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“Logische Grundlagen der Mathematik”, WS 2014/15

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“Logische Grundlagen der Mathematik”, WS 2014/15

Thomas Timmermann 29. Oktober 2014

Nachtrag zu geordneten Paaren:Dasgeordnete Paar zweier Mengenaundb können wir dannn definieren als

(a, b) :={{a},{a, b}}.

Diese Definition leistet, was wir wollen:

Lemma. ∀a∀b∀c∀d : ((a, b) = (c , d))↔(a=c∧b=d). Beweis. Seiena, b, c , d gegeben.

Falls a=c und b=d gilt, folgt{a}={c}und {a, b}={c , d}, also auch(a, b) = (c , d). Umgekehrt gelte {{a},{a, b}}={{c},{c , d}}. Dann sind zwei Fälle möglich:

• {a} = {c} und {a, b} = {c , d}: Damit folgt a = c und ((a = c und b = d) oder (a=d und b =c)), insbesondere in jedem Fallb=d.

• {a}={c , d} und {a, b} ={c}: Dann mussa =c =d und a =b =c gelten, also a=b =c =d.

Wie kann man zu gegebenen Mengena1, . . . , an ein geordnetes n-Tupel (a1, . . . , an)defi- nieren? Indem man induktiv für n >2definiert:

(a1, . . . , an) := ((a1, . . . , an−1), an).

2.5 PotenzmengenaxiomZu jeder Mengea gibt es eine Mengeb, deren Elemente genau die Teilmengen von a sind:∀a∃b∀x : (x ∈b)↔(x ⊆a).

Diese Mengeb heißtPotenzmenge von aund wird als b =P(a)

geschrieben.

Beispiel. • P(∅) ={∅}, P({∅}) ={∅,{∅}}, 1

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• P({a,{b}}) ={∅,{a},{{b}},{a,{b}}}.

2.6 AussonderungsaxiomIst a eine Menge undφ eine Aussage/Bedingung, so bilden die Elementex ∈a, welche die Bedingung φerfüllen, wieder eine Mengeb: ∃b∀x : (x ∈b)↔ (x ∈a)∧φ(x).

Wir schreiben diese Mengeb auch als

b={x ∈a:φ(x)}.

Beispiel. Sinda, b Mengen, so existieren

• die Schnittmenge:a∩b :={x ∈a:x ∈b}={x ∈b :x ∈a},

• das Komplement vonb in a: a\b :={x ∈a:x 6∈b}.

Genau genommen benötigen wir für jede Bedingungφein zugehöriges Aussonderungsaxiom, weil wir nicht∀φschreiben können (dieφ sind keine Mengen).

Bemerkung. (i) Die Einschränkung der x auf die Grundmengea ist nötig, um Russells Paradoxon zu vermeiden — sonst impliziert 2.5 mit∃b∀x : (x ∈b) ↔ (x 6∈ x) die Existenz der Menge aller Mengen, die sich nicht selbst enthalten, also einen logischen Widerspruch.

(ii) Die Annahme, dass es eine Menge gibt, die alle Mengen enthält (also∃a∀x :x ∈a), führt mit 2.4 dann auch zu einem Widerspruch.

(iii) Mit 2.6 kann man 2.2 ersetzen durch das Axiom “Es gibt überhaupt eine Mengea.”, denn mit 2.6 kann man ausadann die Nullmenge aussondern: ∅={x ∈a:x 6∈a}.

2.7 Ersetzungsaxiom Ist a eine Menge und φeine Aussage/Bedingung, die jeder Menge x eine Menge y =xφ zuordnet, so istb ={xφ:x ∈a} wieder eine Menge:

∀a: (∀x :∃!y :φ(x , y))

| {z }

=(∗)

→(∃b∀y : (y ∈b)↔(∃x :x ∈a∧φ(x , y)))

| {z }

=(∗∗)

Hier bedeutet

• ∃!y, dass genau einy existiert,

• die Voraussetzung(∗)der Implikation, dassφ jedemx genau einy zuordnet,

• die Folgerung(∗∗), dass diesey eine Menge bilden.

2

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Beispiel. Für Mengen a, b sind z.B.

{{x}:x ∈a}, {{x , b}:x ∈a}, {x ∩b:x ∈a}

wieder Mengen.

2.8 Unendlichkeitsaxiom Es gibt eine Menge mit unendlich vielen Elementen.

Die Axiome 2.1–2.7 (und die folgenden 2.9–2.10) sind auch für die Klasse aller endlichen Mengen erfüllt und implizieren nicht 2.8!

Wir formulieren 2.8 präzise bei der Behandlung der Peano-Axiome der natürlichen Zahlen in Kapitel 4.

2.9 Fundierungsaxiom Für jede nichtleere Menge a gibt es ein Element b ∈ a, das zu a disjunkt ist:∀a: (a6=∅)→(∃b : (b∈a)∧(∀x : (x 6∈a)∨(x 6∈b))).

Dieses Axiom wurde erst später hinzugefügt und schließt folgende Probleme aus:

(i) Ohne 2.9 könnte es Mengena, b mita={a} und b ={b} geben. Gilt dann a=b? Das lässt sich nur mit 2.1 entscheiden, was aber nur (a=b)↔(a=b)liefert. Also wärea=b unda6=b möglich und unser Axiomensystem nicht vollständig.

(ii) 2.9 schließt (was wir nicht zeigen) die Existenz unendlicher Ketten der Form a03a13a23. . .

aus, die zu ähnlichen Problemen wie (i) führen würden.

2.10 Auswahlaxiom Ist a eine Menge von nicht-leeren, paarweise disjunkten Mengen, so gibt es eine Mengeb, so dass für jedesx ∈ader Schnittx∩bgenau ein Element enthält.

(ÜA) Wie kann man dieses Axiom formal (mit Quantoren etc.) aufschreiben?

Dieses Axiom wurde heftig diskutiert und wird von einigen Mathematikern (den “Konstruk- tivisten”) abgelehnt. Wir diskutieren es später in der Vorlesung.

Die Zermelo-Fraenkel-Axiome der Mengenlehre sind damit vollständig.

3

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Wir erwähnen noch zwei Weiterentwicklungen.

Klassen und die Neumann-Bernays-Gödel-Axiome

John von Neumann (1903-1957)

Um über “alle Mengen” und ähnliche Zusam- menfassungen sprechen zu können, führten von Neumann, Bernays und Gödel eine “zweistufige”

Mengenlehre mit Mengen undKlassen ein.

Klassen können

• selbstMengen sein (oder “Unmengen”)

• nurMengen enthalten (keineUnmengen).

DieKlasse aller Mengenist dann eineUnmenge.

Grothendieck-Universen

Alexander Grothendieck (geb. 1928)

Manchmal möchte man doch von “der MengeU aller Mengen” sprechen. Diese sollte ein Grothendieck-Universum sein, d.h. folgendes erfüllen:

• ∀x ∈U :x ⊆U

• ∀x , y ∈U :{x , y} ∈U

• ∀x ∈U :S x ∈U

• ∀x ∈U :P(x)∈U

• ∀I ∈U :∀{xi :i ∈I} ⊆U : {xi :i ∈I} ∈U

• N∈U

Die Mengen in einem solchenUniversum U bilden dann ein Modell von ZFC.

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