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Fragile Freedom: The possible role of Clinical Social Work regarding to success and abort factors in electronically monitored house arrest.

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Academic year: 2022

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Fragile Freiheit: Die mögliche Rolle der Klinischen Sozialen Arbeit im Hinblick auf Erfolgs- und Abbruchfaktoren im

elektronisch überwachten Hausarrest.

Fragile Freedom: The possible role of Clinical Social Work regarding to success and abort factors in electronically

monitored house arrest.

Masterarbeit

Zur Erlangung des akademischen Grades

Master of Arts in Social Science (MA)

der Fachhochschule FH Campus Wien Masterstudiengang: Klinische Soziale Arbeit

Vorgelegt von:

Hofer Bianca, BA

Personenkennzeichen:

1810534017

Erstbegutachter:

FH-Prof. Mag.(FH) Manfred Tauchner, DSA

Zweitbegutachterin:

FH-Prof.in Mag.a Dr.in Elisabeth Steiner

Eingereicht am:

30.04.2021

(2)

Erklärung:

Ich erkläre, dass die vorliegende Masterarbeit von mir selbst verfasst wurde und ich keine anderen als die angeführten Behelfe verwendet bzw. mich auch sonst keiner unerlaubter Hilfe bedient habe.

Ich versichere, dass ich diese Masterarbeit bisher weder im In- noch im Ausland (einer Beurteilerin/einem Beurteiler zur Begutachtung) in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt habe.

Weiters versichere ich, dass die von mir eingereichten Exemplare (ausgedruckt und elektronisch) identisch sind.

Datum: 30.04.2021 Unterschrift:...

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Danksagung

Mein größter Dank gilt meiner Familie und meinen engsten Freund*innen, die mir während der Zeit des Studiums sowie während dem belastenden Prozess der Masterarbeit immer unterstützend zur Seite gestanden sind. Ihr habt mich immer wieder aufs Neue motiviert, meine teilweise schlechten Launen ausgehalten und mir trotzdem zugehört, auch wenn es immer um das gleiche Thema ging. Ein ganz großer Dank geht vor allem an meine Eltern.

Danke für diese unglaubliche Geduld, euren starken Nerven meiner launischen Art gegenüber sowie eurer tatkräftigen Unterstützung. Ohne euch wäre das alles nie möglich gewesen.

Ein großes Dankeschön für die tolle Unterstützung, sowohl in fachlicher als auch in menschlicher Hinsicht, geht an dich liebe Christa Putz. Danke, dass du mich immer wieder runtergeholt hast, wenn ich kurz davor war den Faden und meine Geduld komplett zu verlieren.

Durch dich konnte ich über meine Grenzen hinauswachsen. Danke, dass du an meiner Seite warst.

Zudem danke ich allen Interviewpartner*innen, die es mir mit ihrer Expertise ermöglicht haben, dieses Forschungsvorhaben umzusetzen. Durch euch konnten zahlreiche wichtige Aspekte herausgearbeitet werden. Ein weiterer Dank gilt meinem Betreuer Herrn Prof. Mag. Manfred Tauchner, DSA. Durch Ihre langjährige Erfahrung und die vielen Inputs von Ihnen, konnte mein Gedankenchaos beseitigt und diese Arbeit vollendet werden. Hinzu kommt mein Dank an die Generaldirektion für die Bewilligung dieses Forschungsvorhaben sowie die zur Verfügung gestellten statistischen Daten.

Ein herzlicher Dank geht auch an meine drei lieben Studienkolleginnen Bianca, Julia und Johanna. Ohne euch wäre die Zeit auf der FH nur halb so lustig und schön gewesen.

(4)

Kurzfassung

Die vorliegende Masterarbeit beschäftigt sich mit der möglichen Rolle der Klinischen Sozialen Arbeit im Hinblick auf Erfolgs- und Abbruchfaktoren im elektronisch überwachten Hausarrest (eüH). Welchen Beitrag kann die Klinische Soziale Arbeit in der Betreuung von Menschen im elektronischen überwachten Hausarrest leisten, damit eine erfolgreiche Bewältigung gelingt?

Anhand der bestehenden Forschungsliteratur und statistischer Daten wurden die gesetzlichen Rahmenbedingungen des eüHs, die spezifischen Belastungen und die Erfolgs- und Abbruchfaktoren dargestellt.

Es wurden qualitative, leitfadengestützte Expert*inneninterviews mit sieben Praktiker*innen durchgeführt, die in der Betreuung von eüH-Klient*innen tätig sind. Die gewählten Betreuungsinstanzen umfassen die Überwachungszentrale, die Justizanstalt Wien-Simmering sowie den Verein NEUSTART. Mithilfe der Themenanalyse nach Froschauer und Lueger (2020) wurden die gewonnen Daten aus den Befragungen ausgewertet.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Klinische Soziale Arbeit mit ihren Methoden und Konzepten in der Betreuung von Menschen im elektronisch überwachten Hausarrest dazu beitragen kann, dass diese Vollzugsform erfolgreich bewältigt wird. Einige Ansatzpunkte, wie soziale Unterstützung, Ressourcenorientierung oder das Konzept des Empowerment sind bereits in der Praxis zu finden, werden jedoch nicht als diese betitelt, andere fehlen hingegen noch, wie beispielsweise die Sozialtherapie, das biopsychosoziale Modell oder der Person-In- Environment Ansatz.

Zudem macht die Untersuchung deutlich, dass für eine Bewältigung dieser Vollzugsform, eine umfassende, direkt unterstützende, begleitende und anleitende Betreuung für eüH- Klient*innen äußerst relevant ist. Das regelmäßige Miteinbeziehen des sozialen Umfelds in den Hilfeprozess, Krisenintervention, das Herausarbeiten von Strategien und Handlungsalternativen, eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Fachkraft und Klient*in sowie eine ressourcenorientierte Arbeitsweise können als Erfolgsfaktoren definiert werden.

Zusätzlich sollen selbstbestimmtes Handeln sowie Motivation und Durchhaltevermögen bei den eüH-Klient*innen gefördert werden. Zudem zeigte sich, dass sich durch eine klare und umfassende Aufklärung über den eüH und die damit einhergehenden, strengen Regeln und Vorgaben sowie durch eine bessere Informationsweitergabe zwischen den drei Betreuungsinstanzen, Abbrüche zusätzlich verhindern ließen.

Des Weiteren sind nicht nur eüH-Klient*innen mit Herausforderungen konfrontiert, wie beispielsweise das Verheimlichen-Wollen des eüHs vor dem sozialen Umfeld, sondern auch die Fachkräfte. Die Doppelrolle zwischen Hilfe und Kontrolle sowie der vorhandene Zeit- und Personalmangel erwiesen sich als erschwerend, um bei Krisen und Störfällen zeitgerecht zu intervenieren.

(5)

Abstract

This thesis deals with the possible role of Clinical Social Work regarding to success and abort factors in electronically monitored house arrest (EMHA). What contribution can Clinical Social Work make in caring for people in electronically monitored house arrest, so that they can successfully cope with it? Based on the existing research literature and statistical data, the legal frame conditions of EMHA as well as its specific liability and success and abort factors are presented.

Qualitative, guideline-based expert interviews were carried out with seven practitioners who care for EMHA-clients. The chosen supervisory authorities include the monitoring centre, the prison Wien-Simmering and the association NEUSTART. The data obtained from the aforementioned surveys was evaluated by means of the topic analysis according to Froschauer and Lueger (2020).

The results show that Clinical Social Work with its methods and concepts regarding the care of people in electronically monitored house arrest can help to ensure that this type of law enforcement is successfully handled. Some starting points, such as social support, resource orientation or the concept of empowerment can already be found in practice, but are not referred to as such, while other approaches, such as social therapy, the biopsychosocial model or the person-in-environment approach, are still missing.

In addition, the study makes clear that comprehensive, directly supportive, accompanying and guiding care for EMHA-clients is especially relevant in order to cope with this alternative form of imprisonment. The regular inclusion of the social environment in the helping process, crisis intervention, the development of strategies and alternative courses of action, a trusting relationship between specialist and client and a resource-oriented way of working can be defined as success factors. Furthermore, self-determined actions as well as motivation and perseverance should be encouraged in EMHA-clients. Additionally, it became apparent that clear and comprehensive information about the EMHA and the strict rules and requirements that go with it, as well as a better information transfer between the three supervisory authorities, could also prevent the abort of the electronical incarceration.

Furthermore, this thesis shows that not only EMHA-clients are confronted with challenges, such as wanting to conceal the EMHA from one’s social environment, but also the professionals. The double role between help and control as well as the existing lack of time and personnel further complicate a timely intervention in the event of crises and incidents.

