Liegt sie jedoch als Teil des komplexen Karyotypes vor, reduziert sich das Gesamtüberleben auf 17 Monate (Haase et al., 2007).

Bei MDS-Patienten mit Trisomie 8 versucht das Immunsystem diese Zellen zu eliminieren. Da +8 Zellen mehr anti-apoptotische Gene exprimieren und außerdem strahlenresistenter sind, haben sie im Falle einer autoimmunen Reaktion mit CD8+ zytotoxischen T-Zellen einen Vorteil gegenüber anderen Zellen. Sie können sich vermehren, während die restliche Hämatopoese geschädigt wird.

So kommt es durch eine immunsuppressive Therapie zwar zu einer Normalisierung der Zellzahl im

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peripheren Blut. Im Knochenmark persistiert oder vermehrt sich jedoch der +8–Klon (Bejar et al., 2011; Sloand et al., 2007).

Trisomie 8 MDS-Patienten profitieren von einer immunsuppressiven Therapie besonders, wenn sie jung sind, eine refraktäre Anämie von kurzer Dauer haben und HLA-DR51 positiv sind (Bejar et al., 2011; Sloand, Wu, Greenberg, Young, & Barrett, 2008).

Deletion Chromosom Y

Ein Verlust des Y-Chromosoms kann in verschiedenen myeloproliferativen Erkrankungen, so auch in 5% der MDS-Fälle, beobachtet werden. Es gibt keine Korrelation mit dem Überleben. Eine erhöhte Inzidenz konnte nur bei Patienten mit einer Keimbahnmutation nachgewiesen werden.

Die Deletion entspricht am ehesten einem Altersphänomen (Haase et al., 2007; Wiktor et al., 2000; A. K. Wong et al., 2008).

Deletion 20q

3% aller MDS Patienten weisen eine isolierte Deletion des q-Arms von Chromosom 20 auf. Diese ist isoliert mit einer sehr guten Prognose assoziiert, in einem komplexen Karyotyp sinkt diese (Haase et al., 2007). Die CDR umfasst 96 Gene inklusive MYBL2 (v-myb avian myeloblastosis viral oncogene homolog like-2), welches Funktionen im Zellzyklus ausübt, TP53RK (TP53 regulierende Kinase) und TP53TG5 (TP53 target gene 5) (Bacher et al., 2014).

Weder eine Deletion Y noch 20q sind diagnosedefinierende Mutationen.

Deletion 17

5% aller Patienten mit einer chromosomalen Aberration zeigen eine Deletion des gesamten Chromosoms 17, des p-Arms oder ein Isochromosom q17. Das mittlere Überleben von Translokationen, welche 17q einschlossen aber keinen komplexen Karyotyp aufwiesen, liegt bei 32 Monaten. Die Deletion 17 ist häufig mit einem komplexen Karyotyp assoziiert. Das mittlere Überleben beträgt dann 4 Monate (Haase et al., 2007).

Mit der FISH-Analyse konnte eine Deletion 17p auch unabhängig vom komplexen Karyotyp nachgewiesen werden. Die Untersuchung zeigt, dass 2,3% der 17p Deletionen in der konventionellen Karyotypisierung übersehen werden (Sanchez-Castro et al., 2015).

Die Deletion 17p ist über alle Malignome betrachtet mit 23% der häufigste Verlust eines Chromosomenarms und häufig mit einem komplexen Karyotyp assoziiert (Adeyinka, Wei, &

Sanchez, 2007).

Komplexer Karyotyp

Der komplexe Karyotyp (≥3 Aberrationen) liegt in ungefähr 9-14 % der MDS Patienten und 44%

der sAML Patienten vor und ist mit einer ungünstigen Prognose assoziiert (Haase et al., 2007;

Milosevic et al., 2012; Schanz et al., 2012). Einige Mutationen wie die Monosomie 18/Deletion 18q, Monosomie 17/Deletion 17q, +1/+1q, -5, +11, -13/-13q, -21 und +Mar treten fast ausschließlich als Teil des komplexen Karyotyps auf (Haase et al., 2007). Aufgrund ihres seltenen Auftretens ist eine prognostische Relevanz unabhängig vom komplexen Karyotyp bei diesen Mutationen unwahrscheinlich.

Bei normalem Karyotyp liegt das mittlere Überleben bei 53 Monaten. Steigt die Anzahl der chromosomalen Aberrationen auf drei an, reduziert es sich auf 15 – 17 Monate und sinkt mit jeder weiteren erworbenen Aberration. Bei mehr als 3 Aberrationen liegt es bei 5,6 – 9 Monaten (Haase et al., 2007; Schanz et al., 2012). Im Durchschnitt weisen die Patienten 5 Aberrationen auf, das Spektrum verteilt sich auf 3-20 Aberrationen (Schanz et al., 2012). Die Unterteilung in 3

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Aberrationen und mehr als 3 Aberrationen zeigte außerdem einen signifikanten Unterschied bezogen auf das Gesamtüberleben (Schanz et al., 2012).

Im Vergleich zu de novo AML Patienten ist der Karyotyp bei sAML Patienten komplexer, d.h es liegen mehr Aberrationen vor. Deletionen in 7q sowie ein Gewinn der Region 1q32 sind typischerweise mit sAML assoziiert. Interessanterweise liegen dort Gene, welche mit TP53 so interagieren, dass es durch die Aberrationen vermindert exprimiert wird (Milosevic et al., 2012).

1.1.8 Somatische Mutationen

Im Folgenden wird zunächst das Gen TP53 genauer beschrieben. Danach werden andere wichtige Gene der MDS-Pathophysiologie dargestellt. Diese sind entweder elementar für die Pathogenese oder zeigen eine Korrelation im Ergebnisteil.

