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Archiv "Konservative Therapie der akuten zerebravaskulären Insuffizienz" (17.04.1980)

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Konservative Therapie der akuten

zerebravaskulären Insuffizienz

Johannes Richard Jörg, Kari-Heinz Grotemeyer und Hans Joachim Lehmann

Aus der Neurologischen Universitätsklinik Essen (Direktor: Professor Dr. med. Hans Joachim Lehmann)

Unter den akuten zerebralen Man- geldurchblutungen versteht man die transitorisch ischämische Attacke (TIA), den progredienten Hirninsult und den kompletten Hirninfarkt Grundlage einer jeden Behandlung zerebraler Durchblutungsstörungen (Tabelle 1) ist die Steigerung der Hirndurchblutung und damit die Er- höhung des Sauerstoff- und Sub- stratangebotes. Dies ist möglich ..,.. durch Erhöhung des Perfusions- volumens, zum Beispiel durch Ver- größerung des Herzminutenvolu- mens

..,.. durch die Senkung des extrava- salen Druckes, zum Beispiel durch Behandlung des Hirnödems

..,.. durch die Erweiterung der Hirn- gefäße- eine umstrittene Therapie ..,.. durch die Verbesserung der Fließeigenschaften des Blutes und fünftens durch die operative Beseiti- gung intravasaler Strömungshinder- nisse.

Im Vordergrund der therapeutischen Maßnahmen bei akuter zerebraler Mangeldurchblutung steht die Stei- gerung der Hirndurchblutung, wenn man einmal von den speziellen Ursa- chen, wie bei einer Angiitis, einer Polycythaemia vera oder einer septi- schen Embolie absieht. Medikamen- töse Eingriffe in den Zellstoffwech- sel sind in ihrer Wirksamkeit umstrit- ten. Wir wenden sie bei einer akuten zerebravaskulären Insuffizienz nicht an.

Transitorisch ischämische Attacke (TIA)

Transitorisch ischämische Attacken sind definitionsgemäß innerhalb von maximal 24 Stunden voll reversible passagere zerebrale Durchblutungs- störungen im Karotis- oder Verte- brobasilaris-Kreislauf. Sie bedürfen immer sofort einer konservativen medikamentösen Behandlung und je nach Grundleiden auch einer ope- rativen Revision des betroffenen Ge- fäßabschnittes (Tabelle 2).

An erster Stelle der allgemeinen the- rapeutischen Maßnahmen stehen neben der Behandlung der Risiko- faktoren(Hypertonie, Diabetes melli- tus, Fettstoffwechselstöru ngen, Hyperurikämie, Nikotinabusus) und der optimalen Herz-Kreis/auf-Stabili- sierung insbesondere die Verbesse- rung der Fließeigenschaften des Blutes. Heute sind an erster Stelle die Thrombozytenaggregationsham- mer und hier vor allem die Acetylsa- licylsäure zu nennen, vorausgesetzt, daß die ischämische Attacke bereits remittiert ist. Bei noch bestehender Symptomatik ist sofort eine Dextran- behandlung einzuleiten, darauf soll im Abschnitt Hirninfarktbehandlung (siehe nebenstehend) eingegangen werden.

Neuare Studien zeigen, daß . Throm- bozytenaggregationshemmer, wie insbesondere die Acetylsalicylsäure (ASS) regelmäßig alleine gegeben, schon zu einer erheblichen Vermin- derung oder gar Aufhebung der ischämischen Attacken führen kön-

ÜBERSICHTSAUFSATZ

Bei der Therapie der akuten zerebravaskulären Insuffi- zienz stehen Hirnödembe- handlung, Herz-Kreislauf-Sta- bilisierung und thrombozytan- aggregationshemmende The- rapie mit niedermolekularen Dextranen und Acetylsalicyl- säure-Präparaten im Vorder- grund. Gefäßoperationen sind in jedem Einzelfall in Abhän- gigkeit von dem Gesamtbe- fund als prophylaktische Maß- nahme zu erwägen, als Haupt- indikation sind die transito- risch ischämischen Attacken und nicht der abgelaufene Hir- ninfarkt anzusehen. Die Akut- behandlung der zerebralen Ischämie schließt auch gege- benenfalls physiotherapeuti- sche, beschäftigungsthera- peutische und logopädische Maßnahmen ein, um so zu- sammen mit der medikamen- tösen Therapie zu einer medi- zinischen sozialen und auch beruflichen Rehabilitation bei- zutragen.

nen (2, 4, 7, 12*) ). Dieser Effekt der Thrombozytenaggregationshammer bestätigt die Vermutung, daß TIA überwiegend durch Plättchenembo- lie - zum Beispiel auf dem Boden atherosklerotischer Ulzerationen - verursacht werden. Diese Therapie macht aber eine operative Revision - zum Beispiel einer bestehenden Carotis-interna-Stenose nicht überflüssig.

Wie Tabelle 3 zeigt, kann es sowohl durch Endothelschäden im Rahmen der Hirnarteriosklerose als auch durch Änderung der Strömungsdy- namik, zum Beispiel im Rahmen ei- ner Gefäßstenose, zu einer Aktivie- rung der Thrombozyten kommen.

