Merkblatt: 201
Blattläuse an Apfel
Autoren: B. Graf, H. Höhn, L. Schaub und B. Bloesch
Kolonie der Mehligen Apfelblattlaus mit ausgewachsenen Tieren (grau, bepudert) und Junglarven (hellbraun bis grau).
(Foto A. Staub)
Geflügelte Form der Mehligen Apfelblattlaus (circa 3 mm inkl. Flügel). (Foto D. Rubli)
Apfelbäume werden von verschiedenen Blattlausarten
heimgesucht, die mehrheitlich im Eistadium auf dem Holz überwintern und – mit Ausnahme der Grünen Apfelblattlaus – im Verlauf der Vegetationsperiode eine mehr oder weniger lange Periode auf anderen Wirtspflanzen verbringen (obligater Wirtswechsel). Sie saugen an Blättern und jungen Trieben und ernähren sich von Pflanzensaft. Da dieser reich an Kohlehydraten, jedoch arm an Stickstoff ist, wird der Zuckerüberschuss oft in Form von Honigtau wieder ausgeschieden, was zu Russtaubildung und zur Verunreinigung von Früchten führen kann.
Die direkten Befallssymptome wie gehemmtes Wachstum, Blatt-, Trieb und Fruchtdeformationen treten je nach Blattlausart verschieden stark auf.
Entsprechend wird die wirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Arten auch sehr unterschiedlich eingestuft.
Mehlige Apfelblattlaus
Dysaphis plantaginea (Passerini)
Beschreibung
Ausgewachsene Blattläuse sind graubraun bis graublau gefärbt und haben meist einen puderartigen Wachsüberzug, dem die Art ihren Namen verdankt. Der Körper ist 2–3 mm lang und rundlich. Die Hinterleibsröhrchen (Siphonen) sind dunkel gefärbt und überragen das Hinterleibsende. Die Fühler sind ungefähr halb so lang wie der Körper.
Die Junglarven sind in der Regel beige und verfärben sich im Verlauf der Entwicklung über rosa zu grau- braun. Geflügelte Tiere sind nahezu schwarz und haben auf dem Hinterleib einen dunkelbraunen Mittelfleck. Die Flügel sind fast doppelt so lang wie der Körper. Eier sind nur im Winter vorwiegend auf zwei- bis vierjährigem Holz zu finden. Meist werden sie einzeln oder in kleinen Gruppen in Rindenrisse und -falten um Knospen und Verzweigungen abgelegt. Sie sind ca.
0,5 mm lang, elliptisch und schwarz glänzend.
Biologie
Die Mehlige Apfelblattlaus überwintert als Ei auf dem Apfelbaum. Im April schlüpfen die Larven, die sich auf jungen Knospen zu flügellosen Stammüttern (Fundatrices) entwickeln. Diese vermehren sich ungeschlechtlich (parthenogenetisch) und legen lebende Junglarven ab. Das Vermehrungspotenzial ist enorm, werden pro Stammutter doch rund 100 Nachkommen geboren. Im Verlauf der Monate Mai und Juni folgen noch zwei bis drei Generationen, die einen zunehmenden Anteil geflügelter Tiere aufweisen. Diese fliegen zu verschiedenen Wegerich-Arten (Neben- oder
Sommerwirte), wo im Verlauf des Sommers noch mehrere Generationen durchlaufen werden. Im Herbst erscheinen wieder geflügelte Tiere, die auf den Hauptwirt, den Apfelbaum, zurückkehren. Darunter befinden sich erstmals auch Männchen. Im September/Oktober folgt der einzige sexuelle Abschnitt im Entwicklungszyklus: Es kommt zur Kopulation zwischen Männchen und Weibchen und schliesslich zur Eiablage.
Schaden
Die Mehlige Apfelblattlaus gilt wegen des hohen Vermehrungspotenzials und der massiven Schäden als die gefährlichste aller Apfelblattläuse. Bereits relativ kleine Populationen lösen ein starkes Einrollen der Blätter aus. Triebe werden deformiert und benachbarte Früchte werden in der Entwicklung gehemmt und verkrüppelt. An Jungbäumen können die starken Triebdeformationen eine angepasste Kronenerziehung verunmöglichen.