TP53

Tumorsuppressorgen 53 (TP53), lokalisiert auf Chromosom 17p13.1, ist das am häufigsten mutierte Tumorsuppressorgen bezogen auf alle humanen Krebsformen (Lawrence et al., 2014) und ist bei 5-10% der MDS Patienten mutiert. Noch häufiger ist die Mutation bei Patienten mit therapieassoziierten MDS (t-MDS) besonders nach einer Therapie mit Alkylantien (Christiansen, Andersen, & Pedersen-Bjergaard, 2001). Eine TP53-Mutation ist mit einem signifikant schlechteren Gesamtüberleben unabhängig vom IPSS-Score, einem komplexen Karyotyp sowie Aberrationen auf Chromosom 17 assoziiert (Bejar et al., 2011; Wattel et al., 1994).

sAML Patienten tragen in 16,67 - 17,6% der Fälle eine TP53 Mutation im Vergleich zur de novo AML, bei denen nur 2,4 – 4,27% mutiert sind. Bei anderen myeloproliferativen Erkrankungen ist TP53 vor allem bei solchen Patienten mutiert, deren Erkrankung in eine AML übergeht (Harutyunyan, Klampfl, Cazzola, & Kralovics, 2011). Folglich spielt die TP53 Mutation eine wichtige Rolle beim Progress zur AML (Herzog et al., 2005; Milosevic et al., 2012). Es ist der einzige signifikante Faktor für ein reduziertes Gesamtüberleben bei sAML (Milosevic et al., 2012).

Klinisch äußern sich TP53 Mutationen mit einer schweren Thrombozytopenie (<50.000/mm3) und einem höheren Anteil an medullären Blasten. Anämien oder Neutropenien konnten im Vergleich zu anderen Mutationen nicht häufiger entdeckt werden (Bejar et al., 2011). Andere Mutationen treten selten gemeinsam mit TP53 Mutationen auf. Eventuell liegt hier eine eigene Pathogenese des MDS vor (Bejar et al., 2011). Bei einer TP53 Mutation kommt es häufig zum Verlust des Allels mit dem Wildtyp TP53 statt einer weiteren Mutation auf diesem Allel (Wattel et al., 1994).

Das Genprodukt p53 besteht aus einer Domäne für Transkriptionsaktivierung, DNA-Bindung und Oligomerisierung. Es wird durch zellulären Stress aktiviert und reguliert die Expression verschiedener Gene. Damit induziert es den Zellzyklusarrest, die Apoptose, die Seneszenz, DNA- Reparaturmechanismen und Veränderungen im Metabolismus (Bejar et al., 2011).

Methylierung TET2

Mutationen im Ten-Eleven-Translokations-2 Gen auf Chromosom 4q24 gehören zu den häufigsten bei MDS (ca. 26-33%) und sAML und treten auch bei anderen myeloproliferativen Erkrankungen wie MPN und CMML auf (Haferlach et al., 2014; Jankowska et al., 2009; Langemeijer et al., 2009).

Es wird angenommen, dass TET2-Mutationen früh im pathogenetischen Verlauf auftreten, da sie auch in hämatopoetischen Stammzellen nachweisbar sind.

Das Protein, für das TET2 kodiert, ist eine Dioxygenase, welche 5-Methylcytosine (5-MC) zu 5- Hxdroxymethylcytosin oxidiert, den ersten Schritt in der Cytosindemethylierung. Bei einer

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Mutation kommt es zu einem Funktionsverlust und damit zu einem Anstieg des 5-Methylcytosins, welcher eine DNA-Hypermethylierung und als Folge das Abschalten von Genen auslöst (Ponnaluri, Maciejewski, & Mukherji, 2013). In einem Mausmodell wurde gezeigt, dass TET2 Mutationen zur verstärkten Selbsterneuerung der hämatopoetischen Stammzellen und myeloiden Transformation führen (Moran-Crusio et al., 2011). In einem weiteren Mausmodell konnte gezeigt werden, dass der Haupteffekt der TET2-Mutation die DNA-Hypermethylierung von Cytosinen von bis zu 25%

aktiver Enhancer Bereiche ist. Dabei sind hauptsächlich Gene betroffen, welche zur myeloiden Tumorgenese beitragen, vor allem herunterregulierte Tumorsuppressorgene (Rasmussen et al., 2015).

Allerdings konnte keine Assoziation mit klinischen Faktoren wie Zytopenien oder Blasten nachgewiesen werden. Der pathogenetische Anteil von TET2 scheint unabhängig von anderen Genen zu sein, da es mit keiner weiteren Mutation signifikant häufig in Kombination auftritt. TET2 ist meistens mit einem normalen Karyotyp assoziiert. Zur Auswirkung auf das Gesamtüberleben ist die Studienlage nicht eindeutig, es scheint aber keinen Zusammenhang zu geben (Bejar et al., 2011). Möglichweise ist ein biallelischer Verlust des Wildtyp TET2 in einigen Fällen entscheidend für die Pathogenese des MDS, denn 25% der Patienten haben zwei verschiedene Mutationen in TET2 (Bejar et al., 2011).

DNMT3A

Die DNA-Methyltransferase 3 (DNMT3A) lokalisiert auf Chromosom 2p23, katalysiert die Methylierung des Cytosins eines CpG-Dinukleotids der DNA und löst damit die Unterdrückung der Transkription nachfolgender Bereiche aus. Es ist an de novo Methylierungen beteiligt und agiert somit als Checkpoint für die DNA-Replikation. In DNMT3A-mutierten hämatopoetischen Stammzellen kommt es zu einer differentiellen Methylierung mit einer nachfolgenden Hochregulierung multipotenter Gene (Visconte, Selleri, Maciejewski, & Tiu, 2014).