Als Folge dieser Aktivierung kommt es zu einer Thrombozytenadhäsion und -aggregation mit erhöhter Haft- neigung an den Gefäßwänden. Erst

•) Die in Klammern stehenden Ziffern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis. Ein erwei- tertes Literaturverzeichnis ist den Sonder- drucken beigefügt.

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 16 vom 17. April1980 1035

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Tabelle 1: Grundlagen zur Behandlung zerebraler Durchblutungs- störungen

1. Steigerung der Hirndurchblutung

(= U. a. Erhöhung des 0 2- und Substanzangebotes):

1.1. Erhöhung des Perfusionsvolumens

1.2. Senkung des extravasalen Drucks (intrakranieller Druck) 1.3. Erweiterung der Hirngefäße

1.4. Verbesserung der Fließeigenschaften des Blutes 1.5. Beseitigung intravasaler Strömungshindernisse

2. Direkter Eingriff in den Zellstoffwechsel 2.1. Zur Stimulation der Zellfunktion 2.2. Zur Steigerung der Glukoseaufnahme

3. Beseitigung besonderer Ursachen zerebraler Durchblutungsstö- rungen

3.1. Antiphlogistika bei Kollagenose-Angiitiden

3.2. Antibiotika bei septischen Embolien oder der Luesarteriitis 3.3. Zytostatika oder/und Aderlaß bei Polycythaemia vera 3.4. Erythrozytenkonzentrate bei bes. Anämieformen Akute zerebrale Mangeldurchblutungen

in der letzten Phase der intraarteriel- len Thrombosebildung tritt über die Aktivierung des plasmatischen Ge- rinnungssystems die Anlagerung von Fibrin ein. Thrombozytenaggre- gationshemmer können somit so- wohl im Rahmen der hirnarterioskle- rotisch bedingten Thrombozytenag- gregation als auch im Rahmen der poststenotischen Thrombozytenag- gregation einen therapeutischen Ef- fekt haben.

Als Thrombozytenaggregationshem- mer im arteriellen System gelten ne- ben Dipyridamol (400-800 mg/die) und dem nicht sicher wirksamen Sulfinpyrazon die von uns bevorzug- te Acetylsalicylsäure (ASS).

Will man innerhalb von Minuten ei- ne Thrombozytenaggregationshem- mung erreichen, so gibt man Lysin- Acetylsalicylat (Aspisol®) 500 mg in- travenös und wiederholt dies in Ab- hängigkeit von der klinischen Wirk- samkeit und dem Thrombozyten-

Funktionstest 2-bis 3mal täglich (zur Prüfung der Thrombozyten-Reagibi- lität in vitro und deren Änderung durch ASS verwenden wir den Col- lagen-Agarose-Test).

Sowohl die parenterale als auch die orale Tagesdosis von ASS kann interindividuell stark schwanken;

bei der oralen Einnahme verwenden wir Dosen zwischen 1,5 und 3 Gramm täglich; nach initialer oraler Gabe von ASS ist ein Therapieeffekt im Gegensatz zu der parenteralen Einstellung erst nach 2 bis 3 Tagen zu erwarten.

Barnett (1) hat eine signifikante Wir- kung der Acetylsalicylsäure auf die transitorisch ischämischen Attacken nur bei Männern gefunden, wobei sie nie über eine Höchstdosis von 1200 mg/die hinausgingen.

Klinisch und laborchemisch konn- ten wir bisher bei Dosierungen bis 3000 mg ASS/die keinen Ge-

schlechtsunterschied nachweisen.

50 bis 90 Prozent der resorbierten Acetylsalicylsäure werden umge- hend an Plasmaproteine gebunden;

die freie ASS wird bei einer Halb- wertzeit von acht Minuten zur un- wirksamen Salicylsäure hydrolysiert und renal ausgeschieden. Vorsicht ist daher bei Niereninsuffizienz ge- boten; hier könnte es zu einer Ku- mulation von Salicylat und damit ei- ner Salicylatintoxikation kommen.

Wesentliche ASS-Nebenwirkungen sind neben allergischen Reaktionen (cave Asthma bronchiale) gastroin- testinale Nebenwirkungen, wie ins- besondere Magenschmerzen und im schlimmsten Falle Magen-Darm-Blu- tungen (nach 3 in etwa 0,015 Pro- zent). Diese Nebenwirkungen treten unabhängig von der Applikationsart auf.

Die ASS-Therapie ist daher bei Aller- gikern relativ und bei Patienten mit einer hämorrhagischen Diathese, ei- ner Ulkusanamnese oder vorange- gangenen Magenblutungen absolut kontraindiziert. Bei Magenschmer- zen oder erwiesener Hyperazidität sollten zusätzlich Antazida verord- net werden. Eine Anwendung von ASS-haltigen Präparaten verbietet sich im letzten Trimenon der Schwangerschaft, da es u. a. sonst zu einer Verzögerung des Geburts- termines kommen kann.

