DEUTSCHES
ÄRZTEBLATT
FÜR SIE REFERIERT
Polycythaemia vera
Die Polycythämia vera gehört zu den myeloproliferativen Syndromen.
86 Patienten (46 Frauen, 40 Männer;
mittleres Alter zum Diagnosezeit- punkt: 59 Jahre) mit dieser Diagnose wurden zwischen 1966 und 1987 in bezug auf klinische Symptomatik, Verlauf und Überlebenszeit analy- siert.
Schwindel und Kopfweh (49 Prozent), akrale Schmerzen (42 Pro- zent) und Pruritus (16 Prozent) wur- den als häufigste initiale Krankheits- symptome angegeben. Klinisch fan- den sich in der Hälfte der Fälle eine Plethora, bei 56 Prozent Zeichen ei- ner gestörten arteriellen oder venö- sen Zirkulation, bei 37 Prozent hy- pertone Blutdruckwerte und bei 30 Prozent eine Splenomegalie. Bei zwei Dritteln der Patienten wurden während des Krankheitsverlaufes thromboembolische Ereignisse gese- hen, jedoch nur zwölf Prozent zereb- rale Durchblutungsstörungen. Bei 40 Prozent der Patienten wurden — meist gastrointestinale — Blutungen diagnostiziert.
48 Prozent der Patienten sind im Mittel nach zehn Jahren verstorben.
238 Patienten waren zwischen 1977 und 1985 wegen eines Bronchi- alkarzinoms thorakotomiert worden.
Bei 108 Patienten wurde ein lokal beschränktes Stadium gefunden (nach dem „Internationalen Staging- System" ISS); davon waren 66 im Stadium I (T iNo und T2N0) und 42 im Stadium II (TiN i und T2N1). Das männliche Geschlecht überwog mit 82 Prozent. Bei insgesamt verhältnis- mäßig geringer Operationsmortalität (5,5 Prozent) konnten alle Patienten potentiell kurativ reseziert werden:
97mal durch Teilresektion, darunter 84mal durch Lobektomie. Die abso- lute Fünfjahresüberlebensrate er- reichte bei allen 108 Patienten 50 Prozent, bei den 66 Kranken im Sta- dium I 59 Prozent und bei den 42 Pa- tienten im Stadium II 39 Prozent.
Für 15 bronchioloalveoläre Karzino- me betrug sie 70 Prozent, für 56 Pfla-
Häufigste Todesursache war die aku- te myeloische Leukämie (46 Pro- zent), die innerhalb von ein bis sechs Monaten nach Diagnosestellung zum Tode führte. 32 Prozent starben an thromboembolischen Komplikatio- nen, sieben Prozent an Blutungen.
In früheren Jahren wurden die Patienten mit einer Polycythaemia vera häufig mit 32P behandelt. Diese mit Radiophosphor behandelten Kranken zeigten später signifikant häufigere Karzinomentwicklungen.
Heute scheint eine konsequente Aderlaßtherapie mit seltener, mög- lichst restriktiver Chemotherapie und zusätzlicher niedrigdosierter ASS-Therapie die bessere Alternati- ve zu sein, zumal die Inzidenz der akuten Leukämie bei rein phleboto- mierten Patienten nur bei ein bis zwei Prozent liegt gegenüber zehn bis 19 Prozent bei Patienten, die mit Radiophosphor oder alkylierenden Zytostatika behandelt wurden. mle
Egli, F., A. Wieczorek, M. Niemöller, K.
Rhyner: Polycythaemia vera: Klinik und Verlauf bei 86 Patienten, Schweiz. med.
Wschr. 1988; 118; 1969-1975
Dr. F. Egli, Hämatologie, Medizinische Poliklinik, Universitätspital, CH-8091 Zü- rich
sterzellkarzinome 49 Prozent und für 20 Adenokarzinome 54 Prozent.
Zweifellos beeinträchtigt der Nach- weis von N 1-Lymphknotenmetasta- sen die Aussichten.
Somit sind die Langzeitresultate im Stadium I und II ermutigend. Es ist denkbar, daß durch eine adjuvan- te Chemotherapie — vor allem bei Nachweis von N1-Lymphknotenme- tastasen — noch weitere Verbesse- rungen möglich sind Eine Radiothe- rapie führt in kurativer Dosierung zu einer Fibrose der Restlunge: der Vorteil der organsparenden Lobek- tomie würde wieder eingebüßt. mle
Schamaun, M.; J. Angermeier: Resultate der Resektionsbehandlung des lokal be- schränkten Bronchuskarzinoms (Stadium I und II). Schweiz. med. Wschr. 1988, 118:
1406-1411.
Prof. Dr. M. Schamaun, Abteilung für Thorax- und Gefäßchirurgie, Stadtspital Triemli, Birmensdorferstr. 497, CH-8063 Zürich.
Letalität des akuten Myokardinfarkts
Aufgrund einer kritischen Ana- lyse von Krankheitsverläufen bei Pa- tienten, die auf einer Intensivstation an einem Myokardinfarkt verstarben (77 von 709 Patienten), wurde ver- sucht, mögliche Ansatzpunkte für ei- ne effektive Letalitätssenkung bei akutem Herzinfarkt zu finden.
Seit der Einführung von Inten- sivstationen ist es bei Patienten mit akutem Myokardinfarkt durch Be- handlung und Verhütung von höher- gradigen Rhythmusstörungen, schwerer Herzinsuffizienz und kardi- ogenem Schock gelungen, die Letali- tät drastisch zu senken. Die Frühle- talität betrug bei dem beschriebenen Krankengut 10,9 Prozent. Davon verstarben acht Prozent an Arrhyth- mien, 19 Prozent an einer Kammer- ruptur und 73 Prozent an einem kar- diogenen Schock. Die Letalität bei weiblichen Infarktpatienten lag hö- her als bei männlichen. Aus der Ana- mnese ergab sich, daß Frauen häufi- ger an Diabetes mellitus und Hyper- tonie leiden.
Bei zwei Dritteln der verstorbe- nen Patienten bestanden schon vor dem Infarkt symptomatische Zei- chen einer KHK, bei elf Prozent handelte es sich um einen Re-Infakt.
30 von 77 Patienten litten bereits vorher an einer Herzinsuffizienz, ei- ner diabetischen Stoffwechsellage (20/72) oder einem Hypertonus (21/72).
Trotz nahezu voll ausgeschöpf- ter Therapiemöglichkeiten ist eine weitere, effektive Letalitätssenkung nicht zu erwarten. Hier bieten sich Interventionen vor dem etablierten Infarktgeschehen durch Maßnah- men der primären Prävention an:
konsequente Erfassung, Instruktion und Behandlung von besonderen Ri- sikogruppen (bekannte KHK, insta- bile Angina pectoris) sowie eine we- sentliche Verkürzung der Vorhospi- talisierungsphase. mle
Eichhorn P., A. Vuilliomenet, P. Levis, 0.
Bertel: Die Letalität auf der Intensivbe- handlungsstation bei 709 Patienten mit akutem Myokardinfarkt. Schweiz. med.
Wschr. 1988, 118: 1398-1402.
PD Dr. med. 0. Bertel, Medizinische Kli- nik, Stadtspital Triemli, CH-8063 Zürich.
Resektion des lokal beschränkten Bronchuskarzinoms
A-1462 (70) Dt. Ärztebl. 87, Heft 18, 3. Mai 1990