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Archiv "Betreuung Sterbender im Krankenhaus: Ärzte üben Kritik an ihrer Ausbildung" (28.02.2014)

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A 340 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 9

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28. Februar 2014

M

ehr als 400 000 Menschen sterben jährlich in deut- schen Krankenhäusern. Es liegen nur wenige und unsystematisch zu- sammengeführte Erkenntnisse über die näheren Bedingungen des Ster- beortes Krankenhaus vor. Das TransMIT-Projektbereich für Ver- sorgungsforschung und Beratung in Gießen hat im Zeitraum 2012 bis 2013 eine empirische Studie zu den psychosozialen und medizinisch- pflegerischen Bedingungen der Sterbebetreuung in deutschen Kran- kenhäusern durchgeführt. Mehr als

1 400 Mitarbeiter und Mitarbeite- rinnen (darunter 269 Ärzte und Ärztinnen) wurden in 212 struktu- riert ausgewählten Krankenhäusern aller 16 Bundesländer Deutsch- lands befragt. Mit demselben Mess- instrument wurde diese Studie be- reits vor 25 Jahren durchgeführt.

Für die Befragung wurden die un- terschiedlichen Krankenhausträger (freigemeinnützig, öffentlich, pri- vat), die verschiedenen Kranken- haus-Versorgungsaufträge (Grund- und Regelversorgung, Facheinrich- tung, Maximalversorgung) und die

unterschiedlichen Versorgungsbe- reiche (Allgemein-, Intensiv-, on- kologische beziehungsweise pallia- tive Station) berücksichtigt.

37 Prozent der Befragten geben an, für sterbende Patienten stün- den grundsätzlich hinreichend Ärzte und Pflegende zur Verfü- gung. Nur 17 Prozent sind der An- sicht, dass gute beziehungsweise sehr gute räumliche Voraussetzun- gen bestehen. Diesen stehen 35 Prozent gegenüber, die „mangel- hafte“ Bedingungen attestieren. 19 Prozent aller Befragten geben an, über eine gute, beziehungsweise sehr gute Ausbildung zu verfügen, doppelt so groß (38 Prozent) ist der Anteil derer, die diese als man- gelhaft beschreiben. Dabei ist die Situation bei den Ärzten und Ärz- tinnen noch unbefriedigender:

Keiner der Befragten gab an, über eine gute oder sehr gute Ausbil- dung zu verfügen. Die erhaltenen Anregungen der Befragten (offe- nes Item) unterstreichen die unzu- reichende Situation.

Einbindung der Angehörigen Ein gutes Arbeitsklima und inter- kollegiale Wertschätzung werden in ihrer Bedeutung für die Arbeit mit den Sterbenden von 70 Prozent der Befragten erkannt. 64 Prozent be- richten über ein kollegiales Verhält- nis der unterschiedlichen Berufs- gruppen. 35 Prozent geben an, dass sie keinen Einfluss auf die Art der geübten Sterbebetreuung besitzen.

Demgegenüber attestieren 26 Pro- zent der befragten Mitarbeiter, dass sie Einfluss hätten. 53 Prozent be- richten über regelmäßig stattfinden- de Gespräche nach dem Tod eines Patienten. 16 Prozent geben an, dass dies nie oder nur selten der Fall sei.

Dass die Einbindung der Ange- hörigen wichtig ist, wissen alle Be- fragten. Diese wird auch besser er- möglicht (Besuchszeitenregelungen sind für Angehörige Sterbender quasi abgeschafft), und Übernach- tungsmöglichkeiten existieren in 82 Prozent der Fälle. Diese Ent- wicklung zeichnet sich als der be - merkenswerteste Entwicklungsfort- schritt im Vergleich zur Untersu- chung von 1988 aus. Damals waren es nur 18 Prozent aller Krankenhäu- BETREUUNG STERBENDER IM KRANKENHAUS

Ärzte üben Kritik an ihrer Ausbildung

Die Einbindung der Angehörigen hat sich gegenüber 1988 deutlich verbessert. Das geht aus den Ergebnissen einer aktuellen Befragung hervor.

Foto: epd

T H E M E N D E R Z E I T

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28. Februar 2014 A 341 ser, die über diese Möglichkeit ver-

fügten. Trotz des guten Fortschritts gelingt die aktive Einbeziehung et- wa in die pflegerische Versorgung nur bedingt. Nur 26 Prozent der Be- fragten gaben an, dass die Angehö- rigen aktiv ermutigt würden, sich an der Pflege zu beteiligen. 53 Pro- zent vertraten die Ansicht, dass sie sich gut beziehungsweise sogar sehr gut vorstellen können, Laien- helfer in die Betreuung Sterbender einzubeziehen.

Die Schmerztherapie gelingt bei der überwiegenden Zahl der Häu- ser (62 Prozent). Zugleich wird diese aber von 34 Prozent der Be- fragten als zu zurückhaltend be- schrieben. Dass die Sterbenden immer (20 Prozent) beziehungs- weise meistens (51 Prozent) über ihre Prognose informiert werden, berichtete der überwiegende Teil der Befragten (71 Prozent). Hier gibt es eine deutliche Verbesse- rung gegenüber 1988, als nur 33 Prozent dies so beschrieben. Indes geben 41 Prozent der Befragten an, dass immer (drei Prozent) be- ziehungsweise oft (40 Prozent) un- nötig lebensverlängernde Maßnah- men ergriffen würden. Die Frage nach der Aufklärung des Sterben- den bei der Durchführung belas- tend-invasiver Eingriffe beantwor- ten 46 Prozent mit nie/selten/gele- gentlich, 51 Prozent mit immer/

meistens. Dass Sterbende aufge- klärt werden wollen, benennen 93 Prozent.