(6)

Abkürzungsverzeichnis

Abs Absatz

BD Back-Door

BGBl Bundesgesetzblatt

BMJ Bundesministerium für Justiz bzgl. bezüglich

bzw. beziehungsweise ebd. ebenda

EMHA electronically monitored house arrest et al. und andere

eüH elektronisch überwachter Hausarrest eüHs elektronisch überwachten Hausarrests

f. folgend

ff. fortfolgend

FD Front-Door

JA Justizanstalt RF Radio-Frequenz SMG Suchtmittelgesetz StGB Strafgesetzbuch StVG Strafvollzugsgesetz StPO Strafprozessordnung u.a. unter anderem uvm. Und vieles mehr vgl. vergleiche z.B. zum Beispiel

Z Ziffer

(7)

Inhaltsverzeichnis

1 E

INLEITUNG

... 8

2 B

EGRIFFSBESTIMMUNGEN

... 11

2.1 Strafvollzug ... 11

2.2 Justiz... 11

2.3 Resozialisierung ... 11

2.4 Soziale (Re-)Integration ... 11

2.5 Zwangskontext in der Straffälligenhilfe... 12

2.6 Stigmatisierung ... 12

3 D

ER ELEKTRONISCH ÜBERWACHTE

H

AUSARREST

H ... 13

3.1 Varianten der elektronischen Aufsicht ... 14

3.2 Gründe für die Einführung des eüHs ... 16

3.3 Voraussetzungen für den eüH in Strafhaft ... 16

3.4 Voraussetzungen für den eüH in Untersuchungshaft ... 21

3.5 Der Widerruf des eüHs ... 22

3.6 eüH - Motive und Vorteile ... 23

3.7 Belastungen und Herausforderungen im eüH ... 25

3.8 Erfolgsfaktoren ... 27

3.9 Abbrüche und Abbruchfaktoren... 29

4 D

IE

K

LINISCHE

S

OZIALE

A

RBEIT

... 31

4.1 Biopsychosoziales Modell ... 32

4.2 Person-In-Environment Ansatz ... 32

4.3 Salutogenese ... 33

4.4 Sozialtherapie ... 35

4.5 Soziale Unterstützung ... 36

4.6 Soziale Diagnostik... 38

(8)

5 F

ORSCHUNGSDESIGN

... 41

5.1 Forschungsfrage und Zielsetzung ... 41

5.2 Betreuende Institutionen ... 41

5.2.1 Forschungszugang ... 43

5.3 Erhebungsmethode... 44

5.3.1 Datenerhebung mittels Leitfadeninterview ... 45

5.3.2 Expert*inneninterviews ... 46

5.3.3 Durchführung der Interviews ... 46

5.3.4 Datenaufbereitung ... 47

5.4 Datenauswertung mittels Themenanalyse ... 47

6 E

RGEBNISDARSTELLUNG

... 50

6.1 Hilfe und Kontrolle ... 50

6.1.1 Herausforderungen für Expert*innen im Arbeitsalltag ... 50

6.1.2 Herausforderungen für eüH-Klient*innen aus Sicht der Expert*innen ... 52

6.2 Netzwerkorientierte Arbeitsweisen ... 57

6.3 Klient*innenzentrierte und ressourcenorientierte Arbeitsweisen ... 58

6.4 Abbruch- und Erfolgsfaktoren ... 59

6.5 Präventions- und Aufklärungsarbeit ... 62

6.6 Unterstützungsangebote für eüH-Klient*innen ... 65

6.6.1 Krisenintervention und Entlastungsgespräche ... 65

6.6.2 Unterstützung bei organisatorischen Angelegenheiten ... 67

6.6.3 Entlassungs- bzw. Übergangsmanagement ... 67

6.7 Begleitung und Betreuung ... 68

6.7.1 Fragen und Probleme der eüH-Klient*innen ... 68

6.7.2 Betreuungsziele ... 69

6.7.3 Defizite und Verbesserungsvorschläge in der Betreuung ... 70

6.7.4 Relevante Betreuungsfaktoren der Sozialen Arbeit ... 71

6.8 Einsatz von Diagnoseinstrumenten bei der Erhebung und Betreuung des eüHs...72

(9)

6.9 Idee(n) für ein zukünftiges eüH-Projekt ... 73

7 D

ISKUSSION DER

E

RGEBNISSE

... 75

8 F

AZIT UND

A

USBLICK

... 84

8.1 Handlungsempfehlungen für die Praxis aus Sicht der Klinischen Sozialen Arbeit...87

8.2 Limitationen und Ausblick für weitere Forschung ... 89

L

ITERATURVERZEICHNIS

... 90

A

NHANG

... 97

(10)

1 Einleitung

Die vorliegende Masterarbeit beschäftigt sich mit der Betreuung von Menschen im elektronisch überwachten Hausarrest und der Frage, welchen Beitrag die Klinische Soziale Arbeit in diesem Kontext leisten kann, damit die Betroffenen diese Vollzugsform erfolgreich bewältigen können.

Diese Thematik ging aus persönlichem Interesse hervor, welches sich u.a. im Zuge meiner beruflichen Erfahrung im Straffälligenbereich sowie einer Exkursion in die Justizanstalt Wien- Simmering im Rahmen des Masterstudiums „Klinische Soziale Arbeit“ entwickelte. Die dortige Sozialarbeiterin machte auf die Problematik im elektronisch überwachten Hausarrest und den damit einhergehenden Herausforderungen aufmerksam. Durch die Tatsache der psychischen Belastung der betroffenen Personen in der eigenen Wohnung gefangen zu sein, entstand die Idee, diese Thematik mit den Ansätzen der Klinischen Sozialen Arbeit zu verbinden.

Der elektronisch überwachte Hausarrest (eüH) stellt seit 1. September 2010 eine weitere Vollzugsform dar, bei der die betroffenen Personen einen Teil ihrer Freiheitsstrafe (Back-Door) im eüH verbüßen oder eine Inhaftierung (Front-Door) gänzlich vermeiden können. Der Vorteil dieser Vollzugsform ergibt sich einerseits durch das Verhindern oder Verkürzen eines Haftaufenthaltes und andererseits durch die Möglichkeit, weiterhin einer Arbeit nachzugehen, die Familienstruktur aufrechtzuerhalten, für den Unterhalt der Familie zu sorgen sowie Zeit mit dem*r Partner*in und dem*n Kind(ern) zu verbringen (vgl. BMJ 2021, vgl. Hammerschick 2019a: 7ff.).

Menschen, die sich im eüH befinden, werden durch die Medien immer wieder mit Vorurteilen konfrontiert. Die mediale Darstellung dieser Personengruppe bzw. des eüHs allgemein ist meist negativ und sorgt für eine Stigmatisierung gegenüber den Betroffenen. Meist dahingehend, dass es sich hierbei um „keine richtige Strafe“ handelt, die Personen „eh nichts tun müssen“ oder nur „Privilegierte und Prominente“ im eüH sind (vgl. Mock 2014: 19). Was oft in Vergessenheit zu geraten scheint oder nicht ausreichend bekannt ist, ist, dass sich die Strafgefangenen hierbei immer noch in einem Strafvollzug befinden, nur nicht im Gefängnis, sondern im eigenen Zuhause – unter umfassender Kontrolle und mit strengen Auflagen. Wie aus dem Titel der Masterarbeit hervorgeht, kann diese Vollzugsform als „fragile Freiheit“

bezeichnet werden. Dies bedeutet, dass die überwachten Personen einerseits in gewissem Maße in „Freiheit“ leben, da sie ihren Job weiterhin ausüben können, aus dem sozialen Kontext nicht herausgerissen werden und sich in ihrer bekannten Umgebung aufhalten.

Andererseits ist diese Freiheit fragil, sprich zerbrechlich, denn kommt es zu Fehlverhalten beispielsweise aufgrund einer Nichteinhaltung der Vorgaben oder aufgrund eines missbräuchlichen Gebrauchs von Alkohol oder illegalen Substanzen, kann diese bisherige

„Freiheit“ sprichwörtlich zerbrechen und der/die eüH-Klient*in muss mit sofortiger Wirkung (zurück) in Haft. Somit wird deutlich, dass es sich hierbei nicht um eine Haftform für

(11)

Privilegierte handelt, die ihre Strafe zuhause in einer „gemütlichen Atmosphäre“ verbüßen, sondern dass die Situation im eüH durchaus mit multikomplexen Belastungen und Problemlagen einhergeht (vgl. Hammerschick et al. 2012: 16f.). Die Ambivalenz, dass es weder Freiheit noch Gefängnis bedeutet, kann durchaus belastend sein. Die Tatsache einer permanenten Überwachung und Kontrolle, die streng vorgegebenen An- und Abwesenheitszeiten, die eingehalten werden müssen, das Nichtausweichen-Können bei familiären oder partnerschaftlichen Konflikten sowie die beschränkten Möglichkeiten eines Aufenthaltes im Freien können zu psychischen Belastungen der Klient*innen führen (vgl.

Hammerschick 2019a: 9ff.). Um den eüH erfolgreich bewältigen und abschließen zu können, müssen die Betroffenen ausreichend und umfassend unterstützt werden. Daher soll in der vorliegenden Masterarbeit der Frage nachgegangen werden, „Welchen Beitrag kann die Klinische Soziale Arbeit in der Betreuung von Menschen im elektronisch überwachten Hausarrest leisten, damit eine erfolgreiche Bewältigung gelingt?“

Die Relevanz der Arbeit mit Menschen im eüH ergibt sich für die Klinische Soziale Arbeit dadurch, dass sie mit ihren Ansätzen, wie beispielsweise dem biopsychosozialen Modell, dem Person-In-Environment-Ansatz, der Salutogenese, der Sozialtherapie, der sozialen Unterstützung sowie der Sozialen Diagnostik sinnvoll und zielführend sein kann, Menschen in dieser belastenden und herausfordernden Lebensphase direkt, unterstützend und ganzheitlich zu betreuen und begleiten. Das Bewältigen von Multiproblemlagen und vielseitigen Belastungen, die Förderung der Selbstbestimmung und Verantwortungsübernahme sowie das Ziel eines straffreien Lebens nach dem eüH können als wesentliche Punkte einer Resozialisierung und somit als Aufgabe der (Klinischen) Sozialen Arbeit mit Straffälligen angesehen werden (vgl. Kawamura-Reindl/Schneider 2015: 289).

In den bisherigen Forschungen wurde dem eüH nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt, obwohl in den letzten Jahren dahingehend immer mehr wissenschaftliche Arbeiten Einzug gefunden haben (vgl. Hammerschick 2019, vgl. Hofinger 2018, vgl. Walser 2018, vgl. Fischer 2016, vgl. Mock 2014). Die Motive dieser Vollzugsform sowie die Belastungen aus Sicht der Betroffenen wurde bereits von Walter Hammerschick (2019) in den Blick genommen. Was bisher nicht ausreichend erforscht bzw. nur von einzelnen Personen (vgl. Fischer 2016) fokussiert wurde und somit der formulierten Forschungsfrage dieser Arbeit einen innovativen Wert zuspricht, ist der spezielle Fokus auf die konkreten Handlungsmöglichkeiten und Kompetenzen der Klinischen Sozialen Arbeit in der Betreuung von eüH-Klient*innen im Rahmen der erfolgreichen Bewältigung dieser Vollzugsform.

