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Archiv "Medizinstudium: Die Qualität der Lehre nicht dem Zufall überlassen" (13.02.2009)

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A290 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 7⏐⏐13. Februar 2009

D

ie Ärztliche Approbations- ordnung (ÄAppO) aus dem Jahr 2002 hat wichtige Impulse für die Qualität der medizinischen Aus- bildung gesetzt. Zwei wesentliche Vorgaben: Die Fakultäten sollen vorklinische und klinische Inhalte stärker verknüpfen. Die Lehre hat sich stärker am Patienten zu orien- tieren. Darüber hinaus haben uni- versitäre Prüfungen ein stärkeres Gewicht, denn in der neuen ÄAppO sind nur noch zwei Staatsexamina vorgesehen. Für die Fakultäten stellt die neue Approbationsordnung eine große Herausforderung dar, denn sie macht neue Lehr- und Lernformen erforderlich. Ein Hochschullehrer ist heutzutage „nicht mehr primär Anbieter von Wissen. Erfolgreiche Lehre hängt vielmehr künftig davon ab, wie gut er sich in den Vermitt- lungsprozess einbindet und den Lernweg förderlich begleitet“ (1).

Die fünf Medizinischen Fakultä- ten in Baden-Württemberg an den Standorten Freiburg, Heidelberg, Mannheim, Tübingen und Ulm ha- ben die neue ÄAppO stets als

Chance begriffen. 2007 gründeten sie das „Kompetenznetz Lehre in der Medizin Baden-Württemberg“.

Jeder der fünf Standorte verfügt über ein spezielles Kompetenzzen- trum und damit eine besondere Lehrexpertise. Das Landesministe- rium für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat diesen Verbund von Beginn an unterstützt und die Zen- tren mit einer Anschubfinanzierung gefördert. Der Wissenschaftsrat hat- te solche „standortübergreifenden und thematisch auf die Lehre fokus- sierten Kompetenzzentren“ bereits 2004 ausdrücklich begrüßt (2). Das Kompetenznetz verfolgt das Ziel, die Lehre zu verbessern und zu stan- dardisieren. Dozenten und Prüfer sollen sich fortbilden, mit Lehreva- luationen wird die Qualität des Un- terrichts überprüft. Das Netz fördert außerdem neue, internetbasierte Lehr- und Lernformen.

Das „Kompetenzzentrum Me- dizindidaktik“wurde am Standort Tübingen eingerichtet. Dort war das notwendige Know-how vorhanden, denn Mitarbeiter der dortigen Fakul-

tät entwickeln bereits seit 2001 ein medizinisch-didaktisches Qualifi- zierungsprogramm, das sich eng an den Bedürfnissen der Lehrenden ori- entiert und aus zwei Stufen besteht:

Medizindidaktische Qualifikation eins und zwei (MQ1 und MQ2). Je- de Qualifikationsstufe schließt mit einem Zertifikat ab. Damit können Dozenten ihre Lehrqualifikation do- kumentieren, beispielsweise bei Be- werbungsverfahren. Das Kompe- tenzzentrum hat Umfang, Inhalt und Methode internationalen Standards angepasst. Die Fortbildung umfasst – entsprechend den OECD-Kriterien – 200 Unterrichtseinheiten (UE) mit einer Länge von 45 Minuten. Die Basisstufe MQ1 besteht aus 120 UE, die Aufbaustufe MQ2 aus 80 UE.

Seit der Gründung des Tübinger Kompetenzzentrums haben mehr als 1 600 Lehrende an Kursen teil- genommen – mit steigender Ten- denz. Die Landesärztekammer Ba- den-Württemberg honoriert die Kursbesuche mit cme-Punkten.

In einer Befragung aus dem Jahr 2006 urteilten 82 Prozent der Teil- nehmer, dass sie ihre Lehraufgaben besser ausführen könnten. 85 Pro- zent meinten, dass der Kurs ihre Lehre überwiegend oder völlig ver- ändert habe – vor allem, was die in- haltliche Vorbereitung sowie die Methodenwahl angeht. Bei fast drei Vierteln der Teilnehmer schnitten die Lehrveranstaltungen in der Evalua- tion durch die Studierenden besser ab als vor dem Besuch des Kurses.

