Könnte es nicht sein, daß das Ab- sinken der Herz-Kreislauf-Mortalität von Nordosten zum Südwesten Deutschlands und auch in Europa ein- fach auch damit zusammenhängt, daß im Südwesten viele Menschen, insbe- sondere Männer, regelmäßig Rotwein trinken und dies als alter Bestandteil abendländischer Kultur, mit einem ent- spannenden und die Kommunikation fördernden Essen verbunden ist?
Dr. med. Alexander Kayser Birkenwaldstraße 165 c 70191 Stuttgart
In der Studie werden äußerst in- teressante Befunde mitgeteilt: Im Sü- den der Bundesrepublik ist die Morta- lität infolge koronarer Herzerkran- kung und infolge zerebrovaskulärer Ereignisse geringer als im Norden; im Sommer versterben weniger Menschen an plötzlichem Herztod als im Winter.
Die Ursachen seien weitgehend unklar, von meteorologischen Faktoren wer- den unterschiedliche Außentempera- turen und Grade einer Luftverschmut- zung diskutiert. Wir raten, dringend auch die im Jahresverlauf wechselnde UV-Einstrahlung zu berücksichtigen;
hier könnten Regeln für eine präventi- ve Hygiene abgeleitet werden: 1981 hat Scragg epidemiologische Daten zu ei- ner im Winter erhöhten kardiovas- kulären Mortalität auf eine geringere UV-Exposition in dieser Jahreszeit be- zogen. 1990 berichtete er über Zusam- menhänge zwischen der Inzidenz von Myokardinfarkten mit den plasmati- schen Vitamin-D-Spiegeln, 1995 konn- te er diese Daten noch einmal bestäti- gen (1). Neuere Übersichten zu epide- miologischen Daten und zu den augen- blicklich favorisierten Wirkungsme-
chanismen stammen von Rostand (2) und aus der eigenen Gruppe (3, 4). Wir selbst haben mehrmals auf Verbesse- rungen der Kreislaufregulation durch eine Vitamin-D-wirksame Bestrahlung mit UV-Licht hingewiesen, auch bei Patienten mit koronarer Herzerkran- kung (3). Zuletzt haben wir antihyper-
tensive Wirkungen bei Patienten mit Grenzwerthypertonie aufgezeigt (4).
Wir haben den Eindruck, daß manche Autoren das dermatologisch-onkologi- sche Risiko einer UV-Exposition ein- seitig und stark übertrieben in den Vor- dergrund stellen. Hierbei werden wich- tige biopositive Wirkungen der ultra- violetten Strahlung übersehen, wel- chen durchaus eine klinische Relevanz beizumessen ist. Hierzu könnten auch günstige Wirkungen auf die Regulation des Herz-Kreislauf-Systems und kar- dioprotektive Wirkungen gehören.
Literatur
1. Scragg R, Khaw KT, Murphy S: Effect of oral vitamin D3supplementation on cardiovascu- lar risk factors in elderly adults. Eur J Clin Nutr 1995; 49: 640–646.
2. Rostand SG: Ultraviolet light may contribute to geographical and racial blood pressure dif- ferences. Hypertension 1997; 30: 150–156.
3. Bühring M, Britzke K, Krause R et al.: Seriel- le UV-Exposition mit einem natürlichen Strahlenspektrum (UVA und UVB) verbes- sert die Kreislaufregulation und die aerobe Kapazität (Laktatstoffwechsel) bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung. Phys Rehab Kur Med 1996; 6: 16–18.
4. Krause R, Bühring M, Hopfenmüller W, Holick MF, Sharma AM: Ultraviolet B and blood pressure. Lancet 1998; 352: 709–710.
Dr. med. Rolfdieter Krause Prof. Dr. med. Malte Bühring Abteilung für Naturheilkunde im Universitätsklinikum Benjamin Franklin der Freien Unversität Berlin und Krankenhaus Moabit
Turmstraße 21 · 10559 Berlin
Herr Dr. Kaysers Kommentar be- zieht sich auf den protektiven Einfluß von mäßigem Alkoholkonsum auf das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankun- gen (2, 4). Die bisherigen Studien zu diesem Thema zeigen, daß Alkohol in mäßigen Mengen, unabhängig vom Getränk (Wein, Bier, Schnaps), ver- gleichbare Effekte hat. Dennoch scheint es interessant, auch den Alko- holkonsum in verschiedenen Regionen Deutschlands in zukünftige Analysen der Gründe für die regional unter- schiedlichen Mortalitätsraten mit ein- zubeziehen. Eine saisonale Variation der Herz-Kreislauf-Mortalität ist in mehreren Studien nachgewiesen wor- den (1, 3). In den Sommermonaten ist die Sterblichkeit um etwa 15 bis 20 Pro- zent geringer als in den Wintermona- ten. Dr. Krause und Prof. Bühring wei- sen auf einen möglichen pathophysio- logischen Mechanismus hin, der diese saisonalen Einflüsse erklären könnte.
Allerdings bedarf es sicherlich weiterer Untersuchungen, um diese hypotheti- schen Zusammenhänge zu belegen und daraus präventive Empfehlungen ab- zuleiten.
Literatur
1. Arntz HR, Willich SN, Schreiber C, Brügge- mann T, Stern R, Schultheiß HP: Diurnal, weekly and seasonal variation of sudden death: Population-based analysis of 24 061 consecutive cases. Eur Heart J 1999; (in press).
2. Doll R, Peto R, Hall E, Wheatley K, Gray R:
Alcohol and coronary heart disease reduc- tion among British doctors: confounding or causality? Eur Heart J 1997; 18: 23–25.
3. Peckova M, Fahrenbruch CE, Cobb LA, Hallstrom AP: Weekly and seasonal vari- ation in the incidence of cardiac arrests. Am Heart J 1999; 137: 512–515.
4. Stampfer MJ, Colditz GA, Willett WC, Spei- zer FE, Hennekens CH: A prospective study of moderate alcohol consumption and the risk of coronary artery disease and stroke in women. N Engl J Med 1988; 319: 267–273.
Prof. Dr. med. Stefan N. Willich Institut für Arbeits- und
Sozialmedizin und Epidemiologie Klinikum Charité
Humboldt-Universität zu Berlin 10098 Berlin
A-2033
M E D I Z I N DISKUSSION
Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 31–32, 9. August 1999 (49)
Regionale Unterschiede der Herz- Kreislauf-Mortalität in Deutschland
Weinkonsum verantwortlich?
UV-Exposition verantwortlich?
Schlußwort
Zu dem Beitrag von
Prof. Dr. med. Stefan N. Willich, Dr. med. Hannelore Löwel, Dr. med. Wolfgang Mey, Dr. med. Christoph Trautner in Heft 8/1999