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Placebo forte zur Migräneprophylaxe

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Academic year: 2022

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Plazebo ist nicht gleich Plazebo.

Dies gilt es zu berücksichtigen, wenn verschiedene plazebokon- trollierte Massnahmen verglichen werden.

JAMA INTERNAL MEDICINE

Wenn es um unterschiedliche Thera- pien gegen ein und diesselbe Krankheit geht, stellt sich die Frage, welche Be- handlung nun die beste ist. Die Ant- wort würde eine randomisierte, plaze- bokontrollierte Studie mit direktem Vergleich verschiedener Methoden be- ziehungsweise Medikamente liefern – so die Theorie. In der Realität sind

«Head-to-head»-Studien jedoch sehr selten, weil die Hersteller von Medika- menten in der Regel wenig Neigung haben, Geld für eine Vergleichsstudie mit dem Konkurrenzpräparat auszugeben.

Wer trotzdem wissen will, was denn nun das vergleichsweise Bessere ist, kann darum nur auf Metaanalysen zu- rückgreifen: Man vergleicht das Aus- mass der Wirksamkeit der einzelnen Methoden und Präparate gegen Pla- zebo, wobei man man davon ausgeht, dass ein Plazebo bei der entsprechen- den Erkrankung immer gleich gut oder schlecht wirkt.

Doch dem ist nicht so, wie ein For- scherteam aus München kürzlich be- stätigt hat. Sie wählten die Migräne- prophylaxe als Beispiel, weil hier der

Plazeboeffekt bekanntermassen sehr hoch ist und Migräne eine gut defi- nierte und sicher zu diagnostizierende Erkrankung ist. Als Ansprechen wurde ein Rückgang der Attackenfrequenz um mindestens 50 Prozent gewertet. In die Analyse gingen die Daten aus 79 Stu- dien mit insgesamt 9278 Patienten ein.

Je invasiver, umso besser

Eine scheinbare Akupunktur* oder gar ein scheinbarer chirurgischer Eingriff erwiesen sich als «Placebo forte» für die Migräneprophylaxe: Das Anspre- chen darauf kann in der gleichen Grös- senordnung liegen wie die mittlere An- sprechrate bei aktiven pharmakologi- schen Substanzen, so die Autoren der Studie. Sie bestätigen damit frühere Er- kenntnisse, dass physische, spürbare Plazebos meist eine höhere Wirkung entfalten als pharmakologische. Der Plazeboeffekt ist hier also höher, was die spezifische Wirksamkeit der ent- sprechenden tatsächlichen Intervention (echte Akupunktur, echte Chirurgie) schmälert. Dieses Wirksamkeitspara-

doxon ist von praktischer Relevanz:

Wer nur auf die «Wirksamkeit» schaut, ohne den entsprechenden Plazebo - effekt davon abzuziehen, überschätzt die spezifische Effizienz der jeweiligen Methode.

Plazebos in pharmakologischen Stu- dien (wirkstofffreie Tabletten) wirken schlechter, das heisst, der Plazeboanteil für das Ansprechen auf echte Tabletten ist kleiner, die spezifische Wirkung also höher (Tabelle).

Plazeboinjektionen erwiesen sich in der vorliegenden Studie erstaunlicherweise ebenfalls als relativ schwache Plazebos.

Dies führen die Autoren jedoch darauf zurück, dass es sich dabei um Studien mit Botulinumtoxin gehandelt hatte.

Eine Botulinumtoxininjektion führt immer zu einer spürbaren Relaxation von Muskelfasern, sodass die Patienten

leicht erraten konnten, ob sie das Verum oder eine wirkstofffreie Injektion er- hielten. Insofern war die Plazebokon- trolle hier fraglich.

Auch drei Studien zur Wirksamkeit einer kognitiven Verhaltenstherapie zur Migräneprophylaxe werden präsen- tiert, wobei sich noch stärker die Frage stellt, ob hier eine echte Plazebokon- trollgruppe überhaupt möglich ist. Renate Bonifer

Meissner K et al.: Differential effectiveness of placebo treatments. A systematic review of migraine prophylaxis.

JAMA Intern Med, published online Oct 14, 2013.

Interessenlage: Die Studie wurde vom Bundesgesund- heitsministerium Deutschland finanziert. Die Autoren geben an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

STUDIE REFERIERT

158

ARS MEDICI 3 2014

Placebo forte zur Migräneprophylaxe

Unterschiedliche Plazebos haben eine unterschiedliche Wirksamkeit

Merksatz

❖Der Plazeboeffekt ist bei allen Massnahmen zur Migräneprophylaxe hoch.

*Die scheinbare Akupunktur erfolgte durch oberfläch - liches Stechen der Haut in Nicht-Akupunkturpunkte.

Tabelle:

Plazeboeffekt verschiedener Interventionen zur Migräneprophylaxe

Intervention Ansprechrate Anzahl Anzahl Patienten

Verum Plazebo netto Studien Verum/Plazebo

orale Pharmazeutika 41% 22% 19% 26 2546/1418

Injektionen von Pharmazeutika 37% 23% 14% 6 369/367

Akupunktur 51% 38% 13% 11 629/575

orale Phytotherapeutika 33% 26% 7% 8 546/379

Vitamine, Homöopathika

kognitive Verhaltenstherapie 35% 27% 8% 3 107/91

Chirurgie 84% 58% 26% 1 49/26

Referenzen

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*** = Therapieempfehlung stützt sich auf mehrere plazebokontrollierte Studien oder auf Meta-Analyse; ** = mindestens eine randomisierte, plazebokontrollierte Studie mit ausrei-