Da die Überwachungszentrale, die Justizanstalten sowie der Verein NEUSTART die drei wichtigsten Betreuungsinstanzen für Menschen im eüH darstellen, wurde diese Personengruppe für die qualitative Erhebung mittels leitfadengestützter Expert*inneninterviews ausgewählt. Für diese Arbeit wurde die Justizanstalt Wien-Simmering

(12)

herangezogen, da sie die größte Justizanstalt in Österreich ist, die sowohl zur Erprobung als auch zur österreichweiten Durchführung des eüHs beigetragen hat (vgl. Justizanstalt Wien- Simmering 2021). Aus diesem Grund setzt sich die Zielgruppe der Expert*innen aus dem Leiter der Überwachungszentrale, den Justizwachbeamt*innen aus der Justizanstalt Wien- Simmering, die für den Bereich des eüHs zuständig sind sowie aus Sozialarbeiter*innen des Vereins NEUSTART zusammen. Die Auswertung der gewonnenen Ergebnisse der Interviews erfolgt mithilfe der Themenanalyse nach Ulrike Froschauer und Manfred Lueger (2020).

Ausgehend von der Forschungsfrage werden zunächst theoretische Begrifflichkeiten und Hintergründe definiert. Dadurch sollen Zusammenhänge dargestellt sowie eine wesentliche Grundlage geschaffen werden, um die ausgearbeitete Theorie mit den durch die Forschung gewonnenen Ergebnissen in Verbindung zu setzen. Das dritte Kapitel umfasst den Rahmen des elektronisch überwachten Hausarrests. Hierbei werden die zwei Varianten der Überwachung, die Voraussetzungen für den eüH in Straf- und Untersuchungshaft, der Widerruf des eüHs, die Motive und Vorteile sowie die Belastungen und Herausforderungen, die mit dieser Vollzugsform einhergehen, näher erläutert. Zudem widmet sich dieses Kapitel sowohl den Erfolgs- und Abbruchfaktoren als auch den Abbrüchen des eüHs. Das Kapitel vier gibt einen Einblick in die Klinische Soziale Arbeit mit ihren Methoden und Konzepten und verknüpft diese mit der Thematik des eüHs. Darauffolgend wird im fünften Kapitel das Forschungsvorgehen im Rahmen der Forschungsfrage und Zielsetzung, der Zielgruppe und des Forschungszugangs sowie der Datenerhebung und Datenauswertung erläutert. Im Anschluss werden im Kapitel sechs die Ergebnisse der Interviews anhand der herausgearbeiteten Hauptkategorien dargestellt. Anknüpfend daran werden im Kapitel sieben die Ergebnisse der Interviews diskutiert und interpretiert sowie mit den theoretischen Ausarbeitungen aus den vorherigen Kapiteln in Verbindung gesetzt. Das letzte Kapitel beinhaltet ein zusammenfassendes Fazit, Handlungsempfehlungen für die Praxis aus Sicht der Klinischen Sozialen Arbeit sowie die Limitationen der vorliegenden Arbeit. Zudem wird ein Ausblick auf weitere, mögliche Forschungsaspekte gegeben.

(13)

2 Begriffsbestimmungen 2.1 Strafvollzug

Der österreichische Strafvollzug versteht sich als Betreuungsvollzug mit dem Ziel der Resozialisierung bei gleichzeitiger Wahrung der Menschenrechte der Insass*innen. Im Vordergrund stehen eine adäquate Betreuung, Behandlung und Beschäftigung der Straftäter*innen. Dies gestaltet sich in Form von Arbeit, Therapie und/oder Sport oder sonstiger sinnvoller Freizeitgestaltung. In den 28 Gefängnissen und den 15 dazugehörigen Außenstellen in Österreich befanden sich in den letzten Jahren durchschnittlich 8.800 Haftinsass*innen. Dazu zählen Untersuchungshäftlinge, Strafgefangene und Personen im sogenannten Maßnahmenvollzug (vgl. BMJ 2020a: 8).

2.2 Justiz

Neben der Gesetzgebung und der Verwaltung, bildet die österreichische Justiz die dritte Säule des Rechtsstaates. Diese umfasst die ordentlichen Gerichte, die Staatsanwaltschaften, die Justizanstalten, die Einrichtung der Bewährungshilfe uvm. Der/die Bundesminister*in ist dem Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz zugeordnet und steht somit an der Spitze (vgl. BMJ 2020b: 12).

2.3 Resozialisierung

Der Begriff der Resozialisierung steht für ein ganzes Programm, welches die Wiedereingliederung in die Gesellschaft umfasst. Ursprünglich wurde darunter eine

„Besserung“ und „Erziehung“ von verurteilten Personen in den Justizanstalten verstanden.

Mittlerweile umfasst der Begriff aber eher Inhalte wie Beratung im Kontext von Delinquenz, Hilfe zur Selbsthilfe, materielle Hilfe, Unterstützung bei der Bewältigung von Krisensituationen und Übergängen, der beruflichen Integration, der Pflege von sozialen Kontakten, der Verantwortungsübernahme, dem Erwerb von Kompetenzen sowie der Aufklärungsarbeit für mehr Toleranz gegenüber Randgruppen (vgl. Cornel 2021: 14f.).

2.4 Soziale (Re-)Integration

Die (Klinische) Soziale Arbeit lässt sich als Hilfe beschreiben, die besonders die soziale Integration fokussiert. Personen, welche von sozialer Ausgrenzung (z.B.: Straftäter*innen) bedroht sind, sollen darin unterstützt werden, wieder ein Teil der Gesellschaft zu werden und Zugang zu Arbeit, Bildung und Gesundheit zu haben. (Re-)Integration zielt auf die Entwicklung eines Lebensführungssystems, welches für den/die Straftäter*in ein befriedigendes Leben und das Aufrechterhalten sozialer Beziehungen ermöglicht (vgl. Sommerfeld et al. 2011: 333, vgl.

(14)

Kleve 2017: 14ff.). Kritisch betrachtet erscheint Integration als „Normalisierung“ von Randgruppen durch Prozesse von Unterwerfung und Kontrolle (vgl. Jantzen 2010: 96).

2.5 Zwangskontext in der Straffälligenhilfe

Von einem Zwangskontext wird gesprochen, wenn die Freiwilligkeit der betroffenen Person an Hilfsangeboten eingeschränkt ist. In Bezug auf den eüH bedeutet dies, dass sich der/die Strafgefangene zwar freiwillig für oder gegen eine Mitwirkung am Hilfeprozess entscheiden kann, bei Ablehnung jedoch mit einer sofortigen Inhaftierung rechnen muss. Die Zwangswirkung entsteht in Form dieser Androhung, die einen deutlichen Nachteil für das Individuum bringt (vgl. Cornel 2008: 4f.)

2.6 Stigmatisierung

Historisch betrachtet diente Stigmatisierung im antiken Griechenland als sichtbare Kennzeichnung von geächteten Menschen, wie beispielsweise Sklav*innen oder Straftäter*innen, welche mit Schnittwunden oder Brandmalen versehen wurden. Somit handelt es sich bei einer Stigmatisierung um einen Abwertungsprozess, bei dem eine Person aufgrund eines Merkmals oder einer Handlung wie beispielsweise eine Straftat, gekennzeichnet und ausgegrenzt wird (vgl. Freimüller/Wölwer 2012: 21). Demnach soll eine vollständige soziale Inklusion verhindert werden (vgl. Aydin/Fritsch 2015: 247). Ergänzend beschreibt Erving Goffman (2014: 10f.) Stigmatisierung als Zuschreibung von negativen Eigenschaften, welche auf Vorurteilen beruhen. Zudem wird der Mensch reduziert und diskreditiert, ohne Chance, dass seine/ihre Charaktereigenschaften wahrgenommen werden (vgl. ebd.).

(15)

3 Der elektronisch überwachte Hausarrest – eüH

Der elektronisch überwachte Hausarrest (eüH) stellt seit 1. September 2010 eine weitere Vollzugsform dar, für die nur Personen in Betracht gezogen werden, die über eine stabile soziale Integration verfügen und deren restliche Freiheitsstrafe zwölf Monate nicht übersteigt (aktuelle Diskussionen darüber, die Reststrafe auf 24 Monate zu erhöhen) (vgl. BMJ 2021).

Der eüH, auch „Fußfessel“ genannt, muss von den Insass*innen beantragt werden und kann entweder die noch ausständige Strafe in der Vollzugsanstalt ganz ersetzen („Front-Door- Variante“) oder verkürzen („Back-Door-Variante“). Der Vorteil dieser Vollzugsform ergibt sich dadurch, dass betroffene Personen sowohl weiterhin ihrer Arbeit nachgehen können als auch ein Herausreißen aus ihrem sozialen Kontext verhindert wird (vgl. ebd.).

Front-Door-Variante (FD)

Bei der Front-Door-Variante wird dem*r Strafgefangenen ermöglicht die gesamte Strafe nicht in einer Justizanstalt zu verbüßen, sondern elektronisch überwacht im Hausarrest in der eigenen Unterkunft. Werden alle Voraussetzungen erfüllt, können Betroffene einen Haftaufenthalt zur Gänze vermeiden (vgl. Nogratnig 2013: 216, vgl. Walser 2018: 8).

Back-Door-Variante (BD)

Bei der Back-Door-Variante erfolgt der Vollzug der Freiheitsstrafe vorerst in einer Justizanstalt.