Kommt es unter der Thrombozyten- aggregationshemmer-Behandlung zum Verschwinden der TIA, so ha- ben dringlich die Diagnostik und ge- gebenenfalls die Gefäßoperation zur weiteren Verbesserung der Hämody- namik einzusetzen. Sowohl unter als auch nach der Operation ist die thrombozytenaggregationshem- mende Behandlung durchzuführen;

ob die ASS-Therapie bereits nach einjähriger Behandlung beendet werden kann, ist umstritten. Die Mehrzahl der Autoren vermutet, daß innerhalb dieses Zeitraumes die ul- zerierte Arteriosklerose abgeheilt ist, sich aus einer thrombotischen Stenose ein organisierter Verschluß beziehungsweise ein ulzerierendes Atherom endothelialisiert hat und somit keine Emboliequelle mehr vor- liegt. r.

1036 Heft 16 vom 17. April 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Tabelle 2: Konservative und operative Therapie der transitorisch ischämischen Attacken (TIA)

1. Konservativ:

1.1. Allgemein:

1.1.1. Behandlung der Risikofaktoren

1.1.2. Verbesserung der Fließeigenschaften des Blutes:

1.1.2.1. Thrombozytenaggregationshemmer:

• Acetylsalicylsäure (Colfarit®, Aspirin®, Aspisol®)

• Dipyridamol (Persantine)

• Dipyridamol und Acetylsalicylsäure (z. B. Asasantin®) 1.1.2.2. Ggf. Antikoagulantien

1.1.2.3. Ggf. Dextrane 40 bis maximal 1 Woche nach TIA

1.1.3. Herzkreislaufstabilisierung (z. B. Digitalisierung, Antihypoto- nika oder Antihypertonika, Antiarrhythmika usw.)

1.2. Spezifisch:

1.2.1. Polycythaemia vera — Aderlaß

— Zytostatika

1.2.2. Kardiale nichtseptische Embolie: Antikoagulantien oder Acetylsalicylsäure

Ggf. Antiarrhythmika

1.2.3. Septische Embolie: Antibiotika 1.2.4. Takayasu-Arteriitis: Antikoagulantien

1.2.5. Arteriitiden bei Kollagenose: Kortikoide und ggf.

lmmunsuppressiva

1.2.6. Anämie: ggf. Erythrozytenkonzentrate 1.2.7. Luetische Arteriitiden: Antibiotika 2. Operativ:

2.1. Karotisendarterektomie, Operationen von Gefäßanomalien (Kinking, Ursprungsanomalie)

2.2. Extra-extrakranielle Umgehungsoperation (z. B. bei Subcla- vian Steal-Syndrom)

2.3. Extra-intrakranielle Umgehungsoperation (Arteria temporalis superficialis

mit Ast der Arteria cerebri media)

Absolute Operationsindikation, wobei die Operation ausschließlich prophylaktischen Charakter hat; bei bilateraler Affektion ist die für die klinische Symptomatik verantwortliche Seite immer zuerst zu ope- rieren.

Aktuelle Medizin Akute zerebrale Mangeldurchblutungen

Ist die Acetylsalicylsäure-Behand- lung in therapeutisch wirksamen Dosen und trotz Zugabe von Antazi- da wegen Magenschmerzen nicht durchführbar oder zeigt sich kein klinischer oder laborchemisch faß- barer Effekt, so versuchen wir eine Kombinationsbehandlung von Ace- tylsalicylsäure und Dipyridamol (zum Beispiel Asasantin® 3mal 1- bis 3mal 2 Tabletten täglich maximal).

In Einzelfällen konnten wir dann noch positive Ergebnisse auch im CAT-Test nachweisen, wenn die al- leinige Acetylsalicylsäure-Behand- lung laborchemisch unzureichend blieb.

Auf die klinische Wirksamkeit der ASS-Therapie sollte man sich dann nicht verlassen, wenn die Intervalle zwischen den einzelnen transito- risch ischämischen Attacken zu groß sind; hier erscheint uns die Testüberwachung sinnvoll.

Ist auch die Kombinationsbehand- lung von Acetylsalicylsäure und Di- pyridamol ohne klinischen bezie- hungsweise laborchemischen Effekt oder ist sie aufgrund von Mägenbe- schwerden nicht durchführbar, so ist die Antikoagulantienbehandlung einzuleiten. Wichtig ist dabei, daß im Gegensatz zu der Antikoagulantien- behandlung die Thrombozytenag- gregationshemmer-Therapie wegen der nur geringen Blutungszeitzu- nahme leichter zu überwachen ist;

für beide therapeutische Maßnah- men sind aber die Kontraindikatio- nen zu beachten, insbesondere gilt dies bei anamnestisch bekanntem Magen-Darm-Ulkus oder gastrointe- stinalen Blutungen für beide Medi- kamentengruppen.