Die Mutation wurde zuerst bei AML-Patienten entdeckt (Ley et al., 2010). Die Häufigkeit der Mutation bei MDS liegt je nach Studie bei 2,6% bis über 10% (Haferlach et al., 2014; Thol, Winschel et al., 2011). Eine DNMT3A-Mutation wird mit einem erhöhten Transformationsrisiko zur AML sowie einem verringerten Gesamtüberleben in Verbindung gebracht (Thol et al., 2011;

Walter et al., 2011). Unabhängig von der Anzahl der Myeloblasten weisen häufig alle Zellen diese Mutation auf, weswegen angenommen wird, dass die Mutation früh in der Pathogenese entsteht (Makishima et al., 2017; Walter et al., 2011). Für die AML konnte sogar gezeigt werden, dass die Mutationen auch in der lymphatischen Zellreihe präsent sind. Folglich liegt die Mutation schon in den Stammzellen vor (Thol et al., 2017). Eine DNMT3A Mutation ist häufig korreliert mit einer SF3B1 Mutation und tritt fast nie gemeinsam mit einer Mutation in SRSF2 oder ASXL1 auf (Haferlach et al., 2014).

IDH1/IDH2

Bei Mutationen der Isocitratdehydrogenase (IDH) 1 oder 2 handelt es sich ausschließlich um Punktmutationen. Sie treten häufig bei Glioblastomen, anderen soliden Tumoren, AML und mit einer Häufigkeit von 1,4-3,6% auch bei MDS auf (Bejar et al., 2011; Haferlach et al., 2014; Thol et al., 2010). Die Mutation liegt meist isoliert vor. (Haferlach et al., 2014). Eine Mutation in IDH1 ist mit einem kürzeren Überleben und einer höheren Wahrscheinlichkeit für eine Transformation in eine sAML assoziiert (Thol et al., 2010).

Die Funktion des Gen-Produktes ist die Umwandlung von Isocitrat zu α-Ketoglutarat. Bei einer Mutation entsteht stattdessen der Onkometabolit R-2-Hydroxyglutarat (R-2-HG), welcher Redox- Stress auf die Zelle ausübt und so weitere tumorassoziierte Mutationen fördert. IDH2 ist die mitochondriale Form des zytosolischen IDH1 (Dang et al., 2010; Ward et al., 2010).

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IDH1 ist an vielen Prozessen in der Zelle beteiligt unter anderem an der Histon-Demethylierung, DNA-Modifikation und Anpassung an Hypoxie. IDH1 trägt zur Versorgung des Zytosols mit NADPH bei. Bei einer Punktmutation eines Allels ist für die Produktion des Onkometaboliten R-2- Hydroxyglutarat die Anwesenheit von ausreichend NADPH und α-Ketoglutarat nötig. Ein Wildtypallel von IDH konnte in allen IDH mutierten Tumoren nachgewiesen werden. Bei einem siRNA-knockdown von IDH1/IDH2 ist die Proliferation der Tumorzelle herabgesetzt (Dang et al., 2010; Ward et al., 2010).

Eine Mutation führt zu einer Wachstumsunabhängigkeit von Zytokinen sowie einem Differenzierungsblock (Losman et al., 2013). Dazu passt, dass die Mutation vor allem in sehr undifferenzierten Zellstadien auftritt (Ward et al., 2010). Außerdem führt der Onkometabolit 2HG zur Hemmung von α-Ketoglutarat-abhängigen Enzymen und unterdrückt somit auch die Funktion von TET2 (Figueroa et al., 2010; Losman et al., 2013). Weiterhin führen mutierte IDH-Allele zu einer globalen Hypermethylierung (Figueroa et al., 2010).

2013 konnte in einem Mausmodell gezeigt werden, dass eine IDH1 Mutation allein keine Leukämie auslöst, aber onkogene Wirkung in Kombination mit einer Koexpression von HOXA9 hat (Chaturvedi et al., 2013).

Spleißgene

Mit der Einführung des Next-Generation Sequencing (NGS) wurden Mutationen in einer Gruppe von Genen entdeckt, welche die Funktion des Spleißosoms beeinflussen. Dazu zählen SF3B1, U2AF1, ZRSR2 und SRSF2. Sie sind entscheidend für die Erkennung der 3’Spliceseite und Prozessierung der mRNA. Mutationen führen zu abnormalem Spleißen und beeinträchtigen die Hämatopoese (Thol et al., 2012; Yoshida et al., 2011). Trotz ähnlicher Funktion der Gene sind verschiedene Spleißprogramme betroffen. Die verschiedenen Gene üben alle eine Funktion in den allgemeinen Krebs-Signalwegen aus. Vor allem die Zellzykluskontrolle und DNA- Reparaturmechanismen sind involviert (Qiu et al., 2016).

34,7% der MDS Patienten sind von einer Mutation in einem der vier Gene betroffen. Diese tritt meistens exklusiv innerhalb der Spleißgene auf. Betroffene Patienten haben ein geringeres Gesamtüberleben im Vergleich zu MDS Patienten ohne Mutationen in den Spleißosom-Genen (Thol et al., 2012). Aufgrund der niedrigen Frequenz von ZRSR2 Mutationen werden diese im Verlauf nicht ausführlicher besprochen.

SF3B1

Splicing Factor 3B Subunit 1 (SF3B1) Mutationen charakterisieren eine Patientengruppe mit einer relativ benignen Form von MDS. Zur prognostischen Bedeutung liegen widersprüchliche Daten vor. Einerseits zeigte sich bei Vorliegen dieser Mutation ein längeres Gesamtüberleben, ereignisfreies Überleben und eine längere Zeit bis zur Progression zur AML (Malcovati et al., 2015;

Papaemmanuil et al., 2011). In einer anderen Studie konnte kein Einfluss auf diese Endpunkte gezeigt werden (Damm et al., 2012).

Während die Mutation mit einer Frequenz von 14,8 – 20% in allen MDS Subtypen vorliegt, sind es bei MDS-Formen mit Ringsideroblasten 60 – 65% (RARS und RCMD-RS) (Damm et al., 2012;

Papaemmanuil et al., 2011; Yoshida et al., 2011). Das Auftreten von Ringsideroblasten über 15%

hat keinen Einfluss auf die Prognose (Patnaik et al., 2012). Die WHO-Klassifikation von 2016 schloss deshalb die SF3B1 Mutation mit ein (Arber et al., 2016). In anderen Subtypen erscheint diese Mutation nur mit einer sehr niedrigen Frequenz von 5 – 10% (Papaemmanuil et al., 2011).