Ist diese zum Teil verbüßt, kann ein Antrag auf eüH gestellt werden. Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, kann die restliche Strafe zur Gänze im eüH abgeschlossen werden.

Bei dieser Vollzugsform gibt es keine physischen Einschränkungen und somit keine Möglichkeit, jemanden davon abzuhalten, sich nicht an die Weisungen zu halten. Deshalb ist von den betroffenen Personen sowohl ein hohes Maß an Selbstständigkeit als auch eine hohe Compliance1 gefordert (vgl. Nogratnig 2013: 216).

Mit dem Stand vom 1. Jänner 2021 befinden sich in ganz Österreich 312 Personen im elektronisch überwachten Hausarrest. Die Anzahl der gesamten Strafgefangenen in Österreich beträgt 8.869. Somit macht die Summe der eüH-Klient*innen einen Prozentsatz von 3,62 der gesamten Strafgefangenenpopulation aus. Zur Veranschaulichung, in der JA Wien-Simmering befinden sich zu dem angeführten Stichtag 555 Insassen, wodurch die Zahl der eüH-Klient*innen fast eine mittelgroße JA ausfüllen könnte (vgl. Auskunft statistische Daten BMJ 2021).

1Compliance bedeutet, dass der/die Patient*in (in diesem Fall Klient*in) zur Zusammenarbeit mit dem Arzt (Sozialarbeiter*in) bzw. zur Mitarbeit bei diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen bereit ist (vgl.

Pschyrembel 2021).

(16)

Die 312 Personen im eüH gliedern sich in FD-, BD-Klient*innen sowie BD- Untersuchungshäftlinge, wobei sich 178 Personen in der FD-, 130 Personen in der BD- Variante sowie vier Personen in Untersuchungshaft befinden (vgl. Auskunft statistische Daten BMJ 2021). Zu erwähnen ist, dass der Anteil der FD-Anträge seit der Einführung dieser Vollzugsform durchgehend höher war und somit permanent mehr FD-Klient*innen im eüH waren, als BD. Dies könnte u.a. darauf zurückzuführen sein, dass es einerseits für BD- Klient*innen durch die erschwerten Bedingungen aus der Haft heraus schwieriger ist, eine geeignete Wohn- sowie Beschäftigungsmöglichkeit zu finden (vgl. Hofinger 2018: 11).

Andererseits lehnen BD-Klient*innen den eüH oft ab, wenn sie sich im gelockerten Vollzug befinden, da sie im Gegensatz zum eüH, regelmäßig 48-Stunden-Ausgänge bewilligt bekommen (vgl. Hammerschick 2019b: 5). Zudem kann gesagt werden, dass ein Anstieg der Personen im eüH sowie eine höhere Antragsbewilligung in den letzten Jahren beobachtet werden konnte (vgl. ebd.).

3.1 Varianten der elektronischen Aufsicht

Personen im eüH sind gemäß § 156b Abs 1 StVG durch geeignete Mittel der elektronischen Aufsicht zu überwachen. Die Überwachung aller Fußfesselträger*innen in Österreich erfolgt über die Überwachungszentrale (dauerhaft besetzt), in der Justizanstalt Wien-Josefstadt.

Diese ist eng mit den zuständigen Justizanstalten und den Sozialarbeiter*innen des Vereins NEUSTART vernetzt. Durch die zentrale Überwachung wird eine einheitliche Gestaltung des Vollzugs für alle strafgefangenen Personen im eüH ermöglicht (vgl. Walser 2018: 75).

Radio-Frequenz-Überwachung

Die Radio-Frequenz-Technik (RF-Technik) ist die häufigste Anwendungsform im eüH. Hierbei wird ein Sender, der eine Weitergabe der Signale gewährleistet, in der Unterkunft aufgestellt.

Während der gesamten Maßnahme müssen die betroffenen Personen einen Funksender mittels Kunststoffband am Knöchel tragen, der alle Manipulationen sowie die Abnahme des Senders speichert und weitergibt. Dieser wird umgangssprachlich auch als „Fußfessel“

bezeichnet. Diese ist stoß- und wasserfest, unter der Kleidung nicht sichtbar und muss während der gesamten Dauer im eüH am Körper getragen werden. Die Strafvollzugsbehörde installiert eine Basisstation zur Übermittlung der Funksignale des Senders in der Unterkunft der betroffenen Person. Diese Basisstation ist an das Stromnetz angeschlossen und permanent mit der Überwachungszentrale verbunden. Das Gerät überwacht die An- und Abwesenheitszeiten in der Wohnung, welche die vorher vereinbarten Zeiten im Aufsichtsprofil abgleicht. Kommt es zu Abweichungen der festgelegten Zeiten, sprich der/die Straftäter*in befindet sich nicht in der Unterkunft, obwohl er/sie bereits anwesend sein müsste, wird dies gespeichert, an die Überwachungszentrale weitergeleitet und ein Alarm ausgelöst. Dies kann

(17)

in weiterer Folge zu einem Widerruf dieser Vollzugsform führen. Eine Überwachung außerhalb der Unterkunft ist nicht möglich (vgl. Nogratnig 2013: 215, vgl. Walser 2018: 73). Das Basismodell der Radio-Frequenz-Technik kann mit einer Alkoholüberwachung kombiniert werden. Hierbei erfolgt über die Ferne eine Überwachung des auferlegten Alkoholverbots. Die betroffene Person wird aufgefordert in einen Alkomaten zu blasen, der in der Basisstation integriert ist, um somit seine/ihre Alkoholabstinenz nachzuweisen. Während des Hineinblasens in das vorgesehene Röhrchen wird mittels Kamera überprüft, ob es sich um die richtige Person handelt und somit ein Missbrauch ausgeschlossen werden kann (vgl. Walser 2018: 73).

GPS-Überwachung

Bei dieser Methode ist eine detailgenaue Überwachung des*r Inhaftierten möglich. Auch hierbei hat die betroffene Person während der gesamten Dauer der Anhaltung im eüH eine Fußfessel zu tragen. Die GPS-Fußfessel ermöglicht nicht nur die Kontrolle der An- und Abwesenheitszeiten in der Wohnung, sondern auch außerhalb der Unterkunft kann die Person permanent überwacht werden. Somit kann genauestens überprüft werden, wo sich der/die Straftäter*in gerade aufhält oder welche Wegstrecken er/sie zurückgelegt hat. Dabei kommt es nicht zu einem „laufenden Mitschauen“, sondern es wird im Nachhinein stichprobenartig kontrolliert. Dadurch ist eine uneingeschränkte Einsicht möglich (vgl. Nogratnig 2013: 216, vgl.

Ainedter 2016: 70, vgl. Walser 2018: 73). Darüber hinaus können Ausschlusszonen bestimmt werden, also vorgesehene Regionen (z.B. Kindergärten oder Schulen), in denen sich der/die Straftäter*in nicht aufhalten darf. Dies könnte beispielsweise bei einem Kontaktverbot dienlich sein. Zusätzlich können auch Einschlusszonen, sogenannte Bereiche, die der/die Verurteilte nicht verlassen darf bzw. in denen er/sie sich zu bestimmten Zeiten aufhalten muss, festgelegt werden. Dabei handelt es sich meistens um die Unterkunft als Einschlusszone, in der festgelegt wird, in welchem Radius sich die überwachte Person aufhalten darf. Kommt es zu einem Nichteinhalten der Ein- und Ausschlusszonen, wird ein Alarm in der Überwachungszentrale ausgelöst (vgl. ebd.). Diese Methode kommt nur in Einzelfällen vor, wie beispielsweise bei Personen, deren Beschäftigung nicht ort- oder zeitgebunden zu bewerkstelligen ist und demzufolge die Überwachung nicht anhand von Beschäftigungsorten und -zeiten festgelegt werden kann. Hinzu kommt, dass die Einbeziehung des*r Arbeitgeber*in in die Überwachung häufig nicht möglich ist. Zu dieser Personengruppe zählen unter anderem Landwirt*innen, Außendienstmitarbeiter*innen oder Lieferant*innen (vgl. Walser 2018: 75).

Ergänzend kann erwähnt werden, dass weder die Radio-Frequenz-Überwachung, noch die GPS-Überwachung eine neue Straftat verhindern können, da beispielsweise trotz der Echtzeitüberwachung bei der GPS-Technik nicht überprüft werden kann, was die/der

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Betroffene an dem Ort macht, wo er/sie sich gerade aufhält und welche Person(en) in seiner/ihrer Nähe sind (vgl. Nogratnig 2013: 216).

3.2 Gründe für die Einführung des eüHs

Als einer der wesentlichen Gründe für die Einführung des eüHs kann der stetig steigende Zuwachs der Haftinsass*innen in den Justizanstalten und die daraus resultierenden Kosten gesehen werden. Demnach können durch diese Vollzugsform sowohl Haftplätze als auch massive Haftkosten eingespart werden. Ein deutlicher Vorteil, der sich durch den eüH ergibt, ist die Tatsache, dass es dem*r Strafgefangenen ermöglicht wird, in seinem/ihrem gewohnten sozialen Umfeld zu bleiben und es somit zu einer Haftvermeidung oder -verkürzung kommt.

Folglich können Haftfolgen wie beispielsweise negative Auswirkungen auf Beziehungen, Zerstörung der Familienstruktur sowie Wohn-, Arbeitsplatz- und Einkommensverlust verhindert werden. Durch die Strukturierung des Tagesablaufes mithilfe einer sozialarbeiterischen Unterstützung, an die sich die überwachte Person halten muss, können im eüH unter anderem die Eigenverantwortlichkeit sowie die Selbstkontrolle gesteigert werden. Das zentrale Ziel ist die Gewährung der sozialen Integration sowie die Verhinderung von Stigmatisierung (vgl. Hochmayr 2012: 537, vgl. Mock 2014: 28f.).

