APOTHEKENBETRIEBSORDNUNG
Bessere Behandlung in der Palliativmedizin
Ärzte sollen Patienten demnächst Betäubungsmittel überlassen dürfen.
K
ünftig sollen Ärzte ihren Pa- tienten bestimmte Betäu- bungsmittel überlassen dürfen. Das geht aus dem Kabinettsentwurf zur Änderung der Apothekenbetriebs- ordnung hervor, die das Bundeska- binett am 1. Februar zur Kenntnis genommen hat. Darin werden Apo- theker dazu verpflichtet, Betäu- bungsmittel in der Apotheke vorrä- tig zu halten. Zudem kündigt das Kabinett an, auch im Betäubungs- mittelgesetz (BtMG) ergänzende Regelungen zum Überlassen be- stimmter Betäubungsmittel durch den Arzt in eng begrenzten Fällen festzulegen. Maßgeblicher Anwen- dungsfall dafür sei die Deckung des dringenden und kurzfristigen Be- täubungsmittelbedarfs eines ambu- lant versorgten Patienten in einer voraussichtlichen palliativmedizi- nischen Krisensituation. Die in der Anlage III des BtMG genannten Betäubungsmittel soll der Arzt sei- nem Patienten zukünftig überlassen dürfen, „wenn der Betäubungsmit- telbedarf des Patienten durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig ge- deckt werden kann“. Bislang dürfen nur Apotheker Schmerzmittel nach Verordnung des Arztes abgeben.Zur Erinnerung: Der Fuldaer Pal- liativmediziner Thomas Sitte sah sich von einem Strafverfahren be- droht, weil er einer Patientin eine schmerzlindernde Dosis Opioide überlassen hatte. Sitte hatte sich des- halb mit einer Petition an den Bun- destag gewandt, um eine Änderung des BtMG zu erwirken. Die bisheri- ge Regelung stellt nach Angaben der Deutschen Palliativstiftung die Pal- liativmediziner vor ein schwerwie- gendes Dilemma: „Entweder der Arzt verstößt in Notfällen außerhalb der Apothekenöffnungszeiten gegen das Betäubungsmittelgesetz und
macht sich strafbar, oder er macht sich strafbar wegen Körperverlet- zung.“ Sitte und der Hauptpetent Eckhard Eichner forderten in der Pe- tition, „dass umgehend Änderungen in der Gesetzgebung zu erfolgen ha- ben, damit die medizinisch korrekte und von allen Beteiligten gewünsch- te Abgabe von Betäubungsmitteln zur sogenannten Unzeit keinen Straftatbestand mehr darstellt“. Auch die Bundesärztekammer hatte gefor- dert, dass „Ärzte ihren Patienten aus Sorge um seine Gesundheit sowie zur Sicherstellung der eingeleiteten Behandlung überbrückend ein Be- täubungsmittel zur eigenständigen Einnahme überlassen können, wenn dieses nicht vom Patienten mittels einer ärztlichen Verschreibung über eine Apotheke in angemessener Zeit und unter angemessenen Umständen besorgt werden kann“.
Künftig keine rechtlichen Konsequenzen für Ärzte
Sitte begrüßte es, dass die Umset- zung der Petition der Deutschen Pal- liativstiftung jetzt in greifbare Nähe rücke. „Endlich ist es amtlich“, kommentierte er gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt. Nun brauche nicht mehr darüber diskutiert zu werden, ob etwas geändert werden müsse, sondern nur noch, wie es ge- ändert werden solle. Die Präsidentin der Ärztekammer Sachsen-Anhalt, Dr. med. Simone Heinemann- Meerz, teilt diese Ansicht: „Die in der Palliativmedizin tätigen Ärzte müssen demnächst keine rechtlichen Konsequenzen mehr befürchten, wenn sie ihren unheilbar kranken Patienten vorübergehend ein Betäu- bungsmittel überlassen. Bisher konnten sie dafür mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden.“▄
Gisela Klinkhammer, Falk Osterloh
A 248 Deutsches Ärzteblatt