Daß sowohl die thrombozytenaggre- gationshemmende als auch die Anti- koagulantienbehandlung bei isch- ämischen Attacken im vertebrobasi- lären Kreislauf unwirksam sind, wie manche Autoren (u. a. 14) angeben, können wir nicht bestätigen. Mit hö- heren ASS-Dosen (bis 3 Gramm täg- lich oral) konnten wir in einer Reihe von Fällen einen sicheren therapeu- tischen Effekt beobachten. Eine Ab- lehnung dieser Therapie bei Attak-

ken im vertebrobasilären Kreislauf erscheint uns daher nicht gerecht- fertigt. Vielmehr muß eine differen- zierte Betrachtungsweise zu ent- sprechenden therapeutischen Kon- sequenzen führen. So steht bei einem Subclavian-Steal-Syndrom nicht eine vergrößerte Thrombo- zytenaggregation, sondern die ge-

störte Hämodynamik im Vorder- grund der Pathogenese. Daraus er- gibt sich eine Operationsindikation, eine thrombozytenaggregations- hemmende Therapie ist nutzlos.

Auf die Therapie ischämischer At- tacken, die nicht auf dem Boden ei- ner Hirnarteriosklerose beruhen,

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 16 vom 17. April 1980 1037

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Aktuelle Medizin

Akute zerebrale Mangeldurchblutungen

zum Beispiel im Rahmen der Embo- lie, der Arteriitiden oder der Poly- cythaemia vera, soll hier nicht weiter eingegangen werden (Tabelle 2); er- wähnt sei nur, daß bei Polycythae- mia vera die ASS-Therapie nicht nur nicht unwirksam, sondern kontrain- diziert ist, zumal hier eine gesteiger- te oder auch nur normale Thrombo- zytenreaktion auf Kollagenaggarose in Einzelfällen nicht nachweisbar war.

Eine Operationsindikation ist gege- ben, wenn dopplersonegraphisch und arteriographisch hämedyna- misch relevante Hirnarteriensteno-

sen . beziehungsweise Verschlüsse

nachweisbar sind oder wenn zum Beispiel Carotis-interna-Stenosen mit weniger als 50 Prozent Lumen- einengunp F>l'3 sogenannte giftige Stenoc;en für Thromboembolie von

Thrombozytenaggregaten, Fibrin- und Cholesterin-Kristallen verant- wortlich sind (13) (Tabelle 2). Bei bilateralen Gefäßstenosen- oder Verschlüssen ist immer die für die klinische Symptomatik verantwortli- che Seite zuerst zu operieren, gleichgültig, ob es sich dabei um eine Endarterektomie, eine Bypass- Operation im Bereich der Halsgefä- ße oder eine Bypass-Operation zwi- schen der Arteria temporalis superfi- cialis und einem Ast der Arteria ce- rebri media handelt.

Bemerkenswert ist, daß bei vertebro- basilären lnsuffizienzen mit gleich- zeitigen Stenosen im Karotis-Kreis- lauf alleine die Operation an der Ar- teria carotis zum Verschwinden der vertebrobasilären lnsuffizienzen führen kann.

Tabelle 3: Pathophysiologie der umschriebenen zerebralen Ischämie

.-- - - --.• Schädelinnendruckanstieg

F okal o " {'"ämio I Hi+•m I j

fokale Vasoparalyse- - - -Gewebsazidose

,..

anärobe Glykolyse

I

TIA

I

1 - - - -- - - lokaie Gewebshypoxie

Venen-u. Liquor- Druckanstieg

~

Senkung des arterio- venösen Druck-

gefälles

I

EnzephalomalaZJ!)

j

Zirkulationsver- langsamung mit Verlängerung der Hirndurchströmungs-

Zeit

I

Hirnischämie •

I

I

Zellagregation u. Stase

___j

Thrombozytenaggregation

t

Stromungsverlangsamung ~ ..

t

Thrombozytenadhäsion

t

r 1 poo"toMti't"" RR~Abf•ll

:

Hirnarteriosklerose Gelaß-Stenose. -Verschluß AR-Abfall

Der progrediente Hirninsult

Sowohl die konservative als auch die operative Therapie ist außeror- dentlich umstritten (9). Ein soforti- ges operatives Vorgehen innerhalb von etwa 4 bis 6 Stunden scheint nur dann sinnvoll, wenn sich das Gefäß- syndrom progredient innerhalb von Stunden weiterentwickelt und arte- riographisch eine filiforme Stenose beziehungsweise Zeichen einer wandernden Karotisthrombose mit der Gefahr des kompletten Gefäß- verschlusses nachweisbar sind. Da- her sollte man einen progredienten Hirninsult immer auf der Gegenseite arteriographieren, um nicht ein aku- tes Subduralhämatom oder ein blu- tendes Gliom zu übersehen. Eine Ar- teriographie ist nur dann überflüs- sig, wenn bereits ein sicherer positi- ver Computertomographie-(CT-)Be- fund vorliegt, der eine Karotisthrom- bose ausschließt, oder aber, wenn eine Operationsfähigkeit nicht be- steht. Des weiteren sollte nur dann operiert werden, wenn ein Erwei- chungsherd ausgeschlossen bezie- hungsweise unwahrscheinlich ist und noch keine Bewußtlosigkeit vor- liegt.