3.3 Voraussetzungen für den eüH in Strafhaft

In diesem Unterkapitel werden die Voraussetzungen dargelegt, die benötigt werden, um eine Strafhaft im eüH zu verbüßen. Festzuhalten ist, dass alle Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit eine Verbüßung im eüH bewilligt werden kann. Wird eine Bedingung nicht erfüllt, ist sowohl die Durchführung in der Front-Door- als auch in der Back-Door-Variante vollkommen ausgeschlossen.

a) (Rest)Strafe darf zwölf Monate nicht überschreiten

Für die Gewährung des Strafvollzugs im eüH ist die erste Voraussetzung gemäß § 156c Abs 1 Z 1 StVG eine zeitlich begrenzte Freiheitsstrafe. Dies betrifft vorwiegend den unbedingten Teil einer Strafe, sprich eine Strafe, die sofort verbüßt werden muss. Ob es sich hierbei um eine gerichtliche, verwaltungs- bzw. finanzbehördliche oder eine Ersatzfreiheitsstrafe2 handelt, ist nicht von Relevanz (vgl. Nogratnig 2011: 74). Aufgrund der zeitlichen Freiheitsstrafe ist die Vollzugsform des eüHs für Personen mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe nicht vorgesehen.

Auch wenn eine bedingte Entlassung in Aussicht steht, gilt diese Regelung. Das Gleiche trifft auf Menschen im Maßnahmenvollzug zu (vgl. Walser 2018: 102). Unter Berücksichtigung der

2 Hierbei handelt es sich um eine Freiheitsstrafe, die vollzogen wird, wenn eine vom Gericht verhängte Geldstrafe

nicht geleistet wird (vgl. Walser 2018: 80).

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Gerichtspraxis obliegt es der Anstaltsleitung von einer Prognose der bedingten Entlassung auszugehen. Somit können FD-Anträge bei einer günstigen Entlassungsprognose bei einer Gesamtstrafe von bis zu 24 Monaten gestellt werden. Dies jedoch nur, wenn von einer bedingten Entlassung nach der Hälfte der Strafe gemäß § 46 Abs 1 StGB auszugehen ist (vgl.

ebd.).

Darüber hinaus darf das Gericht den § 266 Abs 1 StPO nicht zum Urteil aussprechen. Dies bedeutet, dass die Anhaltung im eüH über einen bestimmten Zeitraum nicht in Betracht kommt, da davon auszugehen ist, dass die verurteilte Person von weiteren Straftaten nicht abzuhalten wäre und somit die Form des eüHs nicht genügen würde.

Wie bereits zuvor erwähnt, soll der eüH ausgedehnt werden, sodass die zu verbüßende Strafzeit oder der noch zu verbüßende Strafrest 24 Monate nicht übersteigen darf. Dies steht jedoch seit der Einführung des eüHs 2010 in Diskussion, eine Umsetzung fand bisher nicht statt.

b) Geeignete Unterkunft in Österreich

Eine weitere Voraussetzung für den eüH stellt eine geeignete Unterkunft im Inland dar (vgl. § 156b Abs 1 Z 1 StVG). Diese muss den technischen Gegebenheiten entsprechen, sprich über einen guten Empfang verfügen, um eine Weitergabe der Signale gewährleisten zu können.

Die Wohnmöglichkeit kann beispielsweise von Dritten, wie Familie, Freund*innen, bekannten Personen oder wohltätigen (karitativen) Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden. Die betroffene Person muss weder Hauptmieter*in oder Eigentümer*in sein noch den Wohnsitz an besagter Adresse haben. Somit muss die Unterkunft während des eüHs nicht der sonstigen Wohnadresse der überwachten Person entsprechen (vgl. Drexler/Weger 2018: 354, vgl.

Walser 2018: 113). Zudem ist weder ein Zweitwohnsitz noch ein Pendeln an den Wochenenden gestattet. Darüber hinaus gilt die Unterkunft als geeignet, wenn sie zur Resozialisierung des*r Straftäter*in beiträgt und die betroffene Person diese Vollzugsform nicht missbrauchen wird (vgl. § 156c Abs 1 Z 4 StVG). Es bedarf außerdem einer gewissen Stabilität der Lebenssituation des*r Antragsteller*in, dies bedeutet, dass anhaltende heftige Konflikte mit der gemeinsam lebenden Person nicht zu erwarten sein dürfen. Dem*r Strafgefangenen steht es nicht zu, die Unterkunft zu verlassen, außer zur Ausführung seiner/ihrer Beschäftigung, zur Besorgung des notwendigen Lebensbedarfs, zur notwendigen medizinischen Hilfe oder aus anderen in den Bedingungen genannten Gründen (vgl. § 156c Abs 1 StVG).

c) Geeignete Beschäftigung in Österreich

Neben dem Wohnsitz ist die Beschäftigung im Inland für die Bewilligung des eüHs und somit für die soziale Integration ein wichtiger Faktor. Die Beschäftigung oder die Summe der

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Beschäftigungen gemäß § 156b Abs 2 StVG soll „tunlichst einer Normalarbeitszeit“ von 38,5h pro Woche entsprechen. Diese Anforderung betrifft alle Personen im eüH, auch im Falle einer Pensionierung. Zu den Beschäftigungen zählen unter anderem eine Erwerbstätigkeit, eine Ausbildung, die Kinderbetreuung, gemeinnützige Arbeit oder eine Tätigkeit, die vergleichbar ist mit einer Wiedereingliederung in die Gesellschaft (vgl. § 156b Abs 1 StVG). Der Umfang der Beschäftigungen muss nicht durch eine einzige Beschäftigung gegeben sein, sondern kann auch mehrere miteinschließen. Möglich ist, die geforderten Wochenstunden beispielsweise durch eine halbtägige Erwerbstätigkeit und eine halbtägige Kinderbetreuung zu erfüllen. Der Sinn und Zweck einer Beschäftigung ist die vorgegebene Tagesstruktur, die überwacht bzw. überprüft werden kann und keiner freien Zeiteinteilung entspricht (vgl.

Drexler/Weger 2018: 354, vgl. Walser 2018: 138f.). Darüber hinaus soll diese zur Resozialisierung des*r Strafgefangenen dienen. Ein weiterer, wichtiger Aspekt der Beschäftigung ist, dass damit der Lebensunterhalt bestritten und gewährleistet werden kann.

Außerdem muss die verurteilte Person selbst für die Kosten der Fußfessel aufkommen, da diese nicht vom Staat übernommen werden. Dies bedeutet, dass beispielsweise einer Ausbildung oder gemeinnützigen Arbeit nur dann nachgegangen werden kann, wenn der Lebensunterhalt gesichert und somit auch ein Versicherungsschutz vorhanden ist (vgl. ebd.).

d) Einkommen

Da, wie bereits zuvor erwähnt, der/die Verurteilte im eüH für sich selbst zu sorgen hat, sprich Einkäufe selbst tätigt, Miete bezahlt oder Unterhaltszahlungen nachkommen muss, ist ein ausreichendes und regelmäßiges Einkommen nach § 156c Abs 2 StVG verpflichtend. Der Lebensunterhalt muss nicht vorrangig über die Beschäftigung verdient werden, sondern kann auch von dritter Stelle wie beispielsweise Stipendien, Unterhaltszahlungen, Einkünfte aus Vermietungen, Versicherungen etc. zur Verfügung gestellt werden. Eine Mindesthöhe des Einkommens ist nicht vorgesehen, der/die Antragsteller*in muss mit diesem jedoch seinen/ihren Lebensunterhalt bestreiten. Zudem muss es sich um eine legale Einkommensquelle handeln (vgl. Drexler/Weger 2018: 360, vgl. Walser 2018: 170ff.).

e) Kranken- und Unfallversicherungsschutz

Für die gesamte Dauer des eüHs hat der/die Rechtsbrecher*in einen Kranken- und Unfallversicherungsschutz nachzuweisen. Dieser muss sich nicht über die Beschäftigung ergeben, auch eine Selbst- und/oder Mitversicherung ist ausreichend. Bei einer geringfügigen Beschäftigung ist zusätzlich eine private Versicherung abzuschließen, da hier nur der Unfall- und kein Krankenversicherungsschutz besteht. Ähnlich ist es beim Kinderbetreuungsgeld, denn Bezieher*innen sind hierbei nur kranken- und nicht unfallversichert. Für die Kosten der Privatversicherung muss die betroffene Person selbst aufkommen (vgl. ebd.).

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f) Einwilligung der im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen

Damit eine Haftstrafe in Form des eüHs vollzogen werden kann, müssen Personen, die im gemeinsamen Haushalt mit der überwachten Person leben, in die Durchführung des eüHs schriftlich und freiwillig einwilligen. Aufgrund der ständigen Überwachung und Kontrolle und der Tatsache, dass ein Zutritt zur Unterkunft jederzeit zu gewährleisten ist, ergeben sich nicht nur für die überwachte Person, sondern auch für alle in der Unterkunft lebenden Personen erhebliche Belastungen. Daher kann niemand dazu gezwungen werden, den Strafvollzug der betroffenen Person in der eigenen Wohnform zu erdulden (vgl. Walser 2018: 131). Erhöhte Sorgfalt ist bei der Prüfung der Einwilligung geboten, wenn das Opfer mit der verurteilten Person in einer Unterkunft lebt, speziell bei häuslicher Gewalt. Hierbei sollte zusätzlich zur schriftlichen Einwilligung ein persönliches Gespräch mit der zustimmenden Person erfolgen.

Geht der/die Anstaltsleiter*in davon aus, dass die Zustimmung nicht freiwillig oder unter Druck passiert ist, ist der eüH abzulehnen, da eine wichtige Voraussetzung, trotz schriftlicher Einwilligung, nicht erfüllt werden kann (vgl. § 156c Abs 1 Z 3 StVG, vgl. Walser 2018: 134ff.).

