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Archiv "Wirkungen und Indikationen von Placebo: Schlußwort" (17.07.1975)

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Academic year: 2022

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

AUSSPRACHE

Alle Achtung vor dem Mut von Herrn Prof. Kuschinsky, Mainz, die Wirkungslosigkeit von renommier- ten Medikamenten zu nennen und Therapieempfehlungen mit Place- bos zu geben.

Sicherlich beruht die Wirkung von weit mehr Tabletten und Injektio- nen auf Suggestion, als wir bisher ahnen. Sollte man dann nicht gene- rell in unserer tablettensüchtigen Zeit versuchen, zumindest Medizin- studenten zu einem Gesinnungs- wechsel zu führen, die Behandlung mit physikalischen Mitteln (Wärme, Kälte, Kneippsche Wasseranwen- dung äußerlich wie innerlich) mehr in den Vordergrund zu stellen?

Auch dort wird der suggestive An- teil der Wirkung groß sein, zumin- dest aber werden auch Nervenim- pulse ausgelöst, deren Wirkung wir noch keineswegs voll erkennen.

Ich selbst behandele mich und meine vier Kinder bei allen Erkran- kungen mit Schwitzkuren (heißes Bad — Weiterschwitzen im Bett eine Stunde). Bei Kreislaufschwä- che besser mit aktivem Schwitzen (langsamer Dauerlauf von drei bis fünf Kilometer, Weiterschwitzen im Bett). Erkältungen heilen in der hal- ben bisherigen Zeit. Die übliche Kreislaufschwäche nach Penicillin- gaben entfällt.

Seit Jahren verordne ich allen Pa- tienten, die mit Tränen, Jucken und Brennen ohne nennenswerten ob- jektiven Befund in die Praxis kom- men — und das sind bei Augenärz- ten eine Vielzahl — nur physio- logische Kochsalzlösung, „verun- reinigt" mit ein Prozent Natriumbi- boracicum. Die Wirkung und Nach-

frage nach den Tropfen ist enorm.

Ich fürchte, jedoch nicht nur we- gen des Placeboeffektes, sondern wegen Fortfalls aller jener Neben- wirkungen, die die meisten Fertig- tropfen durch Antiseptika, Deter- genzien und andere Zusätze bei chronischem Gebrauch auf der empfindlichen Bindehaut desAuges auslösen. Diese Zusätze sind zum Teil ja vom Gesetzgeber für Fertig- tropfen vorgeschrieben!! (s. „The- rapie — einmal anders" im „Augen- spiegel" 3/1973 Kolbenstetter Ver- lag Essen)

Dr. med. Gerd Höfling

Facharzt für Augenkrankheiten 5603 Wülfrath

Beethovenstraße 5

Schlußwort

Daß Herr Dr. Höfling bei Gefahr der medikamentösen Konjunktivitis die Verwendung von Placebo als Augentropfen empfiehlt, ist sehr zu begrüßen. Für die Beurteilung der Schwitzprozeduren fühle ich mich nicht zuständig. Immerhin sollte man bei Patienten höheren Alters und/oder mit Herzschädigung an die Gefahren für das Herz denken.

Penicillin ist selbstverständlich bei Erkältungen nicht angezeigt; aber eine „übliche KreislaufschWäche"

ist nicht zu erwarten, wenn keine Allergie vorliegt.

Prof.

Dr. med.

Gustav Kuschinsky 65 Mainz

Obere Zahlbacher Straße 67

Reisekrankheit

scher Reflexweg), die jeweils einer Beeinflussung durch höher gelege- ne Zentren unterliegen. Auf jede solche Schaltstelle können indivi- duelle Einflüsse einwirken. Es ist

bekannt, daß der Grad der Wach- heit die vestibuläre Erregbarkeit wesentlich beeinflussen kann. So kann starke Müdigkeit einen expe- rimentell ausgelösten Nystagmus zum Erliegen bringen.

Die Wirkung der antivertiginösen Medikamente, die ja gleichzeitig im- mer eine Müdigkeit hervorrufen, ist damit zum Teil erklärt. Ein weiterer wichtiger Angriffspunkt für diese Medikamente liegt im Bereich der Formatio reticularis, die als höhe- res Koordinationszentrum des ve- stibulären Systems anzusehen ist.

Die Formatio reticularis ist ver- mutlich auch das Zentrum, das mit entscheidet, ob eine Bewegungs- kombination oder eine Kombina- tion zwischen vestibulärer und op- tischer Erregung zu einer Übelkeit führt oder nicht. Dabei kommt der Übelkeit und dem Erbrechen eine Alarmfunktion zu, wie sie auch der Schmerz darstellt.

Die Frage der Vorhersehbarkeit von Reisekrankheit ist gerade in der Flug- und Raumfahrtmedizin ein beherrschendes Thema. Es sind bis jetzt nur Tests bekannt, die eine gesteigerte Bereitschaft zur Reisekrankheit erkennen las- sen. Eine sichere Vorhersage ist aber nicht möglich.

Die Empfehlung der Wahl ist nach wie vor, sich so zu verhalten, daß eine Reisekrankheit nicht auftritt, das heißt, daß Corioliskräfte mög- lichst wenig auf den Körper einwir- ken. Die Therapie der Reisekrank- heit ist schwieriger als die Verhin- derung. Auf Schiffen gilt dieser Satz aber im umgekehrten Sinne.

Literatur beim Verfasser

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Hans Scherer Hals-Nasen-Ohren-Klinik der Universität

8 München 2

Pettenkoferstraße 8 a

Wirkungen und Indikationen von Placebo

Zu einem Beitrag von Professor Dr. med. G. Kuschinsky in Heft 10/1975, Seite 663

2114 Heft 29 vom 17. Juli 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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