Spricht die Symptomatik für einen

Erweichungsherd, so sind Operation

und Heparinisierung absolut kon- traindiziert, da sich sonst nach Re- konstruktion der Strombahn eine ln- farkteinblutung auf dem Boden ei- ner petechialen Diapedeseblutung entwickeln kann. Bei fehlender Ope- rationsindikation gelten progredien- te Hirninsulte bei der Mehrzahl der Autoren als Indikation für eine gerin- nungshemmende Therapie, wenn

die Diagnose gesichert ist (siehe

oben Differentialdiagnose), keine allgemeinen Kontraindikationen be- stehen und eine Blutung in den Li- quorraum ausgeschlossen ist.

Die gerinnungshemmende Therapie führt aber zu einer Vermehrung töd- licher Blutungen. Wir behandeln da- her den progredienten Hirninsult nur antiödematös und versuchen die

Fließeigenschaften mit Dextranen

und zusätzlichen Gaben von Throm- bozytenaggregationshemmern i. v.

zu verbessern. Diese Therapie ist

(5)

Akute zerebrale Mangeldurchblutungen

nach unserer Erfahrung auch des- halb den Antikoagulantien überle- gen, weil als Ursache der progre- dienten ischämischen Insulte weni- ger häufig eine progrediente Gefäß- thrombose oder rezidivierende Thromboembolien, als vielmehr eine zusätzliche Perfusionsminderung im geschädigten Gewebe durch Hirn- ödementwicklung, Versagen von Kollateralen, Minderung der Kapil- larströmung und eine verstärkte Thrombozytenaggregation in Frage kommen.

Der akute Hirninfarkt (Enzephalomalazie)

Bei der Behandlung des akuten en- zephalomalazischen Insultes schei- den alle operativen Maßnahmen von vornherein aus, eine Arteriographie ist somit initial nicht indiziert und die Therapie gestaltet sich gemäß der Ursache in allgemeine und spe- zifische therapeutische Maßnahmen (Tabelle 4).

Die Förderung der Herzleistung er- fordert die Behandlung von Herz- rhythmusstörungen und einer Herz- insuffizienz (zum Beispiel Beta-Me- thyl-Digoxin i. v.), da die Hirndurch- blutung wegen der fokal gestörten Autoregulation direkt vom Herzmi- nutenvolumen abhängt und eine vol- le Herzleistung gerade auch wäh- rend der Zeit des schon physiologi- schen nächtlichen Blutdruck- und Pulsabfalles von absoluter Notwen- digkeit ist. Dabei spielt die Behand- lung der Herzrhythmusstörungen in Form von Vorhofflimmern, gehäuf- ten Extrasystolen und AV-Blockie- rungen zweiten und dritten Grades eine besondere Rolle.

Blutdruckstabilisierung ist wegen des Autoregulationsverlustes im In- farktgebiet besonders wichtig. Bei Hypertonikern sollte ein systolischer Wert von 160 mm Hg nicht unter- schritten werden; der untere Schwellenwert der Autoregulation ist auf Mitteldruckwerte um 120 mm Hg angehoben, der obere Schwel- lenwert der Autoregulation liegt bei Hypertonikern aber bei 160 bis 180 mm Hg. Bei Werten über 160 bis 180

mm Hg kann es daher durch den druckpassiven Anstieg der Hirn- durchblutung zu sehr hohen Kapil- lardrücken mit Plasmaexsudation und Erythrozytenaustritten in das Hirngewebe kommen. Dadurch ist aber über die subintimale und peri- vaskuläre Einblutung nicht nur ein Hirnödem, sondern auch die Um- wandlung vom weißen in einen roten Infarkt möglich. Bei der antihyperto- nischen Behandlung haben sich je

nach Schweregrad Reserpin, Al- pha-Methyl-Dopa, Dihydralazin-Ab- kömmlinge und Clonidin bewährt.

Bei Hypotonie mit systolischen Wer- ten unter 115 mm Hg kommen je nach Ursache Volumensubstitution, Sympathikomimetika (zum Beispiel Novad rar) ), Ergotaminpräparate (zum Beispiel DHE-Tropfen®) oder auch eine Dauertropfinfusion mit Ar- terenol® oder Dopamin® in Frage.>

Tabelle 4: Therapie des persistierenden enzephalomalazischen Insultes

1. Konservativ:

1.1. Allgemein:

1.1.1. Förderung der Herzleistung, ggf. Antiarrhythmika 1.1.2. Blutdruckstabilisierung (vorsichtige Regulation,

da Verlust der Autoregulation im Insultgebiet) 1.1.3. Hirnödemtherapie — Sorbit 40%

—Mannit 20%

—ggf. Dexamethason (z. B. Decadron®

24-48 mg/die) 1.1.4. Verbesserung der Fließeigenschaften 1.1.4.1. Niedermolekulare Dextrane

1.1.4.2. Thrombozytenaggregationshemmer 1.1.5. Intensivmedizinische Maßnahmen 1.1.6. Krankenpflege und Rehabilitation 1.1.7. Therapie der Risikofaktoren 1.2. Spezifisch:

