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1 Einleitung

1.4 Ten-Eleven-Translocation oncogene family member 2 (TET2)

Das auf der chromosomalen Bande 4q24 gelegene TET2-Gen wurde erst vor kurzem als molekularer Marker myeloischer Erkrankungen entdeckt und gehört mit TET1 und TET3 zur TET-Genfamilie. [19, 72] TET2 wirkt als Tumorsuppressorgen und spielt eine wichtige Rolle in epigenetischen Regulationssystemen, wie der DNA-Demethylierung. [59] Lange Zeit war eine leukämogene Rolle nur für TET1 bekannt, welches bereits 2002 als Fusionspartner von MLL bei Patienten mit AML mit der Translokation t(10;11)(q22;q23) identifiziert wurde. Lorsbach et al. benannte TET1 nach der Translokation von Chromosom 10 auf Chromosom 11, weiterhin entdeckten sie im Rahmen einer Datenbankanalyse TET2 und TET3 als weitere

Mitglieder dieser neuen Familie und charakterisierten die Expression dieser drei Gene in fetalem und adultem humanem Gewebe, jedoch konnte nur für TET2 eine Expression im Knochenmark gezeigt werden. [71] Das TET2-Gen besteht aus elf Exons, wobei nur Exon 3 bis 11 codierend sind, und aufgrund alternativen Spleißens über mindestens drei mRNA Isoformen. [76] Die TET-Proteine besitzen zwei hochkonservierte Regionen: Einen katalytischen Bereich bestehend aus einer cysteinreichen Domäne und einer doppelsträngigen -Helix-Domäne am Carboxy-terminalen Ende sowie einer Cystein-X-X-Cystein-Zinkfingerdomäne (CXXC) am Amino-terminalen Ende bei TET1 und 3. TET2 besitzt diese Domäne nicht, es wird vermutet, dass sich dieser Bereich im Laufe der Evolution getrennt und zu einem neuen Gen namens IDAX (Inhibition of the Dvl and axin complex) formiert hat. [81]

Abbildung 2: Aufbau der Ten-Eleven-Translocation oncogene family member (TET) 1-3.

IDAX = Inhibition of the Dvl and axin complex, CXXC = Cystein-X-X-Cystein-Zinkfingerdomäne, Cys = Cystein; eigene Darstellung

Die TET-Proteine gehören zu einer Familie von -Ketoglutarat- und Fe-(II) -abhängigen Dioxygenasen, welche die Oxidation von 5-Methylcytosin (5mC) zu 5-Hydroxymethylcytosin (5hmC) katalysieren, ein Prozess der eine wichtige Rolle im Rahmen der DNA-Demethylierung spielt. [16] Ko et al. konnte durch gezielte Störung des TET2-Gens in Mäusen die eingeschränkte katalytische Aktivität durch die in myeloischen Neoplasien auftretenden TET2mut zeigen. Ebenso wiesen Knochenmarksproben von Patienten mit TET2mut niedrigere 5hmC-Werte im Vergleich zu Proben von gesunden Patienten auf. [59] Weiterhin wurde gezeigt, dass die Proteine der TET-Familie auch die Oxidierung von 5hmC zu 5-Formylcytosin und 5-Carboxylcytosin katalysieren können, welche durch die Thymin-DNA-Glykosylase aus der DNA herausgeschnitten werden und durch

Basenexzisionsreparatur unmethyliertes Cytosin entsteht. Die Entdeckung wiederkehrender TET2mut in myeloischen Erkrankungen zeigte, dass die Regulation der Cytosin-Methylierung kritisch für die hämatopoetische Stammzelltransformation und die gewöhnlichen Hämatopoese ist. [81]

Regulatoren der TET2-Funktion

Verschiedene Regulatoren der TET2-Funktion sind bekannt, wie z.B O-linked N-Acetylglucosamine-Transferase (OGT), Vitamin C oder IDAX. OGT transferiert O-linked-N-Acetylglucosamine auf Serin- und Threoninreste vieler Zielproteine, wie Histon 2B. OGT bindet an der katalytischen Domäne von TET2. Die Interaktion von TET2 und OGT führt zu dessen vermehrten Aktivität, wodurch TET2 Einfluss auf die Chromatinmodifikation hat. [84]

Vitamin C bindet an die katalytische Domäne von TET2 und kann so die Aktivität von TET2 verbessern. Die Substitution von Vitamin C führt zu einem Anstieg von 5hmC. Studien haben gezeigt, dass Vitamin C eine dosis- und zeitabhängige Hemmung der Zellproliferation bei AML-Zelllinien bewirken und das Wachstum von Vorläuferzellen bei Patienten mit MDS und AML modulieren kann. [84]

Ko et al. zeigte, dass IDAX direkt an die katalytische Region von TET2 binden kann, was in einem Abbau des TET2-Proteins resultiert. [58] Bei Mutationen der CXXC-Domäne von IDAX verliert es seine bindende Wirkung, wodurch TET2 und das 5hmC-Level hochreguliert wird. Die Rolle dieser Interaktion für die hämatopoetische Zelldifferenzierung bleibt im Moment noch unklar. [84]

TET2 und solide Tumore

Die Rolle von TET2mut bei soliden Tumoren wurde noch nicht abschließend geklärt.

