“Logische Grundlagen der Mathematik”, WS 2014/15
Thomas Timmermann 12. November 2014
Darstellung natürlicher Zahlen durch Mengen
1. Wie können wir natürliche Zahlen durch Mengen darstellen?
Idee 0 =∅ und n+ 1 ={1, . . . , n}=n∪ {n}=s(n)
2. Wie erkennen wir, ob eine Menge eine natürliche Zahl darstellt?
Definition Eine Menge a heißt natürliche Zahl, wenn gilt:
(N1) a ist transitiv, d.h. jedes Element ist eine Teilmenge (N2) x ≤ y :⇔ (x ∈ y)∨(x = y) definiert eine Ordnung
auf a
(N3) jede nichtleere Teilmenge hat ein Minimum und Ma- ximum
Nun müssen wir zeigen, dass die Definition genau die Mengen beschreibt, die wir in 1. erhalten.
Lemma. (i) 0 ist eine natürliche Zahl.
Sei n eine natürliche Zahl ungleich0. Dann gilt:
(ii) s(n) =n∪ {n} ist auch eine natürliche Zahl.
(iii) Jedes x ∈n ist eine natürliche Zahl.
(ii) Übungsaufgabe.
(iii) Aus x ∈n folgt x ⊆n und damit recht einfach die Behauptung.
(iv) Nach (N3) hatn ein Maximum m ∈n, also n={x ∈n :x ≤m∨x =m}
={x ∈n :x ≤m} ∪ {m}= (n∩m)∪ {m}=s(m).
Wenden wir (iv) aufm an, so können wir schreiben:
n =s(m1) = s(s(m2)) =· · · mit n 3m1 3m2 3 · · ·.
Nach (N1) gilt n 3 m1, m2,· · · und nach (N3) hat n ein minimales Element. Also muss der “Abstieg” irgendwann abbrechen:
n=s(m1) =s(s(m2)) =· · ·=sk(mk).
Es folgt mk = ∅, sonst können wir wieder mk = s(mk+1) schreiben. Somit ist n=s(s(· · ·(s(0)))).
Satz. Es gibt eine Menge, deren Elemente genau die natürlichen Zahlen sind. Diese Menge zusammen mit den Definitionen0 =∅unds(x) =x∪ {x}erfüllt die Peano- Axiome.
Wir bezeichnen diese Menge mitN0 oder auch mit ω.
Beweis. Nach dem Unendlichkeitsaxiom existiert eine Menge a mit ∅ ∈ a und s(x)∈a für alle x ∈a.
1. Wir zeigen, dass a alle natürlichen Zahlen enthält:
Andernfalls gäbe es eine natürliche Zahln mit n 6∈a. Die Teilmenge b:= s(n)\a⊆s(n)
hat nach (N3) ein Minimum m ∈ s(n). Wegen 0 ∈ a ist 0 6= m. Nach ?? gibt es ein m0 mit m =s(m0). Insbesondere ist m0 ∈s(n). Nach Wahl von m gilt m0 6∈ b, also m0 ∈a. Nach Annahme über a folgt m =s(m0)∈a. Widerspruch.
2. Mit dem Aussonderungsaxiom zeigt man, dass die natürlichen Zahlen eine Teil-
3.3 Die Rechenoperationen
3.3 Die Rechenoperationen
Man konstruiert nun die Rechenoperationen (Addition und Multiplikation) in vier Schritten:
Zunächst sind die Addition und Multiplikation Abbildungen von N0×N0 nach N0: (x , y)7→x +y bzw. (x , y)7→x ·y .
Definition. Eine Abbildung von einer Menge a in eine Menge b ist eine Teilmenge f ⊆a×b derart, dass es für jedes x ∈ a genau ein y ∈b mit (x , y) ∈f gibt. Wir schreiben dann
• f : a→b, um zu erklären, dass f eine Abbildung vona nach b ist,
• y =f(x) oder y 7→f x, wenn (x , y)∈f.
Beispiel. Seien a undb Mengen. Dann ex. Abbildungen
• die Identität ida: a →a, geg. durchx 7→x bzw. ida ={(x , x) :x ∈a};
• die Projektionp1: a×b→a, geg. durch (x , y)7→x bzw.p1={((x , y), x) : (x , y)∈a×b};
• die Projektion p2: a×b →b, . . .
Alle Abbildungen einer Mengeain eine Mengebbilden selbst wiederum eine Menge, diese wird oft mit ba bezeichnet.
Nun definieren wir induktiv die
• Addition durch x + 0 =x und x +s(y) =s(x +y),
• Multiplikation durch x ·0 = 0 und x ·s(y) = (x ·y) +x.
Erhalten wir wirklich Abbildungen? Existieren also die entsprechenden Mengen {((x , y), x +y) :x , y ∈N0} bzw. {((x , y), x ·y) :x , y ∈N0}?
Das garantiert der folgende Rekursionssatz:
Satz. Gegeben seien Mengen a, b und Abbildungen
f : a→b und g: a×N0×b →b.
Dann existiert genau eine Abbildung h: a×N0→b mit
h(x ,0) =f(x) und h(x , s(y)) =g(x , y , h(x , y)) für alle x ∈a und y ∈N0.
Beweis. Lassen wir weg.
Anwendung:
• wir setzen f(x) = x und g(x , y , z) =s(z) und erhalten
h(x ,0) =f(x) = x, h(x , s(y)) =g(x , y , h(x , y))=s(h(x , y)) und somit die Existenz der Addition h(x , y) =x +y
• wir setzen f(x) = 0 und g(x , y , z) =x +z und erhalten
h(x ,0) = f(x) = 0, h(x , s(y)) = x +h(x , y) und somit die Existenz der Multiplikationh(x , y) =x ·y
Nun beweist man per Induktion die Kommutativ-, Assoziativ- und Distributivgeset- ze, z.B:
Satz. Die Addition auf N0 ist kommutativ.
Beweis. Schritt 1: Wir zeigen per Induktion überk: 0 +k =k (=k+ 0 nach Def.) für alle k ∈N0.
(i) Induktionsanfang k = 0: 0 + 0 = 0 = 0 + 0nach Definition.
(ii) Induktionsschritt: Es sei0+k =k. Nach Definition folgt0+s(k) =s(0+k) = s(k).
(iii) Die Menge {k ∈N0: 0 +k =k} enthält nach (i) 0 und nach (ii) mit jedem k auch s(k), also ganz N0.
Schritt 2: Wir zeigen per Induktion überl: s(k) +l =s(k +l).
3.3 Die Rechenoperationen
(ii) Induktionsschritt: Es geltes(k) +l =s(k +l). Dann folgt s(k) +s(l) =s(s(k) +l) (Def. von +)
=s(s(k +l)) (Annahme)
=s(k +s(l)) (Def. von +) Schritt 3: Wir zeigen ber Induktion über l: k+l =l +k für alle k ∈N0:
(i) Induktionsanfangl = 0: k+ 0 =k = 0 +k nach Schritt 1.
(ii) Induktionsschritt: Es geltek+l =l +k. Dann folgt
k +s(l) = s(k+l) (nach Def. von +)
=s(l+k) (nach Annahme)
=s(l) +k (nach Schritt 2)