1.2.1. Kardiale Embolie 1.2.1.1. Septisch: nur Antibiotika 1.2.1.2. Thrombotisch:

— Thrombozytenaggregationshemmer sofort

— Antikoagulantien erst nach 8-14 Tagen, wenn der Liquor klar ist

1.2.2. Takayasu-Arteriitis:

— Kortikoide und ggf. Azathioprin (z. B. Imurek®) 1.2.3. Arteriitiden:

1.2.3.1. Luetisch (Heubner) 1.2.3.2. TBC

1.2.3.3. M. Boeck

1. 2.3.4. Kollagenose (L. E., Periarteriitis nodosa) 1.2.4. Anämien

1.2.5. Polycythaemia vera

2. Operativ: Akut keine Operationsindikation

Relative Operationsindikation 4 bis 6 Wochen nach eingetre- tenem Insult als prophylaktische Maßnahme.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 16 vom 17. April 1980 1039

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Akute zerebrale Mangeldurchblutungen

Tabelle 5: Behandlung des ischämischen Hirninfarktes (Behand- lungsschema mit Sorbit 40% und Rheomacrodexs· 10%)

Vorbedingungen:

1. Erhöhter Blutdruck muß auf ca. 160/90 mm Hg gesenkt sein 2. Myokardinfarkt ist ausgeschlossen

3. Keine manifeste Herzinsuffizienz, keine ausgeprägte Niereninsutti- zienz, keine Dehydratation, keine Unverträglichkeitsreaktionen

Schema:

1. Tag

..,. Initial 250 ml Sorbit 40% über 60 Minuten

..,. Dann 2 x 500 ml Rheomacrodex® i. v. über 24 Stunden, ggf.

nochmals 250 ml Sorbit 40%.

2. und 3. Tag:

..,. 2 x 500 ml Rheomacrodex® 10% i. v.,

..,. ggf. 1-2 mal 250 ml Sorbit 40% oder Mannit 20%.

4. bis 12. Tag

..,. Tgl. 500 ml Rheomacrodex® 10% i. v.

Tabelle 6: Pharmaka zur Verbesserung der Blutfließeigenschaften

0

Dextrane 40 (u. a. Rheomacrodex®)

f) Hemmung der Thrombozytenaggregation:

C> Acetylsalicylsäure (Aspisol®, Colfarit®, Aspirin®) in Kombination

mit Dipyridamol (Asasantin®)

C> Dipyridamol (z. B. Persantin®)

C> Bencyclan (z. B. Fludilat®)

C> Methylxanthine (s. u.)

C> Dextrane 40

f) Senkung der Erythrozytenrigidität:

C> Dextrane 40

C> Methylxanthine

A) Pentoxifyllin (z. B. Trental®)

B) Xantinoi-Nicotinat (z. B. Complamin®)

Die Hirnödembehandlung mit hyper- osmolaren Lösungen (Sorbit 40%, Mannit 20%) oder auch mit Dexame- thason (zum Beispiel Decadron®) soll über eine Liquordrucksenkung zur Senkung des Strömungswider- standes, zum Anstieg des Perfu- sionsdruckes und folglich zu einer besseren Hirndurchblutung im ge- störten Areal und im Kollateralkreis- lauf führen. Vorzuziehen sind die hy- perosmolaren Lösungen, wenn kei- ne Hämekonzentration vorliegt, ei- ne übermäßige Kreislaufbelastung nicht zu erwarten ist, ein Myokardin- farkt oder Herzinsuffizienzzeichen ausgeschlossen sind und keine Ein- schränkung der Nierenfiltrationslei- stung besteht. Dabei ist 40prozenti- ges Sorbit dem Mannit vorzuziehen, da Sorbit zu einer sehr viel prompte- ren intrakraniellen Liquordrucksen- kung führt als die 20prozentige Man- nit-Infusion. Der hirndrucksenkende Effekt von Furosemid ist unzurei- chend und dem Sorbit 40% immer unterlegen (8). Bei ausgeprägtem Ödem mit Volumenzunahme der ge- schädigten Hemisphäre ist auch ei- ne Dexamethason-Behandlung mit initialen Gaben von 100 mg/die zu erwägen, obgleich im Gegensatz zu den Untersuchungen von Fenske et al. (6) Santambrogio (15) keinen si- cheren Effekt nachweisen konnte.

Wir machen den Einsatz von Dexa- methason von dem jeweiligen klini- schen und CT-Bef.und abhängig und schleichen uns dann von einer initial hohen Dosis langsam über Wochen aus.

Zur Verbesserung der Fließeigen- schaften ist heute die Gabe von nie- dermolekularen Dextranen einge- führt. Dextrane 40 verdünnen das Blut, senken den Hämatokrit-Wert und damit die Blutviskosität ein- schließlich des Fibrinogenspiegels, sie beschleunigen die Strömungsge- schwindigkeit und hemmen die Ery- throzyten- und Thrombozytenaggre- gation im Bereich der Blutstase. Da- bei ist dieser positive Effekt auch im Gegensatz zu den kontraindizierten Vasodilatantien im ischämischen Areal nachweisbar, intrazerebrale Stealmechanismen entstehen somit

nicht (11 ).