Die Mutation in SF3B1 zählt zu den häufigsten Mutationen im Spleißosom und insgesamt bei MDS (Haferlach et al., 2014; Yoshida et al., 2011). Mutationen in diesem Gen sind immer heterozygot

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und betreffen vor allem die Exone 12-15. Über die Hälfte der Mutationen sind Punktmutationen in K700E. Andere Hotspots sind: K666, H662, R625, I704 und E622 (Damm et al., 2012;

Papaemmanuil et al., 2011; Yoshida et al., 2011).

Das Spleißosom besteht aus 5 small nuclear ribonucleproteins (snRNPs) und weiteren Proteinen.

SF3B1 gehört zu dem U2-snRNP, welcher die 3‘ Splicesite am Übergang vom Intron zum Exon (Branchpoint-Sequenz) erkennt. Der N-Terminus des SF3B1 Genprodukt-Protein ist verantwortlich für RNA-Protein und Protein-Protein Interaktionen während am C-Terminus 22 Heat-Domänen liegen. Die meisten Mutationen liegen in der vierten bis sechsten Heat-Domäne (Papaemmanuil et al., 2011). Dabei wird die strukturelle Integrität des Proteins in großen Teilen nicht verändert.

Eine Mutation in SF3B1 führt unabhängig vom Spleißen zu einer Herunterregulierung von über 1000 Genen. Diese betreffen Schlüsselfunktionen in Mitochondrien, besonders das Ribosom und den Elektronentransport (Papaemmanuil et al., 2011).

Durch alternatives Spleißen führen Mutationen in SF3B1 zur Modulation von Signalwegen in der Zelle. Diese betreffen hauptsächlich die Zell-Zykluskontrolle und DNA-Reparaturmechanismen.

SF3B1 interagiert dabei (im Gegensatz zu U2AF1 und SRSF2) mit Genen, welche eine positive Änderung hervorrufen. Dazu zählen eine Induktion von MDM2, RAD17, SNRNP70 und SRSF10 (Qiu et al., 2016).

Zusätzlich werden Gene der Hämoglobinsynthese und der oxidativen Phosphorylierung hoch- und Gene des mitochondrialen ABC-Transportes herunterreguliert. Außerdem konnte Missplicing in Genen der Hämoglobinsynthese nachgewiesen werden. Besonders die Differenzierungsstufe vom Erythroblasten zum Retikulozyten wurde dadurch verzögert (Conte et al., 2015). Ursächlich dafür könnte sein, dass mutiertes SF3B1 eine andere Branchpoint-Sequenz am 3‘ Ende der RNA auswählt als Wildtyp SF3B1. Über 50% der entstandenen Genprodukte werden dann abgebaut, sodass es zu einer Runterregulierung der entsprechenden Gene kommt (Darman et al., 2015).

Dadurch entsteht eine aberrante mitochondriale Eisenverteilung. Diese zeigt sich in Form eisenbeladener Mitochondrien, die einen Ring um den Nukleus bilden und so das typische morphologische Bild der Ringsideroblasten erzeugen (Papaemmanuil et al., 2011; Tehranchi et al., 2005).

Im Zuge der zielgerichteten Therapie bei MDS bietet SF3B1 ein mögliches pharmakologisches Ziel.

Diese Option wird seit einigen Jahren erforscht (Bonnal, Vigevani, & Valcarcel, 2012).

U2AF1

Für die Bindung der U2 snRNP-Untereinheit des Spleißosoms an die 3‘ Spleißseite der pre-mRNA wird der heterodimere U2 small nuclear ribonucleoprotein auxiliary Faktor (U2AF) benötigt.

Dieser besteht aus einer 65kDa und einer 35kDa Untereinheit. U2AF65 bindet spezifisch an den Polypyrimidin Trakt der mRNA und initiiert so den Spleißosom Zusammenbau (Zamore & Green, 1989). Die 35kDa-Untereinheit (auch U2AF1 genannt) zeichnet sich durch ihre sequenzspezifische RNA-bindende Aktivität aus. Sie bindet die 3’Spleißseite der mRNA am Ende der Introns mit multiplen AG-Dinukleotiden (S. Wu, Romfo, Nilsen, & Green, 1999).

7,3% -8,7% der MDS Patienten zeigen eine Mutation in den Hotspots S34 und Q157 in der Zinkfingerregion von U2AF1 (Graubert et al., 2011; Haferlach et al., 2014; Thol et al., 2012). Diese führen zu einer Beschleunigung des Spleißens und dem Überspringen von Exons (Graubert et al., 2011).

Mutationen in U2AF1 sind häufig mit Mutationen in DNMT3A und ASXL1 assoziiert, welche die epigenetische Regulation beeinflussen. Genauso wie Mutationen in DNMT3A erscheinen

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Mutationen in U2AF1 früh im Krankheitsverlauf. Sie sind mit einem schnelleren Prozess zur AML assoziiert ohne das Gesamtüberleben zu beeinflussen (Graubert et al., 2011; Thol et al., 2012).

U2AF1 wurde als pharmakologisches Ziel für eine zielgerichtete MDS-Therapie entdeckt.

Hämatopoetische U2AF1positive Stammzellen reagieren sowohl in vitro als auch im Mausmodell auf Sudemycin mit einer Reduktion der hämatopoetischen Stammzellexpansion (Shirai et al., 2017).

SRSF2

Mit einer Frequenz von 12,4% sind Mutationen im Serin/Arginin-Reichen Spleiß-Faktor 2 (SRSF2) die zweithäufigsten Mutationen in Spleißgenen bei MDS. Häufiger sind sie hingegen bei Patienten mit einer CMML (Thol et al., 2012; Yoshida et al., 2011). In der Mehrzahl der Fälle ist der Hotspot P95 betroffen. Sie können mit Mutationen im RUNX1-Gen und IDH1-Gen assoziiert sein (Thol et al., 2012). Eine SRSF2 Mutation stellt einen unabhängigen prognostischen Faktor für eine Reduktion des Gesamtüberlebens und eine schnellere und häufigere Progression zur AML dar (Thol et al., 2012).

