DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Intensivmedizin
sein sollte oder Teilgebiet einer bereits bestehenden. Er verwies auf die USA, wo in diesem Jahr die erste Fachprüfung in Critical Care Medicine nach festgelegtem Curri- culum erfolgen wird. Suter selbst favorisiert einen Intensivmedizi- ner, der auf diesem Gebiet eine umfassende Ausbildung erhalten hat, gleichgültig, aus welchem Fach er ursprünglich kam. Er habe den interdisziplinären Kontakt zu wahren und Verbindungsstelle zu sein. Darüber hinaus muß die In- tensivmedizin wichtiger Bestand- teil der Ausbildung in den großen Disziplinen (Chirurgie, Innere Me- dizin, Anästhesie, Pädiatrie) sein.
Daß in verschiedenen Ländern die Intensivmedizin auch unterschied- lich betrieben wird, führt zu ganz speziellen Problemen, die nicht verallgemeinert werden können.
Dies ist bei allen internationalen Vergleichen zu berücksichtigen.
So ist in den USA der Anteil der Beatmeten auf Intensivstationen am höchsten, während Großbri- tannien mit den meisten Fach-(In- tensiv-)Schwestern und der gün- stigsten zahlenmäßigen Relation zwischen Personal und Patienten aufweisen kann. Die Auslastung liegt in der Bundesrepublik beson- ders hoch. Diese nationalen Unter- schiede wurden wiederholt deut- lich herausgestellt.
Als Ergebnis des internationalen Erfahrungsaustausches wurde festgehalten, daß Kosten durch einfache Maßnahmen ohne Risiko für den Patienten eingespart wer- den können. Der tatsächliche Nut- zen einer speziellen Therapie für den Patienten ist schwer meßbar, weil dieser in erster Linie abhän-
gig von seinen individuellen Gege- benheiten ist. Hierdurch bedingt gestaltet sich eine Effektivitäts- kontrolle der Intensivmedizin pro- blematisch.
Wichtiger als eine Häufung teurer Geräte ist die fundierte Ausbil- dung des Personals, das sich des enormen Finanzierungsproblems einer Intensivstation stets bewußt sein sollte. Die Leitung der Inten- sivstation durch einen Erfahrenen, der sich in allen beteiligten Diszi- plinen ständig weiterbildet, ist un- abdingbare Voraussetzung für ih- ren nutzbringenden und damit se- gensreichen Einsatz.
Dr. med. Markus Heinemann Chirurgische Klinik des Krankenhauses Nordwest Steinbacher Hohl 2-26 6000 Frankfurt/Main 90
FÜR SIE GELESEN
Thiopental nach
Herz-Kreislauf-Stillstand
Untersuchungen zeigten, daß Ner- venzellen möglicherweise die übli- cherweise angenommene tolera- ble Ischämiezeit von vier bis sechs Minuten überleben können. Se- kundäre Schäden können viel- leicht verhindert werden. In einer randomisierten Multizentrum-Stu- die sollte der Einfluß von Thiopen- tal zur möglichen Verhinderung zerebraler Schäden nach schwe- rer Ischämie untersucht werden.
Insgesamt wurden 262 Patienten behandelt. Davon erhielten 131 Patienten zusätzlich zu einer stan- dardisierten Therapie bis zu 30 mg Thiopental pro kg Körpergewicht intravenös infundiert. Dies erfolg- te bei geeigneten Patienten maxi- mal bis 50 Minuten nach Wieder- herstellen spontaner Herz-Kreis- lauf- und Atemfunktionen. Das mittlere Alter der Patienten, vier Fünftel waren Männer, betrug 58 Jahre. In über 70 Prozent der Fälle war der Herz-Kreislauf-Stillstand kardial bedingt.
Mit Hilfe eines Scores erfolgte die Beurteilung der zerebralen Funk- tionen 48 bis 72 Stunden, 10 Tage, 1, 3, 6 und 12 Monate nach dem Herz-Kreislauf-Stillstand. Nach ei- nem Jahr waren 77 Prozent der Patienten der mit Thiopental be- handelten Gruppe und 80 Prozent der standardisiert behandelten Pa- tienten verstorben. Etwa 70 Pro- zent der Todesfälle in beiden Gruppen traten innerhalb des er- sten Monats nach Wiederbele- bung ein. Nach einem Jahr hatten sich 18 Prozent der zusätzlich mit Thiopental behandelten Patienten erholt und die zerebralen Funktio- nen erreicht, die sie vor dem Herz- Kreislauf-Stillstand hatten.
In der Gruppe mit Standard-Be- handlung waren es 15 Prozent. In beiden Gruppen zeigten 5 Prozent der Patienten nach einem Jahr dau- ernde neurologische Defizite. Auch die Häufigkeit eines erneuten Herz- Kreislauf-Stillstandes innerhalb der ersten 8 Stunden unterschied sich in beiden Gruppen nicht. Von den Patienten waren nach 10 Tagen 69 Prozent bzw. 74 Prozent und
nach einem Jahr 86 Prozent bezie- hungsweise 91 Prozentverstorben.
Die wesentliche Komplikation durch Thiopental ist eine anhal- tende Hypotension, die mit Vaso- pressoren korrigiert werden kann.
Zerebrale Krämpfe traten bei Pa- tienten, die zusätzlich mit Thio- pental behandelt worden waren, weniger häufig auf. Krampfanfälle hatten jedoch erstaunlicherweise keinen Einfluß auf den weiteren Verlauf.
Die Autoren kommen zu dem Schluß, daß Thiopental vorsichtig eingesetzt werden kann zur Sedie- rung, als Antikonvulsivum und zur Senkung des intrakraniellen Druk- kes. Aber Thiopental verringert nach den vorliegenden Ergebnis- sen nicht die cerebralen Schäden nach Wiederbelebung bei Herz- Kreislauf-Stillstand. kue
Abramson, N. S.: Randomized Clinical Study of Thiopental Loading in Comatose Survi- vorsm of Card iac Arrest, N. Engl. J. Med. 1986, 314: 397-403
BRCT Study Group, Resuscitation Center, Uni- versity of Pittsburgh, 3434 Fifth Ave., Pitts- burgh, PA 15260.
Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 28/29 vom 11. Juli 1986 (53) 2025