Eine in Studien gezeigte reduzierte Expression von TET-Proteinen und der Verlust von 5hmC bei Haut-, Lungen-, Magen- und Brustkrebspatienten, legt jedoch eine wichtige Rolle dieser epigenetischen Veränderungen für die normale Zellfunktion nahe. Mehrere Studien haben einen engen Zusammenhang zwischen einem reduzierten 5hmC-Level, verringerter TET2- und Tumor-Expression sowie Metastasenwachstum gezeigt. Dies unterstützt die Idee, dass TET2 bei bestimmten Tumorarten als Tumorsuppressor fungiert. [68, 62]

TET2 und seine Bedeutung in der Leukämogenese und Hämatopoese Mutationen des TET2-Genes wurden 2009 bei myeloischen Malignomen wie der AML, dem MDS, der chronischen myelomonocytären Leukämie (CMML) und den myeloproliferativen Neoplasien (MPN) entdeckt. [14] Die Häufigkeit der TET2mut liegt bei ca. 30 - 60 % bei der CMML, ca. 25 - 35 % beim MDS, ca. 12 - 34 % bei der AML und circa ca. 13 % bei der MPN. Weiterhin zeigen sich TET2mut bei B-Zell-Lymphomen und T-Zell-B-Zell-Lymphomen. [84] Bei diesen Mutationen handelt es sich um nonsense-Mutationen und frameshift-Mutationen in der codierenden Region oder missense-Mutationen in der funktionellen Domäne, welche die katalytische Aktivität von TET2 stören. [14] Das TET2-Gen ist eines der häufigsten mutierten Gene beim MDS. Die prognostische Bedeutung wird kontrovers diskutiert und bleibt weiterhin unklar. Verschiedene Studien wiesen unterschiedliche Ergebnisse auf. Kim et al.

zeigte, dass TET2mut mit einer schlechten Prognose bei Patienten mit MDS assoziiert sind, wohingegen eine aktuelle Metaanalyse, die 14 Studien mit insgesamt 1983 Patienten beinhaltete, keine signifikante Bedeutung von TET2mut bezogen auf das OS der Patienten zeigte. [69] TET2 gehört zu den sechs häufigsten mutierten Genen bei der AML. [85] Studien zeigen eine deutliche Assoziation von TET2mut mit höherem Alter, höherer Leukozyten- und Blastenzahl, niedrigerer Thrombozytenzahl und normalem Karyotyp. Figueroa et al. zeigte, dass sich bei einer Kohorte AML-Patienten aktivierende Mutationen von IDH1/2 und des -Ketoglutarat-abhängigen TET2-Genes ausschlossen. Dies wird, wie oben bereits erwähnt, wegen der Behinderung der katalytischen TET2-Funktion durch das mutierte IDH-Gen vermutet. Beide Mutationen sind mit ähnlichen epigenetischen Schäden assoziiert und können zu einem biologisch unnötigen, hypermethylierenden Phänotyp führen. [36, 40] Weiterhin wird vermutet, dass der wesentliche, durch mutiertes IDH1/2 vermittelte, onkogene Mechanismus die Störung der TET2-Funktion durch 2-HG ist. Es wurde bemerkenswerterweise eine wiederholte Koexistenz von IDH mut und TET2mut bei T-Zell-Lymphomen festgestellt, dessen pathologische Bedeutung jedoch in weiteren Studien geklärt werden muss. [81] Die prognostische Bedeutung von TET2mut bei der AML wird kontrovers diskutiert und Studien zeigen hier unterschiedliche Ergebnisse. [15, 116]

Verschiedene Studien zeigten, dass Patienten in der günstigen Risikogruppe gemäß der 2017 publizierten Einteilung des ELN, die zusätzlich eine TET2mut

aufwiesen, ein deutlich schlechteres OS als Patienten ohne TET2mut hatten. In den anderen Gruppen fand sich jedoch kein Einfluss auf das OS. [75, 116] Chou et al.

stellte in seiner Arbeit eine schlechte prognostische Bedeutung von TET2mut verbunden mit Patienten der Intermediär-Risikogruppe dar. [15] Andere Studien konnten diese Ergebnisse nicht bestätigen. [40, 82] Verschiedene Studien an Mäusen haben gezeigt, dass TET2 die Selbsterneuerung und Proliferation von hämatopoetischen Stammzellen begrenzt, wohingegen Funktionsstörungen von TET2 diese verstärken, was zu einer Vermehrung myeloischer Vorläuferzellen führt.

Mutationen von TET2 können so prämaligne Zellklone generieren, die eine Basis für maligne Entartungen darstellen. Diese Erkenntnisse stützen die Hypothese, dass TET2 ein wichtiger Regulator der hämatopoetischen Stammzellhomöostase darstellt. [63, 77, 84] Es konnte jedoch in Studien gezeigt werden, dass leukämieassoziierte Mutationen in Blutzellen auch bei Patienten beobachtet wurden, die nicht an einer hämatologischen Neoplasie erkrankt waren. Wodurch das Konzept der klonalen Hämatopoese etabliert wurde. Klonale Blutzellen konnten hier im Alter von 60 - 70 Jahren mit einer Häufigkeit von 5 %, im Alter von 70 - 80 Jahren von 10 - 15 % und bei jüngeren Patienten (< 50 Jahre) jedoch nur von 1 % beobachtet werden, was eine Altersabhängigkeit zeigte. Das TET2-Gen ist eines der häufigsten mutierten Gene in dieser Gruppe. Dies zeigt, dass eine TET2mut allein nicht unbedingt unmittelbar eine Neoplasie induziert, aber im Zusammenspiel mit anderen Driver-Mutationen und dass eine Mutation ein frühes Ereignis bei der Entstehung einer hämatologischen Neoplasie darstellen kann. [14, 44, 53]