Minderjährige sowie psychisch oder physisch beeinträchtige Personen, die im gleichen Haushalt mit dem*r Antragsteller*in leben, müssen persönlich zustimmen, sofern eine Einsichts- und Urteilsfähigkeit vorhanden ist, denn diese wird vorausgesetzt. Fällt diese weg, soll ein*e gesetzlicher*e Vertreter*in der unmündigen Person, welche*r nicht gleichzeitig der/die Antragsteller*in und obsorgeberechtigt ist, unter Einbeziehung der Jugendwohlfahrt, einwilligungsbefugt sein. Hat das Kind das 14. Lebensjahr vollendet, kommt es nur noch auf dessen Einwilligung an. Schlussendlich obliegt dennoch die Entscheidung beim/bei der Anstaltsleiter*in, ob er/sie den eüH bewilligt, denn das Wohl der im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen ist in die Entscheidung miteinzubeziehen (vgl. ebd.).

g) Kostenbeitrag

In dieser Form der Strafhaft ist der/die Inhaftierte gemäß § 156b Abs 3 StVG dazu verpflichtet, für die Kosten der elektronischen Überwachung aufzukommen. Der Kostenbeitrag ergibt die Summe von maximal 22 Euro pro angefangenem Kalendertag im eüH. Kommt es zu einer Gefährdung der einfachen und notwendigen Lebensführung für den/die Strafgefangene*n sowie der zur unterhaltsverpflichtenden Person, entfällt der Kostenbeitrag. Bei dem zu bezahlenden Betrag handelt es sich um keine Fixsumme, sondern orientiert sich ausschließlich auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der betroffenen Person. Dies bedeutet, dass beispielweise das Vermögen des*r Ehepartner*in oder des*r Lebensgefährt*in nicht für eine Bemessung herangezogen wird. Bis zum Fünften des Folgemonats ist jeweils der Kostenbeitrag zu leisten (vgl. Nogratnig 2011: 83, vgl. Mock 2014: 63f., vgl. Drexler/Weger 2018: 354f., vgl. Walser 2018: 36f.)

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h) Günstige Prognose, dass diese Vollzugsform nicht missbraucht wird

Der eüH ist nur dann zu gewähren, wenn gemäß § 156c Abs 1 Z 4 StVG anzunehmen ist, dass diese Vollzugsform durch den/die Straftäter*in nicht missbraucht wird. Zur Prüfung herangezogen werden die Wohnverhältnisse, das soziale Netzwerk sowie andere Risikofaktoren. Zu diesen zählen beispielsweise die Gefährlichkeit der antragstellenden Person, die Art und der Beweggrund der Straftat, bisherige Verurteilungen sowie der bisherige Lebenswandel seit der Anlasstat. Ein weiterer Prüfgegenstand ist die Wahrscheinlichkeit der Einhaltung der auferlegten Bedingungen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass dem*r Inhaftierten im eüH ein gewisses Vertrauen gegenübergebracht wird, da keine permanente Überwachung, wie beispielweise in einer JA, stattfindet und somit eine erneute Straftat nicht verhindert werden kann. Dieser Vertrauensvorschuss kann dem*r Strafgefangenen nur dann ausgestellt werden, wenn eine Paktfähigkeit und ein hohes Maß an Compliance vorhanden ist (vgl. Nogratnig 2013: 216, vgl. Walser 2018: 176ff.). Sollte anhand einer negativen Risikoprognose der eüH abgelehnt werden, muss dieser auf konkrete Anhaltspunkte gestützt sein. Wodurch die einschlägige Vorgeschichte sowie Vorurteile, aufgrund der Erfahrungen mit anderen inhaftierten Personen von ähnlichem Typus, nicht als Missbrauchsgrundlage herangezogen werden dürfen und somit unzulässig sind. Des Weiteren ist die fehlende Delikteinsicht und die damit einhergehende Verantwortungsübernahme der Tat nicht ausreichend, um einen Missbrauch des eüHs zu befürchten, dies kann jedoch bei der Beurteilungsentscheidung miteinbezogen werden. Folge dessen hat der/die Anstaltsleiter*in sich sorgfältig mit dem*r Täter*in auseinanderzusetzen, um eine geeignete Risikoprognose stellen zu können (vgl. Walser 2018: 184).

I. Sonderregelung bei Sexual- und Gewaltstraftaten

Seit 1. Januar 2013 wurde eine neue Regelung für Sexualstraftäter*innen nach §§ 201 bis 207b StGB (§205a StGB ist ausgenommen), die den eüH in Betracht ziehen, eingeführt. Somit sind FD-Anträge für diese Täter*innengruppe ausgeschlossen. Die BD-Variante kann nur bewilligt werden, wenn zumindest die Hälfte der Freiheitsstrafe (in jedem Fall mindestens drei Monate) in der JA verbüßt worden ist. Diese Regelung gilt sowohl für Jugendliche als auch für junge Erwachsene. Zudem kommt der eüH bei bestimmten Sexualstraftäter*innen gemäß §§

201 bis 207b StGB sowie bei sexuell motivierten Gewalttäter*innen gemäß § 52a Abs 1 StGB nur bei einer besonders günstigen Risikoprognose in Frage. Aufgrund dessen werden nur Täter*innengruppen in Betracht gezogen, bei denen besondere Gründe vorliegen und daher anzunehmen ist, dass diese Vollzugsform nicht missbraucht wird. Hierzu zählen u.a. die reumütige Einsicht des Delikts, die Schadenswiedergutmachung sowie die Bereitschaft und freiwillige Aufnahme einer Therapie. Da hierbei eine ausgesprochen hohe Sicherheit verlangt wird, ist für die Erstellung der Risikoprognose, also bei der Prüfung von Risikofaktoren sowie der Gefahr des Missbrauchs, eine Äußerung der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für

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Gewalt- und Sexualstraftäter*innen (BEST) von Nöten. Darüber hinaus kann eine GPS- Überwachung, aufgrund der hohen Intensität dieser Überwachungsform, erfolgen (vgl. Mock 2014: 64, vgl. Ainedter 2016: 67f., vgl. Walser 2018: 186). Kommt es zu einer Antragsstellung des eüHs durch den/die Täter*in, müssen Opfer verständig werden, um so die Chance zu haben, von dem Recht Gebrauch zu machen, eine Äußerung abzugeben, bevor die überwachte Person anhand der positiven Bewilligung erstmals die Unterkunft unbewacht verlässt. Möchte das Opfer von ihrem Recht Gebrauch machen, hat es den Anspruch und die Möglichkeit auf juristische sowie psychosoziale Prozessbegleitung (vgl. § 66 Abs 2 StPO).

3.4 Voraussetzungen für den eüH in Untersuchungshaft

In Ausnahmefällen besteht die Möglichkeit, Untersuchungsgefangene im eüH anzuhalten.

Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Alternative, sondern um eine besondere Form der Untersuchungshaft.

Folgende Voraussetzungen müssen vorliegen, damit eine Untersuchungshaft im Rahmen des eüHs fortgesetzt werden kann (vgl. § 173a Abs 1, 2 StPO, vgl. Nogratnig 2011: 83):

• Der/die Beschuldigte muss über eine Wohnmöglichkeit im Inland verfügen, die für den Vollzug des Hausarrests geeignet ist. Zudem darf die betroffene Person die Unterkunft nur zur Erreichung des Arbeits- oder Ausbildungsplatzes, zur Besorgung des notwendigen Lebensbedarfs sowie zur Inanspruchnahme notwendiger medizinischer Hilfe verlassen

• Keine Anwendung gelinderer Mittel3

• Eine Zustimmung des*r Beschuldigten, sich elektronisch überwachen zu lassen

• Anordnung einer Bewährungshilfe sowie

• ein Gelöbnis des*r Beschuldigten zur Einhaltung der auferlegten Bedingungen (vgl.

ebd.).

Darüber hinaus ist zu erwähnen, dass die betroffene Person keinen Nachweis über eine Beschäftigung vorbringen und somit den Kostenersatz von maximal 22 Euro pro Tag nicht leisten muss. Zudem ist, anders als beim eüH in Strafhaft, eine Zustimmung der gemeinsam im Haushalt lebenden Personen nicht relevant, da vollzugsrechtlich privaten Personen kein Mitspracherecht und somit keine Entscheidungsmacht zugeschrieben wird (vgl. Hochmayr 2012: 542).

3 Der/die Beschuldigte gelobt u.a., bis zur Beendigung des Verfahrens, nicht zu fliehen, sich nicht ohne Genehmigung von seinem/ihren Aufenthaltsort zu entfernen, die Ermittlungen nicht zu erschweren, Kontakt zum Opfer zu unterlassen etc. (vgl. Bundesregierung 2020)

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Eine wesentliche Voraussetzung für die Bewilligung des eüHs in Form der Untersuchungshaft ist, dass der/die Beschuldigte ausreichend sozial integriert und nicht anzunehmen ist, dass diese Vollzugsform missbraucht wird. Der Zweck der Untersuchungshaft ist das Entgegenwirken der Haftgründe wie beispielsweise Flucht- und Verdunkelungsgefahr sowie Tatbegehungsgefahr. Dies kann im eüH nicht sichergestellt werden. Demnach kann eine Flucht der betroffenen Person nicht verhindert werden, da es hierbei kein mechanisches Hindernis zu überwinden gilt, anders als in einer JA. Auch die Verdunkelungsgefahr lässt sich durch den eüH nicht vermeiden, da eine Kommunikation zu Dritten (z.B. Zeug*innen beeinflussen) nach wie vor möglich ist sowie Beweismittel zerstört werden können. Aufgrund dessen ist eine Untersuchungshaft im eüH nur in Einzelfällen als wirksam anzusehen (vgl.

Nogratnig 2011: 83).

