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Archiv "Schule in Finnland: Gemeinschaftsschule bis Klasse neun" (02.05.2008)

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Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 182. Mai 2008 A961

B I L D U N G

L

ehrerdelegationen aus der ganzen Welt reisten nach Veröffentlichung der ersten PISA-Studie im Februar 2002 nach Finnland, um zu erfahren, was der PISA-Sieger anders macht. Das kleine Nordland schafft

„Chancengleichheit durch eine gemeinsame Schule für unterschiedliche Lerner“, begründet Rainer Domisch vom Zentralamt für Unterrichtswesen in Helsinki, bei einer Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin, Finnlands Erfolge. Neun Jahre lang lernen alle zusam- men in der Gemeinschaftsschule. Nur 200 von 60 000 Absolventen der Gemeinschaftsschule haben den Ab- schluss im letzten Jahr nicht geschafft, auch weil Lern- schwierigkeiten frühzeitig gefördert werden.

Radikale Reformen in den Siebzigern

Doch Chancengleichheit ist nicht das einzige Erfolgsre- zept Finnlands, das in den 70er-Jahren das ursprünglich dreigliedrige Schulsystem – ähnlich dem heutigen deut- schen – radikal reformierte. In Deutschland werden Kinder nach der vierten Klasse immer noch nach sozia- ler Herkunft und Bildungsstand der Eltern aufgeteilt.

„Gemeinschaftsschule wird von vielen in Deutschland als Nivellierung von Leistungen betrachtet“, kritisiert Domisch. Das finnische Modell überzeugt vom Gegen- teil. Kleine Klassen und Unterricht in Lerngruppen ist eine Voraussetzung, um unterschiedliche Lerntypen in einer Klasse unterrichten zu können. Noten werden erst ab der fünften Klasse vergeben. Die Rahmenlehrpläne sind schlank und bieten viele Möglichkeiten für die ein- zelnen Schulen. Die Kinder erhalten ein kostenloses Mittagessen und können von 7.00 Uhr bis 17.00 Uhr be- treut werden. Jede Schule hat ausreichend Schulpsycho- logen und Sozialarbeiter.

Ein wichtiger Unterschied zu Deutschland besteht in der Auswahl der Lehreranwärter. „Wir nehmen nicht

diejenigen mit den besten Noten“, sagt Jukka Sarjala, der maßgeblich für die Schulreform verantwortlich war. „Denn die verstehen die Kinder mit Lernschwierigkeiten nicht.“

Von 1 000 Bewerbern für das ausge- zeichnete Lehramtsstudium würden nur 100 genommen. Lehrer haben in Finnland den gleichen Status wie Ärzte und Anwälte.

Mit dem niedrigen Migrantenan- teil von vier Prozent landesweit wird der Schulerfolg Finnlands europa- weit häufig relativiert. Sarjala führt an, dass es in der Hauptstadt Helsin- ki auch Schulen mit einem Migran- tenanteil von 50 Prozent gibt. Das

wird in Finnland allerdings nicht als Problem betrachtet. Migranten- kinder erhalten in der Vorschule vier Stunden pro Tag Finnischunterricht und können so dem Unterricht gut folgen. Späteren Seiteneinsteigern werden zwei Stunden täglich ange- boten. Abiturprüfungen können so- gar in der Muttersprache absolviert werden, wenn Schüler erst spät im vorbildlichen finnischen Schulsys-

tem ankommen. I

Petra Bühring

Sarjala J, Häkli E (Hrsg.): Jenseits von PISA – Finnlands Schulsystem und seine neuesten Entwicklungen. Berliner Wissenschafts-Verlag, 2008.

SCHULE IN FINNLAND

Gemeinschaftsschule bis Klasse neun

Der PISA-Sieger setzt auf gute Lehrer, kleine Klassen, Ganztagsbetreuung und Förderung für

Schüler mit Lernschwierigkeiten.

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A962 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 182. Mai 2008

B I L D U N G

FREIE WALDORFSCHULEN

Allen sozialen Schichten gerecht werden

D

ie Waldorfschulen in Deutschland verzeichnen ei- nen gleichbleibend hohen Zulauf. Zum Schuljahr 2007/2008 wurde die 208. Waldorfschule eröffnet. Zwei Jahre zuvor waren es noch 192. „Wir können gar nicht alle Anmeldungen entgegennehmen“, sagte Hartwig Schiller vom Bund der Freien Waldorfschulen e.V. bei der Jahres- pressekonferenz in Berlin. Auf Werbung können die Wal- dorfschulen verzichten. Denn „die Eltern empfehlen die Schulen weiter, die Kinder wiederum ihren eigenen Kin- dern“, so Schiller, der selbst Waldorfschüler war. Rund 81 000 Schüler werden gemäß der Waldorfpädagogik un- terrichtet, die von dem Anthroposophen Rudolf Steiner be- gründet wurde. Das sind 31 Prozent der Schüler, die in Deutschland eine staatlich anerkannte Schule in freier Trä- gerschaft besuchen.

Probleme, Lehrer zu finden

Zwei Probleme beschäftigen die Waldorfschulen zurzeit am meisten: genügend Lehrer zu finden und die Eltern- beiträge so niedrig zu halten, dass Familien aus allen sozia- len Schichten sich die Schule leisten können. Rund 8 000 Lehrer unterrichten derzeit an Waldorfschulen: 85 Prozent haben eine staatliche Lehrerausbildung absolviert und anschließend ein Waldorfseminar besucht. 15 Prozent ha- ben eine grundständige Ausbildung an einer Freien Hoch- schule für anthroposophische Pädagogik absolviert. Das besondere: „Lehramtskandidaten müssen den ganzen Ka- non der Kunst abdecken, den entwicklungspsychologi- schen Ansatz studieren wollen und den Erziehungsauftrag von Schulen bejahen“, erklärte Schiller.

Pro Jahr beteiligen sich die Eltern eines Waldorf- schülers im Durchschnitt mit 1 600 Euro an den Schulkos- ten. „Zu viel, als dass sozial Schwache sich die Schule leisten könnten“, fand Dr. Benediktus Hadorp, ehrenamt- licher Wirtschaftsprüfer der Waldorfschulen. Doch gerade die Kinder aus nicht privilegierten Familien würden be- sonders von der Waldorfpädagogik profitieren, betonte Hadorp und erinnerte an den Ursprung: eine Schule für die Kinder der Arbeiter der Zigarettenfabrik Waldorf- Astoria. „Wenn der Staat die Waldorfschulen finanziell genauso unterstützen würde wie die staatlichen Schulen, könnten wir unserem Anspruch gerecht werden“, betonte er. 6 720 Euro pro Jahr wende die öffentliche Hand für Schüler an staatlichen Gymnasien auf, 4 364 Euro dage- gen für einen Waldorfschüler der Sekundarstufe, rechnete der Ökonom vor. Die Differenz von 2 357 Euro spare der Staat an den Waldorfschülern. Diese „Ungerechtigkeit“

verstößt nach Ansicht des Bundes Freier Waldorfschulen gegen das Grundrecht auf Errichtung freier Schulen:

„Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts sind die Länder zur Existenzsicherung freier Schulen ver-

pflichtet“, betonte Hadorp. I

Petra Bühring

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