Oft kein Sterben in Würde Ausgesprochen problematisch wiegt der Befund, dass nur die Hälfte (48 Prozent) der Befragten berichten, dass in ihrem Arbeitsbereich grundsätzlich ein würdevolles Ster- ben der Patienten möglich sei. Zu- gleich ist dies ein qualitativer Fort- schritt gegenüber der Zeit vor 25 Jahren, als dies nur 29 Prozent der Befragten berichteten. Ein deutli- cher Fortschritt zeigt sich auch im Umgang mit den Verstorbenen.

Nur noch jeder Vierte (26 Prozent) sieht dabei die Menschenwürde nicht immer beachtet. Ähnliches gilt auch für die eigene Angstent- wicklung aufgrund der beruflichen Erfahrungen: 22 Prozent geben an,

sie würden aufgrund ihrer Erfah- rungen über umfassendere Todes- ängste verfügen. Dies sind acht Prozent weniger als in der Studie 1988.

Das Lebensalter des Arztes In den Gruppenvergleichen konnte gezeigt werden, dass die Art der Station, auf welcher der Patient stirbt, das mit Abstand wichtigste Kriterium unterschiedlich beschrie- bener Sterbebedingungen ist. On- kologische Stationen konnten sich besonders ausweisen. Einflussreich sind auch das Lebensalter des Arz- tes beziehungsweise der Pflege- kraft, die Berufsausbildung und das Geschlecht der Befragten. Die Art der Trägerschaft des Krankenhau-

ses und dessen Versorgungsauftrag sind dagegen von untergeordneter Bedeutung.

Im Vergleich von 1988 zu 2013 zeigt sich für elf Fragestellungen keinerlei Veränderung, für 16 ein positiver Trend und für zwei Items eine Verschlechterung der Situation. Prinzipiell gilt, dass kein Erkenntnisproblem zur Be- treuung Sterbender im Kranken- haus vorliegt, sondern ein Umset- zungsproblem. Die professionel- len Helfer, gleich ob Arzt oder Pflegekraft, wissen, was eigent- lich zu tun ist. Als besonders hin- derlich sind die verdichtete Ar- beitswelt und der Zeitmangel zu identifizieren. In dieser Hinsicht gibt es sogar Verschlechterungen gegenüber dem Jahr 1988. Das Wissen und die Kenntnisse der palliativen Medizin müssen im Sinne einer Zugangsgerechtigkeit in allen stationären Versorgungs- bereichen zur Anwendung ge- bracht werden.

Kein befragter Arzt gab an, eine gute/sehr gute Ausbildung für die Betreuung Sterbender erhalten zu haben. Die berufliche Vorbereitung ist dringend zu überprüfen und zu ergänzen. In einem offenen Item wurde den Befragten die Möglich-

keit gegeben, zu Art und Inhalt der Ausbildung Vorschläge zu entwi- ckeln. Ein mangelhafter Praxisbe- zug und fehlende Kontinuität der Auseinandersetzung standen im Mittelpunkt der kritischen Äuße- rungen.

Zahlreiche der beschriebenen Schwierigkeiten und Problemlagen können nur auf der Ebene der Kran- kenhausverantwortlichen gelöst werden. Das betrifft sowohl die Verbesserung der räumlichen Vor - aussetzungen als auch in welcher Form Patienten informiert und in die Abläufe eingebunden werden.

Das seit Jahren eingeforderte Mo- dell eines shared-decision-making kann nur unter Abstimmung mit sämtlichen Verantwortlichen etab-

liert werden und darf nicht der allei- nigen Verantwortung einzelner Ärz- te obliegen. Als sehr guter Aus- gangspunkt einer Überwindung der Probleme könnte die konsequente Umsetzung der durch die Bundes- ärztekammer 2011 verabschiedeten

„Grundsätze zur ärztlichen Sterbe- begleitung“ sein. Für einen Quali- tätsmanager wäre es leicht, aus die- sen eine klare, überprüfbare Opera- tionalisierung für die einzelnen Sta- tionen, in denen Sterbende betreut werden, herzuleiten. Zu prüfen ist auch, ob Krankenhäuser, die sich in allen Versorgungsbereichen für eine bestmögliche Betreuung Sterbender einsetzen, als solche erkennbar, vielleicht sogar mit einem Quali- tätssiegel ausgezeichnet werden

sollten.

Dipl.-Psych. Prof. Dr. phil. Wolfgang M.

George, PD Dr. med. Gamal A. Banat, Dr. rer. soc. Eckhard Dommer TransMit-Projektbereich für Versorgungs -

forschung und Beratung, Gießen

LITERATUR

1. George W, et al.: Sterben im Krankenhaus.

Gießen: Psychosozial-Verlag 2013.

2. George, W: Sterben im Krankenhaus.

Dtsch Arztebl 1989; 86(39): A-2718.

Weiterführende Literatur kann unter george@transmit.de angefragt werden.

Als besonders hinderlich sind die verdichtete Arbeitswelt und der Zeitmangel zu identifizieren.

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