Mutationen führen zu einer Veränderung der sequenzspezifischen RNA-Bindungsaktivität, die zu einem Missplicing hämatopoetischer Schlüsselregulatoren wie EZH2 führt. Dies führt zu einem RNA-Zerfall aufgrund nonsense-mediated decay und stört so die hämatopoetische Differenzierung (Kim et al., 2015). SRSR2 übt außerdem Funktionen bei der Regulation der Zellproliferation und der genomischen Stabilität aus (Xiao et al., 2007).

Signaltransduktion - NRAS

Neuroblastoma Ras (NRAS) ist bei 5,7% der MDS Patienten und 11% der sAML Patienten mutiert.

Dies entspricht signifikant nur einem leichten Anstieg, weshalb diese Mutation als ein spätes Event in der MDS Entstehung gewertet wird (Badar et al., 2015). Außerdem hat es keinen signifikanten Effekt auf eine Progression zur AML (Dicker et al., 2010a).

NRAS hat wie alle Ras-Gene einen großen Einfluss auf die Differenzierung und Proliferation von Zellen. Punktmutationen in NRAS aktivieren GTP-bindende Bereiche. Dadurch kann das Protein nicht mehr durch die GTPase gespalten werden und ist daueraktiv (Gallagher, Darley, & Padua, 1997).

Das Onkogen steht in einem engen funktionellen Zusammenhang mit bcl-2. Bei MDS Patienten liegt der Komplex aus mutiertem NRAS und bcl-2 in der Plasmamembran und wirkt pro- apoptotisch. Bei der AML hingegen liegt dieser Komplex in der Mitochondrienmembran und wirkt antiapoptotisch. (Omidvar et al., 2007). Neben der Apoptose beeinflussen diese Gene auch den medullären Blastenanteil sowie den Krankheitsstatus (Le Pogam et al., 2013).

Histonmodifikation RUNX1

Der Runt-related Transcriptionfaktor (RUNX1) ist in 13,8% der MDS-Patienten und 27,7 % der sAML Patienten mutiert. RUNX1-mutierte Patienten haben ein höheres Risiko für die Entwicklung einer AML. Außerdem entsteht die Mutation erst spät in der Pathogenese und beeinflusst den Progress zur AML (Dicker et al., 2010b). Eine Häufung von RUNX1-Mutationen konnte bei therapieassoziierten MDS (t-MDS) nachgewiesen werden (Christiansen et al., 2004). Sie sind mit einem geringeren Gesamtüberleben und einer schweren Thrombozytopenie (<50.000/mm3) assoziiert (Bejar et al., 2011). RUNX1 wird in allen hämatopoetischen Zellen mit Ausnahme von reifen Erythrozyten exprimiert (North, Stacy, Matheny, Speck, & de Bruijn, 2004) und dient der Homöostase hämatopoetischer Zellen und ihren Vorläufern (Ichikawa et al., 2013).

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Das Protein, welches früher AML-1 genannt wurde, besteht aus zwei Domänen. Die Carboxyl- Domäne interagiert mit diversen Molekülen und stimuliert und inhibiert darüber die Transkription (Ito, 2004). Die hochkonservierte Runt-Domäne bindet an den core binding factor subunint β (CBFβ) zur Stabilisierung der Bindung an die DNA (Ito, 2004). Die meisten Mutationen liegen in der Runt-Domäne und führen zu verminderter Fähigkeit der DNA-Bindung. Obwohl es sich um ein Tumorsuppressorgen handelt, genügt eine Haploinsuffizienz zur leukämischen Transformation, allerdings nicht zur kompletten (Osato, 2004).

Bei seltenen Keimbahnmutationen von RUNX1 treten eine familiäre Plättchenfunktionsstörung mit einem hohen Potential für eine Transformation zu MDS oder AML auf (Osato, Yanagida, Shigesada, & Ito, 2001; Owen, Barnett, & Fitzgibbon, 2008).

ASXL1

14,4-23,4% der MDS Patienten haben eine Mutation im additional sex comb like 1-Gen (ASXL1), davon sind 70% Leserasterverschiebungsmutationen und 30% Punktmutationen. Eine Mutation in ASXL1 ist ein unabhängiger Risikofaktor für ein schlechteres Gesamtüberleben auch in den niedrigeren Risikogruppen (Bejar et al., 2011; Haferlach et al., 2014; Thol, Friesen et al., 2011).

Bejar et al schlagen deshalb eine intensivere Therapie beim Vorliegen einer ASXL1 Mutation vor (Bejar et al., 2011).

ASXL1 gehört zur Gruppe der Polycomp-Proteine und besteht aus drei Domänen. Die ASXH- Domäne am Aminosäureende, mehreren Kernrezeptorinteraktionsdomänen und einer C- terminalen PHD-Domäne (plant-homeodomain-protein-protein interaction domain). Es reguliert die Funktion von Hox-1 Genen. Auf der einen Seite gehört ASXL1 zu einem Gen-unterdrückenden Komplex mit Histon H1.2, während es auf der anderen Seite als Transkriptionsaktivator in retinalsäuresensiblen Zellen funktioniert (Fisher, Randazzo, Humphries, & Brock, 2006).

Mutationen führen häufig zum Abbruch der Genexpression nach der ASXH-Domäne also einem Verlust der PHD-Domäne. In Mausmodellen konnte gezeigt werden, dass ein alleiniger Verlust dieser Domäne nicht zu MDS oder Leukämie führt (Fisher et al., 2010). Es handelt sich am ehesten um eine dominant-negative oder gain-of-function Mutation (Inoue et al., 2016).

