• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Arztgeschichte: Der siebte Sinn?" (23.01.2009)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Arztgeschichte: Der siebte Sinn?" (23.01.2009)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

[168] Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 4⏐⏐23. Januar 2009

S C H L U S S P U N K T

M

anchmal geschehen Dinge, die man sich einfach nicht erklären kann. Und auch mit Abstand ge- sehen, glaubt man, dass irgendeine unbekannte Macht oder ein uns nicht bekannter siebter Sinn hier aktiv ge- ARZTGESCHICHTE

Der siebte Sinn?

„Der ältere Herr ergriff ganz feierlich meine Hand, schüttelte sie und wünschte mir alles Gute für meine berufliche und private Zukunft.“

wesen sein muss. Mir passierte so eine seltsame Ge- schichte während meines Pflegepraktikums, kurz nach Beginn des Studiums. Auf der Station des Krankenhau- ses, wo ich eingesetzt war, lag ein etwa 70-jähriger Pati- ent, der aber noch sehr rüstig war. Er hatte eine Beinve- nenthrombose und lag zu der Zeit am Heparinperfusor.

Weitere Einzelheiten sind mir nicht mehr erinnerlich (was wahrscheinlich an meiner damaligen, noch reich- lich eingeschränkten medizinischen Vorkenntnis lag).

Für mich jedenfalls ergab sich der Eindruck eines nicht schwer kranken Patienten auf dem deutlichen Weg der Besserung. Keiner der behandelnden Ärzte oder Pflegekräfte machte sich Sorgen, er schien ein problem- loser Fall zu sein.

In meiner Spätdienstwoche dann passierte es: Beim Abräumen der Tabletts für das Abendessen kam es wie so oft zu einem kleinen Plausch, der aber diesmal ganz anders endete. Statt des üblichen „Tschüss und bis mor- gen dann“ ergriff der ältere Herr ganz feierlich meine Hand, schüttelte sie und wünschte mir alles Gute für meine weitere medizinische und private Zukunft. Er hielt eine richtige Ansprache, die ich sehr bewegend in Erinnerung habe. Ich wiegelte verlegen ab und sagte:

„Aber ich bin doch morgen Mittag wieder da, da sind Sie doch noch nicht entlassen, oder?“, woraufhin der Patient mir mit einem verschmitzten „Man weiß ja nie!“

antwortete. Er winkte mir durch die sich schließende Pa- tientenzimmertür zu, während ich das immer schwerer werdende Essenstablett nun endlich auf dem Flur in den Geschirrwagen brachte. Nur kurz habe ich den Schwestern im Dienstzimmer das komische Verhalten des Herrn von Zimmer 21 erzählt, der sich so ganz of- fensichtlich offiziell von mir verabschiedet hatte, dann wurde die ganze Episode unter der Rubrik „manche Pa- tienten sind eben komisch“ (obwohl er bisher zu dieser Sorte Patienten nicht gehörte) schnell wieder verdrängt.

Am nächsten Mittag kam ich etwas früher zum Dienst und fand die ganze Station in Aufruhr. Langsam zerstreute sich der Auflauf an Ärzten, Intensivpersonal und Schwestern, und auf meine Frage „Was war denn da los?“, entgegnete mir die Stationsschwester resigniert:

„Herr . . . von Zimmer 21 ist tot. Schwester Gaby hat ihn leblos im Bett gefunden, und auch alle möglichen Reanimationsmaßnahmen haben nichts mehr genutzt.

Er muss wohl plötzlich eine Lungenembolie bekommen haben. Heute Nacht und heute Morgen war jedenfalls noch alles in Ordnung.“

Sehr lange haben die Schwestern und ich nachfol- gend noch sein „offizielles Abschiednehmen“ vom Vor- abend diskutiert, hinreichend erklären konnte es jeden- falls niemand. Vielleicht haben manche Patienten doch eine gewisse Vorahnung vom nahenden Tod oder eben

einen gewissen siebten Sinn? n

Dr. med. Dorothee Dicke

Zeichnung:Elke R.Steiner

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Der Tarif sieht bei der ambulanten Behandlung nur dann eine vollständige Erstattung der Kosten vor, wenn der Versicherte zunächst einen Praktischen Arzt oder Allgemeinarzt

Wichtig für eine weitaus größere Zahl von Versicher- ten ist es da schon eher, ob für das Brillengestell vom Versicherer 50 DM, 150 DM oder noch mehr übernom- men

Es war Herrn Stichling auch nicht möglich, den Praxisbesuch nur vor- zuschieben, nein, seine Schwester rief in der Praxis an, um festzustellen, ob er tatsächlich behandelt worden

Nach dem Tod seiner Frau hatte er mehr Zeit für sich selbst, und so nahm er seine eigenen Krankheiten wahr, und diese waren nicht wenige: Koronarsklerose, Vor-

Ich führte Herrn Ypsilon zu ihr, ein Freudenschimmer glitt über ihr Gesicht, und auch ihm merkte man die Wiedersehensfreude an.. Ich schob einen Stuhl an ihr Bett, dann verließ ich

gesprochen, nur bei uns Ärz- ten erwartet man, dass wir weiterhin akzeptieren, so be- zahlt zu werden wie vor 20 Jahren, und weder über einen Inflationsausgleich noch über

Seit 2014 und über seine Pensionierung hinaus verantwortet Marco Zingaro mit grosser Kompetenz die Zeitschrift für Kindes- und Erwachsenenschutz (ZKE) und sorgt dafür,

Insgesamt wurden sechs The- menkomplexe erarbeitet, verbunden mit der Empfehlung, jede Doppel- stunde so einzuteilen, daß sie einen Fall aus der Praxis beinhaltet (nach