3.5 Der Widerruf des eüHs

Sobald eine der notwendigen Voraussetzungen für den eüH, wie beispielsweise die Wohnungssituation oder die Beschäftigung nicht mehr gewährleistet werden kann, ist der eüH zu widerrufen. Es geht nicht um das Verschulden der betroffenen Personen, sondern lediglich um die Tatsache, dass ein Bewilligungskriterium wegfällt. Der/die Strafgefangene hat jedoch nach Absprache und mit Unterstützung des Vereins NEUSTART die Möglichkeit, innerhalb einer vorgegebenen Frist (zwei Wochen), den Zustand wiederherzustellen. Wird dieses Ziel nicht erreicht, wird der eüH sofort widerrufen und der/die Strafgefangene in den allgemeinen Vollzug überstellt. Die Widerrufsentscheidung obliegt dem*r Anstaltsleiter*in jener JA, die den eüH vollzieht (vgl. Mock 2014: 56ff., vgl. Walser 2018: 35f.). Hinzu kommt, dass der/die Verurteilte sich mit den auferlegten Bedingungen des eüHs einverstanden erklärt und diesen Folge zu leisten hat. Dabei handelt es sich u.a. um telefonische Erreichbarkeit, die Zustimmung über Harn- und Atemluftkontrollen, Verzicht auf Alkohol bei strikt auferlegtem Alkoholverbot, der Zutritt zur Unterkunft durch Justizwachbeamt*innen und Betreuungspersonal muss jederzeit gewährleistet werden sowie die Zahlung des Kostenbeitrags darf nicht länger als einen Monat in Verzug geraten. Werden diese Anforderungen nicht eingehalten und trotz Mahnung nicht beachtet, ergibt sich dadurch ebenfalls ein Widerrufsgrund (vgl. ebd., vgl. Drexler/Weger 2018: 360f.).

Aus dem Grund, dass diese Vollzugsform mit massiven Einschränkungen und Belastungen für die strafgefangene Person einhergeht, hat diese ebenso das Recht, den eüH vorzeitig zu beenden. Dies hat, wie bei allen anderen Widerrufsgründen, die Weiterverbüßung der restlichen Strafe in der JA zur Folge. Darüber hinaus ist der eüH sofort zu widerrufen, wenn gemäß § 156c Abs 2 Z 5 StVG, der dringende Verdacht einer erneut begangenen strafbaren Handlung besteht. Hierbei spielt es keine Rolle, ob sich der neu hervorgekommene Verdacht

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auf eine während oder zu Beginn des eüHs begangene Straftat richtet (vgl. Mock 2014: 58, vgl. Walser 2018: 36).

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass der eüH mit zahlreichen Voraussetzungen und Vorgaben einhergeht, welche erfüllt und eingehalten werden müssen, um diesen erfolgreich zu bewältigen. Im nächsten Kapitel werden nun die Motive und Vorteile, die diese Vollzugsform für die Klient*innen mit sich bringt, näher erläutert und aufgezeigt.

3.6 eüH - Motive und Vorteile

In einer durchgeführten Studie von Walter Hammerschick aus dem Jahre 2019 (n=20) wurden eüH-Klient*innen, welche sich bereits am Ende des eüHs befanden oder diesen schon beendet haben, zu den Motiven und Beweggründen dieser Vollzugsform befragt. Als eines der wesentlichsten und bedeutendsten Motive für eine Anhaltung im eüH kann die Vermeidung oder Verkürzung des (weiteren) Strafvollzugs in einer JA genannt werden. Primär geht es hierbei sowohl um die Vermeidung oder Verkürzung dieser belastenden Situation hinter Gittern als auch um die möglichen Folgen, die sich durch einen Haftaufenthalt ergeben (vgl.

Hammerschick 2019a: 6). Gerade bei Haftentlassenen zeigen sich eine Vielzahl an Multiproblemlagen in Form von Ausgrenzungsprozessen durch die Inhaftierung:

Schwierigkeiten und Benachteiligungen hinsichtlich der Bereiche Arbeit, Wohnen, Ausbildung, Schulden etc. Hinzu kommt, dass aufgrund des Freiheitsentzugs soziale und familiäre Beziehungskonstellationen benachteiligt bzw. zerstört werden können sowie die psychische Gesundheit aufgrund dieser Erfahrung massiv in Mitleidenschaft gezogen werden kann (z.B.

Posttraumatische Belastungsstörungen). Somit ist der eüH, der die gesellschaftliche Desintegration vermindert bzw. zum Teil verhindert, für viele durchaus attraktiv (vgl.

Kawamura-Reindl/Schneider 2015: 84f.).

Ein weiterer Motivator sowie ein Vorteil, der sich für die Klient*innen durch die Anhaltung im eüH ergibt, ist das Zusammensein mit der Familie. Durch die Verhinderung oder Verkürzung der Inhaftierung in einer JA ist es den verurteilten Personen möglich, weiterhin ihre Familienstruktur aufrechtzuerhalten und somit weiterhin sowohl für den Unterhalt zu sorgen als auch Zeit mit dem*r Partner*in und dem*n Kind(ern) zu verbringen. Zudem können Sozialkontakte zu Freund*innen, Bekannten oder Arbeitskolleg*innen weiterhin aufrechterhalten werden. Somit können Angehörige bzw. das soziale Umfeld als starke Ressource betrachtet werden, die sowohl zur Resozialisierung als auch zur Reintegration beitragen können (vgl. Fischer 2016: 49). Darüber hinaus ist auch der berufliche und wirtschaftliche Faktor zu nennen, der durch die Anhaltung im eüH nicht gefährdet oder gar zerstört wird. Demzufolge ist es dem*r Strafgefangenen möglich, weiterhin seiner/ihrer

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Beschäftigung nachzugehen und somit über ein regelmäßiges Einkommen zu verfügen (vgl.

Mock 2015: 235, vgl. Fischer 2016: 49f., vgl. Hammerschick 2019a: 7).

Ein weiterer, wichtiger Aspekt, der zu erwähnen ist, ist die Tatsache, dass potentielle BD- Klient*innen den eüH ablehnen, wenn sie sich im gelockerten Vollzug, vor allem im Freigang befinden. Dies bedeutet, dass sie die Wochenenden (von Freitag bis Sonntag) regelmäßig außerhalb der Justizanstalt, sprich zuhause verbringen dürfen (vgl. Hammerschick 2019a: 10).

Dies geht auch deutlich aus der Studie von Josef Mock im Jahre 2014 hervor. Somit erscheint es für die Betroffenen deutlich ansprechender zu sein, regelmäßig unkontrollierte bzw.

unbewachte Ausgänge zu haben, als sich den strikten und strengen Vorgaben im eüH hinzugeben, wo teilweise kaum Ausgänge genehmigt werden und wenn, sich diese auf zwölf Stunden beschränken (vgl. Mock 2014: 89ff.)

Hinzu kommt, dass der eüH ein gewisses Maß an Flexibilität mit sich bringt und dies als durchaus positiv für die überwachten Personen angesehen werden kann. Anhand des Aufsichtsprofils werden mit dem*r Klient*in und dem*r zuständigen Sozialarbeiter*in individuell die Zeiten vereinbart, wann und wo sich die überwachte Person aufzuhalten hat. Dies richtet sich u.a. nach den Arbeits- oder Ausbildungszeiten, Wegzeiten oder den Zeiten zur Beschaffung des Lebensbedarfs. Wichtig ist hierbei jedoch, dass die Flexibilität nur in dem Ausmaß akzeptabel ist, solange noch von einer Einschränkung der Lebensführung ausgegangen werden kann, ansonsten wird der Zweck dieser Vollzugsform nicht erfüllt (vgl.

Hammerschmid 2014: 54, vgl. Walser 2018: 68ff.). Auch in der Studie von Martina Fischer (2016: 98) wird deutlich, dass der eüH maßgeblich zur Inklusion der betroffenen Personen beiträgt hinsichtlich einer Haftvermeidung oder -verkürzung, der Bewahrung der Arbeitsstelle, der Vermeidung der Zerstörung der Familienstrukturen, Verhinderung von Obdachlosigkeit sowie Vermeidung von negativen Folgen in Bezug auf die Angehörigen (vgl. ebd.: 99). Nach Hammerschick (2019a: 20ff.) profitieren vor allem Menschen mit guten sozialen Rahmenbedingungen, bestehender sozialer Integration und guten Lebensbedingungen vom eüH. Bei ihnen kann der eüH Abstiegsprozesse und soziale Exklusion verhindern. Aber auch bei Menschen mit weniger Ressourcen oder sogar kritischen Lebensbedingungen sind positive Entwicklungen und Veränderungen nicht ausgeschlossen (vgl. ebd.).

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der eüH durchaus viele Vorteile und positive Aspekte für die Betroffenen und deren Lebensumfeld mit sich bringt. Jedoch dürfen die Belastungen und Herausforderungen, welche mit dieser Vollzugsform einhergehen, nicht außer Acht gelassen werden. Durch die strengen Vorgaben und Regeln, das ständige Gefühl der Beobachtung bzw. der tatsächlichen Überwachung sowie der Faktor, nur noch in begrenzter Form Teil der Gesellschaft zu sein, kann bei den Strafgefangenen vermehrt zu psychischen Belastungen und Konflikten im Bezugssystem führen. Daher werden im

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anschließenden Kapitel die Schwierigkeiten und Nachteile, mit denen eüH-Klient*innen konfrontiert sind, näher erläutert.

3.7 Belastungen und Herausforderungen im eüH

Trotz der zuvor genannten Motive und Vorteile des eüHs gegenüber einer Inhaftierung in einer JA, sind die auferlegten strengen Bedingungen und die einhergehenden möglichen Belastungen für Personen im eüH nicht zu vernachlässigen. Beim eüH handelt es sich schließlich um einen Freiheitsentzug, der viel Disziplin und ein gewisses Maß an Eigenverantwortung und Selbstständigkeit fordert (vgl. Hammerschick 2019a: 7).