ASXL1 aktiviert den Tumor-Suppressor BAP1 welcher mono-ubiquiniertes H2A an K119 deubiquniert (Sahtoe, van Dijk, Ekkebus, Ovaa, & Sixma, 2016). Dies ist nötig zur Aktivierung des INK4B-Lokus. Dies trägt zum Schutz vor Tumorgenese bei. Bei einer Mutation kommt es zu einer geringen Expression von INK4B und damit zu einer schnelleren Proliferation als in nicht-mutierten hämatopoetischen Stammzellen. Außerdem führt eine ASXL1 Mutation zu einer geringeren Sensitivität gegenüber Wachstum-Inhibitor Signalen (X. Wu et al., 2015).

Darüber hinaus interagiert ASXL1 mit Cohesin Komplexen, welche die Segregation von Schwester- Chromatiden und die Genexpression regulieren. Eine Mutation äußert sich in einer geringeren Funktion des Cohesin-Komplexes, welche zu einer inkompletten Chromatintrennung in der Telophase der Replikation führt (Li et al., 2017).

BCOR

Das x-chromosale Gen BCOR (BCL-Corepressor) hemmt die Transkription von Genen und interagiert mit Histondeacetylasen sowie BCL-6 (Huynh, Fischle, Verdin, & Bardwell, 2000).

Hämatopoetische Stammzellen im Knochenmark von Mäusen, die eine BCOR Mutation aufweisen, zeichnen sich durch eine erhöhte Proliferation und Differenzierungsrate aus. Außerdem sind Interaktionen mit Hox-Genen und PRC1 Komplexen festzustellen, welche eine wichtige Rolle bei der Ubiquitinierung ausüben (Cao et al., 2016).

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Es wird beschrieben, dass BCOR in 4,2% aller MDS Patienten mutiert ist und Assoziationen mit RUNX1- und DNMT3A Mutationen aufweist. Häufig treten BCOR Mutationen erst nach Mutationen in Spleißgenen oder Genen der epigentischen Regulation, wie der Histonmodifikation, auf und sind mit einem schlechteren Gesamtüberleben assoziiert. Damit beeinflussen sie den klinischen Verlauf und sind weniger entscheidend für die Initiation von MDS (Damm et al., 2013).

BCOR Mutationen treten auch bei AML, Osteosarkomen und Retinoblastomen auf (Grossmann et al., 2011; Pierron et al., 2012; J. Zhang et al., 2012). Außerdem führen Keimbahnmutationen zum Lenz- und Okulofasziocardiodentalem Syndrom (Ng et al., 2004).

ETV6

12,7% der MDS Patienten zeigen eine Mutation im ETV6 Gen (Ets translocation variant gene 6;

TEL). Diese ist mit einem schlechteren Gesamtüberleben assoziiert (Bejar et al., 2011).

ETV6 besteht aus zwei Domänen, einer C-terminalen DNA-Bindungsdomäne (ETS) und einer N- terminalen Domäne zur Homodimerisierung (PNT). Die ETS-Domäne kann in Promoterregionen von Genen binden, um ihre Transkription zu unterdrücken, wenn ETV als Homodimer vorliegt.

Dadurch interagiert es in der Proliferation und Differenzierung hämatopoetischer Stammzellen (Barjesteh van Waalwijk van Doorn-Khosrovani,S. et al., 2005; Fenrick et al., 2000; Golub et al., 1996; Lopez et al., 1999).

Durch Gentranslokationen kann ETV6 mit verschiedenen Bindungspartnern auftreten, durch welche es zu einer Überfunktion kommt. Es können aber auch einfache Mutationen in ETV6 vorliegen, welche zum Krankheitsgeschehen beitragen (Barjesteh van Waalwijk van Doorn- Khosrovani,S. et al., 2005).

1.1.9 Risikostratifizierung und Prognose

Grundlage meiner Untersuchungen ist die Einteilung der zytogenetischen Risikogruppen nach IPSS-R, welcher sich aus dem IPSS entwickelt hat. Es folgt ein kurzer Überblick über etablierte Prognosescores bei MDS:

Die Prognose des MDS konnte durch die FAB Klassifikation von 1982 nur ungenügend beschrieben werden, da die Unterteilung in Bezug auf das Gesamtüberleben nur in zwei Subgruppen (RA+RARS und RAEB(-t)) möglich ist. Diese konnten die Heterogenität der Krankheit nicht abbilden (Sanz et al., 1989). Deshalb wurden in den nächsten Jahren verschiedene Klassifikationen etabliert z.B: die spanische Klassifikation, die FAB Klassifikation und die Lille-Klassifikation (P. Greenberg et al., 1997). Da alle Klassifikationen nur an kleinen Kohorten getestet wurden und häufig gegenläufige Ergebnisse zeigten, führte Greenberg et al 1997 den International Prognosis Scoring System (IPSS) ein, welcher in einer multizentrischen Studie an unbehandelten MDS Patienten validiert wurde (P.

Greenberg et al., 1997).

IPSS

Dieser Score dient vor allem der Risikoabschätzung von neu-diagnostizierten MDS Patienten in Bezug auf das Gesamtüberleben und die Progression in eine AML. Je höher die Gesamtpunktzahl ist, desto kürzer ist die Zeit bis zur Entwicklung einer AML und desto kürzer ist das Gesamtüberleben. Als voneinander unabhängige Variablen stellten sich der medulläre Blastenanteil in Prozent, die Anzahl der Zytopenien und die zytogenetische Risikogruppe dar. Alter und Geschlecht beeinflussen ebenfalls die Prognose, signifikant aber nur in der Niedrigrisiko- und Intermediäres Risiko 2-Gruppe (P. Greenberg et al., 1997).

(24)

Anhand ihres zytogenetischen Profils im KM wurden die Patienten in drei zytogenetische Risikogruppen eingeteilt. Patienten mit einem normalen Karyotyp, del(5q), del(20q) und-Y gehören der Niedrigrisikogruppe an. In die Hochrisikogruppe fielen Patienten mit einem komplexen Karyotyp (≥3 Aberrationen), mit Chromosom 7 Aberrationen oder einer anderen Chromosomenaberration. Alle weiteren Patienten gehören der Gruppe mit einem intermediären zytogenetischen Risiko an.

