gen und auf krankhafte Befunde aufbaut, stimmt einfach nicht mehr, kommt für viele koronare Herzkran- ke oft zu spät.
Bei einem Drittel bis zur Hälfte aller Menschen, die an einem plötz- lichen Herztod sterben, war der Herztod die erste und die letzte Ma- nifestation der „stummen" Isch- ämie. Frühere oder atypische Erst- zeichen wurden nicht erkannt.
Wenn Autoren von einem de- fekten Warn- oder Alarmsystem sprechen, so ist das wohl zu einseitig somatisch gesehen, auch wenn die Endorphinproduktion sicher eine wichtige Rolle zu haben scheint. Ge- rade hier sollte die gesamte sozio- psychosomatische Dimension be- rücksichtigt werden. Zweifellos ist die Art, wie die jeweilige Persön- lichkeit mit sich in ihrem Leben um- geht, ein wichtiger Faktor. Das Typ- A-Verhalten ist nur ein Stichwort und „gelobt sei, was hart macht" ist ein anderes.
Thure von Uexküll fordert zu Recht eine Neubewertung der Risi- kofaktoren. Jeder einzelne Risiko-
faktor im somatischen oder psychi- schen Bereich sei allein für sich ge- nommen weniger bedeutsam. Sozia- le Belastungen, auch von katastro- phalem Ausmaß, seien — isoliert be- trachtet — noch nicht pathogen. Ent- scheidend sei die subjektiv erlebte Bedeutung des belastenden Gesche- hens. Erst das Zusammentreffen vieler Risikofaktoren führe zu einem klinisch relevanten Risiko. Dazu von Uexküll.
„Das ist therapeutisch bedeut- sam, denn es besagt, daß schon durch das Ausschalten eines Fak- tors, zum Beipiel des Typ-A-Verhal- tens , das Erkrankungsrisiko be- trächtlich gesenkt werden kann."
Die Erfassung der Gesamtheit der soziopsychosomatischen Risiko- faktoren steht für Diagnostik, Prä- vention und Therapie ganz im vor- dergrund. Es gilt, bessere Methoden des Screening oder anderer Erhe- bungen zu erarbeiten, um die
„stummen" Ischämien gewisserma- ßen zum Sprechen zu bringen.
Gerade hier können Balint- Gruppen außerordentlich hilfreich
sein. Ich erlebe als Balint-Gruppen- leiter immwer wieder Fälle, bei denen erst die Arbeit in der Gruppe bei sonst völlig fehlenden Hinweisen schließ- lich an eine koronare Herzkrankheit denken ließ, die dann auch diagno- stisch bestätigt werden konnte.
Der lebend überstandene Herz- infarkt und/oder die durchgeführte Bypass-Operation sollte die korona- ren Herzkranken veranlassen, ihre Lebensweise in der gesamten so- ziopsychosomatischen Dimension zu ändern, um so möglichst viele der soziopsychosomatischen Risikofak- toren zu vermeiden.
Ich kann es bestätigen: Es lohnt sich, mehr für sich und für das Vor- beugen zu tun, weniger zu verleug- nen und zu verfälschen sowie seine Lebensweise zu ändern.
Anschrift des Verfassers:
Dr. med. Hans R. Dickhaut Nervenarzt, Psychotherapie Lutherstraße 10
6350 Bad Nauheim 1 und Lienfeldergasse 27 A-1160 Wien, Osterreich
Konservative Therapie der akuten Appendizitis
Auf der Jahrestagung der Ame- rikanischen Gesellschaft für Gastro- enterologie berichtete P. G. Bren- nan vom St. James University Hos- pital in Leeds über Ergebnisse der konservativen Therapie bei akuter Appendizitis. Da bis zu 30 Prozent der Appendektomien bei der histo- logischen Untersuchung einen un- auffälligen Befund ergeben, er- scheint eine abwartende Haltung durchaus gerechtfertigt. Patienten mit akuter Appendizitis, aber ohne Zeichen einer Peritonitis, wurden randomisiert und entweder sofort operiert oder mit dreimal ein Gramm Cefotaxim plus dreimal 500 Milligramm Metronidazol thera- piert. Kam es zu keiner klinischen Besserung, stieg die Pulsfrequenz oder die Temperatur an oder ver- schwanden die abdominellen Sym-
ptome nicht innerhalb von 48 Stun- den, wurde jedoch eine Appendek- tomie durchgeführt. Im Falle einer Operation wurde die Appendix als unauffällig, entzündlich verändert oder perforiert beziehungsweise gangränös klassifiziert.
Von 50 konservativ behandelten Patienten war der weitere Verlauf bei 38 (76 Prozent) unauffällig, in 12 Fällen (24 Prozent) mußte operiert werden, in einem Fall lag ein perfo- riertes Sigmadivertikel bei unauffäl- liger Appendix vor, in fünf Fällen ei- ne Grad-I-Appendizitis und sechs- mal eine perforierte oder gangränö- se Appendizitis.
Von den 50 Patienten, die sofort operiert wurden, wiesen neun eine unauffällige Appendix auf, in 32 Fäl- len fanden sich Hinweise auf eine Entzündung, in neun Fällen eine
Gangrän oder Perforation. Nach drei Monaten war die Morbidität in beiden Gruppen gleich, obwohl wei- tere sieben primär konservativ be- handelte Patienten zwischenzeitlich appendektomiert worden waren.
Die durchschnittliche Kranken- hausverweildauer der konservativ behandelten Patienten betrug 4,5 Tage, bei den nicht operierten 38 Patienten nur vier Tage. In der Gruppe der 50 primär appendekto- mierten Patienten betrug die durch- schnittliche Verweildauer ebenfalls vier Tage.
Die Studie läuft weiter, um anhand größerer Fallzahlen eine größere Aussagekraft zu gewin- nen.
(Digestive Disease Weak, New Orleans, Mai 1988)
A-2446 (66) Dt. Ärztebl. 85, Heft 36, 8. September 1988