Neue Lernformen etablieren Seit 2004 stellt das „Kompetenz- zentrum E-Learning in der Medi- zin“in Ulm für die Medizinischen Fakultäten in Baden-Württemberg Serviceleistungen zur Verfügung, um computergestütztes Lernen und Lehren in den Unterricht zu inte- grieren. Multimediale und interakti- ve Lernmedien stellen medizinische Sachverhalte verständlich und je- derzeit wiederholbar dar. Die Aus- bildung kann damit unabhängig von räumlichen und zeitlichen Gegeben- heiten stattfinden.

Lernplattformen sind eine grund- legende Technologie zur Integration von E-Learning in die medizinische Ausbildung. Das Ulmer Kompetenz- MEDIZINSTUDIUM

Die Qualität der Lehre nicht dem Zufall überlassen

Die fünf Medizinischen Fakultäten in Baden-Württemberg haben das „Kompetenznetz Lehre in der Medizin“ gegründet. Das Ziel:

Die angehenden Ärzte sollen eine hochwertige Ausbildung erhalten und nach festgelegten Standards unterrichtet werden.

Jörg M. Fegert, Udo Obertacke, Franz Resch, Manfred Hilzenbecher

Vorsitzender des Kom- petenznetzes Lehre, Studiendekan Medizini- sche Fakultät Ulm: Prof.

Dr. med. Fegert Sprecher des Kompe- tenznetzes Lehre in der Medizin in Baden-Würt- temberg, Geschäftsstelle Mannheim: Prof. Dr.

med. Obertacke Studiendekan Medizini- sche Fakultät Heidel- berg: Prof. Dr. med.

Resch

Ministerialrat im Minis- terium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg:

Dr. rer. pol. Hilzenbecher

Foto:dpa

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 7⏐⏐13. Februar 2009 A291

T H E M E N D E R Z E I T

zentrum unterstützt die Fakultäten beim Aufbau solcher Plattformen und bietet die Open-Source-Tech- nologie MOODLE (Modular Ob- ject-Oriented Dynamic Learning Environment) an. Das Zentrum ent- wickelte außerdem ein E-Learning- Curriculum für Humanmedizin. Der- zeit befinden sich mehr als 2 300 In- halte in einer Datenbank, auf die alle Medizinischen Fakultäten im Kompetenznetz zugreifen können.

Das Zentrum bietet Fortbildungs- kurse und Beratungen für die Mitar- beiter der Fakultäten an. Um einen Anreiz dafür zu schaffen, dass die Fakultäten E-Learning in die Lehre implementieren, wurde im Jahr 2007 der „E-Learning-Preis Medi- zin Baden-Württemberg“ ins Leben gerufen.

Dem Ziel, die Qualität des Studi- ums zu verbessern, dient auch die Lehrevaluation. Das „Kompetenz- zentrum Lehrevaluation“ wurde 2003 in Freiburg gegründet, um die Grundlage für eine umfassende Qualitätssicherung zu schaffen. Die Einrichtung führt auch Projekte durch, mit denen die Qualität der Studienplanorganisation und der Studienberatung unter die Lupe ge- nommen wird. Eine weitere wichti- ge Säule der Lehrevaluation sind Absolventenstudien. Das Kompe- tenzzentrum Lehrevaluation hat den

„Freiburger Fragebogen zur Erfas- sung von Kompetenzen in der Medi- zin“ (FKM) entwickelt. Dieser berücksichtigt Ziele und Kompeten- zen, die sich aus der ÄAppO ableiten lassen. Der FKM wurde 2008 für Baden-Württemberg im Rahmen ei- ner bundesweiten Absolventenstu- die eingesetzt (3).

Prüfungen steuern das Lernver- halten von Studierenden und sind damit ein Garant für die Qualität der medizinischen Versorgung. Das

„Kompetenzzentrum Prüfungen“

in Heidelberg unterstützt seit 2004 die Fakultäten bei der Umsetzung der neuen ÄAppO und entwickelt einheitliche Standards für die uni- versitären Prüfungen. Es koordi- niert den Austausch von Inhalten und Prüfungsformaten.