Tabelle 5 IPSS Score modifiziert nach Greenberg et al 1997

Variable Ausprägungen

Medullärer

Blastenanteil (in %)

<5% 5-10% 11-20% 21-30%

Anzahl Zytopenien 0-1 2-3 Zytogenetische

Risikogruppe

Niedrig Intermediär Hoch

Punkte: 0 0,5 1 1,5 2

Gesamtpunktzahl 0 0,5 - 1 1,5 - 2 ≥2,5

Risikogruppe Niedrig Intermediär 1 Intermediär 2 Hochrisiko Medianes

Überleben

5,7 Jahre 3,5 Jahre 1,2 Jahre 0,4 Jahre

WPSS

2007 wurde anhand einer multizentrischen Studie ein weiteres prognostisches Scoring System eingeführt, welches die Patienten in 5 Risikogruppen einteilt. Als wichtigste Variablen etablierten sich die WHO-Subgruppe, der Karyotyp und die Abhängigkeit von Bluttransfusionen (mind. 1 Transfusion alle 8 Wochen über 3 Monate). Der WPSS ist geeignet, um das Überleben und den Übergang in eine sekundäre AML vorhersagen zu können. Insbesondere in den Niedrigrisikogruppen zeigt er eine gute Prognosefähigkeit (Malcovati et al., 2007).

Die Kategorie des Transfusionsbedarfs wurde als zu subjektiv kritisiert (D. T. Bowen, Fenaux, Hellstrom-Lindberg, & de Witte, 2008) und deshalb durch die Kategorie des Hämoglobinlevels ersetzt. Hämoglobinlevel, ≤9g/dl bei Männern und ≤8g/dl bei Frauen, und der Transfusionsbedarf zeigen die gleiche Relation zu verringertem Gesamtüberleben und erhöhtem Risiko für einen nicht Leukämie-assoziierten Tod sowie dem Herztod. Der erweiterte Score konnte zu jedem Zeitpunkt des Verlaufs die Risikogruppen mit unterschiedlichem Gesamtüberleben abbilden (Malcovati et al., 2011). Der modifizierte Score ist in Tabelle 6 abgebildet, die zytogenetischen Risikogruppen bzw. der Karyotyp entsprechen der IPSS Klassifikation.

Tabelle 6 WPSS Score modifiziert nach Malcovati 2011

Variable Ausprägungen

WHO Typ RA/RARS/5q RCMD/RSCMD RAEB 1 RAEB 2 RAEB 2

Karyotyp (siehe IPSS) Niedrig Intermediär Hoch Hämoglobin

Männer: ≤9g/dl Frauen: ≤8g/dl

Nein Ja

Punkte 0 1 2 3

(25)

Gesamtpunktzahl 0 1 2 3 – 4 5 – 6 Risiko Sehr niedrig Niedrig Intermediär Hoch Sehr hoch Medianes

Überleben

8,5 – 11,75 Jahre

5,5 – 6 Jahre

3,3 – 4 Jahre 1,75 – 2,2 Jahre

0,75 – 1 Jahre

IPSS-R

Aufgrund der neuen Kategorien im WPSS, einer neuen WHO Klassifikation und neuer zytogenetischer Subgruppen wurde der IPSS Score 2012 überarbeitet. Dabei wurden auf Grundlage des IPSS insgesamt 5 Variablen erarbeitet, welche das Gesamtüberleben und den Progress in eine AML charakterisieren. Dazu zählen neben der zytogenetischen Subgruppe und dem medullären Blastenanteil auch die Aufsplittung der Zytopenien. So ist nicht mehr die Anzahl der Zytopenien entscheidend, sondern der quantitative Unterschied der Thrombozyten, Leukozyten und Erythrozyten (P. L. Greenberg et al., 2012).

Die zytogenetischen Risikogruppen wurden auf fünf Kategorien erweitert, da durch neuere und breitere Analysen mehr Daten vorlagen (P. L. Greenberg et al., 2012).

Tabelle 7 IPSS-R nach Greenberg et al 2012

Variable Ausprägungen Zytogenetische

Risikogruppe

Sehr gut

Gut Intermediär Schlecht Sehr schlecht Medullärer

Blastenanteil (in %)

≤ 2 2 – 5 5 – 10 > 10

Hämoglobin (in g/dl)

≥ 10 8 – 10 < 8 Thrombozyten

(x109/l)

≥ 100

50 – 100

< 50 Leukozyten

(x109/l)

≥ 0,8 < 0,8

Punkte 0 0,5 1 1,5 2 3 4

Gesamtpunktzahl ≤ 1,5 1,5 – 3 3 – 4,5 4,5 – 6

> 6 Risikokategorie Sehr

niedrig

Niedrig Intermediär Hoch Sehr hoch

Tabelle 8 Zytogenetische Kategorien nach IPSS-R, basierend auf der Analyse von (Schanz et al., 2012)

Prognostische Subgruppen

Sehr gut

Gut Intermediär Schlecht Sehr schlecht Zytogenetische

Aberrationen -Y, del(11q)

Normal, del(5q), del(12p), del(20q), 2 Mutationen inkl. del(5q)

del(7q), +8, +19, i(17q), weitere Mutationen (1-2), unabhängige Mutationen

−7,

inv(3)/t(3q)/del(3q), 2 Mutationen inkl.

−7/del(7q), Komplex: 3 Aberrationen

Komplex: > 3 Aberrationen

Medianes Überleben (Jahre)

5,4 4,8 2,7 1,5 0,7

(26)

Abbildung 2 Einfluss der zytogenetischen IPSS-R Risikogruppen auf das Überleben ((P. L. Greenberg et al., 2012)

Der häufigste klinisch verwendete Score, der IPSS, eignet sich gut um Hochrisikopatienten zu erkennen. WPSS und IPSS-R sind geeignet um die Prognose bei MDS abzuschätzen, da die Korrelation zwischen Risikogruppe und Prognose hoch ist. Dabei zeigen sowohl der neue als auch der alte WPSS ähnliche Ergebnisse (Della Porta et al., 2015).

