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Archiv "Streitschrift: Der Fall der „neun toten Babys“" (31.05.2013)

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Zwischen 2005 und 2008 erregten die Ermittlungen und schließlich zwei Prozesse gegen eine junge Frau, Sabine H., die neun ihrer Kin- der gleich nach der Geburt umge- bracht haben sollte, bundesweit Aufsehen. Das Landgericht Frank- furt/Oder verurteilte H. zu 15 Jah- ren Haft; es gab sich überzeugt, sie habe acht Kinder getötet, ein neun- tes, mutmaßlich totgeborenes, blieb wegen Verjährung außer Betracht.

Die Verfasserin der Streitschrift, eine pensionierte und (im besten Sinne) streitbare Ärztin aus Berlin, verfolgte den Fall von Anbeginn und glaubt, H. sei zu Unrecht ver- urteilt worden, das folge aus einer kritischen Würdigung der Ermitt- lungen und der Beweise. Vor allem das gerichtsmedizinische Gutach- ten erscheint ihr dubios. Dem Pflichtverteidiger hält sie vor, er habe seine Mandantin zu deren Nachteil zum Schweigen verpflich- tet. Der Staatsanwaltschaft lastet sie an, einseitig und voreingenommen STREITSCHRIFT

Der Fall der „neun toten Babys“

ermittelt, der Presse wirft sie vor, Sabine H. vorverurteilt zu haben.

Die Autorin ist ohnehin der An- sicht, „Kindsmörderinnen“ hätten

in der Öffentlichkeit wie vor Ge- richt von vornherein schlechte Karten und belegt diese These mit Verweisen auf weitere Prozesse.

Im Fall von Sabine H. fallen tat- sächlich einige Ungereimtheiten auf, etwa: War es wirklich möglich, aus den in Blumenkästen gefundenen verwesten Überresten, den Knochen- resten, zweifelsfrei neun Neugebo- rene zu identifizieren? Wurde der Ehemann der H., ein schweigsamer ehemaliger Stasi-Mann, der nichts gewusst und gemerkt haben will, von den Ermittlern absichtlich ge- schont? Was ist mit den Vorwürfen, hier hätten alte Rücksichtnahmen mitgespielt?

Man mag dieses eigenwillige Buch lesen und seine eigenen Rückschlüsse ziehen. Die Verfasse- rin hat die Namen verfremdet und entwickelt ihre Analyse in Form von Dialogen mit Freunden. Zu- stande kam so eine Art literarische Dokumentation. Das geschah ver- mutlich nicht aus literarischem Ehr- geiz, sondern um rechtlichen Que- relen vorzubeugen. Wer das Verfah- ren gegen Sabine H. verfolgt hat, weiß freilich, wer gemeint ist.

Norbert Jachertz Annemarie Wiegand: In dubio contra ream.

Im Zweifel gegen die Angeklagte.

Books on Demand, Norderstedt 2012, 256 Seiten, kartoniert, 13,90 Euro

KRIMINALROMAN

Beim Dinner zu zweit: Vorsicht mit dem Pesto

Wie das Medizinerleben so spielt – eigentlich wollte Frieda May nach der Promotion in die Entwicklungs- hilfe gehen, aber ihr smarter und selbstgefälliger Doktorvater über- zeugt sie, ihm aus Würzburg an die Münchner Klinik nachzufolgen, wo er eine Oberarztstelle angenommen hat. Als Frieda dort ihre erste Stelle als Stationsärztin antritt, erfährt sie, dass der Professor mit lebens - gefährlichen Vergiftungsanzeichen auf der Intensivstation liegt – Folge eines Abendessens, bei dem anstel- le des Bärlauchs bei der Pestozube- reitung die giftige Herbstzeitlose Verwendung fand. Die Polizei will zunächst nicht so recht an ein Fremdverschulden glauben, und so

beginnt Frieda gemeinsam mit ih- rem Mitbewohner, dem Toxikolo- gen Quast, auf eigene Faust Nach- forschungen zu treiben. Dabei för- dern sie rasch einige Ungereimthei- ten zutage; es gibt dunkle Geheim- nisse in der Vergangenheit und For- schungsbetrug in der Gegenwart.

Das Ganze ist flott geschrieben – ohne einen Literaturpreis zu be - anspruchen. Die Autorin weiß bestens, wie es im Krankenhaus so zugehen kann. In Gestalt ihres Ehemanns verfügt sie offenbar über eine gute Informationsquelle zu Hause. Gewürzt mit einem gehöri- gen Schuss Münchner Lokalkolorit ein entspanntes Lesevergnügen.

Thomas Gerst Bettina Plecher:

Giftgrün. Kriminal - roman. Rowohlt Taschenbuch, Reinbek bei Hamburg 2013, 294 Seiten, kartoniert, 9,99 Euro

Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 22

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31. Mai 2013 A 1115

K U L T U R

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