Überwachung und Bekämpfung
Die Befallsüberwachung der Mehligen Apfelblattlaus ist problematisch. Anhand der Wintereier lassen sich keine zuverlässigen Aussagen machen, da sich die Eier der verschiedenen Blattlausarten visuell nicht unterscheiden lassen. Die Kontrolle vor der Blüte muss äusserst sorgfältig durchgeführt werden, weil zu diesem Zeitpunkt meist nur die Stammütter und bestenfalls kleine Kolonien vorhanden sind. Es empfiehlt sich, die unteren, stammnahen Kronenpartien besonders zu beachten. Die Schadenschwelle liegt bei 12% befallener Knospenaustriebe. Nach der Blüte lässt sich der Befall wegen der starken, gut sichtbaren Blattrollungen einfacher erheben. Die Schadenschwelle liegt nun bei 1–2% befallener Bäume. Gegen Sommer kann ohne weiteres ein stärkerer Befall (10% Langtriebe) toleriert werden, da zu diesem Zeitpunkt keine Fruchtschäden mehr auftreten und die Blattläuse kurz vor der Abwanderung stehen.
Den besten Bekämpfungserfolg erzielt man mit einer frühzeitigen Behandlung, bevor die Blätter allzu stark eingerollt sind. Dabei sollte die gesamte Baumkrone inklusive Stammausschläge behandelt werden. Es stehen spezifische Blattlausmittel zur Verfügung, die allerdings in gewissen Fällen, insbesondere bei später Anwendung, gewisse Wirkungslücken aufweisen können. Breit wirksame bzw. systemische Insektizide sind jedoch nur in Ausnahmefällen zu empfehlen, da sie unerwünschte Nebenwirkungen auf die Nützlinge haben.
Apfelfaltenläuse
Dysaphis anthrisci (Börner), D. chaerophylli (Börner), D.
radicola (Mordvilko), D. brancoi (Börner)
Bei den Apfelfaltenläusen handelt es sich um einen Komplex verschiedener Arten, die sich äusserlich kaum unterscheiden und den gleichen Entwicklungszyklus aufweisen. Sie sind nahe Verwandte der Mehligen Apfelblattlaus, erreichen aber nicht deren Schädlichkeit.
Beschreibung
Apfelfaltenläuse sehen der Mehligen Apfelblattlaus zum Verwechseln ähnlich (siehe oben). Die Adulten haben jedoch kürzere Hinterleibsröhrchen und die Junglarven sind etwas dunkler. Die Eier können visuell nicht unterschieden werden.
Biologie
Apfelfaltenläuse durchlaufen den selben Entwicklungszyklus wie die Mehlige Apfelblattlaus. Sie treten aber im Frühjahr etwas früher in Erscheinung und
Triebdeformationen als Folge eines starken Befalls durch die Mehlige Apfelblattlaus. (Foto H. U. Höpli)
Schaden der Mehligen Apfelblattlaus: Stark eingerollte Blätter und deformierte, zurückgebliebene Früchte.
(Foto A. Staub)
Durch die Stammutter einer Apfelfaltenlaus verursachtes erstes Befallssymptom am Knospenaustrieb.
(Foto A. Staub)
bilden nach der Stammutter lediglich zwei Generationen auf Apfel. Ende Mai sind die meisten Faltenläuse bereits auf ihre Nebenwirte abgewandert. Dies sind je nach Art Kerbel, Kälberkropf, Blacke oder Baldrian.
Schaden
Die Befallssymptome beschränken sich in den meisten Fällen auf das Blattwerk. Erste Anzeichen eines Befalls sind die kleinen, leuchtend roten, taschenförmigen Falten auf den ersten Blättchen der austreibenden Knospen, in denen sich die Stammütter entwickeln. Mit fortschreitendem Befall rollen sich die Blätter seitlich ein und verfärben sich je nach Art gelb bis blutrot.
Fruchtschäden sind eher selten und äussern sich durch rote Flecken, die meist wieder auswachsen.
Überwachung und Bekämpfung
Bedingt durch die auffälligen Symptome ist die Überwachung einfacher als bei der Mehligen Apfelblattlaus. Es gilt aber auch hier, dass eine frühzeitige Erkennung die Erfolgschancen einer allfälligen Bekämpfung erhöht. Die Schadenschwelle liegt vor der Blüte bei 5% befallener Knospenaustriebe und nach der Blüte bei 5–10% befallener Bäume.
Blattschaden nach fortgeschrittenem Befall durch Apfelfaltenläuse.
Schaden der Apfelfaltenläuse an Früchten: Fleckenartige, rote Verfärbung. (Foto A. Staub)
Bearbeitet von Agroscope FAW Wädenswil und RAC Changins.
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