Es ist in der Diskussion, somatische Mutationen ebenfalls in die Riskoscores mit einzubeziehen, da einige unabhängige Risikofaktoren für ein reduziertes Gesamtüberleben stehen (Malcovati et al., 2007; Malcovati et al., 2013). TP53, ETV6, EZH2, RUNX1 und ASXL1 sind prognostische Marker für ein reduziertes Gesamtüberleben (Bejar et al., 2011). Es ist jedoch möglich, dass diese Mutationen bereits über klinische Parameter wie schwere Thrombozytopenien oder zytogenetische Faktoren wie den komplexen Karyotyp erfasst werden.

Schon jetzt wird ein Screening auf Mutationen empfohlen, da es in Zukunft angepasste Therapien und Scores geben wird (Malcovati et al., 2007; Malcovati et al., 2013).

1.1.10 Therapie

Trotz vielfältiger Behandlungsverfahren für Niedrigrisiko- und Hochrisiko-MDS sowie sAML gibt es bis auf die allogene Stammzelltransplantation keine kurative Therapieoption. Alle anderen Behandlungen sind rein symptomatisch und greifen nicht in die Pathogenese des MDS ein. Die Therapie richtet sich nach der prognostischen Risikogruppe der Patienten.

(27)

Niedrigrisiko MDS Beobachten und Warten

Patienten mit primären MDS, niedrigem IPSS Score und asymptomatischen Zytopenien oder Patienten mit intermediärem IPSS-1, asymptomatischen Zytopenien, keinem Blastenexcess und ohne Hochrisikokaryotyp benötigen keine Therapie. Dabei sind regelmäßige Kontrollen elementar, um einen Progress der Krankheit zu detektieren (Malcovati et al., 2013). Eine multizentrische Studie konnte zeigen, dass das Gesamtüberleben von Patienten mit einem MDS der niedrigsten WPSS Kategorie dem der Gesamtbevölkerung entsprach (Malcovati et al., 2007).

Erythrozytentransfusionen

Im WPSS Score wird die Transfusionsabhängigkeit als ein Faktor für ein geringeres Gesamtüberleben beschrieben (Malcovati et al., 2011). In einer Studie des polnischen MDS Registers konnte gezeigt werden, dass Patienten welche eine Hb-Konzentration <10g/dl haben, eine Serum-Ferritin Konzentration >1000ng/dl und von Erythrozytentransfusionen abhängig sind (mind. 1 in den letzten 8 Wochen über 4 Monate) ein niedrigeres Gesamtüberleben haben (Waszczuk-Gajda et al., 2016).

Eine mögliche Therapieoption ist die Gabe von Erythrozytenkonzentraten zur Verbesserung der Lebensqualität, Vermeidung Anämie-assoziierter Symptome sowie einem ischämischen Organversagen. Dabei sollte die Entscheidung über eine Transfusion abhängig von Symptomen und Komorbiditäten des Patienten getroffen werden, weniger von spezifischen Hämoglobinwerten. Allerdings sollte immer dann therapiert werden, wenn eine schwere oder symptomatische Anämie mit einem Hb <8g/dl vorliegt (Malcovati et al., 2013).

Eine der häufigsten Nebenwirkungen der Transfusion von Erythrozyten ist eine sekundäre Eisenüberlagerung. Ein Erythrozyt enthält ca. 1,16mg/ml Eisen. Dies entspricht einer Menge von 200-250 mg Eisen pro Bluttransfusion welche sich auf durchschnittlich 6 l Blut verteilen (Malcovati et al., 2013). Mögliche Folgeschäden bei regelmäßigen Transfusionen sind Eiseneinlagerungen in der Leber (6-27fach erhöht zu den Normalwerten) mit der Gefahr von fokalen portalen Fibrosierungen, eine eingeschränkte linksventrikuläre Funktion des Herzens bei häufig transfundierten Patienten oder bereits bestehender KHK, eine erniedrigte Glucosetoleranz und Insulinausschüttung und einer verminderten Ausschüttung von ACTH und Gonadotropinen aus der Hypophyse. Klinisch äußert sich dies als eine subklinische organische Dysfunktion ähnlich der Hämochromatose (Schafer et al., 1981). Eine Eisenüberladung reduziert das Gesamtüberleben unabhängig von der Transfusionsbedürftigkeit signifikant. Bei der Erhöhung des Serum-Ferritin um 500ng/ml über die Grenze von 1000ng/ml erhöht sich die HR für ein reduziertes Gesamtüberleben auf 1,36 (Malcovati et al., 2005).

Eisenchelatoren

Eine Therapie mit Eisenchelatoren wird bei MDS der Kategorie RA, RARS und 5q-Deletion und einem Ferritinlevel >1000ng/ml nach mindestens 25 Erythrozytentransfusionen empfohlen (Malcovati et al., 2013). Die Ziel Ferritinkonzentration liegt bei <1000µg/l (D. Bowen et al., 2003).

Ein häufig genutztes Medikament ist Deferasirox. List et al zeigten 2012, dass es den Ferritinspiegel bei Patienten der Niedrig- und intermediär 1 Risikogruppe über 3 Jahre kontinuierlich senkt. Dies korreliert mit einer Normalisierung der ALT-Werte. Hinzu kommt eine Normalisierung des labilen Plasmaeisens innerhalb von 13 Wochen nach Therapiebeginn, falls dieses erhöht war. Sowie eine Verbesserung hämatologischer Parameter d.h. einem Anstieg der Zellzahlen bei 51 von 173 Patienten von denen nur sieben Wachstumsfaktoren oder eine weitere MDS Therapie erhielten. Gastrointestinale Beschwerden und eine Serumkreatininerhöhung

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