Training für die Prüfer

Die Qualität der Prüfungen soll ver- bessert werden, ihre Konzeption soll sich an internationalen Stan- dards orientieren. Gemeinsam mit dem Ausschuss für Prüfungen der Gesellschaft für medizinische Aus- bildung hat das Zentrum Prüfungs- leitlinien erarbeitet. Ein Schwer- punkt der Arbeit ist die didaktische Qualifizierung von Dozenten und Prüfern. Mehr als 400 Lehrende aus 34 deutschsprachigen Medizinischen Fakultäten nahmen bislang an Workshops teil. Die Teilnehmer trainieren die Konzeption, Durch- führung und Auswertung von schriftlichen, klinisch-praktischen und mündlichen Prüfungen.

Ende 2005 begann die Medizini- sche Fakultät in Mannheim, das

„Kompetenzzentrum Praktisches Jahr“ aufzubauen. Damit wurde den Vorgaben der neuen ÄAppO Rechnung getragen: Denn die verän- derte Prüfungsstruktur mit der Zu- sammenlegung des ersten, zweiten und dritten Staatsexamens zum

„M2-neu“ hat auch Auswirkungen auf das praktische Jahr (PJ). Es müs- sen Angebote geschaffen werden, die es den Studierenden ermögli- chen, ihr klinisches Wissen zu er- weitern und mit der Praxis zu ver- knüpfen. Ziel ist es, das Curriculum so zu gestalten, dass die Studieren- den ärztliche Fähigkeiten, Fertigkei- ten sowie Einstellungen erlangen und sich auf das Staatsexamen vor- bereiten können. Dazu etablierte das Zentrum folgende Lehrstrukturen:

cwöchentliche Repetitorien in Form von Fallseminaren

cPraxisrepetitorien, in denen die Studierenden praktische Fertigkei- ten trainieren, etwa Nähen und An- legen von Verbänden

cverbindliche Curricula für die Tertiale

cLogbücher mit definierten Lern- zielen

ceine elektronische Lernplatt- form, mit der Studierende fallbezo- gene Fragen trainieren können.

Das „Kompetenznetz Lehre in der Medizin Baden-Württemberg“

sieht es als eine seiner wichtigsten Aufgaben an, der noch immer ver- nachlässigten Lehr- und Lernfor- schung einen höheren Stellenwert zu geben. Dazu will das Netz einen Forschungsschwerpunkt „Lehre in der Medizin“ etablieren. Es folgt da- mit einer Empfehlung des Wissen- schaftsrats. Dieser sprach sich im Juli 2008 nachdrücklich dafür aus, dass Qualitätsentwicklungen in Stu- dium und Lehre durch eine deutlich auszubauende und fachlich diffe- renzierte Lehr-/Lernforschung be- gleitet werden (4).

Lehrforschung stärker fördern Bislang sind die Debatten zur Re- form des Medizinstudiums oftmals nicht empirisch abgesichert. Die Ur- sachen dafür liegen auf der Hand:

Forschung im Bereich Lehre ist nur wenig prestigeträchtig. Zeitschrif- ten mit reputationsfördernden Im- pact-Punkten, die wissenschaftliche Arbeiten zum Thema medizinische Ausbildung veröffentlichen, gibt es kaum. Förderlich ist diesem Zusam- menhang das Engagement des Stif- terverbandes für die Deutsche Wis- senschaft, der ein „Förderprogramm Exzellenzinitiative für die Lehre“

aufgelegt hat – mit dem Ziel, im deutschen Hochschulsystem lang- fristig eine Lehrkultur zu etablieren, die denselben Qualitätsansprüchen genügt wie die Forschung (5). Das

„Kompetenznetz Lehre in der Medi- zin Baden-Württemberg“ wird sich an diesem Prozess aktiv beteiligen.

❚Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2009; 106(7): A 290–1

Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. Jörg M. Fegert

Direktor der Kinder- und Jugendpsychiatrie/

Psychotherapie, Universität Ulm Steinhövelstraße 5, 89075 Ulm E-Mail: joerg.fegert@uniklinik-ulm.de

DER VERBUND

Das „Kompetenznetz Lehre in der Medizin“ ist eine Initiative der Medi- zinischen Fakultäten in Baden-Würt- temberg. Es besteht aus fünf Kom- petenzzentren:

cLehrevaluation, Freiburg cPrüfungen, Heidelberg cPraktisches Jahr, Mannheim cMedizindidaktik, Tübingen

cE-Learning, Ulm Literatur im Internet:

www.aerzteblatt.de/lit0709

@

Referenzen

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