M E D I Z I N
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A3500 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 51–52½½½½25. Dezember 2000
grediente Muskelschwäche, die teil- weise erst nach der Pubertät manifest wird.
Beim zumeist autosomal-dominant vererbten Slow-Channel-Syndrom, bei dem überwiegend Punktmutatio- nen im Bereich der M1- und M2- Domänen der Untereinheiten vorlie- gen, ist die Offenzeit des Ionenkanals verlängert und damit die Wirkung von Acetylcholin verstärkt. Entsprechend kann wirksam mit Chinidin therapiert werden, das den Acetylcholinrezeptor blockiert (7, 24).
Bei einigen wenigen Patienten fan- den sich Mutationen, welche zu einem so genannten Fast-Channel-Syndrom führen. Hierbei ist die Offenzeit des Ionenkanals deutlich verkürzt und die postsynaptische Reaktion auf die Ga- be von Acetylcholin verringert, ob- wohl die Anzahl der Ionenkanäle an der Endplatte nicht verändert ist. Es fanden sich sowohl autosomal-rezessi- ve als auch autosomal-dominante Erb- gänge.
Mutationen, die einen vorzeitigen Abbruch der Proteinkette bewirken, führen zu einer verringerten Anzahl von Acetylcholinrezeptor-Ionenkanä- len und reduzieren so die Wirkung von Acetylcholin an der motorischen End- platte. Diese Mutationen finden sich in der epsilon-Untereinheit, wobei ei- ne Minimalfunktion möglicherweise
durch eine Persistenz des fetalen Acetylcholinrezeptors aufrechterhal- ten wird (23). Der zugrunde liegende Erbgang ist zumeist autosomal-rezes- siv bei, vermutlich abhängig von der Position der jeweiligen Mutation im Gen, variabler Schwere des Krank- heitsbilds.
Insgesamt sollte bei Patienten mit diagnostisch unklarer Muskel-schwäche die Möglichkeit einer Endplatten-Er- krankung erwogen werden. Aus der ge- nauen Charakterisierung des ursächli- chen Defekts mit Spezialuntersuchun- gen können sich wirkungsvolle Be- handlungsmöglichkeiten ergeben.
Danksagung
Die Arbeitsgruppe „Analyse kongenitaler Myasthenie- Syndrome“ an der Universität Bonn wird von der Deut- schen Forschungsgemeinschaft (Si 472/3-1), der Uni- versität Bonn (BONFOR-Programm) und der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke, Freiburg i. Br., unter- stützt.
❚Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 2000; 97: A 3496–3500 [Heft 51–52]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.
Anschrift für die Verfasser:
Priv.-Doz. Dr. med. Jörn Peter Sieb Max-Planck-Institut für Psychiatrie Kraepelinstraße 2–10
80804 München
E-Mail: sieb@mpipsykl.mpg.de Klinik und Diagnostik der Myasthenia gravis
❃Vorgeschichte: – Doppelbilder
– Kau- und Schluckbeschwerden – Schwäche proximaler Muskelgruppen
– Zunahme im Tagesverlauf/durch muskuläre Belastung
– Einnahme Myasthenie-verstärkender Medikamente, wie zum Beispiel bestimmte Antibiotika
❃Körperliche Untersuchungs- – Typischerweise rein motorische Störung befunde: – Ptose, Doppelbilder, bulbäre Symptome
– Vorzeitige Ermüdbarkeit in Halteversuchen – Vitalkapazität erniedrigt (?)
❃Zusatzuntersuchungen: – Pharmakologische Testung: Edrophoniumchlorid-Test
– Elektrophysiologie: Serienstimulation (pathologisches Dekrement?), gelegentlich Einzelfaser-EMG
– Labor: Anti-AChR-Autoantikörper, Antikörper gegen Skelettmuskel/
Titin, Schilddrüsen-Diagnostik – Thorax-CT (Thymom?)
– Bei ausschließlich okulärer oder okulopharyngealer Symptomatik: CT/
NMR des Kopfs zum Ausschluss einer intrakraniellen Raumforderung AChR, Acetylcholinrezeptor; EMG, Elektromyographie
Textkasten 3
Die Kombination von 5-Fluorouracil (5-FU) und Leucovorin war lange Zeit die Standardbehandlung des metasta- sierenden kolorektalen Karzinoms.
Irinotecan führte zu einer Verlänge- rung der Überlebenszeit bei gegen- über der Standardbehandlung refrak- tären Patienten.
Die Autoren berichten über eine prospektive Studie mit 683 Patienten, von denen 231 Irinotecan, 5-FU und Leucovorin, 226 Studienteilnehmer 5- FU und Leucovorin und 226 Patien- ten nur Irinotecan erhielten. Die Do- sen lagen dabei bei 125 mg/m2Irino- tecan, 500 mg 5-FU/m2 als i.v. Bolus und 20 mg/m2 Leucovorin als Bolus wöchentlich für vier Wochen in sechs- wöchigem Intervall. Die Dosis für 5- FU lag bei 425 mg/m2 als Bolus und Leucovorin 20 mg/m2für fünf konse- kutive Tage alle vier Wochen und bei Irinotecan bei 25 mg/m2 wöchentlich alle vier Wochen in sechswöchigem In- tervall.
Die wöchentliche Behandlung mit Irinotecan plus 5-FU plus Leucovorin erwies sich hinsichtlich Tumorpro- gression und Überlebenszeit den bei- den anderen Therapiemodalitäten als überlegen. Der Zusatz von Irinotecan zu dem bislang üblichen 5-FU plus Leucovorin-Schema führte nicht zu ei- ner Beeinträchtigung der Lebensqua-
lität. w
Saltz LB, Cox JV, Blanke DOC et al.: Irinotecan plus fluorouracil and leucovorin for metastatic colorectal cancer. N Engl J Med 2000; 343: 905–914.
Dr. L. B. Saltz, Gastrointestinal Oncology Service, Me- morial Sloan-Kettering Cancer Center, 1275 York Ave- nue, New York, NY 10021, USA.
Irinotecan plus
5-FU plus Leucovorin bei Darmkrebs
Referiert