Aus der Fallstudie (n=20) von Hammerschick (2019a: 7f.) geht hervor, dass der eüH mit seinen lebenseinschränkenden Maßnahmen und den damit verbundenen Belastungen von den Straftäter*innen sehr unterschiedlich wahrgenommen wird. Die Bewertungen reichten von eher gering bis hin zu enormem Stress. Jedoch wurde der eüH im Allgemeinen als eher positiv beschrieben im Gegensatz zum geschlossenen Vollzug. Es ist jedoch zu erwähnen, dass vor allem BD-Klient*innen, also Personen mit Hafterfahrung, in schwierigen und belastenden Situationen regelmäßig daran denken, den eüH abzubrechen und die restliche Strafe im Anstaltsvollzug zu verbüßen (vgl. ebd.). Dies liegt u.a. daran, dass das enge Zeitkorsett als sehr belastend beschrieben wird. Im Aufsichtsprofil ist genau vorgegeben, wann und für wie lange sich die überwachte Person wo aufzuhalten hat. Auch wenn die zuvor genannte Flexibilität als Vorteil dieser Vollzugsform gesehen werden kann, sind die streng kalkulierten und vorgegebenen Zeiten durchaus mit Stress verbunden. Denn kommt es zu Abweichungen, beispielsweise aufgrund von Überstunden, muss dies sofort der Überwachungszentrale gemeldet werden. Somit besteht bei Abweichungen jeglicher Art, eine Mitteilungs- und Meldepflicht (vgl. ebd.: 10).

Einige Klient*innen klagen darüber, dass sie unter der Woche wenig oder kaum Zeit für Aktivitäten außerhalb des Hausarrests zur Verfügung bekommen und zugleich aber die Langeweile im Hausarrest, vor allem am Wochenende, als belastend empfinden. Demzufolge ist es von besonderer Wichtigkeit, dass Menschen im eüH einer Beschäftigung nachgehen, um nicht zu viel Zeit im Hausarrest zu verbringen. Da die wenigsten eüH-Klient*innen am Wochenende arbeiten, ist es ihnen nicht möglich nach draußen zu gehen (außer ein Ausgang wurde bewilligt), wann immer sie möchten, um sich so beispielweise mit Freund*innen zum Schwimmen zu treffen oder einen Ausflug mit den Kindern zu unternehmen. Somit wird ihnen deutlich das „normale“ Leben vor Augen geführt, mit dem Wissen, den eigenen Bedürfnissen nicht nachgehen zu können. Folglich ergeben sich dadurch immer wieder familiäre oder partnerschaftliche Konflikte, bei denen die Möglichkeit des Ausweichens, sprich das Verlassen der Unterkunft, nicht gegeben ist (vgl. Hammerschick 2019a: 8).

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Als weiterer Belastungsfaktor wird die Dauer des eüHs beschrieben. In der Studie von Martine Herzog-Evans (2012: 30) wird deutlich, dass Straftäter*innen im eüH vermehrt von einer Krise nach den ersten sechs Monaten berichten (vgl. ebd.). Dies ist jedoch unterschiedlich wahrnehmbar und hängt von vielen Faktoren ab, wie beispielsweise der Persönlichkeit, der Unterkunft sowie der Gestaltung des eüHs, vor allem das Zeitkorsett und die Möglichkeiten, den eüH zu verlassen. Vor allem Praktiker*innen beschreiben die Eingewöhnungsphase für die Klient*innen als herausfordernd, da diese noch nicht wissen, wie alles abläuft und es somit einer gewissen Zeit bedarf, sich an die neuen Strukturen und Gegebenheiten zu gewöhnen (vgl. Hammerschick 2019a: 10). Daher ist nicht nur die engmaschige sozialarbeiterische Unterstützung und Betreuung besonders in der Anfangszeit wichtig, sondern auch ausreichend Vollzugslockerungen vorhanden sind, damit die Beschränkungen im eüH längerfristig erträglicher sind (vgl. Hofinger 2018: 29).

Zusätzliche Belastungen für die Betroffenen, die noch genannt werden können, sind unter anderem das permanente Tragen der Fußfessel, welche dauerhaft an die Kontrolle und Überwachung erinnert, die Angst, die damit einhergeht, dass der/die Arbeitgeber*in oder andere Personen von dem eüH erfahren und sie somit einer Stigmatisierung ausgesetzt sind, gefolgt von der psychischen Belastung, die mit der Möglichkeit einhergeht, jederzeit die Unterkunft unerlaubt verlassen zu können, da es kein offensichtliches Hindernis zu überwinden gilt (z.B. Gefängnismauern) (vgl. Albrecht 2002: 102, vgl. Hammerschmid 2014:

55).

Wie im Titel der Masterarbeit erkennbar, kann diese Vollzugsform als „fragile Freiheit“

bezeichnet werden. Dies bedeutet, dass die überwachten Personen einerseits in gewissem Maße in „Freiheit“ leben, da sie ihren Job weiterhin ausüben können, aus dem sozialen Kontext nicht herausgerissen werden und sich in ihrer bekannten Umgebung aufhalten.

Andererseits ist diese Freiheit fragil, sprich zerbrechlich, denn kommt es zu Fehlverhalten beispielsweise aufgrund einer Nichteinhaltung der Vorgaben oder aufgrund eines missbräuchlichen Gebrauchs von Alkohol oder illegalen Substanzen, kann diese bisherige

„Freiheit“ sprichwörtlich zerbrechen und der/die eüH-Klient*in muss mit sofortiger Wirkung zurück in die Haftanstalt. Somit wird deutlich, dass es sich hierbei nicht um eine Haftform für Privilegierte handelt, die ihre Strafe zuhause in einer „gemütlichen Atmosphäre“ verbüßen, wie es häufig in den Medien dargestellt wird, sondern dass die Situation im eüH durchaus mit multikomplexen Belastungen und Problemlagen einhergeht (vgl. Hammerschick et al. 2012:

16f.). Insgesamt zeigt sich für die Betroffenen jedoch ein positiver Effekt dieser Vollzugsform, u.a. dadurch, dass das soziale Umfeld aufrechterhalten bleibt und dass es für Personen, welche vorher Schwierigkeiten aufwiesen, sich an Regeln und Vorgaben zu halten, hilfreich sein kann, durch den eüH ein strukturiertes und verantwortungsbewusstes Leben zu führen.

(29)

3.8 Erfolgsfaktoren

Im Mittelpunkt dieses Kapitels stehen die Faktoren, welche dazu beitragen können, dass der eüH erfolgreich bewältigt bzw. beendet werden kann. Diese Faktoren sind bereits in ein paar wenigen Studien erforscht.

Als wichtigster Faktor für das erfolgreiche Bewältigen dieser Vollzugsform kann das soziale Netzwerk der betroffenen Person genannt werden. Wie bereits in Kapitel 3.7 erläutert, geht der eüH mit vielen Belastungs- und Stressfaktoren für die Betroffenen einher. Daher ist soziale Unterstützung von großer Bedeutung, um die Ambivalenz im gewohnten Umfeld zu leben, gleichzeitig aber in den eigenen vier Wänden gefangen zu sein, auszuhalten. Soziale Unterstützung kann sowohl von Menschen aus dem privaten Umfeld, hierzu zählen beispielsweise Familienangehörige, Freund*innen, Bekannte sowie Arbeitskolleg*innen, als auch von professionellen Helfer*innen geleistet werden (vgl. Pauls 2013: 80). Vor allem die sozialarbeiterische Betreuung durch die Mitarbeiter*innen von NEUSTART ist hervorzuheben, die als wesentlicher Faktor zur Bewältigung des eüHs genannt werden kann. Trotz der Tatsache, dass nicht alle Klient*innen den gleichen Bedarf an Unterstützung haben, stellt die Gesprächsmöglichkeit bei den regelmäßigen Treffen eine Gelegenheit dar, über Belastungen, Frust und/oder Konflikte zu sprechen. Die persönlichen Kontakte dienen sowohl der Unterstützung als auch der Kontrolle (vgl. Hammerschick 2019a: 17). Frank Nestmann und Kathy Weinhold (2012: 54) machen deutlich, dass soziale Unterstützung einerseits zur Sicherung von Gesundheit und Wohlbefinden und andererseits zur Förderung von Lebensführung und Lebensbewältigung in allen Lebenslagen dient. Zudem sind die beiden Autoren der Ansicht, dass es sich hierbei um eine Voraussetzung für ein Überwinden von Unsicherheit, Krisen und Störungen handelt. Soziale Unterstützung kann dazu in der Lage sein, negative Auswirkungen von Belastungs- und Stresssituationen abzufedern (vgl. ebd.:

58). Ob ein Mensch eine Situation als belastend und herausfordernd einschätzt und dadurch in weiterer Folge eine Stressreaktion ausgelöst wird, ist von individuellen und umweltbezogenen Ressourcen abhängig. Wenn diese vorhandenen Ressourcen als nicht ausreichend erlebt werden, kommt es zum Auslösen der Stressreaktion und entlastende Copingstrategien (Bewältigungsstrategien) werden benötigt. Daraus ergibt sich, je mehr Copingstrategien einer Person zur Verfügung stehen, desto handlungsfähiger ist er/sie und die Gesundheit und das Wohlbefinden sind weniger gefährdet (vgl. Stimmer/Ansen 2016: 69).

Ein weiterer Faktor, der zur Bewältigung des eüHs beitragen kann, ist die Persönlichkeitsstruktur der überwachten Person. Bekannt ist, dass sich im eüH tendenziell eher besser integrierte und weniger rückfallgefährdete Personen befinden. Dies ist darauf zurückzuführen, dass diese Vollzugsform sowohl mit strikten Vorgaben einhergeht als auch eine strukturierte Lebensführung (z.B. fixer Job, Wohnmöglichkeit, Verlässlichkeit) von den

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