C>

(7)

Tabelle 7: Rehabilitation beim apoplektischen Insult Frühphase (Bettphase):

1.1. Lagerung:

Gegen Spastik Gegen Kontrakturen

Gegen Dekubitus und zur Thromboseprophylaxe 1.2. Massage

1.3. Passive Bewegungsübungen.

1.4. Atem- und Kreislaufgymnastik

1.5. Motivation des Patienten, ggf. logopädische Behandlung.

2. Sitz-, Steh- u. Gehphase:

2.1. Krankengymnastische Übungen — Passiv — Aktiv 2.2. Massage

2.3. Motivierung des Patienten, ggf. logopädische Behandlung 2.4. Pflegerische Bewegungstherapie („Wasch-, Eß- u. Anziehtrai-

ning") Ergotherapie, Beschäftigungstherapie.

3. Spätphase:

3.1. Bewegungstherapie

3.2. Ergotherapeutische Beratung mit Einsatz der speziellen Rehabili- tationshilfen.

Berufliche Rehabilitation bzw. Umschulung (Sozialarbeiterein- schaltung).

3.3. Psychische Führung, ggf. logopädische Therapie.

3.4. Ggf. Orthopädische Maßnahmen.

Aktuelle Medizin

Akute zerebrale Mangeldurchblutungen

Das von uns bevorzugte Schema der ischämischen Hirninfarktbehand- lung mit Sorbit 40% und Rheoma- crodex 10% ist in Tabelle 5 zu- sammengestellt. Zu beachten ist, daß genau wie alle Schemata auch dieses für den Einzelfall nicht immer gelten kann. Unter der Dextranbe- handlung leiten wir eine Behand- lung mit Thrombozytenaggrega- tionshemmern ein, damit der thera- peutisch erwünschte Effekt nach Absetzen der Dextran-lnfusion be- reits eingetreten ist.

Die Dauertherapie mit Thrombozy- tenaggregationshemmern soll die Gefahr des Reinfarktes mindern und die Einstellung auf Antikoagulantien (10) bei Berücksichtigung der ent- sprechenden Kontraindikationen (siehe oben) überflüssig machen.

Für die Langzeittherapie können statt der Thrombozytenaggrega- tionshemmer auch Medikamente aus der Methylxanthin-Gruppe (sie- he Tabelle 6) verordnet werden, die über eine Verminderung der Ery- throzytenrigidität eine größere Ery- throzytenverformbarkeit und dem- zufolge eine bessere kapilläre Fließ- eigenschaft bewirken sollen (5). Wir selbst haben noch keine größeren klinischen Erfahrungen mit dieser Behandlungsform, können aller- dings vereinzelt eine Herabsetzung der Thrombozyten-Reagibilität im CAT-Test nachweisen.

Von den spezifisch therapeutischen Maßnahmen sei hier nur die septi- sche und thrombotische Embolie er- wähnt, da die septische Embolie auf dem Boden einer Endocarditis lenta nur mit Antibiotika zu behandeln ist, die Antikoagulantien-Therapie bei einer thrombotisch bedingten Em- bolie, zum Beispiel im Rahmen eines Herzvitiums, erst 8 bis 14 Tage nach eingetretenem Hirninfarkt erlaubt ist, vorausgesetzt, daß der Liquor keinerlei Blutungshinweise zeigt.

Ob sich die in den letzten Jahren propagierte Behandlung mit Throm- bozytenaggregationshemmern auch bei kardialen thrombotischen Embo- lien durchsetzen wird, da diese ja im Gegensatz zu der Antikoagulantien-

behandlung sofort nach eingetrete- nem Insult begonnen werden kann, werden die weiteren Verlaufsunter- suchungen zeigen müssen.

Die Gabe von Vasodilatantien ist beim akuten Hirninfarkt nicht nur wirkungslos (11), sondern auch kon- traindiziert, da das Infarktgebiet auf- grund der Gewebsazidose bereits ei- ne maximale Gefäßdilatation auf- weist (Tabelle 3), die zusätzlich Ge- fäßerweiterung in den ungestörten Arealen des Zerebrums aber zu ei- nem Steal-Effekt vom Infarktgebiet zum Gesunden hinführt, und dies ei- ne Durchblutungsverschlechterung

im gestörten Areal bedeuten muß.

Als weiterer Nachteil ist zu beden- ken, daß Vasodilatantien nicht nur zerebral, sondern auch peripher wirksam sind und so zu Blutdruckre- gulationsstörungen führen können.

Das früher viel verwendete Theo- phyllin verengt wohl die gesunden Hirngefäße und kann so zu einem sogenannten inversen Steal-Effekt vom gesunden zum infarzierten Ge- biet hinführen; da aber gleichzeitig extrazerebral eine Vasodilatation er- folgt, ist zumindest beim Menschen ein zerebral positiver Effekt nicht zu sichern (10).

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 16 vom 17. April 1980 1043

(8)

Aktuelle Medizin

Akute zerebrale Mangeldurchblutungen

Krankenhausbehandlung bedeutet nicht nur medikamentöse Therapie, sondern medizinische, soziale und im Spätstadium auch berufliche Rehabilitation. Jedem Arzt sollte in Erinnerung gerufen werden, daß al- lein wegen der krankenpflegeri- schen, krankengymnastischen, be- schäftigungstherapeutischen und gegebenenfalls logopädischen Be- handlung die Akuttherapie und da- mit der Beginn der Rehabilitations- behandlung immer im Krankenhaus erfolgen sollte. Man unterscheidet eine Früh- beziehungsweise Bett- phase (Tabelle 7), eine Sitz-, Steh- und Gehphase und nach etwa sechs Wochen eine Spätphase, die gege- benenfalls in speziellen Rehabilita- tionskliniken fortgeführt wird. In den ersten acht Tagen stehen die sach- gerechte Lagerung des Patienten, Dekubitusprophylaxe, Atem- und Kreislaufgymnastik und passive Be- wegungsübungen an erster Stelle.

Spätestens mit der Sitz-, Steh- und Gehphase, welche bei Malazie-Pa- tienten am 6. bis 8. Tag, und bei Hämorrhagie-Patienten am 14. Tag beginnt, sind aktive krankengymna- stische Übungen durchzuführen, wenn keine Kontraindikationen des Herz- und Kreislaufsystems beste- hen. Gymnastische Übungen sollen wegen der schnellen Ermüdbarkeit der Patienten nach dem Grundsatz

„oft und kurz" erfolgen.

In der Spätphase haben die Bewe- gungstherapie und ergotherapeuti- sche Maßnahmen unter Einschluß aller speziellen Rehabilitationshilfen im Vordergrund zu stehen. Sie schließen die berufliche Wiederein- gliederung beziehungsweise Um- schulung, mögliche orthopädische Maßnahmen und die systematische Mobilisierung und Umschulung der ungestörten Körperhälfte mit ein.

Hinsichtlich der Prognose hat sich gezeigt, daß psychische Behinde- rungen den Erfolg der Rehabilitation deutlich stärker limitieren als kör- perliche Schäden.

Neben diesen Rehabilitationsmaß- nahmen wird die medikamentöse Therapie mit Digitalisierung, Blut- druckstabilisierung, Behandlung

der Risikofaktoren und Einnahme eines Thrombozytenaggregations- hemmers fortgeführt. Ob 4 bis 6 Wo- chen nach einem Hirninfarkt statt der Thrombozytenaggregations- hemmergabe eine Anti koag ulantien- behandlung indiziert ist, kann nur von dem klinischen Bild, der meßba- ren Wirkung der ASS auf die Throm- bozyten und den möglichen Kon- traindikationen für die Antikoagu- lantienbehandlung abhängig ge- macht werden (siehe nebenste- hend).

Zur Frage einer operativen Revision, die ja wegen der Einblutungsgefahr frühestens erst 4 bis 8 Wochen nach dem Insultereignis durchgeführt werden darf, kann erst nach arterio- graphischen Untersuchungen Stel- lung genommen werden; die Opera- tion hat alleine einen prophylakti- schen Wert, gleichgültig, ob eine Endarterektomie oder eine ex- tra-intrakraniel le Bypass-Operation durchgeführt wird.

Wir raten nur bei solchen Patienten zur Operation, bei denen ein guter Allgemeinzustand, eine weitgehend spontane Rückbildung der neurolo- gischen und hirnorganischen Sym- ptomatik und Gefäßveränderungen der hirnversorgenden Gefäße nach- weisbar sind, die auch ein Insultrezi- div trotz aller konservativer Maßnah- men befürchten lassen müssen.

Zusammenfassung

Bei der Therapie der akuten zerebro- vaskulären Insuffizienz stehen die Hirnödembehandlung, die Herz- Kreislauf-Stabilisierung und die

thrombozytenaggregationshem- mende Therapie mit niedermoleku- laren Dextranen und Acetylsalicyl- säure-Präparaten im Vordergrund.

Gefäßoperationen sind in jedem Ein- zelfall in Abhängigkeit von dem Ge- samtbefund als prophylaktische Maßnahme zu erwägen, als Hauptin- dikation sind die transitorisch ischä- mischen Attacken und nicht der ab- gelaufene Hirninfarkt anzusehen.

Die Akutbehandlung der zerebralen lschämie schließt auch gegebenen-

falls physiotherapeutische, beschäf- tigungstherapeutische und logopäd- ische Maßnahmen ein, um so zu- sammen mit der medikamentösen Therapie zu einer medizinischen, so- zialen und auch beruflichen Rehabi- litation beizutragen.

Literatur

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Anschrift der Verfasser:

Privatdozent Dr. med.

Johannes Richard Jörg Dr. med.

Karl-Heinz Grotemeyer Professor Dr. med.

Hans Joachim Lehmann Universitätsklinikum Essen Neurologische Klinik und Poliklinik Hufelandstraße 55 4300 Essen 1

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